Unterwegens

25 13 S – 175 57 E, 30.11.2012

Vielleicht guckt ja mal jemand in Berlin in diesen Blog und empfängt herzliche Gückwünsche zu diversen Geburtstagen, Anna und Eske. Viel KiTa-Erfolg der einen, Studienerfolge der anderen und alles Liebe den jeweiligen „Öllern“ und überhaupt der ganzen Familie! Wir heben das Glas (Wasser) und denken daran, wie nett doch ein Geburtstagskuchen wäre!

Cuisine de Passage – der Eigner zaubert eine Spiegelei-Torte!

Wir dümpeln derzeit ein bisschen in die nur bedingt richtige Richtung, um schon mal West zu machen für den Südwestwind, der zu unserer Ankunft in Neuseeland wehen wird. War die letzte Reise nach Süden so wunderbar glatt gegangen, haben wir uns mit unserem diesjährigen Wetterfenster eher vertan. Wir hatten eher an ein zweiflügeliges Scheunentor gedacht, aber so eine Art Kellerloch gekriegt: ein bisschen wie bei ersten Mal, 2010, wo wir auch reichlich motoren mussten. Dass außer „kein Wind“ auch „keine Welle herrscht“, ist nur ein schwacher Trost. Dat duurt, wie das Nordlicht zu sagen pflegt.

Die Schipperin zaubert auch! Schwarzbrot!

Heute ist aber ein schöner Sonnentag, es wird schon merklich kühler, wir stehen ja auch 120 Meilen außerhalb der Tropen, wir wollen nicht klagen.

Der nächste Donnerstag, der soll wohl Ankunftstag werden, gerne sogar, schließlich ist dann „Nikolaus“. Ansonsten nix Aufregendes – wir sind schon wieder eingewöhnt. Leider haben wir bislang außer ein paar Krümeln noch keine großen Bimsfelder entdecken können – bei den Kermadecs ist vor einer Weile ein unterseeischer Vulkan ausgebrochen und hat Bimsstein auf dei Reise geschickt, hunderte von Metern freundliches Ockergelb statt des Meeresblaus. Das hätten wir ja gern mal gesehen – und, wie neulich jeamnd auf dem Funk sagte: Dort hindurchzufahren ist wie eine Reinigungsbürste für die Wasserlinie.

Klitzekleines Beispiel – es geht auch straußeneigroß: treibender Bimsstein

Ich mach’s kurz – wir wollen ja den Funk nicht überlasten!

Alles baah!

Markthalle in Suva

Suva, 19.11.2012

Alles baah!  AKKA in der Marina des Royal Suva Yacht Club, das Wetter bescheiden, die Aussichten für die Abreise ebenso, und die Schipperin hat den ersten Schnupfen dieses Jahres eingefahren – in so großem Stil, dass wir unseren Ausflug in die Berge heute erst einmal verschoben haben.  Erkältungen braucht man/frau in den Tropen wie der Fisch den Badeanzug.  Gar nicht.

Auf Wunsch eines einzelnen Herrn, derzeit an der Algarve, ein kleiner Exkurs zum Thema Kava, dazu reicht die Energie.

Kava, der Rauschpfeffer, das wisst Ihr ja, wird hier gern als Sud getrunken. Man kriegt es

Sehr beliebt: Kava aus Ka(n)davu. Gütesiegel „Waka Tuki“. Gestampfte WURZEL

an der Ladenkasse mehr oder weniger schön verpackt in grauen Papiertüten, 50 g, 100 g, 500g,   in Suva gern die „allerbeste Kadavu-Qualität“, das sind die landwirtschaftlich besonders ergiebigen Inseln im Süden von uns.  Für diesen Exkurs müssen natürlich Fotos gemacht werden, und – oh Wunder! – wir kommen auf einen wunderschönen Markt nahe dem Busbahnhof, downtown Suva, und was fehlt?!  Der Kavageruch, der eigentlich alle Märkte dieser Region durchzieht, muffig-staubig-würzig.  Das kann doch nicht sein?!  Pralle, violette bis rosa Auberginen. Berge von Limonen – schon ein bisschen aromatischer. Bei den Mangos, den länglichen (sauren, wie sich herausstellt, sehr schön für Salat und Curries!) wird es klebrig und riecht ein bisschen nach dem Mango-Terpentin, aber kein Kava. Merkwürdig, das muss doch hier einen riesigen Markt haben, der Suvaner zieht ja sein Räuschchen nicht im Hinterhof – dazu ist die Pflanze auch zu anspruchsvoll. .

