Vladimir Iljitsch L. und andere

Zwischen Moskau und Brest, 30.3.2014

Ein warmes Plätzchen: im Kaufhaus Gum

Ein warmes Plätzchen: im Kaufhaus Gum

Was war das kalt in den letzten beiden Tagen!  Nicht, dass wir jetzt die warme Bude im Zug so richtig angenehm empfinden würden, da ist’s dann wieder gleich ein bisschen zu trocken, aber die schönen, frühlingshaften Temperaturen vom Ankunftstag hätten ja durchaus für unseren Moskauauenthalt durchstehen können.

Dass Vladimir Iljitsch L. am Freitag frei hatte, hieß nicht, dass man nicht doch Schlange stehen musste. Und wie!  Unschlagbarer Vorteil unseres Hostel in der Merzliakovsky-Straße war ja, dass man vorbei an vielen, schönen klassizistischen Gebäuden ziemlich schnell am Roten Platz war, also auch ganz schnell am Ticketschalter für die „Rüstkammer“ des Kreml, wo wir uns a. an Gold berauschen und b. ein bisschen aufwärmen wollten.  Das war der Plan. Die Schlange am Kartenschalter war lang genug, um mir zu erlauben,  noch einmal Geld tanken zu gehen – ATMs sind uns auf dieser Reise nie ausgegangen, so auch hier nicht, aber manchmal artet die Suche nach Bargeld doch in eine richtige Expedition aus. Und dann hat man dann auch noch so ein Dussel vor sich, das seine Karte mindestens 8 Mal wieder reinschiebt und den Automaten um immer geringer werdende Beträge anbettelt (vergeblich, übrigens).  Das dauert. Also musste Andreas aus der Schlange ausscheren und bis ich wieder da war, hieß es „Njet! Keine Tickets bis 13:45“. Begeisterung allenthalben, bei uns, bei den Italienern, den Holländern wie den Russen ringsum. Also warten. Als wir die Karten endlich in der Hand hatten und ins Kremlgelände gewandert waren, warteten wir nochmals auf den Einlass ins Armoury – im eisigen Wind, aber immerhin mit Unterhaltung durch die vorbeigleitenden Regierungslimousinen. Mercedes, Mercedes, Audi. Mercedes. BMW.  VWs nur für die niederen Chargen, wahrscheinlich.  Man hatte wirklich den Eindruck, im Zentrum der Macht angekommen zu sein,

Himmlische Unterstützung für starke Männer: im Kreml

Himmlische Unterstützung für starke Männer: im Kreml

und diese Macht fährt „deutsch“…   Um 14:30 ging’s ans Aufwärmen, endlich – und, was soll ich sagen: es ließ mich kalt.  Du liebe Güte – so viele hässliche Goldpötte und Schalen und Samowars und Bernstein-Obsthalter, Zarenmitbringsel, klerikale Prachtklamotten und Fabergé-Eier.  Doch, doch, das ist alles sehr prächtig, aber ich konnte mir zu keinem Zeitpunkt den Gedanken verkneifen, wer für so viel Reichtum wie lange hat als Leibeigener schuften müssen.  Die Ausstellung ist für mich die Quintessenz feudaler Systeme.  Interesssant, ja. Wesentlicher Tagesordnungspunkt?! Nö, nicht wirklich.

... undimmer schön prächtig!

… undimmer schön prächtig!

Der Rückweg führt über den Kathedralenplatz im Kremlgelände, an einer Ansammlung von gewiss berühmten Zwiebelturmkirchen und -kapellen vorbei, wo wir kurz vor Feierabend noch schnell bei der heiligen Katharina (es war wohl eher der Erzengel Michael…) vorbeischauen – eigentlich ist das alles mehr Klerikales, als meine Hutschnur halten kann * . Wir lassen uns durchpusten, weg ist die Wärme aus der Rüstkammer.  Wie gut dass der Heimweg kurz ist, und auf der Bolshaya Nikitskaya ein „Schokoladen-Café“  liegt.  Wie schnell man doch ein „Stammlokal“ für sich findet. Und so ganz unpolitisch…

Wirklich interessant wurde abends die Unterhaltung mit Leonid und Marina, die ihrer Tochter ebenfalls die Rüstkammer mit all ihrer Pracht vorgeführt hatten – sie hatten uns in der Schlange bibbern sehen..  „Das ist unsere Geschichte!  Toll – so viel Reichtum!“  Ich bin baff – das hätte ich nicht erwartet. Und ganz ehrlich – ich hatte insgesamt ein sehr viel sowjetgeschichtslastigeres Russland erwartet; die Einlassungen von Anton in Irkutsk hatte ich als Einzelmeinung aufgefasst. Wie naiv! Was wir fanden war ein ziemlich „putinsches Dorf“, sozusagen.  Zustimmung zu all diesen zentristisch-nationalen Vorstellungen, alles wunderbar – und bitte nichts hinterfragen.  Erst etwas später im Gespräch, als um Demokratie geht, kriegen wir ganz langsam die Kurve.  Ich kam mir ganz schön „links“ vor mit meiner grünlich-rötlich schimmernden Meinung.

Marschall Shukov

Marschall Shukov

Zum Ausgleich gab es am Sonnabend nochmals eine Portion Stalinismus.  Noch eine Warteschlange in der Kälte, dieses Mal für Vladimir Iljitsch Lenin. Unter den Augen von Marschall Shukov, der jetzt zackig, nein, nicht nach Deutschland, sondern in Richtung Four-Seasons-Hotelklotz reitet, marschierte ein Häuflein Veteranen mit roten Fahnen und Sträußen von roten Nelken in Richtung Roter Platz.  Veteranen müssen nicht anstehen, und sie müssen auch nicht eine weitere Warteschlange über sich ergehen lassen, die nämlich,  wo man seine Kameras und Telefone und größere Gepäckstücke abliefern muss, drum haben wir die „Show“ nicht verfolgt – bis wir am Mausoleum angekommen waren, hatten die alten Herrschaften schon den Rückweg angetreten. Am Mausoleum selbst (dafür dass Lenin der Verwirklicher der kommunistischen Idee war, hat er ein denkbar kleines.  Das können Mao und Onkel Ho besser!), am Mausoleum also herrscht strenge Ordnung: die militärischen Bewacher scheuchen einen in die richtige Richtung, treiben zur Eile an, pfeifen Andreas an, seine Mütze abzunehmen und zischen „Ruhe“, bei Bedarf.  Man stolpert durch’s Stockdunkel einige Stufen hinab und wieder hinauf, so dass „er“ dann erst recht als „Lichtgestalt“ in seinem gläsernen Sarkophag liegt.  Einige Zungen – von böse will ich gar nicht sprechen! – behaupten, dass es eben nicht Vladimir Iljitsch ist, der da liegt, sondern ein Stellvertreter aus dem Hause Tussaud. Auch wenn man sich rühmt, dass sowjetische Wissenschaftler für Lenin eine Balsamierungsmixtur ersonnen haben, die ihn bis auf den Tag unversehrt hier (er)scheinen lässt – mit gefällt die Idee der Wachsfigur, alles andere fände ich auch irgendwie… unwürdig.  In 5 Minuten ist man wieder draußen und schreitet nun noch die Reihe der bisherigen Politpromininenz ab – schon auf dem Hinweg die Mauer entlang reihte sich eine Gedenkplatte an die andere, mit der vorwiegend russische, aber auch viele ausländische Helden der kommunistischen Revolution geehrt werden; und hier, in der Reihe der Erdgräber mit Büste, steht gleich als erstes Tchernenko. Ich trete, um den Gedenkstein lesen zu können, auf die Platte davor. Oh, nein – Anpfiff!  Aber da ich den Namen vor mich hin murmele, habe ich einen Job als Führerin gewonnen: ein freundlicher, aber doch schon recht alterssichtiger Herr aus dem fernen, fernen Osten Sibiriens (sagt mir die Optik) lässt sich nun alle Namen von mir vorlesen:  Frunse, Kalinin, Sverdlov, Breshnev, Andropov…  Und da sind sie dann, die roten Nelken der Veteranen!  Natürlich. Das einzige Grab mit Blumen ist das von Stalin.  Ob die mal im Gulag-Museum waren?!

Lichtkuppel mit Mosaik

Lichtkuppel mit Mosaik

Mosaik mit Hammer und Sichel...

mit Hammer und Sichel…

Metrostation Majakovskaya

Metrostation Majakovskaya

Roter Stern und heroische Flieger

Roter Stern und heroische Flieger

Wir fliehen den kalten, Roten Platz – dicke Schals und Mützen sind an diesem Samstagnachmittag Pflicht. Erst gibt es einen Salat unterm Glasddach des Kaufhaus Gum, durch das die Sonne wärmend fällt, und danach kommt noch ein letzter Programmpunkt: Metrostationen. Nach ein paar Suchrunden um die Station Ochotny Rjad (wer hat denn da eine solch bombige, mehrstöckige Shopping Mall unter die Erde gebastelt?!) finden wir den Weg zur Teatralskaya und von dort zur Metrostation Majakowskaya.  Uns fällt der Unterkiefer runter:  Art Deco-artige Säulenverkleidungen, Marmor, oben drüber Deckenkuppeln, die von Lampen und von vergoldeten Insignien der Sowjetzeit gerahmt sind:  Sterne sowie Hammer und Sichel. Und in deren Mitte wunderbare Mosaike mit heroischen Motiven der Sowjetzeit. Sport, kultur, Militär. Prachtvoll – und nicht so protzig wie der Zarenkram.

