Kerosin und Holzkohlenrauch

Port Vila, 31.8.2013

Endlich hat die Schipperin den Familienstandard erreicht: Schwester, Bruder, Eltern – alle waren sie schon mal nahe am Vulkan, in Island zumeist, und zwei der  inspirierenden Erinnerungen aus meiner Jugend sind daher die Bilder vom Heklaausbruch und der Aschehaufen von Surtsey.  Klar, auch für die AKKAnauten hat es schon Vulkanisches gegeben, da waren Rotorua/Neuseeland in den 80ern und „neulichst“, ein Besuch im frisch evakuierten Plymouth auf Montserrat in der Karibik oder Eierkochen im Geblubber am Lake Baringo/Kenya, nicht zu vergessen viele „tote“ Vulkane.  Aber so richtig „Vulkan“… nee, das hatten wir noch nicht. Und da die notorisch faulen Segelsäcke auf der AKKA auf dem Weg von Neukaledonien den Halbwindkurs nach Port Vila vorgezogen hatten, statt geradeaus nach Aneytum oder Tanna zu bolzen, musste nun der Vulkanbesuch noch nachgebessert werden.

Aahh! Da ist er ja!  Mt. Yasur, Tanna

Aahh! Da ist er ja! Mt. Yasur, Tanna

Gesagt, recherchiert. Auf Port Vilas Straßen wird man mit allerlei Angeboten zu Tagesausflügen oder auch Overnighties animiert, unser Moon-Reiseführer erläutert solche Möglichkeiten, und bei der Touristeninfo gab es den entscheidenden Hinweis: „… I think, Air Vanuatu is cheapest…“ – sicher nicht unbedingt im Sinne der Touranbieter, der Tipp, für uns  aber zielführend. Schon der Termin bei Air Vanuatu war sehr lustig, denn der mit Packagetouren befasste Joseph war ein umfassend interessierter Mensch – drum kakelte er zunächst mal lang und breit mit Australiern, die wiederum nebenbei mit mir über Australien, das Outback und schlechte VWs, insbesondere Amarok, palaverten. So was kann dauern.  (Und liest hier jemand von VW mit?  Australischer Werkstattbesitzer lässt ausrichten, dass der Amarok zum Wegwerfen ist. Gemildert ausgedrückt.)  Mit uns redete Joseph, als wir dann endlich dran waren, über Deutschland und Hamburg im Speziellen, die Welt im Allgemeinen, und von letzterer ließ er sich erst mal auf dem Globus unsere Route zeigen, sodann vom Amazonas erzählen. Ich sagte es schon: so was kann dauern. Bis wir dann zum eigentlichen Punkt vorstießen. Flug war schnell erledigt, sehr viele Optionen bietet der Flugplan nach Tanna nicht (morgens und abends halt), aber wir wollten im Gegensatz zu den Normaltouristen lieber zwei Nächte

Touristenauto?  Wohl kaum...

Touristenauto? Wohl kaum…

verweilen und brauchten eine entsprechende Unterkunft. Eben dieser Normaltourist fliegt morgens ein, rollert zur „Evergreen Lodge“ nahe der „Hauptstadt“ Lenakel, wird nachmittags zum Vulkan gebracht , nach Einbruch der Dunkelheit dann zwei 4-Rad-Stunden lang zurückgerollert, und fertig ist der Tannabesuch. Wir fanden es eigentlich logischer, in der Nähe des Vulkans zu übernachten. „€¦ well, we have Jungle Oasis there.  Very simple. Something for backpackers€¦“  sagt Joseph. Schlicht und für Rucksackreisende? Klingt doch AKKAnautengerecht, dachten wir, und buchten.  Nicht ohne danach beim „Tripadvisor“ mal zu gucken, und dem entnahmen wir, dass die Unterkunft eine hohe Chance bot, dass es uns gefiel. Vor allem der Gast, der nach eigener Aussage eine volle DIN A4-Seite an Mecker im Gästebuch hinterlassen hatte, beeindruckte uns, vom Handtuch über das Moskitonetz bis zum Klopapier, unter der Überschrift: „Die längste Nacht“.  Er habe stundenlang eine Ratte zunächst mit der Taschenlampe, dann, wegen Batterieschwundes, mit der Beleuchtung seines Mobiltelefons verfolgt.  Naja, und Löcher im Mosikitonetz, das Essen, außerdem gab es auch keine Flauschhandtücher und das Klo war sowieso im Hof.   Alles nach unserem Geschmack – zumal gute Kritiken auch verzeichnet waren.  Nur ohne Ratte, bitte.

Am Mittwoch war die unruhige Nacht – wir entwickeln eine gewisse „wir werden doch wohl nicht verschlafen?!“-Nervosität! – wieder einmal um 04:30 zu Ende, aufstehen, kalte Dusche, Tass€˜ Kaff€˜ und dann mit dem Dinghy zum Waterfront-Anleger.  Der Abholer namens „Atmosphere“  kam dann, wie wir nicht anders erwartet hatten, nicht um 05:30, sondern um kurz vor 6, aber bei einem 12-Sitzer-Flugzeug auf einem Dorfflugplatz ist eine lange Check-in-Vorlaufzeit sowieso eher Theorie. Von Interesse auf dem Flugplatz  1. die Tatsache, dass man sich nach pazifischer Übergewichtlersitte samt Gepäck wiegen lassen muss, was den Eigner feixen und einen langen Hals machen ließ  (ich bin so dick wie immer, aber auch nicht dicker!) , ein Haufen Leute, die vielerlei Pakete als Fracht aufgaben, ein paar UNICEF-Mitarbeiter auf Dienstreise, und Touristinnen, die teils mit Entsetzen, teils mit Interesse die Riesen-Schaben verfolgten, die in der Halle ihre Bahnen zogen (man sagt, das südpazifische Schaben auf Wunsch gesattelt werden können€¦).