Kava-Quelle, Kava-Treffpunkt

Der Blick schweift nach oben – erste Etage. Da wo der Tourist die Souvenirs vermutet, da muss man hin!  Und schon hüllt es einen ein. Kava, Tabak und viele, viele vorzugweise indische Gewürze. Der Tresen von „Salen Kava Dealers“ ist nur zeitweise besetzt, denn in der Mitte des Standes versammelt man sich um die „bowl“ und schlürft ein bisschen beruhigende Brühe, zur Probe oder auch zum Zeitvertreib.  Vorn am Tresen hält ein dörflich gewandeter älterer Herr die Nase genießerisch an ein dickes „Knäuel“.  Schniief!  Ah!  Tabak. 5 inches bitte!  Womit wir endlich wissen, worauf es Panea in Rabi abgesehen hatte, ein wirklich aromatisches Zeug. Und sehr stark.  Wir werden „die Tage“ mal gucken, wo der Tabak herkommt.

Das Tabakknäuel

Kavawurzeln – das Ur-Produkt

Wohin das Auge blickt: Kava!  Chips zum Stampfen, die schiere Wurzel in dicken Packen, Säcke voll Pulver und, rings um den Tresen, über dem Tresen, an den Wänden, da hängen sie, die Sevusevu-Sträuße – was dem Spanier der Jamà³n an der Ladendecke ist, ist dem Fijianer der Sevusevu-Strauß.

Sevusevu-Sträuße

Es gibt große und kleine, die für 15 Dollar (mehr so unsere Größe, peinlich!), die für 30 Dollar, und dann den einen, den wahren:  750 Dollar soll das Prachtstück in der Mitte kosten. Der wäre nicht mal auf dem Boot zu transportieren. Eines stellen wir fest: Kava ist in Suva eindeutig teurer als in Savusavu. Und unser Kava-Dealer dort hatte es eilig – so schön sind unsere Sträuße – von denen noch zwei überlebt haben – nicht gewickelt.  Der Grund, dass bei unserem ersten Sevuesevu Sam den Strauß in der Hand wendete und – vielleicht – kommentierte?

Ob ich einen der Sträuße mal stampfe und schau‘, ob Kava eine gute Erkältungsmedizin hergibt? Aus dem Gemeinschafts-Bilo zu trinken wäre jedenfalls eines. gemein. Für die anderen. Und sowieso… baah!

PS:  Wer mal etwas Schönes über ein mögliches AKKAnauten-Ziel für nächstes Jahr lesen möchte, der lese den letzten Bericht der TENAYA.  VIelleicht auch noch ihren Schriftwechsel mit dem Steuerberater/Buchhalter

Das letzte Fest

Aus dem Cockpit. Suva: die einen schwimmen, die anderen nicht

Suva, 13.11.2012

Mittendrin im Gewühl. In ein bisschen Gewühl jedenfalls: wir liegen vor dem Royal Suva Yacht Club und lassen die „Großen“ an der Pier vor sich  hin wummern, und heute abend kommt wieder das große Geknalle hinzu, das uns schon seit Sonntag begleitet: die Inder feiern Diwali, das Lichterfest, und lassen reichlich Feuerwerk in die Luft steigen. An diese Geräuschkulisse muss man erst wieder gewöhnen, nach Wochen in absoluter Stille.

Mbales Tagwerk. Noch mehr Körbe für noch mehr Palolos!

Still war es auch in der Hidden Lagoon letzte Woche, als der erste bemerkenswerte Sturm im Süden durchzog, stilles Wasser, Windstille, niemand außer uns – ein sehr schöner Platz um sich mal zu verstecken.  Leider fiel dem die Sache mit der „Wurmarschsuppe“ zum Opfer, eine once-in-a-lifetime-Gelegenheit, aber so ist’s nun mal, man kann nicht alles sehen, und ein sicherer Ankerplatz ist uns allemal lieber.