Wir belassen es bei dieser Kostprobe – vielleicht wäre Stalins Lieblingsstation Krasnojarskaya noch ganz interessant gewesenund die anderen eigentlich auch, aber das wäre eine Moskau-Exkursion für sich.

Wir streben heim. Rucksack packen, denn heute ging es früh los. Wir rollen gerade durch Minsk – tschüss Rossija – moin, Belorus!  Die EU rückt näher…

—————-

* eben glitten auch draußen wieder miese Wohnblocks und Garagenanhäufungen vorbei, die sich um eine frisch vergoldete Zwiebelturmkirche gruppieren.  Uff…  Mit Kirche hab ichs wirklich schwer und hier erst recht.

 

 

 

 

 

 

 

 

TransSib und danach…

Moskau.  Am Roten Platz

Moskau. Am Roten Platz

Moskau, 28.3.2014

Ein schönes Viertel haben wir wieder erwischt: Tverskaya heißt es, oder so ähnlich , richtig was für feine Leute des 19. Jahrhunderts.  Und darum hat Vladimir Iljitsch L. mal in diesem Haus gewohnt, 1906.
Heute hat es eine Panzertür, ein Magnetschloss, einen Wachmann im Flur, und ganz oben, im „vierten Stock“, der nach unserer Zählung der 3. ist, wurde eine riesige gutbürgerliche Wohnung zum Hostel umgebaut.  Bevölkert ist dieses zur Zeit sehr bunt, wir sind die einzig verbliebenen Nicht-Russen, ein türkisches Paar ist gestern abgereist.  Der Rest sind Familien (es sind schon Frühjahrsferien), ein paar Studenten (ich vermute vorzugsweise Bewerber für’s Konservatorium), und es geht alles sehr freundlich-russisch zu, man sitzt zum Frühstück und Abendbrot in der Gemeinschaftsküche, lässt sich die Sonne auf’s Haupt scheinen und schwatzt, was die Sprachkenntnisse so hergeben. Mit Marina und Leonid – ja, ja, ein Kind der Breschnew-Zeit, aber eigentlich ist er Kubaner – geht das besonders einfach, und man erfährt auch mal ein bisschen was zur „russischen Seele“. Zum Beispiel dass es dem Standardrussen mehr als schwer fallen würde, für eine lange Zeit oder gar für immer woanders hin zu ziehen.  Entwurzelungsangst ist ein echtes Problem, und darum arbeitet Leonid auch in Moskau, während Marina mit der kleinen Mania (=Maria) weiterhin in St. Petersburg lebt (und, na was wohl, Spanischunterricht gibt).

Wie entwurzelt haben sich bloß Gulag-Insassen gefühlt?  Wir waren gestern im Gulag-Museum, wirklich sehr grausig und sehr sehenswert.   ein bisschen Russisch müsste man sprechen, dann wäre der Besuch noch lohnender.  Sehr beeindruckende Filmdokumente und Zeugenaussagen und viele, traurige Rehabilitationsbescheinigungen, die nach Stalins Zeiten auch posthum ausgestellt wurden.  Erschütternd.
Überhaupt gucken wir intensiv danach, wie sich das Russlandbild unserer Jugend vom heutigen unterscheidet.  Roter Platz zum Beispiel. zunächst mal ist der kleiner als gedacht (Tiananmen war’s ja auch…) – diese Paradebilder, die wir im interkopf haben sind hier aufgenommen worden?!  Natürlich ist der Platz voller Touristen (von wegen: „… la place rouge etait vide…“).  Die Roten Sterne sind nur noch auf dem Kreml zu sehen, der Rest ist vergoldeter Zierrat geworden, und das Kaufhaus „Gum“, tja… das ist der Konsum-Overkill.  Unfassbar, und recht unbelebt.  Wer allerdings oligarchenmäßig von den „Sanktionen“ betroffen ist, geht halt hierher – oder, noch besser, in die nicht touristenverseuchten kleineren Einkaufsparadiese, die sich in diversen großbürgerlichen (oder -fürstlichen?!) Häusern verbergen. Da sind die feinen Geschäfte in den Seitenstraßen der Bolshaya Dmitrovka und Ulitsa Tverkovskaya – vom Gulag zu KITON und CARTIER ist es kaum „zweimal lang hinschlagen“.  Da wir den Wohlstandsstatus bekanntlich in Porschedichte messen, müssen wir dazu sagen: ein VW Touareg muss hier als popelig gelten, Porsche Cayenne ist die bessere Babykutsche und Papa fährt mit dem Panamera bei Christian Louboutin vor (jau, musste ich auch bei Wiki nachschlagen!) und holt Muttern noch 15 cm hohe Hacken mit roten Sohlen.  Ich weiß, unsere Sichtweise ist ein bisschen kleingeistig, aber so isses, und die Kehrseite davon ist die – durchaus vor Louis Vuitton – hockende Rentnerin mit dem bettelnd hochgereckten Plastikbecher.

Unterwegs in Sibirien - mal desolat...

Unterwegs in Sibirien – mal desolat…

Die Kehrseite ist auch, was wir vom Zug aus sahen – zunächst mal 4 Tage viel Birken, sanft gewellte Landschaft, Schnee und Schneeschmelze – und dann prächtige Kirchen mit vergoldeten Dächern, die Orte überragten, die aus schwarzem Schlamm, zerfallenden

... mal so là là 

… mal so là là 

Holzhäusern und Industriebrachen zu bestehen schienen. Trotzdem ist die Moskwitch- und Lada-Dichte gering, man fährt japanisch, gern Rechstlenker, offensichtlich schicken die Japaner ihre abgelegten Autos auch gern nach Russland.

Die Bahnreise fanden wir toll, aber wir sind ja bekanntlich auch ein

TransSib - der ultimative Dresscode

TransSib – der ultimative Dresscode

bisschen einfach im Hirn. Das war viel Schlafen, Lesen (endlich mal Zeit für den etwas schwierig zu lesenden Richard Dawkins, The Greatest Show on Earth!), Schlafen, Essen. Highlight für Andreas war es, mal in ein „1st Class Restaurant“ , i.e. in den Resataurantwagen in (langer) Unterhose einzurücken – wir haben uns dem russischen Dresscode nur in dieser Hinsicht angenähert und Funktionshosen getragen, ansonsten T-Shirt: ein Doppelripp-Unterhemd stand leider nicht zur Verfügung, Andreas hatte statt Adiletten auch eigene FlipFlops mitgebracht (Stiefel sind hier immer und überall völlig „out“, hier herrscht ein strenges „Schuhe-aus“-Regiment).  Ich habe die von der Bahn gelieferten Wegwerf-Puschen getragen.  An den größeren Stopps stieg man dann mal auf den Bahnsteig, Füße vertreten, Eisenbahntechnik gucken (zum Beispiel, wenn die Eiszapfen unter dem Wagen abgeschlagen werden, wo die wohl herkommen?!), Milch am Bahnsteigkiosk kaufen. Dresscode:  ja sicher! Unterwäsche mit dicker Jacke.  Es waren aber außer Trainingshosen auch schöne Negligés und Morgenmäntelchen zu sehen.

Moskau - Rush Hour und zwei Rucksackträger

Moskau – Rush Hour und zwei Rucksackträger

Durchgehend bis  Moskau waren wir mit Mikey aus London zusammen, einem  19-jährigen Schulabgänger, der seine vor-der-Uni-Reise nach Vietnam zum Kummer der Eltern mit einer Eisenbahnheimreise kombinierte; ein sehr angenehmer Reisebegleiter. Und wir hatten von Irkutsk bis Novosibirsk Simjan im Abteil, einen ziemlich umfangreichen Menschen aus dem fernen Osten, keinerlei Fremdsprachen mächtig, die er mit uns hätte teilen können. Simjan residierte über Mikey in der oberen Koje und ließ sich zum Essen aber auf des schüchternen Mikey Bett fallen. Und „essen“, das war Dauerprogramm.  Dennoch war es sehr lustig, vor allem für Andreas, wenn Simjan mit dem gleich umfangreichen Abteilnachbarn den Gang verstopfte, an denen sich dann die dicke Frau Fuchs (wahlweise auch die noch dickere Zug-Köchin) vorbeiquetschen musste. Nachdem sich Simjan nachts in Novosibirsk herzlich verabschiedet hatte, sagte Mikey:  „… ich habe noch nie einen zweihändigen Händedruck erhalten…“.  Er war im wahrsten Sinne „beeindruckt“.  Schade um unsere Sprachlosigkeit!
Rein technisch war dieser Zug, der in Irkutsk schon 3 Tage aus Vladivostok unterwegs gewesen war, der zweitbeste nach dem pfuschneuen zwischen Nanning und Beijing.  Wie schon zuvor ein „Waggonbau AG Ammendorf“-Fabrikat, dieses Mal aus dem jahr 1993, aber nicht mehr mit Kohleheizung, sondern sehr modern elektrisch beheizt.  Zum Frühstück und auch mittags und abends kam die Köchin mit Pirashka vorbei, die wir gern angenommen haben, und eine „Mahlzeit“ am Tag hatten wir mit dem Ticket gekauft; ein Teller Borscht und ein bisschen Fleisch und Reis oder Nudeln.  „Gemüse“ gab es auch: kalte Erbsen aus der Dose, abgezählt, so zwischen 12 und 15 Stück! Dafür war die Soljanka im Zugrestaurant wirklich gut und der Salat eine echte Wohltat in diesen salzcrackerreichen Zeiten.
Natasha und Katharina lösten sich tapfer mit dem Waggonservice ab, und wandelten sich ständig von Kittel-beschürzter Mamuschka, die Klo und Abteile sauber hielt (und gern zur Unzeit die Klos verschloss!) in Schaffnerinnen, die fesch uniformiert auf den Bahnhöfen die Waggontüren bewachten.  Viel reden konnten wir auch hier nicht, aber für ein ein freundliches Miteinander reichte es.  Nach 84 Stunden waren wir dann da.  TransSib „gemacht“.  Tolle Leistung.  Ich glaube, Mikey war wirklich ein bisschen stolz. 84 Stunden rumlungern, das ist für ein Londoner Stadtkind auch wirklich eine Leistung. Für uns war’s „Normalprogramm“, wie eine Ozeanpassage ungefähr. Angenehm.