Die Harbin, unser Flieger nach Tanna

Die Harbin, unser Flieger nach Tanna

Abflug – sehr schönes 2-Propeller-Hochdecker-Flugzeug, auf dessen Tür eine Notiz klebte, dass diese Harbin-Maschine der Air Vanuatu gehöre (wohl um zu erklären, dass draußen noch „Real Tonga“ stand; unsere Theorie dazu ist, dass die Maschinen von Generation zu Generation, von armem Staat zu ärmerem Staat weitervererbt werden).  Nichtsdestotrotz saßen zwei melanesische Piloten im Cockpit, die eine Unzahl von Hebelchen und Knöpfchen bedienten (man sitzt ihnen ja im Nacken€¦), ganz wie bei den Großen. Start. So richtig viel Propeller sind wir ja noch nicht geflogen, insofern war diese chinesische Harbinmaschine ein echtes Erlebnis.  Allein dieser kurze Start! Ein Riesen-Gebrumm und schon war das Ding in der Luft. Und eigentlich auch schon angekommen, 1 Stunde dauerte der Hopser.

Am Flugplatz in Tanna – noch dörflicher als in Port Vila, versteht sich – nimmt uns Kelson, der Besitzer der „Jungle Oasis“  in Empfang und verfrachtet uns auf einen Toyota-Pickup Doublecab, wir dürfen drinnen sitzen. Erst geht€™s mal in die Hauptstadt Lenakel, Kelson muss Geld besorgen und einkaufen, es ist auch ein Reifen zu reparieren, also haben wir reichlich Zeit, uns den bescheidenen Markt anzuschauen, einen Strauß Erdnüsse zu

Markt in Lenakel

Markt in Lenakel

 erwerben , diese nebenbei als Frühstück zu verspeisen und sonst die „Stadt“, die man dort auch wegen des Fehlens von chinesischen Händlern „Blackman€˜s Town“ nennt (von Weißen sowieso keine Rede€¦), unsicher zu machen.  Zum vereinbarten Zeitpunkt – na gut, ein bisschen später – druckst Kelson rum, ob wir wohl Bargeld dabei hätten und pumpt uns an; die Bankerin sei krank und habe  zum Medizinmann gemusst (!  – richtig verstanden, Medizinmann, witch doctor). Mit unseren 5.000 Vatu lässt sich dann aber trefflich shoppen, eine

Kelson besorgt das Gemüse für unser Dinner

Kelson besorgt das Gemüse für unser Dinner

Handvoll Tomaten, Gurken etc.  für unsere eigene Versorgung der nächsten Tage.  Für den Erwerb von Fleisch oder Hühnchen müssen wir noch ein, zwei Geschäfte abklappern, aber dann geht es los auf die knapp 40 km auf die andere Seite der Insel.  Was vielleicht Segler, die in Port Resolution direkt unter dem Vulkan ankern nioe erfahren: die holperige Straße, die von dort zum Vulkan führt, ist überall so schlecht; befestigte Straße sind auf Tanna Fehlanzeige. 2 Stunden braucht€™s€¦ Zweit-Shopping an einem Dorfmarkt  und ein oh-und-ah-Stopp beim ersten Blick auf den Vulkan inklusive.

Die Oase sitzt tatsächlich im Dschungel und überrascht mit einem

Unterkunft in der Jungle Oasis, Tanna

Unterkunft in der Jungle Oasis, Tanna

ungeheuer sauberen – gefegten! – Garten aus vielen Pflanzen auf schwarzem Lavasand, in dem die traditionell gebauten Hütten für die Gäste verteilt sind. Uns wird aus der Reihe der drei blau-weiß verzierten die mittlere zugewiesen, stabile Betten mit „Peking2008“-Wolldecke (also müssen doch irgendwo die Chinesen ihr Unwesen treiben, von wegen „Blackman€˜s Town“) und unversehrten

Jungle Oasis - unser Heim

Jungle Oasis – unser Heim

Moskitonetzen. In einer „Nambawan“ -Bierflasche steckt ein Sträußchen mit Hibiskusblüten. Im Gemeinschaftshaus serviert uns Joyce, deutlich weniger wortkarg als ihr Mann Kelson, einen leckeren Lunch aus Omelett und Gemüsen, erzählt ein bisschen zum weiteren Verlauf und dass man zum Vulkan hinauf laufen könne. Mann, dieser Vulkan€¦ zum ersten Eindruck aus der Ferne (Ohhh!), dem zweiten bei der Überfahrt über die Aschewüste (aaah!) kam nun das „uii!“: ein konstantes Gewitterdonnern.  Eindrucksvoll. Zum Mittagsschläfchen ins Häuschen zurückgezogen, bemerken wir schnell („aha!“) die Druckwellen, die das Donnern begleiten, und die Vorhänge vor den Fenstern ruckartig wehen lassen.

Um 4 holt uns unser Guide Philip ab, und wir wandern los. Mit etwas Geld in

Im Anstieg zum Mt. Yasur. Was da qualmt ist Schwefeldampf...