Den Zahnpastavorrat haben wir großzügig aufgestockt. Schul-Zahnhygiene

Als wir am Donnerstag unseren alten Platz vor dem Dorf Susui wieder bezogen und uns an Land aufgemacht hatten, mussten wir feststellen, dass das Palolofangen eindeutig erfolgreich gewesen war, denn außer den Kindern, einem Lehrer und einer Frau an der Chief-Behausung war das Dorf leer. Man war zur zeremoniellen Paloloübergabe nach Vanua Balavu ausgerückt, und die Boote kamen erst in der Dunkelheit heim – unsere Marmorkuchen- und Zigarettenübergabe fand dementsprechend auch nicht statt. Aber am Folgetag!

Tägliche Fitnessübung: das Pani (?)-Spiel

Nach einem ausgedehnten Schulbesuch mit Einsicht in den Sportunterricht und Schulraum-Schnüstern, sitzen wir bei Mbale auf der Matte und kriegen doch noch ein hübsches Bananenblattpaket vorgelegt. „Mbalolo“ sagt Mbale, “ we kept it for you – that’s how we have it for breakfast, with onions and tomato. If there are any“.  Spricht’s und öffnet das Bananenblatt.  Eine schwarze, fädige Masse, Konsistenz eher trocken. Geschmacklich?! Öh, ja. Kann, muss aber nicht.  Nicht unangenehm, aber insgesamt vielleicht doch nix für den Europäergaumen. Aber wenn’s hilft – soll ja sehr gesund sein und auch aphrodisiakisch wirken.  Wir lassen Jacob und Mbale den Rest, aber für’s tapfere Probieren werden wir gleich zum Abendessen eingeladen: ein Todesfall in Suva, und daher gibt es eine Gedenkfeier in Susui, das lassen wir uns nicht entgehen.  Wieder sitzen wir, dieses Mal in der Dunkelheit, um eine reichlich  mit Fisch, Süßkartoffeln und Taro gedeckte Matte.  Der gebratene Waloo mit Lolo schmeckt uns köstlich, und es gibt auch keine Palolos. Während Andreas mit einem Teil der Dorfhonoratioren schwatzt und ich mit Mrs Said, der Lehrerin, kommen aus dem Haus dumpfe Stampfgeräusche. Es wird Kava gestampft, untermalt von Männer-Gemurmel – die Honoratiorenschaft sitzt um die Schale und „gedenkt“.  Vielleicht geht gerade unser Kavastrauß durch Kehlen?  Plötzlich wird es hell: der Dorfgenerator, der totgesagte, ist angesprungen. Für besondere Gelegenheiten kann man ihn offensichtlich für eine Weile zum Funktionieren überreden, wird uns gesagt.  Zeit zur AKKA aufzubrechen. Als wir uns Jacob und Mbales Haus nähern, sehen wir auch dort Licht, Musik dringt aus der offenen Tür. Ist es nicht wunderbar: da stirbt jemand in Suva, man richtet ein Gedenkessen aus und die Kids kriegen als Abfallprodukt 1, 2 Stündchen DVD-Gucken verabreicht.  EIn echtes Fest, und unser Marmorkuchen (mit Vanillesauce) findet auch noch Verwendung.

Und dann kommt der Abschied aus der Lau-Gruppe – am nächsten Morgen suchen wir nochmals die Lehrer, die gerade beim Frühstück sitzen, und überreichen Sorovake eine alte externe Festplatte mit dem WikiTaxi drauf, denn ich konnte Mrs. Said gestern außer mit unserer letzten Portion Buntstifte, Hefte und Zahnpasta mit Kenntnissen über den Palolowurm überraschen. Woher ich das wisse?! Na, aus dem WikiTaxi! Begeisterung brach aus, und so habe ich für die Schule eine Platte geleert.   Mal gucken, ob sie das hinkriegen, die beiden.  Voraussetzung ist, dass mal wieder eine generatorpflichtige Veranstaltung ausgerichtet wird, dann ist auch Strom für den Schulcomputer da.  „Habt Ihr noch einen Wunsch für die Schule?!“ Oh, ja, sagt Soro, wir leben auf einer kleinen abgeschiedenen Insel, und wir wollen den Kindern handwerkliches Arbeiten beibringen.  Holzwerkzeug aller Art wäre willkommen.  Neues AKKA-Projekt: Säge, Zange, Hobel. Von der nächsten AKKA-Station, aus Opua.  Wir fangen an aufs Wetter zu schauen und denken mit Spaß an unsere Feste in der Lau-Gruppe zurück.

Geografie am Strand. WO ist Europa?!