Und nun ist Moskau dran – wir haben noch zwei Tage. Gestern ging es Lenin gar nicht gut, er soll sehr wächsern ausgesehen haben,  und daher wurde das Mausoleum vorzeitig geschlossen; morgen ist ein neuer Tag, ein neuer Versuch, ihm einen Besuch abzustatten – heute, also freitags, hat Vladimir Iljitsch nämlich sienen freien Tag!

Mal gucken, was der Kreml von innen zu bieten hat!  Wir müssen los! Bilder folgen!

Tauwetter in Russland

Wat mutt, dat mutt! Matrjoschkas

Wat mutt, dat mutt!
Matrjoschkas

Irkutsk, 22.3.2014

Fühlt sich ganz merkwürdig an, diese Stadt!  Als wir am Dienstagmorgen um 6 eintrafen, las das Thermometer am Bahnhof moderate -5 °C.  Man wackelt auf unsicheren Sohlen über vereiste Bürgersteige und schlaglöcherige Straße Richtung Transsib-Hostel; die Leute sehen frühmorgens, wie ich mich entschieden habe, wohl weltweit muffig aus, so auch hier.  Lächeln is‘ nich‘!
Klingeln bei der Nummer 8, so stand es in der Mailanweisung, aber die Tür ist schon offen, und als wir eintreten kommt der erste Schub von „Kindheitserinnerungen“: ein muffig-feuchter Kellergeruch steht im Eingangsbereich des Mietshauses,.wie im Haus meiner Kleinkindertage, wo sich im Flur ein Falltür zum Keller öffnete. Genau so!
Wir stiefeln mit unseren Rucksäcken die Treppen hinauf –  das „Hostel“ besteht aus einer Privatwohnung mit 3 Zimmern und einem großen Gemeinschaftsraum mit Küche; ein bisschen WG-mäßig.  Wir sind früh dran, viel zu früh, denn die Betten sind noch belegt, was vor allem unserem Patienten nicht gut tut, aber immerhin gibt es eine heiße Dusche und einen großen alten ausgelatschten Sessel, in dem Andreas versinken kann.  Und Tee und Kaffee können wir uns machen. Anton kommt dazu – ein sibirisches Pokerface mit deutlich schlechter Laune an diesem Morgen:  frühe Gäste sind ihm ein Graus, aber er tau(ch)t dann doch rasch aus dem Morgengegrummel („… hoffentlich ist es nicht die chinesische Grippe…“ ) auf.  Ein weiterer Gast tritt auf die Bildfläche, Dasha bringt Töchterchen Polina zum KIndergarten und bereitet dann unser Zimmer vor.  Russisches Familienleben.

Anton ist gerade von einer Eiswanderung auf dem Baikal zurück und kann ziemlich viel erzählen, vom See, von der Fauna – und von all den Unarten, denen sie auf dem Eis (und sicher auch im Sommer ohne Eis) Bahn geben.  Wir sind bei den wilden Kerlen angekommen! Anton hat eine Tourfirma, die sich „Baikal Adventures“ nennt. – irgendwie bedauerlich, dass Andreas‘ Erkältung noch nicht besser ist, so ein bisschen Eiswandern wäre nicht schlecht; es muss ja nicht gleich eine Überquerung sein. Geschweige denn „einmal längs“, wie es manche gern tun. Zum Beispiel verrückte Mountainbiker…

DAS ist vodka!  Wässerchen aus dem Baikalsee...

DAS ist vodka! Wässerchen aus dem Baikalsee…

Grundsätzlich hat sich im Vergleich zu China für mich einiges geändert: die Sprachlosigkeit verliert ihre Schrecken, weil ich, wenn auch mit einigem Zeitaufwand, wieder vieles lesen kann.  Verhungern würden wir nicht mehr, denn chleb und vodka können wir schon sagen (letzeres allerdings nur in des Wortes ursprünglicher Bedeutung, Wässerchen).

Gleich ums Eck: städtische Hinterhofidylle

Gleich ums Eck: städtische Hinterhofidylle

Draußen erinnert mich vieles an Kindertage, der schmutzige, tauende Schnee, die matschigen Spritzepfützen, Schlaglochwege bergauf, bergab. Das Häuserkarree, an dem wir wohnen, ist zum Hof gefüllt mit teils baufälligen, teils renovierten kleineren Häusern und Baracken für Wohn- und Gewerbezwecke.  Alles noch ein bisschen grau derzeit, aber schon von fahler Frühlingssonne beschienen.

Am Baikal. Man kann die Berge ahnen...

Am Baikal. Man kann die Berge ahnen…

Zum Abschluss gab es für mich (Andreas tat sich noch eine letzte Portion „heißes Bad und warmes Bett“ an) gestern einen Ausflug zum Baikal, Irkutsk selbst liegt am Baikal-Abfluß, der mächtigen Angara (die übrigens in den Jenisseij mündet, mehr als 1 1/2 Tausend Kilometer von hier und eigentlich der größere der beiden Flüsse ist).  Das war toll zu sehen: der Strom, der hier aufgrund der Strömung so gut wie nie zufriert, dahinter die riesige Eisfläche und am Horzont die gewaltigen Berge auf der burjatischen Seite. A propos Eiswandern – Ihr hättet mich staksen sehen sollen.  Das ist arschglatt. und ein bisschen unheimlich dazu, es knackt und knallt!  Ich bin froh, als ich wieder im Kleinbus zwischen Büromädels und Familien sitze und mich auf festen Boden freuen kann!

Im Eis - ganz heiß!  Frisch geräuchert in Listvyanka

Reiseprovviant aus dem Eis. Frisch geräuchert in Listvyanka

Und heute?! Heute geht’s ab nach Moskau. Wir sind dann mal weg vom Fenster, rein kommunikationsmäßig. Ankunft Mittwoch gegen 5 Uhr morgens – das nächste Hostel wartet schon!  Und übrigens – nach dem Tauwetter soll’s wieder kälter werden…

Mongolia

Wärmequelle und Heißwasserspender - der Samowar

Wärmequelle und Heißwasserspender – der Samowar

Zwischen Naushky und Ulan Ude, 17.3.2014

Kalack – kalack, kalack-kalack. Hier drin ist es mehr als mollig warm, wir haben das Glück (oder Pech) gleich neben dem Wagenschaffnerabteil zu nächtigen, 4er-Abteil für zwei; nebenan liegt unsere Wagenschaffnerin auf dem Bett und blättert in einem bunten Magazin, und manchmal fällt sie in eine Art Hitze-Ohnmacht; der Koksofen läuft nämlich auf Hochtouren, und der holzgeheizte Samowar, der sich zum Gang öffnet, tut das Seinige zur „guten Atmosphäre“. Uns soll es recht sein, auch wenn der Eigner ein bisschen über Schlappheit klagt, aber er bellt sowieso sonor vror sich hin und hat nebenbei auch noch einen Hexenschuss, also tut Wärme sicher eher gut.. Draußen zieht die sibirische Landschaft vorbei, es wird gleich dunkel.  Birken, Autos auf zugeforenen Seen, Eisangler, Jugendliche drehen auf dem Dorfteich Eislauf-Pirouetten. Staketenzäune und Holzhäuser, mit oder ohne bunte Fensterläden – so wie sich Emma Normaltouristin Sibirien eben vorstellt.  Drum heißt die Bahnlinie ja auch TransSib.

