Warrnambool

Warrnambool, 27.3.2012

Das nennt man hier die Shipwreck Coast! 180 Schiffe in 40 Jahren sind vor dieser Küste gestrandet, und auf dem Campingplatz sitzen wir auf der „Eva Carmichael Lane“… Eva, eine Neunzehnjährige, die – zusammen mit einem jungen Offiziersanwärter, der sie dann rettete – den Schiffsuntergang der LOCH ARD überlebte, sonst niemand. Raues Meer, der Südozean, und eine noch rauere Küste.  Prima zum Surfen; zum Segeln… naja.  Wenig Schutzhäfen, so viel ist klar.

Übrigens sind wir auch gestrandet, aber der Camper ist noch nicht untergegangen – soeben sitzen wir vor dem Toyota Dealer und lassen nachschauen, was die Bremse so rubbeln lässt… HOCHgezogene Augenbrauen beim Servicemanager. Wir werden sehen, wie es weitergeht. Vielleicht schicken sie uns ein Ersatz-Schiff.

Gestern war die volle Portion „Tourist“ angesagt. Von Apollo Bay via „Tree Top Fly and Walk“ und „12 Apostel“ zur „London Bridge“.

Zunächst mal muss ich doch mal loswerden, dass „Tourist“ für uns kein  Schimpfwort sein kann, da wir selber welche sind, 365 Tage im Jahr und in Vollzeit. Und hier schon gar, und wir so benehmen uns auch: Sehenswürdigkeiten anschauen.  Als da wäre der Treetops Walk. An der Kreuzung noch haben wir überlegt, ob wir weiter in diesen Küsten-Nieselregen eintauchen und die 20 km Umweg auf uns nehmen. Was für ein Verlust, wenn wir es nicht getan hätten – ein schönes Beispiel dafür, wie attraktiv „Hauptattraktionen“ sein können!

Da geht es TIEF runter!

Da geht es TIEF runter!

Mitten im Weideland liegt eine – weitgehend – unberührte Tasche von kühlem Küsten-Regenwald, man steigt zunächst mal in die Talsohle hinunter. Viele schöne Tafeln erklären ein bisschen vom Lebensraum, Schlangen und Frösche, Sträucher, Farne – und … Bäume. Ein bisschen „rubbernecking“, wie in Melbourne hinauf zu den Wolkenkratzern, nur schöner. Die „Mountain Ash“, ein, nein, der Eukalyptus, wird bis zu 100 m hoch, und es ist eine Augenweide, ganz gleich, ob oben oder unten: vom riesigen Fuß, an dem wir stehenentschwindet der Stamm glänzend weiß und völlig glatt in unvorstellbare Höhen. Zwischen den lebenden Bäumen bemooste Wracks, die zig Flechten beheimaten und Epiphyten wie den Kängurufuß-Farn.  Nachdem wir auch die Kinderbelustigung passiert haben (sehr nett, im Unterholz verstecken sich große Dinosauriermodelle!) geht es langsam wieder aufwärts. Man läuft auf  Stahlgrätings stetig in die Höhe, kann Baumfarne von oben betrachten oder die Weicheier unter den Bäumen, deren Wipfel „schon“ in 20 m Höhe enden. Weiter!  Zum Abschluss gibt es einen Turm, der einen 47 m hoch über den Talgrund bringt – und die Mountain Ashes und Akazien (Wattles genannt, oder Black Tree) wachsen immer noch an einem vorbei. Und dann diese kleinblättrigen… das nenn ich mal einen Scheinbuche. Und ich war auf dieses, mein „Gondwana“-Gewächs am heimischen Gartenteich so stolz.  Wirklich schön, der Ausflug, und zum Schluss hört es sogar auf zu nieseln.

Ein Fels in der Brandung...

Ein Fels in der Brandung...

Sodann „12 Apostles“.   Zunächst halten wir mal an den Gibson Steps, wo die „Apostel“ anfangen, Felsen, die dem Jahrtausende langen Ansturm in der Brandung standgehalten haben. Na ja, nicht vollständig, deswegen stehen da eben die „12 Apostel“ in der See vor dem Kliff, früher mal – bis 1960 –  „Sau und Ferkel“ genannt, aber das war wohl nicht pathetisch genug als Touristenattraktion.
Gerade als wir aussteigen werden zwei Busladungen Besucher abgeschüttet – wir sind nicht ganz allein. Aber wie das so ist – und es wird ganz klar:  es gibt eben doch Touristen und Touristen! – die Busladungen, die da die steile, ins Kliff gehauene Treppe hinabklettern, sind so schnell verschwunden, wie sie gekommen sind, und wir haben halt mehr als „15 minutes“ für ein kurzes Photo. Wir können die ganze Bucht entlang durch den tiefen Sand stapfen und uns die beiden ersten Apostel aus mehrerlei Perspektive anschauen, Photos schießen (gern auch von vorbeispazierenden Mittouristen, die als Liebespaar vor den Felsen  posieren), und nicht zuletzt können wir die riesigen Tintenfischschulpe bewundern, die überall herumliegen: hier wohnt der „Giant Cuttlefish“, der auch noch dazu leuchten kann. Letzteres haben wir natürlich nicht gesehen, schließlich war es nicht Nacht und außerdem… Diese Brandung!  das macht wenig Lust auf selbstmörderische Tauchaktionen, das ist der Südozean, unerbittlich (siehe oben, Schiffbruch). Die einzige Beeinträchtigung am Genuss bietet der gelegentlich vorbeifliegende Helikopter, der Scenic Flights anbietet.