Immer Langusten

Langweilig?! Für Euch vielleicht, für die Schüler in Susui: Schulhof mit Aussicht!

Hidden Lagoon, Susui/Lau Group, Fiji 6.11.2012

Hidden Lagoon, die netzfreie Zone… Wer hätte gedacht, dass man auf Vanua Balavu an so vielen Stellen Internetzugang hat? Dies sind doch die „outer islands“! Wir hatten uns zwar mit einem Vodafone- und einem Telecom-Stick eingedeckt, aber nicht erwartet, dass man selbst auf der Insel Susui noch den Antennenturm von Lomaloma erreicht; aber so ist es. Dass wir hier liegen, hat nichts mit Netz oder nicht-Netz zu tun, sondern damit, dass heute nacht südlich von Fiji die erste tropische Bombe des Jahres aufploppt, ein Tief bildet sich und bringt ordentlich Wind in die Region, Bob der Wetterguru meinte sogar, dieser Sturm könnte der erste der Saison sein, der „sich einen Namen verdient“, Ihr wisst schon; aber ein „Sandy“ isses nicht. Wir sind zwar weit im Norden, aber dennoch haben wir versucht, ein Plätzchen zu finden, an dem man auch vor den zu erwartenden Winden aus dem Nord- und dem Westquadranten geschützt ist, et voilà ! Hier sind wir buchstäblich von allen Seiten geschützt, wunderbar, keine Welle, wenig Wind, ein paar Fallböen von den Hügeln, vielleicht. Leider sind wir auch geschützt vor dem Kontakt mit den Dörflern aus Susui, die uns erlaubt haben, an diesem abgeschiedenen Plätzchen zu ankern, aber die Kontakte werden wir dann übermorgen wieder aufleben lassen. Jacob, der gestern beim Sevusevu den Sprecher für den Chief gab, war nachmittags bei uns an Bord gewesen und hatte unsere „7 Bootswunder“ bestaunt. Ganz vorsichtig am Wasser genippt, dass ich ihm aus dem Wassermacher direkt ins Glas laufen ließ, rechts die Salzbrühe, links das Trinkwasser. Große Stauneaugen. Manchmal sind wir mit unseren Reichtümern an der Grenze zum Peinlichen in diesen Dörfern, und es scheint auch uns so zu sein, wie Panea es von unseren Yachten sagte: „… das ist kein Zuhause, das sind Hotelanlagen“. In Susui ist der Dorfgenerator seit 9 Monaten defekt – alle Reparaturversuche von Yachties haben nichts genützt, aber man hofft dennoch darauf, dass im Januar ein Segelfreund zurückkommt: der Texasknödler Kennedy von der FAR STAR, der vielleicht vielleicht Ersatzteile mitbringt. Und dann könnte man wieder Mobiltelefone aufladen, ohne damit nach Lomaloma reisen zu müssen (die Bäckerin, die hat Solarstrom, und da hängt man dann das Handy an…). Oder mal eine DVD anschauen. Seit 7 Monaten ist es hier nachcts dunkel. Aber ich glaube fast, dass auch der Blick in unser Mini-Bad mit Klo und Dusche so ein Bootswunder war. Und die LED-Beleuchtung. Die Nähmaschine. Kühlbox. Elektronische Seekarten! Es gab bei Melonenstücken und Kaffee viel zu erzählen. Das war noch vor dem Sevusevu, denn Besi, der Chief, war auf der anderen Seite der Insel in wichtiger Mission und kam erst spät, so dass wir gegen Abend an Land Gelegenheit hatten, Langusten zu erstehen und zu schauen, was Moke da flicht: kleine runde Palmkörbe, 20 x 40 cm. Wofür, und wofür in dieser Menge? Na, logo… morgen beginnt das letzte Viertel des Oktober/November-Mondes und da… schwärmen die Palolo-Würmer. Und zwar nur hier, nur an einer Stelle des Riffs. Also flicht das ganze Dorf Hunderte von kleinen Körben, in denen morgen dann die Würmer abtransportiert werden. genauer gesagt sind es nur abgeschnürte Hinterleibssegmente mit den Geschlechtsprodukten, und die bilden dann meterdicke Schichten an der Oberfläche, angeblich) . Sagt Elke aus Tonga, die es wissen muss, heute am Funk:“ … na dann guten Appetit. Lange glibberige Spaghetti…“ Klingt ja echt – örrgs. Wenn wir Pech haben geht dieser Palmblattkorb wetterbedingt an uns vorüber, aber Andreas spricht schon von „Wurmarschsuppe“. Man wird sehen, ob wir Glück oder Pech haben.