Wo wir schon von der Bahn sprechen –  aus Peking sind wir abgereist wie wir angekommen sind: die dortigen Bahnhöfe und wir haben’s miteinander.  Ausreichend frühes Aufstehen, Auschecken und ab zur U-Bahn, 3 Stationen bis Chongwenmen; Ausgang A, Richtung Nordwesten. So weit so gut. Gabel rechts oder Gabel links?! Was nun folgte (Gabel links wäre deutlich besser gewesen!) war ein kilometerlanger Gepäckmarsch auf der falschen Seite der eigentlich nur noch sporadisch existierenden Stadtmauern des alten Peking; nur ausgerechnet hier steht ein unüberwindbares Stück.  Klar, ist ein netter Park, Früh-Jogger, Gassigeher, sehr nett, es war ein ein erfrischendes Morgenvergnügen, aber wir wollten doch eigentlich nur zum Bahnhof.  Aber Ende gut, alles gut, irgendwann hatte sich der Kreis zum Bahnhof geschlossen, zu dreiviertel zumindest. Peking Hauptbahnhof. Trotz des sonstigen „Bahnhof“ auf Mandarin  verstehen wir doch die Anzeigetafeln, wir haben noch eine Stunde bis zur Abfahrt des K3 nach Ulan Bator. Plumps. Wir lassen uns auf die Wartebänke fallen  und ruhen aus, dazu 2 Caffé Latte und Vanillepastetchen vom „KFC“ (pfui, wie  unchinesisc!), und wir toppen Wasserflaschen auf.  Netter, letzter China-Klogang übrigens: Andreas sieht auf dem Männerklo eine Warteschlange vor 3 Kabinentüren (man merke auf, Türen!), aber es gibt doch eine vierte?!  ?!?!  Er guckt sich das kurz an, und dann wird ihm klar: die Schlange steht vor den Hockklos – das „Europamodell“ bleibt frei. Wie angenehm!.
Und bald geht’s los in die Mongolei.  Der Zug ist nicht so neu und komfortabel wie der zwischen Guilin und Peking, eher eine alte Schlurre. Es riecht nach Kohlenrauch – es wird von Hand geheizt, in jedem Wagen, mit einem Koksofen.  Aber dieses Mal teilen wir uns das Abteil mit niemandem, der Zug ist, wie zwei junge, amerikanische Studenten es bezeichnen, „deserted“.  Einfach leer.  Neben uns hat sich zwar eine

Neue Fahrgestelle...

Neue Fahrgestelle…

mongolische Familie häuslich eingerichtet, 3 Frauen, zwei kleine, wilde Mongolenjungs und ihr (Groß?)-Vater, aber sonst kaum jemand. Kurz nach der Abfahrt reicht uns ein Zugschaffner Gutscheine für Mahlzeiten herein „Lunch um 11:30 – wer nicht da ist, kriegt nichts mehr!“ Um 11 Uhr machen wir uns auf die Socken:  Wagenende – Tür auf – Verbindungsbleche überschreiten – Tür zu, Tür auf, den langen Gang runter, Tür auf… viele Waggons entlang. Insgesamt zählen wir 8 Reisegruppen – 2 asiatische Paare, zwei deutsche Frauen auf dem Weg nach Moskau, ein österreichisches Pärchen und 2 Italiener.  Wozu man da einen so langen Zug einsetzt?! Keine Ahnung. Keine Ahnung zumindest bis wir Erlian erreichen. Nach der chinesischen Zoll- und Passkontrolle kann sich der Reisende entscheiden, ob er im Zug bleibt oder ins Bahnhofsgebäude geht, denn in der folgenden, dreistündigen Pause bekommen wir in einem Werkschuppen neue Fahrgestelle für die breite, russische Spur verpasst..  Wir bleiben und gucken uns das Schauspiel an, von drinnen – aussteigen geht nicht (dafür sollte man vorbereitet sein, denn Pieseln geht natürlich auch nicht, was würden da die Arbeiter sagen…). Die Wagen werden einzeln abgekoppelt und an den 4 Ecken hochgehoben, die alten Fahrgestellsätze werden weg- und die breiteren druntergerollt, absenken und fertig.  Aber das dauert für so einen langen Zug natürlich, und warum der so lang ist, sehen wir, als wir zurück zum Bahnhof rollen:  es steigen ganze Scharen zu, augenscheinlich ist Erlian ein beliebter Einkaufsort für Mongolen. Nach der Pause noch einmal 1 1/2 Stunden auf der mongolischen Seite für Pass-und Zoll, wo auch sehr penibel in die kleinen Winkel des Abteils nach Schmuggelware geschaut wird.  Was wohl passiert, wenn jemand etwas in unserem Abteil versteckt hätte?!  Huh..
Dann geht die Nacht dahin, wir sind dankbar, uns wieder in die Decken hüllen zu können, denn draußen ist es mittlerweile deutlich kühler geworden, alle Offiziellen treten mit dicken Stiefeln und Pelzmüzen auf . Der chinesische Speisewagen, wo wir auch noch zum Dinner eingekehrt waren (mengenmäßig für den hohlen Zahn, aber lecker! ) ist in China geblieben, ein mongolischer soll angekoppelt worden sein, wie wir vom Nachbarn Ganzo  erfahren, aber sich für ein ungewisses Frühstück „meilenweit“ durch einen vollen Zug zu quälen unterlassen wir und stürzen uns auf die mitgebrachten Ritz-Cracker und Scheiblettenkäse (Milkana, was man eben so  in Peking im Wu-Mart neben den gedünsteten Hühnerfüßen findet).  Mit Ganzo (Mongolisch: Eisen) tauschen wir uns aus, er ist schon ausgiebig in Europa gereist – wir nehmen an, er hat in Stuttgart einen Merc gekauft und ihn dann nach Hause kutschiert, anno 1996. Seine beiden Jungs können wir manchmal nur durch ostentatives Schließen der Abteiltür abwimmeln, aber lustig ist es schon. Begegebenheit am Rande: die wilden Rangen toben durch  den Gang (die Masse der Fahrgäste fährt hart und aufrecht, also nicht im „Sleeper“ wie wir, insofern ist es bei uns immer noch ruhig und es gibt Platz für mongolische Reiterspiele. Plötzlich rumst es draußen auf dem Gang, kurze Stille und dann ein Kleine-Jungs-Geheul.  Nach einer Weile kehrt Ruhe ein und als wie das Söhnchen wiedersehen, hat er ein wunderschönes, dickes rot-blaues Horn an der Stirn, auf das er ein Stück Papier presst. Ganzo: „… do you know Bruno Grünig?!  He is German!“  Hm, ich nicht, aber Andreas entsinnt sich eines finsteren deutschen Kurpfuschers.  Ganzos Frau ist „Heilerin“ und sehr stolz darauf, Bilder vom diabolisch in die Weltkrieg-zwo-Kamera schauenden „Heilpraktikers“ für heilende Zwecke einzusetzen – ich sehe sie, die am Morgen kurz hustete später im Abteil sitzen und sich ein Bild vom finsteren Herrn Grönig auf die Brust pressen.  Wat nich allens gifft in der Mongolei.  Ganzo übrigens, der  leidlich englisch und französisch spricht, lässt sich natürlich auch von unserer Reise erzählen und bittet sehnsüchtig: „… holt mich ab mit dem Schiff in Ulaan Baatar!“.  Leicht gesagt.  Ulaan Baatar ist nicht nur die kälteste Haupstsadt der Welt sondern auch die, die am weitesten von jedwedem Ozean entfernt ist.

Auf dem Weg nach Ulaan Bataar

Auf dem Weg nach Ulaan Bataar

Mittlerweile rollen wir durch braune Hügellandschaft, am Horizont sieht man Schneeberge.  Leer ist es draußen, mal ein paar Pferdchen, Schafe, Kashmirziegen. Irgednwo scheint man Kohle abzubauen, denn Kohlezüge gibt es immer wieder mal.  Je näher wir UB rücken umso öfter sehen wir Gehöfte mit Jurten, die hier Ger heißen, bis wir in die Vororte einrollen, wo sich moderner Wohnungsbau mit schon zerfallendem und eben Gers häufen, bunt gemixt.
Wir sind da.  Kalt ist es. Ganzo hatte uns 12000 Tugrik in die Hand gedrückt, gegen einen Euro-Fünfer, für ein Taxi, das uns zu unserem Hotel schaffen soll. Ganz zufrieden war der Fahrer nicht mit der Tatsache, dass wir schon wussten, was ein angemessener Fahrpreis ist… 20 Dollar hätte er gern gehabt, aber nicht mit uns (sehr wohl mit uns, als wir Sonntagabend zum Bahnhof zurückfahren werden. manmuss sich nur ungeschickt genug anstellen!).
Folgerichtig fährt er uns auch nicht ganz bis zum Hotel, sondern lässt uns die letzten 50 m laufen.  Egal.  Das Hotel „Kaiser“ empfängt uns mit einem etwas desolaten Parkplatz, aber drinnen ist alles prima (mit deutschen Fachwerkbildern an der Wand, wie der Kaiser eben wohnt!) und wir kriegen ein feines Zimmer mit geräumigen, guten Betten, in Andreas gleich plumpst, denn die scharfe kalte UB- Luft hat seinem schon kratzigen Hals nicht gut getan. Ich dagegen wetze in die Stadt. es ist früher Nachmittag und noch Zeit, die Tickets für die Anschlussfahrt nach Irkutsk abzuholen, und fremde Städte sind mir ja immer ein spannendes Erlebnis.

Ulaan Bataar - in der Stadt

Ulaan Bataar – in der Stadt

Was ich sehe, ist ein Globalisierungswunder – hatten sich entlang der Bahnlinie noch die Gers gereiht, schreite ich nun der Peace Avenue folgend ein Hochhaus nach dem anderen ab. Blue Sky, Central  und wie sie alle heißen.  Riesige Leuchtreklamen wollen mir den Einkauf bei OCCITANE schmackhaft machen oder den Erwerb von Dyson-Staubsaugern – oder darf es vielleicht ein Armani-Anzug sein?! Unglaublich.  Wirklich nicht das, was ich von Ulaan Bataar erwartet hatte. Ich nehme ein Taxi zum Reisebüro, das hatte man mir empfohlen – aber nach dem Empfang der Tickets laufe ich die lange Peace Avenue zurück.  Am unteren Ende wird es doch tröstlich mongolischer, aber eigentlich ist dies eine ganz normale Großstadt.

