Port Vila, 23.8.2013
Das hier ist mal wieder so recht nach unserem Geschmack! Lichter der südpazifischen Großstadt.
Rücklings sitze ich im Cockpit, das Nambawan-Café schmeißt mir freitagabendliche Live-Musik ans Ohr, und zwar so gute, dass man eigentlich nochmals das Dinghy zu Wasser lassen müsste. King of the Road und solche Sachen. Eric Clapton rauf und runter. „I will survive“, Gloria Gaynor (aber da bleibt die Cake-Version ungeschlagen …). Ich bleib noch ein Weilchen hier draußen sitzen!
Irgendwie, Ihr könnt es Euch an den Fingern abzählen, ist unser Abstecher in die Loyalities ziemlich kurz ausgefallen, obschon ich, die Ein- und Ausklarierwütige, durchaus gewillt gewesen wäre, ein bis zwei Augen zuzudrücken und ein kleines bisschen länger zu bleiben als die Ausklarierungspapiere aus Nouméa uns zugestehen wollten. Aber das Wetter, das Wetter! Unseren Ankerplatz vor Drueulu (gesprochen „Dschoulou“) hatten wir nach einer schnellen Nachtfahrt am Donnerstagmittag erreicht. Und weil das Volk nach einer ganz gleich wie langen Nachtpassage immer müde ist, passierte dann – außer Gucken! – vor dieser Kulisse aus türkisfarbenem Wasser, weißem Palmenstrand und einer Mischung aus modernen und traditionellen Kanak-Behausungen nicht mehr viel.
Zu Gucken gab es allerdings, und es gab auch was auf die Ohren: kanakoide Pop-Musik und Gesänge „on und off“. Und viele Leute, unter den Palmen versammelt, Autos kommen und gehen. Ganz schön was los. Das war auch am Freitag nicht anders, als wir uns dann an Land bewegten. Wir hatten uns schon mit einem AKKA-Photo und einem daran geklebten 1000er bewaffnet, für den „Chef“, diesen Tarif hatte uns unser französischer Nachbar als gängiges „coutume“ genannt, und auch gleich bezweifelt, dass der Chef Zeit für uns hätte – das beobachtete Gewusel an Land war der Tatsache geschuldet, dass „eine Hochzeit vorbereitet“ werden musste. Eine? Gewiss doch, eine für 17 Paare. Ganz Lifou im Ausnahmezustand, zu Beginn der Winterferien, und, wie ich frei diagnostiziere, kurz vor dem fruchtbarkeitsstiftenden Vollmond.
Wir werden ein bisschen herumgereicht von Gästen, eine junge Frau in der glitzernden Robe Mission geleitet uns vor eine imposante Hütte und macht in Richtung der Tür tonlose Lippenbewegungen für „Gaatcho? Gaatcho?“. Wir waren ganz schnell wieder weg von der Chefferie des Herrn Gaatcho… – das wäre auch ein echter Fehltritt gewesen. Dies nämlich war der „Grand Chef“ für den Süden der Insel. Aber auch der für uns zuständige „petit chef“ hatte keine Zeit. Seine Frau versprach, einen Moment für uns freizuschaufeln, und gab uns schon vorab das o.k., dass wir vor ihrem Dorf ankern dürfen. Eine ganze Weile hocken wir uns an den Rand des Treibens, werden hier und da mal nach unserem woher-wohin befragt und sehen immer neue Fahrzeuge anrollen, neue Familien zum Chef vorrücken, Geschenke abliefern (große Ölkanister, Reissäcke etc…) und an Gesprächsrunden teilnehmen. Briefing? Ehrerbietung? Wir haben keine Ahnung. Ab und an steht alles auf, es wird ein bisschen getanzt und geklatscht, ein neuer Schwung Leute rückt nach. Zwei Eindrücke bleiben für uns: hier ist richtig „Betrieb“ und… unser „Moment“, der wird nicht kommen. Und die Hochzeiten finden erst in 5 Tagen statt – so lange können wir kaum warten, also nehmen wir die Erlaubnis der Frau Chef für bare Münze und trampen nach Wé. Der freundliche Dorfbewohner, der uns mitnimmt, erzählt uns ein bisschen zum Umfang der Feierlichkeiten – in allen 3 Chefferien der Insel finden in dieser Woche die Hochzeiten nach traditionellem Ritus statt. Leihwagen sind ausverkauft, weil so viele Gäste von der Hauptinsel anreisen, die Fähre ist voll, das sehen wir dann auch am Hafen, kurz: wir haben unseren Lifou-Besuch mitten in die eine Woche des Jahres gelegt, in der die Insel Kopf steht. Bis zum Fähranleger sind es ein paar Kilometer zu laufen, ganz gut so – wir kehren nämlich zum Essen im Mandinini ein: ein französischer ex-Soldat aus Martinique und seine Frau aus Französisch-Guyana betreiben ein kleines Antillen-Restaurant, wo man richtige Accras und andere schöne Sachen bestellen kann. Boudin