Homo Australiensis Campingplatzis

Hawker, 8.4.2012

...pssst. Nicht verraten: Britzomobil auf Abwegen

...pssst. Nicht verraten: Britzomobil auf Abwegen

Zurück in Hawker. Einen Tag früher als erwartet, aber wenn man die gewünschten Plätze mit einem Zweirad-Camper nicht erreichen kann, bleiben wir ungern an einem 2.-Wahl-Platz und träumen davon, wie nett es doch da oben in Aroona wäre. Und in Wilpena Pound und am Brachina Creek war es sehr schön. Allerdings: die Weicheier der heutigen Zeit sehnen sich schon nach einem Tag nach einer Dusche, also kann man sich vorstellen wie das nach 2 oder 3 Tagen ist. Und Hawker hat heiße Duschen, schön pladderig und hübsch salziges Grundwasser. „Plenty“, wie uns gesagt wurde, auch wenn es an der Oberfläche nicht unbedingt nach „reichlich“ ausschaut,und die Schaffarmer der Umgegend gern mit einem Faß auf dem Trailer angerollt kommen, um was zum Saufen für die Viecher holen. Wer wissen will, was man früher so auf sich nahm als „Reisender“, sollte mal John McDouall Stuart googeln, seines Zeiches Namensgeber des Highways nach Alice Springs, den wir ab morgen befahren werden.

... we live in it! sagten die Besitzer. Seit 10 jahren rund um Australien unterwegs

... we live in it! sagten die Besitzer. Seit 10 jahren rund um Australien unterwegs

Der australische Camper als solcher, darum soll es hier gehen.  Natürlich haben wir keine wirkliche Ahnung, wie sich die Szene in Deutschland entwickelt hat, aber schon der Vergleich zu den Neuseeländern zeigt ein paar Unterschiede: zunächst mal waren wir letztes Jahr auf der Südinsel ein deutsches Zeltlerpaar unter (sehr) vielen auf den Campingplätzen. Natürlich findet man hier auch den einen oder anderen deutschen oder europäischen Camper, aber die meisten hier sind Australier. Australier, die (großer Windschutzscheibenaufkleber: „The Mitchell Tribe“) mit Kind und Kegel auf Dauerreise sind, Australier, die wie wir den Ruhestand genießen und die große Runde um Australien drehen, letztere auch als „große liegende 8“ mit der Strecke Adelaide-Darwin dazwischen. Oder solche, die, wie gerade eben zu Ostern, die Ferien mit den Kindern „draußen“ verbringen. Dazu braucht man in jedem Fall zwei Dinge: ein Auto und eine Unterkunft. Das Auto ist zu 90% ein hochbeiniger Allradler oder zumindest doch höherbeinig als die normalen PKWs es sind, oder gar als unser Campervan, der ja nichts anderes als ein modifiziertes TOYOTA-Lieferauto ist. Zum Jeep/Landcruiser/Range Rover – nicht die europäischen Tiguans etc. für schickes Hannover-City-Boulevardriding, sondern wirklich geländetaugliche! – gesellt sich dann meist ein „Caravan“. Der ist nicht, wie es in Europa üblich ist, eine große Leichtmetallkiste mit Rüschengardinen, sondern man schleppt einen 1-, 2- oder gar 3-achsigen, flachen Anhänger hinter sich her, nicht höher als das Zugfahrzeug (natürlich gibt es die anderen auch, aber das ist nicht à  la mode…), und aus dem Trailer zaubert man dann die „Unterkunft“ hervor:  Sehr beliebt sind JAYCOs, je nach Größe „Penguin“ oder „Swan“ oder „Flamingo“, alle mit Pop-Up-Dach, die ganz kleinen ziehen moskitonetzbewehrte Bettschublade nach vorn und/oder nach hinten heraus; oder es ist ein A-Liner, dessen Anhängerdeckel sich zu einem Satteldach aufstellen lassen. Die andere Variante – außer dem gewöhnlichen Zelt, versteht sich – ist ein kleiner Trailer, aus dem man ein mehr oder weniger riesiges Zelt herausklappt.