Genghis - wer auf sich hält lässt sich mit ihm fotografieren

Genghis – wer auf sich hält lässt sich mit ihm fotografieren

Erst am Sonnabend – Andreas liegt nach einem Stadtausflug am Freitag endgültig flach – erkunde ich die Hügel um den großen Lama-Tempel, und da ist dann wirklich „Mongolei“. Traditionelle Kleidung (mit elektronischen Gimmicks in aller Hände, versteht sich). Gebetstrommeln in Unzahl und rätselhafte Gebetsriten, bei denen sich zum Beispiel eine Großfamilie sehr lange um eine Fahnenstange bewegt.
Auf dem Rückweg möchte ich gern eines der Gers fotografieren, von denen es in der Stadt gar nicht so wenige gibt, und ausgerechnet in dem Moment, wo ich auf den Auslöser drücke, geht die Ger-Tür auf, was mir doch peinlich ist. Eine junge Mutter schiebt ihr Kind hinaus in den Hof, sie kommt hinterher: Lederstiefeletten, Leggings, kaschmirenes Jäckchen, und ein volles Make-Up.  So viel zu meinen Vorurteilen, wer wohl in den Gers lebt, die ärmere frisch vom Lande zugezogene Bevölkerung, dachte ich.  Wie man uns sagte, ist das die bevorzugte Behausung, billig, mobil und bequem dazu im Sommer kühler als Häuser.  Vielleicht ein bisschen schlecht zu heizen – es ist nämllich trotz Sonnenscheins saukalt.

Andreas geht es immer noch nicht gut – aber wir beschließen, trotzdem am Sonntag einen Ausflug in den Nationalpark Terelj zu machen, und

Der größte Dschingis aller Zeiten.

Der größte Dschingis aller Zeiten.

der bietet die eigentliche Enttäuschung des Mongoleiaufenthaltes. Wir lassen uns im Taxi hinkarren, aber die Landschaft ist trocken und trist braun, den Schneebergen, die in der Stadt je nach Licht eine erfreuliche oder bedrohliche Kulisse abgeben, bleiben wir fern. Stattdessen fahren  wir auf einen Parkplatz unter einer „Turtle Rock“ genannten Felsformation, wo wir dann sicher zur Enttäuschung unserer Führerin alle Entertainmentvorschläge ausschlagen: Ponyreiten, Kamelreiten – und wegen der angespannten Lage auf dem Atemwegsektor verzichten wir auch auf die kleine Wanderung zum chinesisch-mongolischen Lamatempel.  Nur Genghis Superstar und sein schönes Museum waren wirklich toll!

Und als wir in Ulaan Bataar zurück sind, schneit’s.  Schnell noch eine Suppe im Restaurant Duba und dann sind wir froh, bald den Zug besteigen zu können.  So ist das mit den Stippvisiten – das kann auch mal schief gehen!

Herzliche Grüße aus Irkutsk übrigens!

Alles wie überall …

Beijing, 11.3.2014

Im Hotel 161 - mit Bärenbegleitung

Im Hotel 161 – mit Bärenbegleitung

Beijing ist schon fertig…  wir auch!  Zu viel zu sehen, zu wenig Zeit. Und zu wenig Energie – für so viele Eindrücke brauchen AKKAnauten einfach mehr Kapazität in alle Richtungen.  Morgen früh springen wir auf die Bahn nach Ulan Bator:  drum hier nur ein paar Bilder, stellvertretend für den Peking-Besuch.
Hier ist, würde man als Globalisierungszeuge sagen, alles wie überall.  Nur dass alles ganz anders ist.
Was würde man als typisch chinesisch empfinden?!  Ich sage mal: die schicke, junge Frau, die mit großer Designer-Sonnenbrille und in hochhackigen Plateaustiefelchen (mit Acrylfenster im Absatz!) auf der Bank in der „Verbotenen Stadt“ sitzt, in einem riesigen, sonntäglichen Getümmel. Sie fängt gerade mit einer Hand ihr Söhnchen ein, das die traditionelle, hinten geschlitzte Hose trägt (echt praktisch, beim einen blitzt der nackte Po, beim anderen das Windelpaket!).  In der anderen Hand ein Smartphone, das sie plötzlich vom Ohr hält – geräuschvoll zieht sie hoch und rotzt mir kräftig vor die Füße. Der Reiseführer sagt, man soll sich nichts dabei denken!  Ich kann das Denken einfach nicht einstellen…

Gefunden!  Alte Zöpfe!

Gefunden! Alte Zöpfe!

Für Andreas, der so lang nach den bezopften Chinesen (null, natürlich) und den 10 Millionen Fahrrädern (eher 10 Millionen Autos!) gesucht hat, ist es vielleicht das leider nicht fotografisch belegte Abteil einer der unglaublich vielen öffentlichen Toiletten (in den alten Vierteln gibt es halt keine individuellen Klos – das kommt uns zugute).  Es ist ja schon gewühnungsbedürftig, dass man überhaupt so nebeneinander hockt, aber was er so gern fotografiert hätte, sich aber nicht traute, war der Mann, der über der Kuhle hockt und… ja,ja, genau, ebenfalls im Smartphone blättert.  Und das geschah nicht nur einmal.  Muss wirklich ein gemütliches Örtchen sein, das Sammelklo!

Was noch ist „Peking“?  Die Dichte an Polizei und Militär?  Die vielen Volks-Aufpasser, die alle 100 m postiert sind?  Der Tian An Men-Platz mit seinen Menschenmassen, die in langen Schlangen vor der Leibesvisitation ausharren um einen Blick auf das (durchaus standesgemäße) Mao-soleum zu werfen – und dass der platz gerade, als wir ihn besuchen wurden, geräumt wurde?

In der verbotenen Stadt

In der verbotenen Stadt

Die unglaublich üppigen alten, kaiserlichen Anlagen in der Verbotenen Stadt und am Himmelstempel?  Ja, das ist auch chinesisch, ebenso wie die Masse an „Jack Wolfskin“, „Columbia“ oder „The Northface“-Jacken, die hier jeder 3. trägt.  Alles Fakes.

Aber was uns besonders beeindruckt hat, ist der öffentliche Tanz und das öffentliche Musizieren, das abendliche Kartenspiel in den Parks. Das geradezu akrobatische Jianzispiel, das wir ja schon in Vietnam kennengelernt hatten – Fuß-Federball.

Der allerletzte Kaiser!

Der allerletzte Kaiser!

Und nicht zu vergessen unsere Streifzüge durch die Hutongs, vorbei an rottenden Fahrrädern, winzigen Läden, fliegenden Zweiradwerkstätten, Friseure… Die Hutongs werden nicht mehr lange existieren – wir sahen welche, die gerade geräumt werden, zugunsten der gläsern-stählernen Hochhausungeheuer; und wenn man sieht, dass sich nun SUVs durch die engen Gassen drängen, dann müssen sie einfach verschwinden: denn wenn das Auto beim nächsten Modellwechsel noch ein bisschen breiter wird, dann ist Schluss mit dem Verkehrsfluss.

Ein riesiger Chor... und gut dazu!

Ein riesiger Chor… und gut dazu!

Wer Lust hat, schmettert...

Wer Lust hat, schmettert solo…

Sehr vergänglcihe Kunst

Sehr vergängliche Kunst

Wasserkalligrafie

Wasserkalligrafie – trocknet weg!

 

 

 

Und, und, und…

 

2.700 Jahre alt und ziemlich lang... Die Mauer

2.700 Jahre alt und ziemlich lang… Die Mauer

Der wirkliche Treffer des Besuchs war ein bisschen außerhalb von Beijing:  am Sonnabend haben wir einen langen Busausflug nach Jinshanling gemacht, zur berühmten Chinesischen Mauer. Man kommt auch rascher dran als mit den 3 Stunden, die wir im Bus verbracht haben, aber dafür hatten wir die Mauer fast für uns allein, und noch dazu ist es ein ganz originales Stück.  Einfach umwerfend.

Und jetzt geht’s ab in die Mongolei. Der Smog nimmt wieder zu – Zeit zu gehen!  Mehr Bilder folgen.

Eine Woche China

Ein AKKAnaut in Nanning

Ein AKKAnaut in Nanning

Beijing, 9.3.2014

Die Sonne scheint!  Manchmal ein bisschen fahl, aber entgegen der europäischen Nachrichtenlage hält sich die Smogbelastung dieser Tage in Grenzen, und wir schätzen den Sonnenschein ungemein, hatten wir doch seit Ankunft in Hanoi keinen gesehen.

