A upane, ka upane!

Maoritanga. So san's, die Maori

Maoritanga. So san's, die Maori

Opua, 6.2.2012

6. Februar – neuseeländischer Nationalfeiertag, genannt „Waitangi Day“. Waitangi ist der Ort, an dem – zum Schutz gegen mögliche Territorialansprüche der Franzosen auf der Südinsel – die Briten den Maoris einen Vertrag unterjubelten, über den heute noch gestritten wird. Die Maori-Version entspricht „nicht ganz“ der englischen, aber im Endeffekt war das Waitangi Treaty  der Startschuss für die Selbständigkeit Neuseelands.  Was Maoris heute dazu sagen?!  Das konnten wir in den letzten Tagen an einem Bus an der Brücke nach Waitangi lesen:  „Nur Verräter verkaufen ihr eigenes Land!“

Waitangi liegt gleich hinter Paihia, unserem Einkaufsdorf, also: AKKA quasi mittendrin. Im Rummel. Denn zum Waitangi Day gibt es verschiedenerlei Ansichten.

Ansicht 1, Segler: „… ach, die rudern mit ihren Kanus an den Strand, dann machen sie „uuh“ und blasen auf einer Muschel. Danach gibt es was zu essen, weil sie ja schon so lange unterwegs waren, und dann ist es gut. Muss nicht, kann aber…“
Klingt ja nicht so berauschend…

Ansicht 2, ein Südinselbewohner (und der wahrscheinlich die Kiwi-Bildzeitung liest):  „…oh, ganz vorsichtig! Da sind immer Unruhen und viel Polizei und Gewalttätigkeiten!“

Ansicht 3, die AKKAnauten. In Opua liegt, wie schon im vorigen Jahr, eine Fregatte der NZ Navy, zwischen Russell und Waitangi eine weitere –  ist doch Militärschutz nötig?! Quatsch, der Waitangi Day ist ursprünglich eine Erfindung der Marine , der Tag ist erst seit den 70ern (umstrittener) Nationalfeiertag und hat sich erst seitdem zu dieser Art Volksfest entwickelt. Auf dem Weg zum Waitangi Treaty Ground stellen wir also fest: … ganz schöner „Rummel“ hier. Zuckerwatte, Fastfood, Kitschstände und laute Musik. Immerhin gibt es eine Hüpfburg für das notleidende (Maori-)Kind.

Aber dieser Gang war ja schon NACH dem Erlebnis des Tages.  Ortseinfahrt Paihia – Andreas lässt mich raus, weil am Strand 3 große Wakas liegen, Kriegskanus und es versammelt sich auch Volk, Gucker zumeist, am Strand dagegen die „Aktiven“.

Wakas, Maoris - ist hier was los?!

Wakas, Maoris - ist hier was los?!

Man hört Muschelhorntöne, klingt gut und verlockend. Ich lasse mich ins Gras plumpsen.. Nicht lange danach geht es „ab“…

A upane - ein Schritt vor

A upane - ein Schritt vor

Ein echter Haka! Wechselgesang aus Anführerkommandos und dem Chor der Antwortenden. Ihr dürft mich hauen – aber ich finde das umwerfend! Die Grimassen, die Stimmen – das macht Gänsehaut. Als der Tanz vorbei ist, wischt sich die Neuseeländerin neben mir ein Tränchen aus dem Augenwinkel: „… ist das nicht fantastisch?! Was für eine Kraft – ich habe mein ganzes Leben hier verbracht, aber ich bin immer wieder überwältigt!“  Passt zu meinem Kloß im Hals, und ich kann mir gut vorstellen, wie einschüchternd so etwas auf Gegner wirken mag.

Zum Schluss wurden wir eingeladen mit den Maoris in die kleine anglikanische Steinkirche zu gehen, wo eine Rede zur Waitangi-Historie und zum Verhältnis zwischen Maoris und Pakeha (den Weißen) gehalten wurde. Und eine weitere Rede, von der man nix verstand. Maori eben. Bis auf eines. Die Rede neigte sich wohl dem Ende entgegen, es wurde auch gekichert, sodann riss der Redner die Augen auf, kam auf uns zu, dazu tief und rauh und sehr laut: „A upane! Ka upane! UUAAAH!“. Wie auch immer der Zusammenhang war – die Maoris lachten, die zuschauenden Touristen inklusive der Schipperin zuckten vor der martialischen Geste zurück.  Huch! Ein Schritt, vor! Noch ein Schritt vor!

Ein bisschen Demo gibt es dann doch: am Flaggenmast. Wo man sonst gern versucht, die alternative Maoriflagge über der von Neuseeland und besonders der Navyflagge zu hissen, hatten sich heute die Umweltschützer versammelt, Maorifahnen mischten sich mit Aufforderungen „moana“, das Meer zu retten und Ölbohrungen einzustellen.

Alle auf einen Blick. Die Navyflagge, links die United Tribes of New Zealand und rechts die Queen. Nicht zu vergessen unten in schwarz-weiß-rot die moderne Tino Rangatiratangafahne.

Alle auf einen Blick. Die Navyflagge, links die United Tribes of New Zealand und rechts die Queen. Nicht zu vergessen unten in schwarz-weiß-rot die moderne Tino Rangatiratangafahne.

Ich belausche dann noch, während wir das etwas kompliziert anmutende Anlanden des großen Kriegskanus auf dem Waitangi Ground beobachten, ein Gespräch zwischen zwei jungen Neuseeländerinnen über Multikulturalismus, Benachteiligung von Rassen in Neuseeland und über Maoritanga im Allgemeinen: „… schade, dass es davon nicht mehr gibt, aber die Zeit wird das schon bringen… “ Irgendwann ist das Kanu dann an Land, bis zum nächsten Jahr. Ich würde mir das alles wieder anschauen, von wegen „… machen uuh, und das war’s dann“.

Danach noch eine größere Kaffeeklatschpause im Waikokopu-Café. Die Whangarei-Truppe hatte sich eingefunden, VELAs und ENOLAs, lustig. Segeln statt „maoritanga“.

Immerhin brachte der Tag mir endlich einen Hei Matau ein, zum Umhängen. Der berühmte Fischhaken, mit dem Maui, der Schöpfer, die Nordinsel aus dem Meer gefischt hat. Wohlstand und Stärke soll der Haken bringen und stets eine sichere Seereise garantieren. Passt genau.

Und a upane, ka upane… an Schritten vorwärts, wenn auch an Krücken, hat es heute nicht gefehlt.

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