Vom Ende des Wurms ans Ende der Welt. Wo hatten wir eigentlich das letzte Mal aufgehört?! Bay of Islands?! Es folgten schöne Ausblicke von den Höhen des Bavatu Harbour, dann der Little Harbour, der so little gar nicht ist (und wo wir, pfui, kein Sevusevu gemacht haben, der Ankerplatz in Manavu war uns zu rollig; Schande auf unser Haupt). Und dann Lomaloma, die Metropole von Vanua Balavu. Während Michael von der Mariposa stracks ins Krankenhaus marschierte, um sich die Gegebenheiten rund um die Zahnmedizin anzuschauen (Diagnose: dünn!), knüpften wir Kontakt am Wegesrand: Lithia saß dort und hielt, wie jeden Mittag, ein Schulpicknick für ihren kleinen Bruder ab. Grüne Bele-Blätter (bäh! Spinathassen scheint ein globales Problem zu sein…), Maniok und Lolo, würzige Kokosmilch mit Zitronensaft und Zwiebelchen.

Maniok, Mbele, Lolo. Das Schulpicknick

Hinter uns tobt der ganz normale Schulhofwahnsinn, es gibt Gelegenheit, in Töpfe zu schauen und dumme Fragen zu stellen. Auf ein Trommelsignal hin beruhigt sich die Lage schlagartig, alles marschiert zu den Zisternen und putzt sich kollektiv die Zähne. Donnerwetter! Und da sich die Szene nach einem weiteren Signal leert und auch Lithias Bruder – in seinen Schulsulu gehüllt – in der Klasse verschwindet, dürfen wir auf der Picknickplane „Rest machen“. Na ja, Apete, seines Zeichens Bibelschullehrer und Methodistenpfarrer, kommt auch noch dazu, mit Joeli, der beiden Söhnchen. Es dauert eine Weile bis wir uns auf den weiteren Spaziergang machen können, und haben bis dahin ein längeres Gespräch über Hitler, Nationalsozialismus und allerlei Schuldfragen hinter uns. Das muss ein bewegendes Thema sein, das uns hier nicht zum letzten Mal begegnet sein. Auf der Dorfpost erkämpfe ich mir Briefmarken für einen Geburtstagsbrief nach Deutschland, auch so ein schönes „outer islands“-Erlebnis, immerhin wird nach Suva oder wer weiß wohin telefoniert, um das Porto festzustellen. Und dass der Brief erst mit dem nächsten Flugzeug, sprich: nach dem Geburtstag abgeht, macht ja nix. Wir haben doch Schwein, dass das wöchentliche Flugzeug die Post überhaupt mitnimmt, und nicht das Versorgungsboot, das einmal im Monat kommt. Oder auch nicht …

Gastgeber am Straßenrand: Lithia und Apete

Sonnabends unternehmen wir eine kleine Jagd auf „Frisches“. Der Handel mit Obst und Gemüse ist hier eher unüblich, man hat welches, oder man hat keines. Der Kaufladen bietet uns immerhin ein paar Kartoffeln, Zwiebeln und Knoblauch an, und ein samstägliches Ladenschlussangebot an Bok Choy, eine Riesenladung für 2 Fijidollar. Na, klasse! Bananen?! Papaya?! Nö. Äh, ja, doch, warte mal! Ein Mobiltelefon wird gezückt… „… auf die Berge zu laufen, das letzte Haus hat Bananen!“ Einen kleinen Fußmarsch später (inklusive zwei Attacken eines Hundes, der eindeutig Palangis hasst und voll Ingrimm in unsere Bok Choy-Tasche beißt) haben wir Bananen. Teuer?! Teuer, für Fiji-Verhätnisse: 2 Dollar für ein Bündel; aber wenn man die Behausung sieht und hofft, dass der Erlös vielleicht in Schulbücher oder Zahnbürsten fließt, ist es fein. Papaya?! Da sind doch welche am Baum auf dem Gelände des Post-Ladens; tja, die Poststellen betreiben hier Läden, die die jeweils bestbestückten auf den Inseln sein sollen. Ihr hättet mal die Nase in den Post-Laden-Kühler halten sollen… – was aber nicht heißen soll, dass die Papayas, die man uns nun aus luftiger Höhe herabstochert, nicht lecker wären, und kostenfrei waren sie dazu. Manche Dinge haben einfach keinen Preis, und darum verschenkt man sie dann. Nicht gerade geschenkt waren dafür die gefrorenen Kiwi-Hühner, die die Bäckerin verkauft. Aber sie rochen angenehm.