Im Gegenteil, als wir am vergangenen Freitag zum Bahnhof abrückten, nieselte es in Hanoi, was dazu führte, dass wir dieses Mal nicht zu Fuß gingen.  Im Bahnhof reihten wir uns bei den Wartenden ein, die vor der Tür „Internationale Verbindungen“ saßen, und rätselten, wer uns bis China erhalten bleiben würde. Die Deutschen und ihr vietnamesischer „Reiseleiter“ mit eindeutig brandenburgischem Akzent?  Der junge Mann, der mit mir ein 20-Worte-Englisch-Trainingsgespräch beginnt?  Als sich knapp eine

Sonderzug nach --- China

Sonderzug nach — China

Stunde vor Abfahrt die Tür öffnet, durchschreiten wir einen weiteren, völlig leeren Wartesaal (leer bis auf eine Menge thronartiger Holzsessel absieht, bestimmt übrig geblieben aus einer Neumoblierungsphase des Paralamentes…), aber wir werden gleich auf den Bahnsteig geschleust.  Vorn am Gleis 1 steht ein Zug in die Berge, Ziel Sapa – das ist der für die Deutschen und die anderen Fahrgäste; uns bleibt nur der Einzelwaggon mit Lokomotive, der ganz am Ende wartet. Andreas vermutet, dass die beiden Züge noch zusammengekoppelt werden – mitnichten.  Die Minuten verstreichen, es wird an den Bremsen herumgeklopft und begutachtet und diskutiert, aber weitere Passagiere kommen nicht in Sicht:  wir haben einen Sonderzug gewonnen!  Zweimal pro Woche gibt es eine Verbindung nach Dong Dang, als Anbindung an China – offensichtlich keine besonders beliebte Strecke, auch wenn der Übergang „Freundschaftstor“ heißt.  Da wir mit Einbruch der Dunkelheit losfahren, ziehen wir uns rasch die Decken über die Ohren und schlafen für ein paar Stündchen.  Um 22:00 werden wir geweckt: Dong Dang – Gepäck schultern, aussteigen, vietnamesische Zoll und Passkontrolle.  Ein einsamer Dorfbahnhof wartet mit einer dunklen Bahnhofshalle und ein paar Beamten auf – und nach wenigen Minuten heißt es:  „Go! Chinese train!“. – der steht auch schon abfahrtbereit auf dem (schmalspurigeren) Nachbargleis. Ach, schön, weiterschlafen!  Aber das wird nix, denn nun kommt die chinesische Passkontrolle in Person eines schicken jungen Offiziers mit makellosen Englischkenntnissen, der die Pässe einsammelt und uns auffordert, in Pingxiang samt Gepäck wieder auszusteigen. Mitternacht – wir werden von einer ganzen Beamtengruppe geleitet, auch hier konzentriert sich die gesamte Aufmerksamkeit auf die beiden einzigen Passagiere. Pingxiang macht schon einen anderen Eindruck: als Dong Dang eine riesige, gläserne  Bahnhofshalle, allerdings nur besetzt von zwei verschlafenen jungen Zöllnern, die nachlässig unser Gepäck kontrollieren. Gepäck schultern und wieder rein in den Zug. Als uns die Pässe zurückgereicht werden das erleichterte „Wir sind drin!“-Gefühl, und endlich können wir nochmals für 4 Stunden in saubere, geradezu luxuriöse chinesischen Kissen sinken.  In Nanning das gleiche Spiel wie zuvor: eine der zahlreichen Bahnangestellten geleitet uns in die Wartehalle.  Wir merken uns nervös das Gleis und unsere Wagennummer – schließlich

Ohne Worte...

Ohne Worte…

bleiben dieses Mal unsere Rucksäcke im Zug. Der Nanning-Bahnhof ist gigantisch, und immer wieder füllt sich der Wartebereich schubweise mit Leuten.  Wir stellen fest. Chinas Bahnhöfe unterliegen strengen Regeln – die Gleise werden nur für wenige Minuten vor der Abfahrt des Zuges geöffnet.  Tor auf, Tor zu. Auf den Anzeigetafeln erscheint unser Zug nach Guilin bereits – T6 um 08:40, Gleis 12. Mehr können wir der Tafel nicht entnehmen, und auch Gespräche mit unseren Reise-Nachbarn ergeben sich nicht, bis auf einen jungen Polizisten, der mit allerlei Sprachkenntnissen aufwartet; die anderen können nur staunen. Langnasenalarm. Wir sind endgültig „sprachlos“, und das erzeugt eine gewissen Unruhe: was, wenn man uns in der Wartehalle vergisst?  Aber man vergisst uns nicht, natürlich. Hier ist alles unter Kontrolle… 25 Minuten vor Abfahrt werden wir eingesammelt und ins Abteil verfrachtet. Wir holen noch ein bisschen Nachtschlaf nach, und um 14:00 holt uns ein – über unser Hotel vorbestellter – Taxifahrer in Guilin ab.  Sprachlosigkeit, nächster Abschnitt, aber wir treffen heile und punktgenau im „Outside Inn“ in Chaolong ein – begeisterte Begrüßung von Wendy, die uns mit perfekten englischen Wortschwällen überfällt und uns erst einmal einen heißen, scharf-süßen Ingwertee in die Hand drückt. Mei, ist das kalt in China (wir waren halt noch nicht in Peking …)

Mit Zhong Mei am Moonhill

Mit Zhong Mei am Moonhill

Chinesen und das Wunder der Rapsblüte

… das Wunder der Rapsblüte

Immer ein Hingucker. Als 3 oder 4-Radler---

Hingucker. Als 3 oder 4-Radler—

Karsthügel und Bambusflöße

Karsthügel und Bambusflöße

Die folgenden Tage vergehen mit Spaziergängen und -fahrten durch die beeindruckende Karsthügellandschaft – Bambusflößen verkneifen wir uns allerdings, dafür bieten wir jede Menge Sensation bei der Landbevölkerung und bei Stadt-Touristen, die nicht nur angesichts der vergleichsweise mickrigen Rapsblüte völlig aus dem Häuschen geraten, sondern auch, wenn sie unserer ansichtig werden.  Wir sind in China. Mitterndrin.

Das Outside Inn ist ein vielleicht 15 Jahre altes Hostel/Hotel, für das originale Lehmhäuser r

Outside Inn Cholong

Outside Inn Cholong

Lehmhaus in Chaolong

Lehmhaus in Chaolong

restauriert und modifiziert wurden. Sehr schön – wenn auch eben relativ kühl.  Die Sonne scheint uns jedenfalls bis zur Abreise nicht, was aber dem Eindruck keinen wirklichen Abbruch tut, die Karsthügel sind auch in Schwarzweiß beeindruckend. Wir radeln zum Moonhill, steigen die 800 Stufen hinauf und gucken uns das Ganze von oben an, machen einen Radelausflug in die nahe Stadt Yangshuo, die ein richtiger Touristenort ist. „Bamboo, Bamboo!“ ruft es aus allen Ecken.

Wendy - schmeißt den Laden!

Wendy. Sehr chinesisch: die Daunenjacke, auch im Haus

Wir sollen auf’s Floß steigen, soll das heißen. „Langnasen“ allerdings sind doch recht unterrepräsentiert, eher noch sind es Japaner, wenn man an Ausländer denkt.  Abends genießen wir die köstliche chinesische Küche im Outside Inn und fressen uns durch die Speisenkarte – so gehen die 4 Tage schneller dahin als gedacht.  Und das war dann der ländliche Teil unserer Chinaerfahrung!

Mit dem Bus geht es zurück nach Guilin, recht frühzeitig, denn wir müssen noch die Tickets für die Weiterreise nach Peking bekommen.  Wenn man sich die Schalterhalle anschaut mit ihren Menschenmassen, ist es uns ganz recht, dass wir uns den Kauf leicht gemacht und über einen Freund des Hotels abgewickelt haben.

Schlafwagen in China

Schlafwagen in China

Im Zug betten wir uns dieses Mal in frische Kissen und Deckenberge – Sam hat uns die unteren Kojen reserviert, unsere beiden Mitreisenden müssen klettern, aber trotz der bereits erwähnten Sprachlosigkeit pflegen wir ein freundlch-lächelndes Miteinander.  Der Zug rollt vorwiegend durch die Dunkelheit, bei Tage sehen wir endlose, platte und zersiedelte Lösslandschaft. Wir passieren riesige Städte, deren Namen wir noch nie gehört haben, und die uns mit Wolkenkratzern und Leuchtreklamen beeindrucken. 20 Stunden dauert die Reise, dann ist Beijing erreicht. Wir steigen aus – und damit kommt das erste chinesische Scherzchen:  unser Hotel liegt nicht allzu weit vom Bahnhof entfernt, wir haben uns die Fahrtstrecke aus dem Internet geholt und schon in Australien ausgedruckt. Ein bisschen Laufen, ein bisschen U-Bahn-Fahren – nur zieht sich der Marsch zur UBahn rätselhaft – das Smartphone und Google Maps helfen auch nicht richtig. Die Wahrheit entspricht einfach nicht dem Kartenbild.  Wir quetschen uns mit den Rucksäcken durch Menschenmassen – bis zur Metro sollten es ungefähr 1 km sein, aber als wir endlich eine Station erreichen heißt die leicht anders als erwartet… Hmm…  Bis es uns wie Schuppen von den Augen fällt: wir Beijing Subwaysind nicht im innerstädtischen Hauptbahnhof angekommen, sondern in Beijing West.  Von nun an ist alles einfach – die Orientierung ist wieder da!  Hurra!  Auch die Bahnverbindung, ganz einfach: 11 Stationen mit der Bahnlinie 10 und dann  nochmals umsteigen in die 5.  Mittlerweile ist der Feierabendverkehr in vollem Schwung, wir erwerben eine fast geschenkte Fahrkarte (2 Yuan, das sind 24 Cent!) am sprachbarrierefreien Fahrkartenautomaten, der freundlicherweise englisch spricht. Die Bahnen sind so voll, dass wir uns in den nächstbesten Zug stürzen, die Tür schließt gerade noch so hinter unserem Gepäck, und wir sorgen für eine ziemliche Verstopfung.  Macht nichts, wir sind unterwegs – stand ja auf der Anzeigetafel:  Linie 10, und der Zielort, irgendwas mit …zhuang war’s. Dort steigen wir auch ganz richtig aus. Guogongzhuang.  Sprachlosigkeit nächster Teil, wir finden nämlich die avisierte Linie 5 nicht. Können wir auch gar nicht. Exakt geraten, liebe Leser, irgendwas mit …zhuang war’s!  Songjiazhuang!  Zurück auf Null, zurück nach Liuliquao.