Apostel, Teil 2.  Das ist nun ein bisschen arm.  Hier sind wir bei der Hauptgruppe der Apostel, also, grooßer Parkplatz, wenig Info, ein mittlerer deutscher Auflauf. Mehr als die „Apostel“ beeindruckt uns die Menge der Besucher, die nun hier ihre iPhones und Digitalknipsen mit Fotos füllen – ein Spaß, sich das anzugucken.  Also: Gibson Steps gern wieder. Apostel?! Auch ganz interessant. ..

Next!  Das sind die Felsen, die als Bögen im Wasser stehen. The Arch lassen wir mal aus, aber dann „London Bridge“.  Diese Brücke hatte 1990 ein Scherzlein für die Besucher bereit:  All diese Felsformationen sind der steten Belagerung durch die Brandung ausgesetzt, das schafft ganz schön. Und macht große Spannweiten! Der Besucher konnte dort über den Brückenbogen gehen und an einem schönen Oktobertag standen dann zwei verdutzte Touristen auf einer Insel im Meer – die Brücke war eingebrochen. Der Helikopter kam bald und seitdem lässt man die Leute natürlich nicht mehr nah ans Ufer – drum knubbeln sich wohl bei der Aposteln die Menschen auf den Boardwalks oben auf der Kliffkante.

London Bridge has fallen down...  Ehemals mit dem Felstland verbunden!

London Bridge has fallen down... Ehemals mit dem Felstland verbunden!

Wir hatten einen schönen Blick auf den Südozean und konnten den Unterschied zur Grömitzer Strandpromenade (ja, ja, auch hier war’s VOLL!) mit zwei deutschen Mädchen diskutieren, die in Yalara am Ayers Rock als Zimmerpersonal schuften.  Aber wie es manchmal so ist – im Rücken spielt die eigentliche Musik und keiner hat’s gehört bzw. gesehen. Nur wir – man muss eben auch mal in die falsche Richtung gucken. Watschelt doch da ein Ameisenigel durchs Gestrüpp. Auf meiner Liste der „alten“ Fauna ein weiteres Häkchen, und was für eines. Echidna in freier Wildbahn – ich werd‘ nicht wieder.

Bissel unscharf - aber der Beweis ist erbracht: Echidna in freier Wildbahn!

Bissel unscharf - aber der Beweis ist erbracht: Echidna in freier Wildbahn!

So, nun ist es schon Mittwoch morgen, der Campervan ist nicht gesunken, sondern bremst, wie Mutter Fuchs sagen würde, wieder „wie Seide“. Wir haben einen schönen Tag beim Toyotahändler verbracht, in den Sesseln für Käufer gelümmelt, uns Kaffee servieren lassen, die Rezeptionistin druckte Formulare für uns aus, die per Mail hereingeschneit waren.
Die Australier sind wirklich nett, das muss man, insbesondere die Schreiberin, sagen, die ja gewisse Ressentiments hatte.  Zum Beispiel diese Toyotaner; und dann der Mann, der uns dann später downtown die Parkuhr erklärte. Ja, wir „können die Uhr“ noch nicht. Eine Uhr – viele Knöpfe.  Dabei ist es doch ganz klar: man steht auf Platz B, also drückt man B und wirft sein Scherflein ein. Klick, 12 Minuten (Kommentar vom australischen Erklär-Bär: “ … man muss nicht 40 Cent einwerfen, 20 reichen! Die Kontrolle gibt einem hier 12 Minuten Karenz – aber nicht in Adelaide probieren!“ So schwatzt man dann, bis die ersten 20-Cent verstrichen sind, über wohin und woher, wobei unser wirkliches Woher, wenn es denn zur Sprache kommt, häufig für Erstaunen bis Bewunderung sorgt.  In  jedem Fall geht man mit frischen Tipps für die weitere Reise von dannen.
Also brechen wir auf.  Port Fairy war die Empfehlung!

Bis denne!  Und Bilder gibt es dann auch mal wieder. Und es gibt doch auch noch mehr alte Fauna zu präsentieren… Wuscheliges, zum Beispiel…

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