Lomaloma…

Während Obst und Gemüse im Dinghy schmoren, bringt der Gang am Ufer entlang die Begegnung mit John und Vakivaki. John döst im Schatten der zertrümmerten Ölmühle – Cyclon Thomas hat seine Spuren hinterlassen, einer der Gründe, warum das Krankenhaus so frisch renoviert aussieht! -, und Vaki winkt uns zu einer Trinknuss heran. John hebt ein Augenlid. „Germany? You know wonn Lackner?!“ Ja klar kennen wir den Grafen Luckner. Und schon sprudelt es aus dem ehemaligen Methodistenküster heraus, die ganze Story, wie Luckner hier, auf der verlassenen Insel Katafanga, einen Dankesbrief an den vermeintlich deutschen Besitzer hinterlassen hat für all die schönen Sachen, mit denen er sich und seinen Mannen auf seiner Reise ins Ungewisse verproviantiert hatte – er war ja auf der Suche nach einem zu kapernden Segler, mit dem er seine schiffbrüchige Mannschaft in Mopelia wieder aufnehmen wollte. Was er nicht wusste, war, dass hier gar nix mehr irgendwelchen Deutschen gehörte, und er mit dem Brief dem kurz darauf zurückkehrenden Herrn Woodworth, most british , eine Spur hinterlassen hatte, der man nun nur noch folgen musste. Luckner is around here. Endstation: Kriegsgefangenschaft No. 1 in Neuseeland. John lacht sich tot – und natürlich reden wir auch über’s moderne Deutschland (jou, Nationalsozialismus…) und über das Leben in Suva und warum man seinen Lebensabend auf den Inseln verbringt. Immer das Gleiche: es kostet nix. Oder kaum was – wenn das kein Grund ist, sich zu bescheiden. Und währenddessen kloppt uns Vaki Nüsse auf, zeigt uns, wie man aus der Basthülle einen Löffel schneidet, mit dem man das weiche Fleisch auslöffeln kann und weiht Andreas in zwei Geheimnisse ein: die Produktion von Palmwein-Homebrew (Alkoholvertrieb ist auf Vanua Balavu verboten!) und, dass man morgen in die Kirche gehen solle, in die vom Ortsteil Sawana. Wer teilnimmt kriegt hinterher was zu essen! Zoobesuch mal andersherum: die Gäste bitte füttern?! Für uns? Aber es wäre nett von uns und höflich, und überhaupt sind alle so freundlich hier. Also: Sonntagsprogramm Kirchgang ist beschlossen.