Fast für uns allein. Nur für 2 Minuten

Fast für uns allein. Nur für 2 Minuten

Und dann die 11 Stationen, dieses mal ganz richtig mit der Linie 10 und nicht mit der 9.  Die 10 auf der Anzeigetafel war nur ein Richtungshinweis auf einen anderen Bahnsteig gewesen, aber mittlerweile kennen wir unsere Peking-Metro. Umsteigen in Songziazhuang, aussteigen an der Haltestelle Dongsi und noch ein paar Hundert Meter durch die Massen an Wanderarbeitern und schicken Büromädchen gestiefelt, dann sind wir – nach einer Stadtrundfahrt für 4 Yuan! – da. Im Hotel „161“ am Rande des Lishi-Hutongs.  Geschafft – die englischsprechende Welt hat uns wieder, jedenfalls so lange wir uns im Hotel bewegen, aber das tun wir nicht sehr anhaltend. Sprach- und andere Abenteuer müssen sein. Schon das erste Abendessen hier im Hutong bietet Gelegenheit dazu, auch zu kulinarischen – Hühnerfüße, Schweineohren, Seegurken.
Und aus genau dem Grunde ist Schluss für heute!

Zwischen Hanoi und China

… im Zug nach Beijing, 5.3.2014

Feiner Zug, den wir da Richtung Peking erwischt haben, der „T 286“, der die Station Guilin um 16:38 verließ, superpünktlich ( wir sind gespannt auf die Pünktlichkeit der viel gescholtenen Deutschen Bahn !)  Das Abteil ist voll belegt, über uns schweben zwei chinesische Männer, jung und mittelalt, obwohl aus unserer Sicht sie alle jung sind…. Wir hatten schon rechten Spaß, denn 50% der Abteilbelegschaft spricht nix außer Mandarin, die andere Hälfte ausgerechnet nicht.  Die Frage ob wir Russen seien, konnten wir erahnen, aber nicht abschlägig beantworten – bis mir mein „Kauderwelsch Chinesisch“ Bändchen einfiel. Wo shi deguo ren!  Auch dann dauerte es noch einen Moment, bis alle beifällig nickten, mein Mandaringroschen war gefallen…

Ha Long Bucht

Ha Long Bucht

Rückblick auf Hanoi.  Da war noch was nachzutragen. Am Dienstagmorgen holte uns ein Kleinbus ab, der noch ein paar Hotels in der Nähe abklapperte und sich auf diese Weise auf 10 Gäste füllte. Angenehme Gruppengröße für unsere Fahrt zum Weltnaturerbe an der Halongbucht.  Mindestens ein weiterer Bus musste da noch unterwegs sein, denn ein deutsches Pärchen aus unserem Tu Linh Palace hatte anders gebucht.  Wir trafen sie dann bald wieder… 2 Stunden aus der äußerst trüb-nieseligen Stadt heraus war Pinkelpause. Ahh, ja!  Es waren unzählige Busse, die da an einem großen Schnickschnackkitschladen abgeliefert wurden, für 30 Minuten „Shopping“,  so viel zu „angenehmer Gruppengröße“.  Nach knapp vier  Stunden erreicht man die berühmte Ha Long-Bucht – hohe Karstfelsen ragen aus dem Wasser; zum Horizont geschaut hat man den Eindruck, als sei die Bucht ein Binnensee, so dicht stehen die Felsen.

Eine Dschunke?! Zig!

Eine Dschunke?! Zig!

Unsere Gruppe bleibt tatsächlich so angenehm übersichtlich, nur ein Nachzügler-Russenehepaar aus Wladiwostok stößt noch zu uns, wahrscheinlich abgehängt von ihrer Gesellschaft und Opfer ihrer „Sprachlosigkeit“. Außer Russisch nix gewesen, und uns schwant Böses für die Zukunft: China, Mongolei, Sibirien…  Der Rest sind junge Backpacker aus Kanada, Schweden und den USA, die mit uns auf eine der Touristendschunken verladen werden.  Eine der…  Hunderte von Touristendschunken schaukeln mit und ohne Gäste im Hafen von Ha Long City, es kann einem schwindeln!  Bevor wir in eine große Tropfsteinhöhle geschubst werden, gibt es an Bord einen (durchaus leckeren) Lunch, am feierlich weiß gedeckten Tisch, den ich erst mal mit einer Ladung Hoisin-Sauce dekoriere. Peinlich.  Bei Hühnchen und Fisch geht es durch den Nebel zur sicher sehenswerten Höhle, durch die wir nun im Fließbandverfahren geschleust werden; allerdings wird der Gesamteindruck durch eine Gruppe von Japanern getrübt, deren Führer seine ohnehin lautstarken Erklärungen über ein Mikrofon in die Gegend bläst – da kann unsere schüchterne, zierliche Führerin einfach nicht gegenan.
Nächster Stopp:  Kayaken!  Danach ist uns so richtig – abgewrackte, mit Bauschaum gefüllte Doppelkayaks. Für eine halbe Stunde darf man im Umkreise von vielleicht 500 m um ein Schwimmponton paddeln.  Das geben wir uns nun nicht, wir gucken uns das Gequake und Gequietsche an und machen auf „verwöhnte Seglerbande“.  Es wäre ja durchaus interessant, mit einem wirklich funktionierenden Kayak und einem nicht verbogenen Stahl(!!)-Paddel die Felsen und Höhlen der Umgebung zu erkunden, aber dafür würde man hier a. etwas mehr Zeit und b. weniger Dschunkenverkehr benötigen.
Aber dann wird es nett – wir fahren nämlich wie gewünscht zur Insel Cat Ba, während die Dschunken mit den Tagesgästen die Heimfahrt antreten – und plötzlich ist alles friedfertig und leer. Über den Karstkegeln schweben Fischadler, wir kommen an schwimmenden Fischerdörfern vorbei und sinnieren, wie es denen wohl während des Krieges gegangen sein mag. Die Pontons fassen bis zu 500 Bewohner, die sich, bei aller Enge, nicht gerade grün sind: Fischklau ist an der Tagesordnung, und so sieht man in abgeschiedenen Buchten das eine oder andere einzelne Boot friedlich vor sich hin treiben, der Fischer holt noch den Tagesfang ein, während am Heck schon ein Feuerchen mit dem Abendessen vor sich hin kokelt. Feierabend.
In Cat Ba stehen nochmals 40 Minuten Rumpelfahrt zur anderen Seite der Insel auf dem Plan. Nach dem Abendessen passiert leider nicht mehr viel, kleiner Verdauungsspaziergang, ein Reiseschnack mit den beiden jungen Kanadierinnen und dann ist Bettruhe.   Immerhin soll es am Morgen um 08:30 zurückgehen. Frühstück, Bus, Dschunke. Ich glaube, das nennt man „gedrängter Zeitplan“ – dabei ist Cat Ba ein Nationalpark und würde grundsätzlich Gelegenheit zu Regenwaldwanderungen bieten.  Next time… für uns geht es zum Wahrzeichen der Bucht, einer vergleichsweise winzigen Felsformation, wie wir sie mit AKKA zigfach zu sehen kriegen, nur dass dort dann nicht 40 Dschunken zum Fotografieren kreisen.  Mein Hit: ein langnasiger Gast auf einem anderen

Das muss man gesehen haben!

Das muss man gesehen haben!

Boot, der gar keinen direkten Blick auf das Prachtstück wirft, sondern, mit dem Rücken zum Felsen stehend, sein iPad über den Kopf erhebt und ein „selfie“ schießt.  Prima!
Und schon schaukeln wir Richtung Ha Long-City, nochmals gibt es ein kleines vorgezogenes Mittagessen, wozu man sagen muss, dass man uns freundlicherweise die gelegenheit gibt, die „nem“, die Reispapierrollen selbst zu fertigen, das macht Spaß und geht auf die Rezepteliste für die AKKA! Aber dann: Aussteigen, Bus, Abfahrt!

... und alle müssen hin!

… und alle müssen hin!

Der wirkliche Hit des Tages ist natürlich der Pinkelstopp im „ABC-Stopover-Center“.  Hach, da möchte man zuschlagen – so schöne dicke, glückliche Buddhas, überlebensgroß aus Stein gehauen, mit Pauschalangebot für See- oder Luftfracht „frei deutscher Vorgarten“ Wahlweise für den Rasen in den USA.  Ja, da möchte man wahrlich zuschla… um sich hauen.