Im Anstieg zum Mt. Yasur. Was da qualmt ist Schwefeldampf…

der Tasche, denn den im Package enthaltenen und mit über 50 Euro nicht unbeträchtlichen Eintritt, den eigentlich nun Kelson zahlen müsste, kann er eben wegen der beim Schamanen befindlichen Bankerin nicht entrichten („€¦ kriegt Ihr dann wieder, ich fahre morgen in die Stadt und versuche es neu!“ **).  Wir tun€™s aber gern, denn dieses Vulkangerummel  war ja schließlich der Sinn der ganzen Reise.  Wir stiefeln los, bergan durch den Wald auf einem ausgefahrenen bis ausgewaschenen Weg.  Philip hatte schon gesagt, dass wir sicher eine Fahrt „hitchen“ können auf unserem Fußmarsch, schließlich fährt er täglich als Führer hier hinauf, mit Gästen von den anderen Lodges – und so ist es dann auch. Wir klemmen uns auf die Ladefläche eines der nächsten Pickups. Keine schlechte Idee – dieser Marsch wäre uns noch ganz schön in die Beine gegangen€¦

Fliegende Lava

Fliegende Lava

Naja, und dann nahm die Show ihren Lauf. Schon beim Aussteigen sehen wir große, glühende Lava-Flatschen über den Kraterrand fliegen, ungefähr wie nasse rote Lumpen, es stinkt und qualmt beträchtlich. Die erste Stunde beobachten wirgenau, wohin die „Bomben“ fliegen, schließlich will niemand getroffen werden; die Geräuschkulisse ist verwirrend: Grollen, Fauchen, Zischen und eine Art schwappende Wellen.

Vulkan, Vulkan

Vulkan, Vulkan

Als die Sonne untergeht rückt das Häufchen Schaulustige ein Stück weiter den Rand hinauf – und erhält vollen Blick ins Inferno.Je mehr das Licht schwindet, umso beeindruckender wird das Feuerwerk und umso erschreckender wird es auch – man hört das Gas-Lavagemisch druckvoll und rotglühend entweichen und tritt von der (übrigens ungesicherten!) Kraterkante automatisch  einen Schritt zurück,wenn die Explosion

... und noch mehr Vulkan!

… und noch mehr Vulkan!

gar zu erschreckend ist.
Da fehlen einem die Worte. Leider fehlte uns auch ein Stativ, wie der Eigner geradeeinwirft, dann hätte man sicher schöne Langzeitbelichtungen aufnehmen können.  Ein echtes Erlebnis.

Vulkanissimo

Vulkanissimo

Wir hitchen natürlich auch eine Fahrt bergab, denn der Rückweg im Stockdustern auf dieser Straße wäre eine Strafe gewesen. Noch dazu mit den möglichen Bomben im Nacken.

Und dann ist Jungle Oasis-Zeit: kleines Fisch-Gemüse-Reis-Dinner (Richard Chesher sagt im Segelführer, dass er niemals/never Fisch in Vanuatu isst, den er nicht selbst gefangen hat!  Wir haben 2mal ciguaterafrei überlebt, toi.toi€¦) und ab in Hütte mit den wackelnden Wänden. Von den Druckwellen, wohlgemerkt.

Köchin, Gastgeberin. Joyce

Köchin, Gastgeberin. Joyce

Zum Frühstück serviert Joyce uns Bananen aus dem Garten und von den eigenen Hühnern gelieferte Eier. Kaffee ist eigentlich nicht das Ding für die  Ni-Vanuatu, zumindest nicht auf Tanna, obschon die Insel Kaffee produziert, als Exportartikel. Die Einheimischen, besagte Ni-Vanuatu, beschränken sich zum Frühstück auf in heißem Wasser aufgegossene Zitronenblätter, vielleicht eine Scheibe gekochte Tarowurzel, eine Pampelmuse oder Banane (von denen es derzeit nicht viele gibt – off season) und ab und zu eine Tasse Milch (aus Milchpulver!).  Es ist hier wie überall auf den pazifischen Inseln – der eigene Garten bietet eigentlich das Nötigste, und was man nicht selbst anbaut, hat vielleicht der Nachbar. Oder die Frau auf dem „Markt“.  Nur die ganz großen Dinge, die muss man gelegentlich zukaufen: Diesel (hier, wie in alten deutsch-belgischen Rennautotagen „mazut“ genannt!), vielleicht Lampenöl oder Holzkohle.  Nicht zu vergessen das Mobiltelefonvolumen (eine der meistgehörten Klagen ist, dass gerade kein Guthaben  vorhanden ist€¦).  Eine weitere Variante von „besonderem Bedarf“ hat Kelson uns am frühen Morgen vorgeführt€¦  Den Schuss haben wir nicht gehört, aber einen Pickup mit vielen, kakelnden und lachenden Leuten drauf. Was war los? In Port Resolution wurde gerade eine Hochzeit vorbereitet, und Kelson hat dazu, man höre und staune, eine Kuh im Wald geschossen und verkauft. Und das gibt umgerechnet 500 Euro auf die Kralle. Dafür muss frau auf dem Markt lange Taroblätter verkaufen€¦

