Über Haustiere

Hawker, 3.4.2012

Frühstück am Rande des Outbacks. Nach Norden geguckt, erhebt sich am Horizont die Silhouette des Wilpena Pounds, da wollen wir demnächst mal hin, aber heute bleiben wir mal nett in Hawker, da gibt es ein Panorama-Gemälde des Pounds vom 10m Meter Höhe, und das könnte einem 9 Stunden harte Wanderung in und um den riesigen Krater ersparen, heißt es.
Wir sind hier in den Flinders Ranges; die südlichen – mild gewellte Weizen- und Schafsfarm-Landschaft, die sich aus dem Pottebenen erhebt – haben wir gestern auf dem Weg von Adelaide durchquert, und am Abend dann diese Kulisse… die nördlichen Flinders Ranges in Sonnenuntergangsfarben. Hier hat Herr Spriggs in den 40er Jahren die ersten „Vendobionten“ entdeckt, Weichtierfossilien, die 580 Mio. Jahre (!!) auf ihn gewartet hatten, was dazu führte, dass man vor das Kambrium noch ein neues Erdzeitalter schob: das Ediacarium. Echte Urlandschaft, mit Tieren, die man sich kaum vorstellen kann: vielleicht kommt die Beschreibung „strukturierte Amöbe von 1 m Länge“ einem der Exemplare, die wir im South Australia Museum * anschauen konnten, am nächsten.

Sonst geht es uns aber auch urig, ich habe mich gerade aufs Bett gesetzt, unters Moskitonetz – nicht wegen eventueller Moskitos, sondern weil es beim Schreiben (wie beim Frühstücken) äußerst lästig ist, sich ewig die Fliegen aus den Ohren oder den Nasenlöchern zu wischen; wenigstens finden nur wenige den Weg hinter meine Brillengläser. Dennoch, den Hut lasse ich gleich auf dem Kopfe.
Außer den treuen Fliegen haben wir noch ein Haustier, von dem wir inzwischen vermuten, dass wir es – im Mietvertrag eingeschlossen – schon seit Sydney herumschleppen: in Melbourne sprang mir eine winzige Beutelmaus entgegen, als ich eine Schublade öffnete, und ich dachte, damit sei die Sache erledigt. Bis dahin hatten wir gelegentliche Geräusch Vögeln, Ästen o.ä. zugeordnet. Von wegen… In Port Fairy versuchte ich nächtens, aus Fußmatte, Wasserkanister etc. einen Kanal zu bauen, der sie aus dem Schrank, in dem wir sie vermuteten, nach draußen leitet. So winzig wie beweglich sprang sie über den „Wall“ und entschwand unter dem Bett – wie soll man rumkommen in Australien, wenn man aus dem Bus aussteigt?! Also blieb sie, und: Kaffee mag sie nicht (Andreas meint, sie sei von den blumigen Aussagen auf der intakten Vakuumverpackung so angetan gewesen, dass sie da unbedingt reinbeißen musste). Kekse gehen schon besser, Kartoffelbreipulver ist ein Hit. Wir hören sie nachts herumknuspern und kommen ihr nicht auf die Spur. Heute war sogar die Schiebetür – der Hitze wegen – nachts offen, aber in der Früh grüßte sie mit merkwürdigen Knabbergeräuschen aus der Karosserie; auch Isoliermaterial scheint prima zu sein; wenigstens hat sie sich in diesen 4 Wochen noch nicht vermehrt.  Wahrscheinlich ist es uns verboten, Haustiere von Staat zu Staat zu transportieren, also werden wir sehen, ob wir einen Landtierarzt finden, der Mausi für die Reise in die Northern Territories impft.

Aber jetzt gehen wir erst einmal ins Dorf. Hawker ist eine alte Eisenbahnstation des „Ghan“, der von Adelaide nach Alice Springs fuhr (und noch immer Touristen zwischen Darwin und Südaustralien hin und herkarrt, jedoch nicht mehr auf diesem Schmalspurgleis…). Interessante Reste der alten Besiedlung gibt es hier wie in allen Outbacknestern immer zu betrachten (zum Beispiel kann man in Quorn in einem museal anmutenden Kaufmannsladen Kaffee trinken – eine Reise in die 20er Jahre, die Musik ist mehr aus den 50ern…).
Hier in Hawker hoffen wir auf ein zweites Moskitonetz, mit dem wir uns und unserer Beutelmaus eine fliegendichte Terrasse basteln können.

So ist das Leben im BRITZomobil. Lebendig.

———————
* Ach, überhaupt.  Das Museum of South Australia in Adelaide hatte letzte Woche „Paleo Week“, was ich leider erst am Sonntag, dem Abschlusstag entdeckte. Wir konnten noch 2 Professoren-Small Talks über Saurierforschung anhören und bewundern, wie Kinder Fossilien aus Steinen klopfen, aus Sandbetten ausgraben bzw. herauspinseln konnten.  Ansonsten ist das Museum etwas für den Kurzbesuch, den wiederholten: man ist schon nach einer Stunde so vollgestopft mit neuen und alten Informationen, dass man den nächsten Flat-White-Kaffeetisch herbeisehnt. Mir reichte der kleine Raum zum Ediacarium und ein Streifzug durch polynesische und Aboriginal-Kultur. Tolles Museum – fast ein Grund nach Adelaide zu ziehen.

Schreibe einen Kommentar