Unter Hüten

... unter Hüten

... unter Hüten

Barrier Highway, irgendwo auf dem Weg ins Outback, 15.3. 2012

Schon merkwürdig: es treibt uns hier mächtig durch€™s Land, die Strecken sind absolut weit, und so nimmt man sich für manche Stationen weniger Zeit, als es wünschenswert wäre, und es gibt durchaus wünschenswerte Ziele, die so unglaublich weit weg liegen. Melbourne zum Beispiel. Also radeln wir parallel zur Eisenbahnlinie entlang nach Broken Hill – der Chauffeur fragt gerade, ob da bis Nygan noch eine Kurve kommt oder ob es immer geradeaus geht. Letzteres! Züge transportieren hier meist Erz oder Getreide, viele (viele!) Waggons lang, und mindestens 3 Lokomotiven. Es ist übrigens nicht nur „lang geradeaus€ sondern auch platt. Super-platt – Ostfriesland ist nix dagegen, denn wir wissen, das bleibt jetzt ein paar Tausend Kilometer so. Beeindruckend. Übrigens ist rechts und links Matsche zu sehen – die NSW-Regenfälle sind noch nicht abgeflossen, und jeder Australier sagt: „Be careful!€ Straßen sind gesperrt, Veranstaltungen gecancelt – aber vielleicht ja auch ganz gut für die Farmer hier€¦

Gestern war Dubbo-Tag – nee, wir waren nicht im Zoo und haben sicher auch sonst einiges ausgelassen. So richtig viele unseresgleichen bevölkern die Zeltplätze nicht mehr, das sind mehr die australischen Familien, die ihre Kinder mit umherschleppen und selbst unterrichten. Homeschooling ist Campsite-Schooling.
Wir verlassen den Platz nach ausgiebigem Frühstück und tappeln den Macquarie-River entlang 3 km in die Stadt, stolpern auf dem Weg zu unserem Ziel (am anderen Ende, natürlich) über das Western Plains Museum and Gallery, das glücklicherweise auch eine Kaffee-Oase anbietet: altes High School-Gebäude, neuer Kunstmuseumsblock, verbunden durch Glas und Stahl, das ganze klimatisiert und mit, ja klar: Flat White. „Mal schnell durch€™s Museum geschaut€ zieht sich dann doch wieder in die Länge, da steht The Australian Hero, der größte Ochsenkarren, und eindeutig Vorläufer der heutigen Roadtrains, einen Hang zum Gigantismus kann kann man den OZ-Fahrzeugbauern nicht absprechen. Viele schöne, alte Photos zur Stadtgeschichte gibt es zu sehen, und wir erkennen einiges gleich wieder: 2012 = 1870, unverändert. Wir „müssen€ doch weiter! Na, gut – los, zum Showground. Da ist nämlich was Gemeines: „The Dubbo Beef Spectecular€. Gut dass wir unsere Galapagos-Hüte aufhaben – wir sind unter Hüten. Farmer-Hüten, diesen großen, breitkrempigen, gern aus Känguru-Leder.

Der Bullenflüsterer

Der Bullenflüsterer

Und unter Vieh. Limousins, Charolais, Angus, graue, falbe, braune. Und alle allerfeinst herausgeputzt, gestriegelt, die Schwanzhaare leicht toupiert. Nein, vor dem Wettbewerb nicht mehr auf deie Hinterbeine kacken! Oh nein! „€¦get me a bucket€¦€ Waschen, wischen, striegeln, Glanzspray. Die Zuschauer auf den kleinen Tribünen um die 4 „Ringe€ sehen – und notieren – alles und treffen ihre Wahl. Das hier ist eindeutig Fleischvieh (€€¦ she has a nice lenghth and there is enough heart room! And look, the chest bottom!€). Kälber mit Mutterkuh, Färsen in verschiedenen Altersstufen und BULLEN! Riesig!

Alles klar?!  Dann auf in den Ring!

Alles klar?! Dann auf in den Ring!

Auch einen fliegenden Bullenführer gibt es zu sehen – 99% der Jungs sind friedlich (sediert?!) aber dieser eine Angus-Bulle macht uns echt Spaß. Zwar hat sich das stramme Kerlchen (der Bulle, nicht der Führer) mit seiner Rumrenn-Aktion wohl selbst aus dem Wettbewerb geschossen, aber die netten Kühe ringsum sind aber auch zu interessant. Und so schicke andere Rassen! Man macht achtungsvoll Platz, aber so richtig auf Distanz zu diesem Fleischberg gehen nur wir. Bis er dann an einer der Beff-Parkuhren angebunden steht. Schnaub€¦
Leider haben wir den Känguru-Hut-Stand übersprungen, das wäre ja mal was. Es darf auch gern Wachsstoff sein.

Have a look at THAT heifer...

Have a look at THAT heifer...

Tagesabschluss dann im Gefängnis – The Old Dubbo Gaol*. Dunkelhaft zum Ausprobieren und andere Gruseligkeiten.

Ein ganz normaler Australientouristentag also: Geschichte, alte Herren beim Bowling beobachten, breitrandige Hüte, dicke Bullen. Und Häftlinge. Das volle Panorama.

Und jetzt ins Outback: die Erde wird schon roter.

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* Jetzt weiß ich endlich woher das Wort „jail€ kommt – gaol wird genau so gesprochen, ist die altmodische Entsprechung dieses Wortes und kommt vom lateinischen „caveola€, das (kleine) Loch.

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