Windkante am Mt. Yasur

Windkante am Mt. Yasur

Der Tag gehört dem Dorf und der Umgebung, wir erliegen nicht der Versuchung uns „custom dancing“ vorführen zu lassen – dafür wandern wir zur Ascheebene hinaus und beobachten nochmals den spuckenden Vulkan, von unten. Und junge Leute, die mit Snowboards auf den Aschehängen abrutschen – nein, kein großer Rummel, nur ein Späßchen für einige wenige. Und danach nochmals Dorfleben: Agnes, die wir mit Töchterchen Asial auf der

Agnes auf dem Weg zum Fluss

Agnes auf dem Weg zum Fluss

Straße treffen, folgen wir auf ihrem langen Marsch durch den Wald bis zum Fluss – sie trägt ein riesiges Bündel auf dem Kopf und ist auf dem Weg zum Wäschewaschen. Bei meinen zaghaften Versuchen, einen entlastenden Beitrag zu ihrer Arbeit zu leisten, redenwir über Waschmethoden „bei uns“, über Waschpulver, Kernseife und heißes Wasser. Und Waschmaschinen. Agnes rubbelt, bürstet und schlägt die Wäsche (übrigens nicht ihre, sie verdient sich so ein paar Vatu) auf die Steine, sie wringt und spült und wringt.  Ich verstumme langsam – das Leben hier ist ziemlich beschwerlich. Irgendwann merken wir, dass eigentlich auch Andreas€˜ Anwesenheit eher stört, eine weitere Wäscherin windet sich, weil sie nicht weiß, wies sie ihr „Waschkleid“ anziehen soll, und tut das dann blitzschnell, als

Wäschewaschen... reine Frauensache

Wäschewaschen… reine Frauensache

er sich abwendet um etwas zu fotografieren. Ziemliche „Frauensache“, das Geschäft. Wir entschwinden in den Wald. Wie das wohl ist, die „paar Kilometer“ auf dem Waldpfad ins Dorf zurück zu laufen?  Das Bündel ist ja nicht gerade leichter geworden, jetzt wo die Wäsche nass ist.

Als wir am nächsten Tag auf die Abholung zum Flugplatz warten, wird in der Jungle Oasis unsere gerade Bettwäsche gewaschen. Riesenerleichterung: es gibt €¦ nein, keine Maschine. Es gibt eine Wasserleitung, die die „Oase“ direkt mit dem Bergbach verbindet (die aber nicht immer Wasser leitet€¦), man muss die Wäsche zum Handrubbeln nicht immer an den Fluss tragen.

Aber:  wie an so vielen anderen Plätzen, die wir verwöhnten Westler für arm und damit trübsinnig halten, herrscht ein anhaltender Frohsinn. Und der kleine Luxus  hält ja auch Einzug auf Tanna. Man kann zum Beispiel, wenn man das Feuerholz geholt hat, sich (vielleicht) von einem vorbeifahrenden Pickup kutschieren lassen und dabei mobil telefonieren. Wenn man ein Mobiltelefon hat. Und Guthaben vorhanden ist.

So ist die Welt am Vulkan: zwischen Holzkohlenfeuer und SIM-Karte. Und der Tourist fliegt dank Kerosingestank in den Schwefeldampf.

Hinauf auf den Vulkan – der Mt. Yasur heißt, und das bedeutet auf Nafé „Gott“! – gehen übrigens nur die Wenigsten. Weniger wegen der akuten Gefahr – es ist schlicht unheimlich. Nicht fassbare Mächte. Geister.
Der witch doctor  der Bankerin? Die natürlichste Sache der Welt.

Pickup im Anstieg zum Mt. Yasur

That’s fun! Pickup im Anstieg zum Mt. Yasur

Mit Erdnuss und Anwohner: der Eigner am "disasta tree", Lenakel

Eigner mit Erdnussstrauß  und Anwohner: Treffen am „disasta tree“, Lenakel

 

———–

**PS:  Ja, wir haben das Eintrittsgeld wiederbekommen! Allerdings… wir vermuten, dass die später erwähnte Kuh auch nicht cash bezahlt wurde, denn der Fahrer des Pickup, der uns zurückbrachte, erwähnte, dass er „eigentlich“ Geld zum Tanken hätte bekommen sollen. Grenzen der Subsistenzwirtschaft…

Yumi orait!

... viele Erinnerungen an Afrika...  Ein Stadtgewusel namens Vila

… viele Erinnerungen an Afrika… Ein Stadtgewusel namens Vila

Port Vila, 23.8.2013

Das hier ist mal wieder so recht nach unserem Geschmack! Lichter der südpazifischen Großstadt.

Rücklings sitze ich im Cockpit, das Nambawan-Café schmeißt mir freitagabendliche Live-Musik ans Ohr, und zwar so gute, dass man eigentlich nochmals das Dinghy zu Wasser lassen müsste. King of the Road und solche Sachen. Eric Clapton rauf und runter. „I will survive“, Gloria Gaynor (aber da bleibt die Cake-Version ungeschlagen …). Ich bleib noch ein Weilchen hier draußen sitzen!

Irgendwie, Ihr könnt es Euch an den Fingern abzählen, ist unser Abstecher in die Loyalities ziemlich kurz ausgefallen, obschon ich, die Ein- und Ausklarierwütige, durchaus gewillt gewesen wäre, ein bis zwei Augen zuzudrücken und ein kleines bisschen länger zu bleiben als die Ausklarierungspapiere aus Nouméa uns zugestehen wollten. Aber das Wetter, das Wetter! Unseren Ankerplatz vor Drueulu (gesprochen „Dschoulou“) hatten wir nach einer schnellen Nachtfahrt am Donnerstagmittag erreicht. Und weil das Volk nach einer ganz gleich wie langen Nachtpassage immer müde ist, passierte dann – außer Gucken! – vor dieser Kulisse aus türkisfarbenem Wasser, weißem Palmenstrand und einer Mischung aus modernen und traditionellen Kanak-Behausungen nicht mehr viel.