Das allpazifische Sonntagsprogramm

Kommt der Sonntag. Die Trommel schlägt, und schon bei der Annäherung an den Strand fallen uns die Gewänder auf: Ta’ovalas nach tonganischer Sitte. Kiekies. Und im Gottesdienst wird uns alles klar. Dies ist die Methodist Church of Tonga, besser: ein Methodisten-Kirchlein von Tonga auf einer abgelegenen Insel Fijis, und die Anwesenden sind überwiegend Tonganer. Ist ja auch nicht soo weit von hier entfernt. Zum Höhepunkt des Gottesdienstes, nach einem guten Stündchen, werden nach allen Regeln der tonganischen Druckmacher-Kunst die einzelnen Familien namentlich zur Spende aufgerufen und, nun haben wir es endlich gesehen, wie das abgeht, anschließend die Spenden – boah! – in Heller und Pfennig, Fiji-Dollar und -Cent verlesen. Echt… Der Gottesdienst zieht sich mit allerlei Gesängen, Geburtstagsbehudelungen, Lesungen dahin, ein Nachbar reicht uns eigens eine englische Bibel, damit wir den Hebräer-Text mitlesen können, irgendetwas Blutiges. Mit Gebeten, Kommunion etc. verstreicht ein weiteres Stündchen. Beeindruckend der Gesang insgesamt sowie eine Gesangssondereinlage des vielköpfigen Kirchenvorstandes, und nicht zu vergessen, dass manchmal eine vehemente Englisch-Passage ins Tonganische gestreut wird, um die dahindösenden Palangis aufzurütteln und noch ein paar andere Gäste, die Mariposa wurde nämlich von der „Zahnärztin“ hergeschleift plus 2 Kolleginnen aus der Gesundheitsverwaltung. Südpazifisches Sonntagsprogramm. Draußen spielen die Kinder, man geht auch mal raus und schnappt Luft, vor uns kichert ein gewaltiger Mensch (Tonga!) und bringt seinen Leib samt Kirchenbank zum Beben. Und dann isses um. Wir erheben uns mühsam, wanken nach draußen, reichen dem Pfarrer huldvoll die Hand. Der steht da mit seinem Kirchenvorstand und wiederholt, was es für ein Segen sei, uns dabei zu haben – wirklich nette Leute. Hinter uns schlufft jemand am allerfeinst ziselierten Stock heran, der unglaublich „noble“ aussieht. Tatsächlich, die ganze tonganische Gesellschaftsstruktur auf fijianischem Boden, Noble, nicht-ganz-so-Noble und Gemeine. Sagt der Noble zunächst mal: „… wenn Ihr das nächste Mal zur Kirche kommt, dann die Männer bitte im Tupenu!“ Ganz ernsthaft, der tonganische Rockwickel ist ein Muss, was für ein Glück, dass ich meinen Zeremonie-Sulu trug. Andreas hatte ein „feines“ Hemd an und knielange Bermudas, und Micha weiße Dreiviertelhosen mit Tüdelbändchen. Schwerer Formfehler.

Going with nobles

Nach der Vergatterung kam dann ein ostentatives „“… you go with the nobles“. Neiennn, wir sind mit der Zahnärztin hie… „Ihr geht mit den Nobles!“ Gut. Gehen wir also mit den Nobles. Bis der „Tisch“ im kleinen Tonga-Dorfzentrum gedeckt ist, platzieren wir uns auf einer Matte, gucken ein bisschen verstohlen um uns, und dann sitzen wir auch schon mit mehr oder (ich) weniger gekreuzten Beinen auf dem Boden, vor uns eine lange Matte, auf der sich alle Köstlichkeiten der tonganischen Küche massieren: Fische, Bananen, Brotfrucht aus dem Umu, Taroblätter mit Kokosmilch, Ota Ika, unser geliebter roher Fisch… Melonenschnitze… Gurken… Nachtisch. Eine herrliche Fülle vor allem auch frischer Sachen.

Sonntagstafel tonganisch. In Fiji.

Während wir schmausen, halten die Gastgeber lange Reden, unverständlich zumeist, der Ober-Noble heißt uns nochmals willkkommen, der Pfarrer kann es nicht lassen und holt zu einem weiteren längeren englisch-tonganischen Sermon zu „Liebe Deinen Nächsten“ aus, klärt uns aber – „… wir müssen alles tun für dieses, unser Fiji!“ – auch auf, dass es eigentlich die Tonganer waren, die Fiji (fijianisch „viti“) den Namen gaben – sie sagten Fisi und die Engländer verstanden „Fidschi“. Here we are. Tonga vor, „wir“ waren schon immer tonangebend, die Lau-Inseln sowieso tonganisch und, ach, eigentlich ist Fiji Tonga!

Pastors Tochter darf die Fliegen wedeln!

Wir plauschen noch mit den Umsitzenden als sich plötzlich Unruhe breit macht: die zweite Schicht der Esser, die „Normalen“, will nachrücken. Und der arme Eigner hatte sich solche Mühe gegeben, alle Platten in seinem Umkreis blank zu essen. Formfehler 2 – erst kein Tupenu, nun das. Die Mittel- und Unterschicht wird damit abgespeist, was „wir Noblen“ übrig gelassen haben und machen nahtlos da weiter, wo wir aufgehört haben. Aber die Hausfrauen wird Andreas‘ Appetit gefreut haben. Übrigens gab es Langusten in Lolo, Kokosmilch mit Zitrone. War ja auch nicht schlecht.

Jetzt gleich gibt es in der Hidden Lagoon den Rest Langusten aus Susui. Als Salat, mit Lolo, weil`s so lecker ist. Immerzu Langusten…