Das ist so einer... Hey, Vicky + Bren! Thanks a lot for the chat...

Das ist so einer... Hey, Vicky + Bren! Thanks a lot for the chat...

Und was man da alles mitschleppen kann… Größere Kinder kriegen gern ihr eigenes „Zimmer“, den Swag.

Trailer-Zelt mit Swag-Anhang

Trailer-Zelt mit Swag-Anhang

Siehe die australische Fast-Nationalhymne „Waltzing Matilda“: „… once a jolly swagman camped by the billabong“ – der Swag hat wirklich Tradition, ist aber heute natürlich aus Cordura und in schicken Farben zu haben.  Was kommt noch aus den Anhängern?!

Klippe-di-klapp. Zwei Bettschubladen, bitteschön!

Klippe-di-klapp. Zwei Bettschubladen, bitteschön!

Schaufeln und Sandbleche, klar, Reservekanister. Eine Extraportion Reserveräder. Große Mengen Feuerholz. Mountainbikes. Sehr gern (mit)genommen: ein Alu-Boot, so groß wie das Autodach es eben tragen kann – den Außenborder und Ruder nicht zu vergessen. Dazu dann die 4er-Staffel von Angelruten-Halterung an der vorderen Stoßstange, zusammen mit einem mächtigen Känguru-Abweiser. 2 oder mehr Antennen – für UHF/CB oder UKW-Betriebsfunk. , und wenn es ganz dicke kommt: Kühlgefrierkombination gefällig? 4-flammiger Gasgrill? You name it, they have it. Die Satellitenschüssel und der Flachbildschirm darf nicht fehlen – – im Hattah Nationalpark sahen wir schon Schilder „No generators!“, im Flinders Ranges National Park reichte die autarke Stromversorgung im Eukalyptuswald von eben jenem Stromgenerator (der dann SEHR bald verstummte!) bis zu aufgestellten Solarpanelen. Rüschengardinchen? Eher weniger.

Kleiner Anhänger - großes Zelt!

Kleiner Anhänger - großes Zelt!

Jedenfalls macht das Campen den Australiern Spaß, und das ist nicht alles.  Wandern auf wirklich gut bezeichneten Wanderwegen kann man vortrefflich, aber der Hauptspaß ist wohl das „off-roading“ mit den Allradlern, und dafür reist man weit – wir trafen Leute, die eigens für dieses Vergnügen aus Melbourne zu einem Treffen mit South Australians nach Willow Springs anreisten. Wir mussten gestern den armen Campervan auch über grobes Geröll den Branchina-Creek entlang quälen – was uns ein eher mühsames Lächeln entlockte (ist eigentlich ferbotten…), lässt den echten Fan breit grinsen.

Mit Schwung den Creek entlang... und dann: Tauchfahrt!

Mit Schwung den Creek entlang... und dann: Tauchfahrt!

Off-Roadfahren kann aber auch mal schief gehen; eine echte Osterüberraschung.

Ich schreibe dies auf dem Weg nach Port Augusta… gerade kommt uns so ein Allradklassiker entgegen. Das Aluboot warf einen dunklen Schatten auf die Frontscheibe des großen NISSAN, die beulige Plane über dem Anhänger ließ viel „Krempel“ vermuten, aber ein Geländemotorrad, das über der Deichsel schwebt, das hatten wir bislang noch nicht…
Bissel neidisch sind wir ja schon auf die Geländefahrer…  Happy holidays, Homo Australiensis Campingplatzis.  Once a jolly swagman…  Viel Spaß am und im „billabong!“

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Ein „swag“ ist ein Art Schlafsack-Schlafunterlagen-Zeltverschnitt, das man zu einem Bündel, der „matilda“ aufrollen kann und mit dem man auf die Walz geht. Am Abend campt man am „billabong“, dem Wasserlauf, unter dem „Colibah“, dem Roten Fluss-Eukalyptus, und macht am Feuer seinen Teekessel, den „billy“ heiß.
Haben wir auch so eine schöne alternative Nationalhymne?!  Nee…

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