Blau-weiß-grün.  Dreulu im Hochzeitsrausch

Blau-weiß-grün. Dreulu im Hochzeitsrausch

Zu Gucken gab es allerdings, und es gab auch was auf die Ohren: kanakoide Pop-Musik und Gesänge „on und off“. Und viele Leute, unter den Palmen versammelt, Autos kommen und gehen. Ganz schön was los. Das war auch am Freitag nicht anders, als wir uns dann an Land bewegten. Wir hatten uns schon mit einem AKKA-Photo und einem daran geklebten 1000er bewaffnet, für den „Chef“, diesen Tarif hatte uns unser französischer Nachbar  als gängiges „coutume“ genannt, und auch gleich bezweifelt, dass der Chef Zeit für uns hätte – das beobachtete Gewusel an Land war der Tatsache geschuldet, dass „eine Hochzeit vorbereitet“ werden musste. Eine? Gewiss doch, eine für 17 Paare. Ganz Lifou im Ausnahmezustand,  zu Beginn der Winterferien, und, wie ich frei diagnostiziere, kurz vor dem fruchtbarkeitsstiftenden Vollmond.

Kein Zutritt!  Le Grand Chef, Dreulu

Kein Zutritt! Le Grand Chef, Dreulu

Wir werden ein bisschen herumgereicht von Gästen, eine junge Frau in der glitzernden Robe Mission geleitet uns vor eine imposante Hütte und macht in Richtung der Tür tonlose Lippenbewegungen für „Gaatcho? Gaatcho?“. Wir waren ganz schnell wieder weg von der Chefferie des Herrn Gaatcho… – das wäre auch ein echter Fehltritt gewesen. Dies nämlich war der „Grand Chef“ für den Süden der Insel. Aber auch der für uns zuständige „petit chef“ hatte keine Zeit. Seine Frau versprach, einen Moment für uns freizuschaufeln, und gab uns schon vorab das o.k., dass wir vor ihrem Dorf ankern dürfen. Eine ganze Weile hocken wir uns an den Rand des Treibens, werden hier und da mal nach unserem woher-wohin befragt und sehen immer neue Fahrzeuge anrollen, neue Familien zum Chef vorrücken, Geschenke abliefern (große Ölkanister, Reissäcke etc…) und an Gesprächsrunden teilnehmen. Briefing? Ehrerbietung? Wir haben keine Ahnung. Ab und an steht alles auf, es wird ein bisschen getanzt und geklatscht, ein neuer Schwung Leute rückt nach. Zwei Eindrücke bleiben für uns: hier ist richtig „Betrieb“ und… unser „Moment“, der wird nicht kommen. Und die Hochzeiten finden erst in 5 Tagen statt – so lange können wir kaum warten, also nehmen wir die Erlaubnis der Frau Chef für bare Münze und trampen nach Wé. Der freundliche Dorfbewohner, der uns mitnimmt, erzählt uns ein bisschen zum Umfang der Feierlichkeiten – in allen 3 Chefferien der Insel finden in dieser Woche die Hochzeiten nach traditionellem Ritus statt. Leihwagen sind ausverkauft, weil so viele Gäste von der Hauptinsel anreisen, die Fähre ist voll, das sehen wir dann auch am Hafen, kurz: wir haben unseren Lifou-Besuch mitten in die eine Woche des Jahres gelegt, in der die Insel Kopf steht. Bis zum Fähranleger sind es ein paar Kilometer zu laufen, ganz gut so – wir kehren nämlich zum Essen im Mandinini ein: ein französischer ex-Soldat aus Martinique und seine Frau aus Französisch-Guyana betreiben ein kleines Antillen-Restaurant, wo man richtige Accras und andere schöne Sachen bestellen kann. Boudin noir zum Beispiel, und für Andreas zum Schluss ein Blanc Manger. So gestärkt nehmen wir die (übliche) Parade von französisch bis EU-geförderten Großbauten ab, Sportanlage, Versammlungshalle, Markt… alles da. Und alles wenig bis unbenutzt, muss man hinzufügen. Die Verteilung von kleinen Marinas in dieser Region ist geradezu erstaunlich – Wé hat auch eine. Prinzip: wir fördern die Infrastruktur, egal womit. Auf dem Rückweg wird es dann nochmal so richtig kanak, oder auch „modern“. Mutter und Sohn nehmen uns (und die schweren Einkäufe) die 20 km bis Drueulu mit – man interessiert sich freundlich und gar nicht mal so uninformiert über unsere Segelreise, und biegt währenddessen in den Busch ab; kleiner Umweg, irgendwas mit „Freizeitvergnügen“ wird angeführt. Der Sohn springt raus und verschwindet im Grün, wir winken, und Mama erklärt im Davonfahren, dass da irgendwo eine Kava-Hütte steht, die der Sohn an diesem Freitagnachmittag frequentiert. Stopp – da hat ein Telefon geklingelt! Wühl, ach, da ist es ja – schnatter, Palaver, Gelächter… Wir drehen um, und Maman hupt bis sich der Busch teilt. Erstaunen beim Sohn – was ist los? „Du hast Dein Smartphone im Auto liegen gelassen, Deine Freundin wollte Dich gerade anrufen…“ Es ist absolut unwirklich – die Masse an Hochzeiten und Hochzeitern, einsamer Busch, traditionelle Kanak-Häuser, Kavahütten. Und Smartphones… Zum Abend sind wir bei WASABI zur Pizza eingeladen, die WASABI war bis vor einigen Monaten „deutsch“, nun ist sie eine Australierin, allerdings derzeit mit einer australisch-amerikanischen Überführungscrew. Ein schöner Abend mit einem fast-Greenflash (wäre da nicht die Landzunge die die untergehende Sonne verdeckt) und vielen Hinweisen zur Segelei in Vanuatu und, noch wichtiger, vor der australischen Küste, dafür darf ich meine heilenden Hände am Pactor-Modem einsetzen (Prinzip „blindes Huhn“…). Zurück auf AKKA gucken wir uns zuerst das Wetter an und dann in die Augen, und damit ist das Ende des Besuches in den Loyalities besiegelt – dieser Reisegelegenheit nach Port Vila sollten wir uns nicht entgehen lassen. Und 36 Stunden später waren wir da.