noir zum Beispiel, und für Andreas zum Schluss ein Blanc Manger. So gestärkt nehmen wir die (übliche) Parade von französisch bis EU-geförderten Großbauten ab, Sportanlage, Versammlungshalle, Markt… alles da. Und alles wenig bis unbenutzt, muss man hinzufügen. Die Verteilung von kleinen Marinas in dieser Region ist geradezu erstaunlich – Wé hat auch eine. Prinzip: wir fördern die Infrastruktur, egal womit. Auf dem Rückweg wird es dann nochmal so richtig kanak, oder auch „modern“. Mutter und Sohn nehmen uns (und die schweren Einkäufe) die 20 km bis Drueulu mit – man interessiert sich freundlich und gar nicht mal so uninformiert über unsere Segelreise, und biegt währenddessen in den Busch ab; kleiner Umweg, irgendwas mit „Freizeitvergnügen“ wird angeführt. Der Sohn springt raus und verschwindet im Grün, wir winken, und Mama erklärt im Davonfahren, dass da irgendwo eine Kava-Hütte steht, die der Sohn an diesem Freitagnachmittag frequentiert. Stopp – da hat ein Telefon geklingelt! Wühl, ach, da ist es ja – schnatter, Palaver, Gelächter… Wir drehen um, und Maman hupt bis sich der Busch teilt. Erstaunen beim Sohn – was ist los? „Du hast Dein Smartphone im Auto liegen gelassen, Deine Freundin wollte Dich gerade anrufen…“ Es ist absolut unwirklich – die Masse an Hochzeiten und Hochzeitern, einsamer Busch, traditionelle Kanak-Häuser, Kavahütten. Und Smartphones… Zum Abend sind wir bei WASABI zur Pizza eingeladen, die WASABI war bis vor einigen Monaten „deutsch“, nun ist sie eine Australierin, allerdings derzeit mit einer australisch-amerikanischen Überführungscrew. Ein schöner Abend mit einem fast-Greenflash (wäre da nicht die Landzunge die die untergehende Sonne verdeckt) und vielen Hinweisen zur Segelei in Vanuatu und, noch wichtiger, vor der australischen Küste, dafür darf ich meine heilenden Hände am Pactor-Modem einsetzen (Prinzip „blindes Huhn“…). Zurück auf AKKA gucken wir uns zuerst das Wetter an und dann in die Augen, und damit ist das Ende des Besuches in den Loyalities besiegelt – dieser Reisegelegenheit nach Port Vila sollten wir uns nicht entgehen lassen. Und 36 Stunden später waren wir da.
Und? Wie isses? Sehr schön! Wunderbarer Markt mit erschwinglichen Früchten und Gemüsen aller Art – die Quelle für’s berühmte Vanuatu-Rindfleisch ist noch nicht ausgemacht. Autoverkehr ist… rechts. Das liegt daran, dass hier, im ehemaligen französisch-englischen Condominium der „Neuen Hebriden“ zu Anfang des 20. Jahrhunderts die Franzosen rechts und die Engländer links fuhren. Kein Witz! Und da das auch bei geringer Verkehrsdichte ab und zu zu unschönen Situationen führte, entschied man zu einem bestimmten Zeitpunkt „salomonisch“, dass die Nationalität für das nächste importierte Auto die Verkehrsart bestimmen sollte. Und so geschah’s – ein französischer Priester hatte ein Auto bestellt, und da war er, der Rechtsverkehr.
Die Leute sind lustig und extrem freundlich. Und zu lachen haben wir Banausen täglich – obwohl wir über Vielsprachigkeit bestimmt nicht lachen sollten. Hier sprechen fast alle Englisch, viele Französisch, alle mindestens eine lokale Sprache, von denen es eine unglaubliche Menge gibt. Und Bindeglied für alle ist Bislama, eine sehr einfach strukturierte Kunstsprache der frühen Händler – und ein echtes Vergnügen…
Yu toktok Bislama? (toktok =to talk, und you und me sind halt yu und mi – und yumi, klaro, sind „wir“)
Tankyu tumas… (das sollte wenigstens halb verständlich sein: thank you so much)
An Präpositionen gibt es eigentlich nur eine: long, und alles was Zugehörigkeit bezeichnet ist „blong“, von „belong“.
Nem blong mi Andrea! (Mein Name ist ….)
Also, Ihr Lieben, was heißt TUSKER, unser Bier? Na klar: TUSKER – Bia blong yumi!

Das Jugendzentrum des Theaters „Kleine Tasche“: Wan Smalbag Yut Senta“ – der Platz für jeden Jugendlichen, jeden Tag!
Mi sori tumas – es tut mir Leid, aber ich kann immer wieder drüber lachen…
Uns geht’s gut! Yumi orait!
PS: schon mal drüber nachgedacht, was wohl Café „Nambawan“ bedeutet? Es gibt gibt auch einen Stadtteil dieses Namens hier und noch weitere… Nambatu, Nambatri.
Auch nicht so schlecht: Freswota!