Bok Choy, Taro und Salat... Der Markt von VIla, täglich von früh bis spät

Bok Choy, Taro und Salat…
Der Markt von VIla, täglich von früh bis spät

Und? Wie isses? Sehr schön! Wunderbarer Markt mit erschwinglichen Früchten und Gemüsen aller Art – die Quelle für’s berühmte Vanuatu-Rindfleisch ist noch nicht ausgemacht. Autoverkehr ist… rechts. Das liegt daran, dass hier, im ehemaligen französisch-englischen Condominium der „Neuen Hebriden“ zu Anfang des 20. Jahrhunderts die Franzosen rechts und die Engländer links fuhren. Kein Witz! Und da das auch bei geringer Verkehrsdichte ab und zu zu unschönen Situationen führte, entschied man zu einem bestimmten Zeitpunkt „salomonisch“, dass die Nationalität für das nächste importierte Auto die Verkehrsart bestimmen sollte. Und so geschah’s – ein französischer Priester hatte ein Auto bestellt, und da war er, der Rechtsverkehr.
Die Leute sind lustig und extrem freundlich. Und zu lachen haben wir Banausen täglich – obwohl wir über Vielsprachigkeit bestimmt nicht lachen sollten. Hier sprechen fast alle Englisch, viele Französisch, alle mindestens eine lokale Sprache, von denen es eine unglaubliche Menge gibt. Und Bindeglied für alle ist Bislama, eine sehr einfach strukturierte Kunstsprache der frühen Händler – und ein echtes Vergnügen…

Yu toktok Bislama?  (toktok =to talk, und you und me sind halt yu  und mi – und yumi, klaro, sind „wir“)

Tankyu tumas…  (das sollte wenigstens halb verständlich sein: thank you so much)
An Präpositionen gibt es eigentlich nur eine: long, und alles was Zugehörigkeit bezeichnet ist „blong“, von „belong“.
Nem blong mi Andrea! (Mein Name ist ….)

Also, Ihr Lieben, was heißt TUSKER, unser Bier? Na klar: TUSKER – Bia blong yumi!

Das Jugendzentrum des Theaters "Kleine Tasche": Wan Smalbag Yut Senta"

Das Jugendzentrum des Theaters „Kleine Tasche“: Wan Smalbag Yut Senta“ – der Platz für jeden Jugendlichen, jeden Tag!

Mi sori tumas – es tut mir Leid, aber ich kann immer wieder drüber lachen…
Uns geht’s gut!  Yumi orait!

PS:  schon mal drüber nachgedacht, was wohl Café „Nambawan“ bedeutet?  Es gibt gibt auch einen Stadtteil dieses Namens hier und noch weitere… Nambatu, Nambatri.
Auch nicht so schlecht: Freswota!

Oh, what a night…

Auf dem Weg nach Nouméa, 14.8.2013

Ha!  Ich gleite durch den Morgennebel. In … xy m Höhe, und das kommt, weil ich im Bus sitze. Im Bus von Waho im Südosten der Insel zur Auscheckprozedur in Nouméa.  Oskar/ZENITUDE hatte uns aus aus Vanuatu geschrieben, dass die Unternehmung aus Lifou in den Loyality Islands zwar gut machbar sei, aber die Anreise sei „pure pain“. Mit morgens um 4 Aufstehen, (nasse) Dinghyfahrt zum Strand, das am Vortag geliehene Leihauto zum Flugplatz steuern, Flug nach Magenta…  Da mische ich mich doch lieber um 6 Uhr früh unter die Leut‘ und fahre einmal quer über die Insel und hoffe nun, dass alles klappt, denn morgen ist meiner Mutter Geburtstag, und das feiern die Neukaledonier mit einem langen Wochenende. Nun gut, es ist auch Mariä Himmelfahrt, jedenfalls sind Zoll und Immigration bis Montag geschlossen. Gut, dass wir das gestern noch rechtzeitig gemerkt haben.

Am Sonntag sind wir nun endgültig von der Ile des Pins abgesegelt, nicht ohne vorher noch ein paar Erkundungsrunden in Sachen Kanak-Empfindlichkeiten zu drehen: die Sache mit dem Abweisen von den vorgesehenen Ankerplätzen basiert wohl auf einer Entscheidung der Versammlung der Chefs. Einerseits hatte im Vorjahr eine Yacht – wie blöd kann man eigentlich sein? – an der Ile Aventure den Müll über Bord geworfen, der dann prompt am Strand der Hauptinsel anschwappte, darüberhinaus nehmen die Locals Anstoß daran, dass all die unbegleiteten Touristen gern die Gelegenheit zum Fischen nutzen und sich an den RIffen ein Abendessen schießén.  Na, und feuchtfrähliches Feiern von exPat-Nouméaner auf Wochenendurlaub ruaben ihnen sowieso den Nerv. Es hatte wohl vor Jahren schon eine Entscheidung zu einer ähnlcihen Einschränkung gegeben, die den Riffen angeblich sehr gut getan hat, und nun ist es wieder so weit. Also: Ankern auf der Ile des Pins nur in Kuto und Kanumera und vor den Resorts.  Voilà !
Ile des Pins hatte aber noch ein Späßchen für uns bereit… man könnte auch sagen: „Oh, what a night!“  Donnerstag, Mitternacht. Die Wetterberichte hatten für die folgenden Tage und Stunden leichte westliche Winde vorausgesagt, also verzieht sich die ganze Ankererblase vom Kuto-Strand in die Kunamera-Bucht. Die Orfos, die Emma, zwei Australier-Cats, einer der großen Whalewatcher-Kats aus Nouméa und dann noch ein hiesiger Motorkatamaran (wen’s interessiert: IETA.  Sehenswertes Boot, auch wenn’s nur über Google ist; und dann gleich noch ein google-Auftrag: TWIZZLE.  War aber abgereist und nicht mit umgezogen).  Wie das so ist mit den Vorhersagen: das Wetter muss natürlich vorab über die Absichten der Meteorologen informiert sein, sonst macht es was es will, und das tuat es in dieser Nacht. Langer Rede kurzer Sinn: die kleinen Gewitterzellen, die man hatte sehen können, brachten nicht gerade „leichte westliche“ WInde, sondern südliche, und das in Böen bis 40 kn. Ich hatte unseren Anker gesehen und ware einigermaßen beruhigt, mit Betonung auf einigermaßen, denn als wir gegen Mitternacht das Cockpit bemannen, um uns das Schauspiel live anzuschauen, zischte einer der Australier geradde  haarscharf an der ORFOS vorbei.  Die ganze Sache zog sich bis gegen 4 Uhr hin, mit der immerwährenden Hoffnung: „… das war’s dann wohl jetzt…“, wenn der Wind mal abflaute. Unnötig zu sagen, dass da natürlich ein gemeiner Schwell aus der völlig falschen Richtung in die Bucht stand und man die gaNZE Zeit peilte, wo die anderen Lichter sich in diesem Gemisch aus Prasselregen und Lightshow befanden.  Kommentar des Australiers am nächsten Tag, als die ORFOS sich für die dreimaligen Ankermanöver und Berührungsmomente bedankte (und damit er weiß „wäl er än Orschloch is'“ (man rate die Nationalität: „… naja, ich bin quasi allein, meine Freundin kann mit dem Schiff nicht umgehen; und den Anker habe ich nicht eingegraben, weil ja sowieso eine Winddrehung angesagt war…“  Da macht sich Begeisterung breit. Zu unserem Anker: der hat sich, gut eingegraben, auf dem Punkt um 120° gedreht. Und gehalten wie Bombe.

So, jetzt wird mir gleich vom Bloggen-Busschaukeln schlecht, also weg mit dem Beitrag!  In der Ferne kann man schon Nouméa ahnen!

PS: AUschecken in Nouméa ging schnell wie der Blitz…  Der Busfahrer hat mich am „Hopital“ rausgelassen, das waren schon mal die ersten gewonnen Minuten, nur 5 Minuten Fußweg. Und nach 55 Minuten war alles geschehen, inklusive Handschlag vom Henning-Scherf-mäßigen Hafenkapitän himself…  Auf nach Vanuatu!

Funny, funny

Ilot Brosse/Ile des Pins, 4.8.2013

Funny. Strange. Drà´le, wie man hier sagen würde. Hatten wir kürzlich beklagt, dass wir faulen Segelsäcke vom über Wochen stehenden Südost-Passat an der Weiterreise nach Süden gehindert würden, hält uns jetzt das eher unstete Wetter fest. Wir wollen ja noch zu den Loyalities und dann weiter nach Vanuatu, aber der Blick heute früh auf die Wettervorhersage zeigt zunächst mal allerlei lustige Windrichtungen, die nicht unbedingt zum Segeln taugen: zu wenig, zu nördlich, überhaupt wechselnd. Also sitzen wir vor der Ilot Brosse (zu deutsch: das „Bürsteninselchen“, nomen est omen – ein flach bewaldeter „Stiel“ mit einem Bürstenkopf aus hohen Araukarien!) und überlegen, was uns an Pausenfüller so einfällt. Was natürlich Quatsch ist, weil Pausenfüller gibt es immer an Bord – wir haben in den letzten Wochen peu à  peu das Teakdeck gereinigt und aufgehellt, und vor allem der Eigner hat seine Knie geschunden und mit einem kleinen Rasiermesser-Hobelchen die überstehenden „Gummi“nähte heruntergeschnitten. Das Cockpit-Sprayhood braucht eine Reparatur, wir fahren nämlich unter dem alten, und das hat einen Riss an einer Naht – was bedeutet, dass man schon über den Neubau der übernächsten Sprayhood-Version nachdenkt. UV-Dauerbestrahlung bleibt halt nicht ohne Folgen. Beispiel: Besansegelkleid. Als ich im letzten Jahr mal wieder zwecks besserer Sicht im Riff auf den Besan kletterte, sagte es sanft „rrratsch!“. Das Ding war absolut fällig – aus den nicht ganz so frontal bestrahlen Seitenteilen ließ sich noch eine Hülle für eine andere Persennig fertigen, aber die kriegt schon vom Angucken Risse. Such is life, und es fällt uns immer etwas ein.

Life ist aber auch auf der menschlichen Ebene manchmal ein bisschen drollig und voller Überraschungen: zum ersten Mal auf dieser langen Reise fühlen wir uns so furchtbar willkommen nicht. Als der Wind letzte Woche auf West zu drehen drohte, war klar, dass wir den Ankerplatz wechseln müssen, denn die Baie de Kuto ist nach Westen vollkommen offen. Prima – wir konsultieren den (übrigens sehr empfehlenswerten!) Rocket-Guide von Richard Chesher, ein digitales Werk mit in Navigationsprogramme übertragbaren Routen und anderem Schnickschnack, und finden „gleich umme Ecke“ zwei schöne Ankerplätze, die noch dazu als „schwellfrei“ gepriesen werden. Wir fädeln unseren Weg dorthin, drehen des Eigners geliebte Schwoikreisrunde (ob nicht vielleicht ein Korallenkopf von unten lauert), und als ich gerade den Anker wässern will, pfeift es durchdringend von Land. Vielleicht eine halbe Meile weg, also nicht gerade vor irgendeiner Haustür, und irgendjemand fuchtelt mit den Armen. Hmmm. Hmmm?! Merkwürdig. Anker fällt, gräbt ein, wird von mir abgetaucht, alles prima, Westwind kann kommen. Nun war dieser Tag der P&O-Tag, und nach einer Weile kommt ein Motorbötchen mit einer Handvoll Cruiselinertouristen vorbei – und der hiesige Bootsführer bedeutet uns mit einer herrischen Armbewegung, dass wir hier zu verschwinden hätten, und hinterlässt eine AKKA-Crew voller Zweifel. Warum? Oberflächlich betrachtet stören wir hier „keine Sau“, höchstens andere Viecher, zum Beispiel die dicke „Tricot Rayé“-Seeschlange vorhin beim Ankern. Na gut. Verholen wir uns in die nächste Bucht, genau so gut oder sogar noch besser, da weiter unter Land. Wir fädeln uns zurück und … siehe oben, das volle Programm, einfädeln ins Riff, Schwoikreisrunde, Anker dippen – und schon fuchtelt es vom Strand, dieses Mal Mann, Frau, Kind, Hund – der Hund wedelt nur, aber der Mann, der schwingt die Faust und zu allem Übel auch noch die Machete. O.k., o.k. Wir hauen ab. Langsam wird der Ankerplatzvorrat etwas dünn, und wir verholen uns in die nächste Bucht, die von den Cruiselinern als Schnorchel“paradies“ genutzt wird, und verbringen zwei ruhige Tage im Windschatten der Halbinsel. Nicht ohne die Leute zu befragen, was es mit diesen Drohgebärden auf sich hat. Die nette Frau vom Langustengrill (es ist, wie gesagt, P&O-Tag!) meint, dass die Segler die Strände verschmutzen, und dass man zur Chefferie in Vao gehen muss, um bei der traditionellen Stammesverwaltung eine Erlaubnis zu erlangen; aber die Ilot Brosse sei in Ordnung. Der Taxibootfahrer vom Hotel sagt , dass niemand das Recht habe, ankernde Segler zu verscheuchen. Die Polizei vermutet, dass wir zu dicht am Siedlungsgebiet der „tribu“, der Stämme, gewesen seien, man müsse mal die lokalen Detailkarten konsultieren – aber die Ilot Brosse, die sei… (siehe oben). Und nun sind wir an der Ilot Brosse, denn der Westwind ist weg. Es ist ruhig, blaues Wasser trotz grauen Himmels, der Anker liegt tief eingegraben im Sand. Samstagnachmittag vor einer unbewohnten Insel, weit ab vom Ufer. Unbewohnt, aber nicht ganz unbelebt, denn ein paar Wochenendausflügler aus Noumea haben sich hier von zwei Taxibooten absetzen lassen. Kommt eines der Boote dicht bei uns vorbei… Das war ja zu erwarten: eine ostentative Armbewegung: „Verschwindet!“ Für heute Nacht haben wir uns darüber hinweggesetzt, wir hätten auch gar nicht mehr bei gutem Licht hier heraus gefunden. Aber so richtig verstanden haben wir noch nicht, was Stammesgebiet ist und was nicht. Irgendwas ist komisch hier. Ob das eine Art „Sport“ ist? Hat das was mit den Franzosen zu tun? Im direkten Umgang sind die Insulaner, sagen wir mal: zurückhaltend. Auf unseren Radtouren dagegen winken alle fröhlich und freundlich, so wie wir es von den anderen Inseln kennen. Ankern wir hier innerhalb (ziemlich weiträumiger) Territorialgrenzen und das sollen wir nicht? Der Segelführer schweigt sich dazu aus. Immerhin, wir haben noch einen Pausenfüller. Und auf den Loyalities soll es strikter zu gehen. Mal gucken!