Um 17:00 sind wir zurück in Hanoi und beantworten die Frage, wie es denn war, mit einem höflichen „oh, thank you – nice!“ und verkneifen uns sogar ein „very“.  Aber wenn uns nun Nachtchef Binh davon erzählt, wie arm es auf seinem Dorf bis vor kurzem noch zuging, wie glücklich er ist, dass er hier arbeiten kann und auch noch Sprachen lernt, fühlen wir uns tatsächlich gleich wieder zu Hause.  Interessant übrigens, was Tim zum Verkehr beitragen kann: bis vor wenigen Jahren war hier Fahrradland; seine Familie hat erst vor 5 Jahren das erste Moto erworben, aber mittlerweile hat man schon vier.  Da haben wir eindeutig etwas verpasst. Zum Abendessen marschieren wir nach nebenan und verdrücken eine äußerst lokale Spezialität, undefinierbar gefüllte gedämpfte Teigtaschen, wir sind umgeben von freundlichen Vietnamesen, und konzentrieren das Ha Long-Erlebnis auf ein paar schöne Bilder, die wir in Erinnerung behalten werden.

Tags drauf folgt Teil 2 der „Belarus“-Unternehmung. Schon am Montagabend hatten wir die Bestätigung für die Tickets von Moskau nach Berlin erhalten und hoffnungsfroh an die Botschaft weitergeleitet. Worauf wir gar nicht zu hoffen gewagt hatten, war die Mail, die nur wenige Minuten später eintraf:  „Dear Andrea – I have received your mail. Visa will be ready on Thursday. Kirill“.  So kann’s gehen. Von Smartphone zu Smartphone sind wohl auch diplomatische Vertretungen allzeit erreichbar. Also auf zur Botschaft, und ruck-zuck halten wir die weißrussischen Visa in Händen.  Auf dem Rückweg machen wir wieder die feucht-kühl-schwitzige Stadt unsicher – und da es heute besonders feucht ist, geht es dieses Mal ins Goetheinstitut,  Zeitunglesen ist die Idee. Und Würstchenessen, denn das Institut betreibt auch das „Café Goethe“.
Hier das Urteil: erstens gibt es in der Bibliothek zumindest in Hanoi keine Zeitungen mehr, ein paar Magazine (SPIEGEL, STERN) lagen aber aus (in Santa Cruz de la Sierra in Bolivien hatten wir noch in ZEIT-Ausgaben geschwelgt).
Zweitens gab es keine Würstchen (wohl aber Haxen!) – und der Koch weiß nicht, wie man Kartoffelbrei herstellt, der hat den nämlich eindeutig mit dem Mixer zu Schmiere verarbeitet und nicht gestampft oder gepresst.
Drittens ließen sich die Rouladen einigemaßen sehen.

Café Goethe!  Typisch deutsch...

Café Goethe! Typisch deutsch…

Viertens war der gesamte Innenhof voller Vietnamesen aus den umgebenden Botschaften, dazu ein paar deutsche Touri-Globetrottel.
Funftens ist die deutsche Kulturvertretung nicht so deutsch, dass es a. Klopapier, b. Seife und c.  wirklich schließende Klotüren gäbe – aus letzterem ergab sich ein herrliches, deutsch-vietnamesisches  Sprachtrainingsgespräch, ein bei Asiaten ein sehr beliebter Sport. Schülerin zu mir: „Ich … kann …diese…Toilette …leider …nicht … benutzen!“ „Oh, warum nicht“?  „ehem … ich …kann…diese Türe … nicht … verschließen!“  „Ach, gehen Sie doch einfach hinein, ich passe auf und halte Wache!“  „Oh, nein – vielen Dank!  Das …wäre (sehr lange Pause…)  viel Verlangen!“

Last but not least konnte man in einer Ecke der Bibliothek über die  „Deutsche Welle“ Kabarett auf NDR3 sehen, und wir haben so unpassend wie herzlich in den Leseraum hinein gelacht.

Rätselhafte Teigtaschen

Rätselhafte Teigtaschen

So isst Ha Noi:  auf der Straße

So isst Ha Noi: auf der Straße

Hanoi - Pagode im Nebel

Hanoi – Pagode im Nebel

Ha Noi - direkt nach China!

Ha Noi – direkter Weg  nach China!

Ein weiterer langer Marsch zurück, Glotz-Stopp an einer Schule, die gerade Hunderte von Kindern aus dem Unterricht entlässt, die Motos (vorwiegend Väter und Opas) warten schon.  Abends noch eine Portion „trockene Nudeln“, das hatte uns besonders gefallen, und letzte Streifzüge durch die Straßen der Altstadt. Hanoi hat wirklich was!
Und schon war der Abreisetag gekommen. Tim lässt uns das Zimmer bis 3 Uhr, wirklich ein Goldstück.  Wir telefonieren schon mal nach China, was mit dem Ticket nach Peking ist, und ich tauche zum Abschluss – beim letzten, feierlichen Garküchen-Mahl in einem Hausflur – meinen Fleecejackenkragen in Hoisin-Sauce, und wundere mich fortan, dass es überall nach Fischgerichten stinkt.  Es hat ein Weilchen gedauert, bis die Ursache erkannt war. Nach diversen Waschversuchen kann ich sagen, dass eine Sauce aus 9 Monate in Fässern fermentierten Sardinen sich innig mit Polyesterfleece verbindet – aber man kriegt es raus!

Der Berichte nächster Teil: Karsthügel „zwo“. Yangshuo in der Provinz Guangxi.

PS: Peking hat uns schon im Griff… Öffifahren in Peking!  Bingo!

Ganz schön kalt…

Hier ruht er. Sanft und monumental: Ho Chi Minh

Hier ruht er. Sanft und monumental: Ho Chi Minh

Chaolong/Yangshuo, 2.3.2014

… genau, „ganz schön kalt muss es hier sein“, dachten wir am vergangenen Montag früh.

Mahlzeit!

Mahlzeit!

Für die Hygiene-Freaks

Bordhygiene

Gute Nacht!

Gute Nacht!

Waschgelegenheit

Waschgelegenheit

Wir hatten uns im Zug von Saigon nach Hanoi auf eine Ankunft um kurz vor 5 morgens eingerichtet, und standen früh am Zugfenster, um den Strom der Moto- und Radfahrer, det draußen Richtung Stadt plätscherte, zu beobachten. Alle schön eingepackt in dicke Jacken und Regenfolien, und wieder gab es abenteuerlichste Lasten zu sehen.  Der Zug rumpelte noch fast eine Stunde durch Vorortgegenden, um nicht zu sagen: durch Wohnzimmer und Küchen!.  Aber dann! Hanoi! Der Bahnhof ist nicht gerade „Hannover Hauptbahnhof“ – mehr „Siegen Hauptbahnhof, 50er Jahre“. Der Bahnsteig voller Taxen der

Saigon-Hanoi. Langer Zug für kurze Reise

Saigon-Hanoi. Langer Zug für kurze Reise

Firma Mai Linh, die wir schon aus Saigon kennen, ein Groß-Anbieter offensichtlich, den wir aber (dummerweise?) umgehen.  Das Daypack nach vorn, quetschen wir uns durch die Menge nach draußen.  Echt kühl hier, und kühl auch die Atmosphäre unter den Taxifahrern, die zuhauf auf Gäste und Opfer warten.  Wir verhandeln kurz mit einem Mai Linh-Fahrer und sind uns fast einig, als ein grantiger Mensch, der augenscheinlich die Verteilung der Taxen auf dem Bahnhofsvorplatz unter sich hat, uns am Arm zerrt:  „…  here!  This – no!“ und deutet auf den armen, fein gekleideten Taxifahrer unserer Wahl. Nach einer Weile kapieren wir – Mayi Linh haben hier keine Rechte mehr, denn sie haben ihre Chance ja schon auf dem Bahnsteig gehabt.  Das Gespräch verläuft aber so unerfreulich, dass ich schon mal los laufe, Andreas dann hinterher.  Alles klar, wir laufen.  Es schlägt die Stunde des neuen Smartphones! Was wären wir ohne Google Maps?!  Wir schlängeln unseren Weg über kühle, dunkle, feuchte und noch leere Innenstadtstraßen, überqueren die Bahnstrecke, über die wir gerade herein gekommen sind, zweimal und wundern uns über die Enge, mit der die Häuser tatsächlich an den Gleisen stehen.  Auf den Bürgersteigen bauen Frauen erste Garküchenstände auf – schließlich ist gleich Frühstückszeit.  Eigentlich war es ganz

Tim. Rezeptionschef im "Tu Linh Palace"

Tim. Rezeptionschef im „Tu Linh Palace“

einfach, unser Hotel zu finden, Tulinh Palace, 2 Hang Ga.  Der „Nacht-Chef“ Binh strahlt uns ein erstes Mal an, mit leicht verpüschelter Frisur. Wir zwängen unser Gepäck an zwei Motos vorbei, die im Empfang stehen – schließlich ist ja noch „Nachtbetrieb“. Hinter dem kleinen Tresen für Tours und vor den beiden Internet-Rechnern im Frühstücksraum liegen noch die Nachtmatratzen – aber wir haben Glück, gerade checkt ein junges Paar aus, in deren Zimmer wir schon mal eine Dusche nehmen können. Hanoi ist nämlich so kühl doch nicht und zumindest der Fußmarsch mit Rucksack erzeugt Schweißströme. Gereinigt und entspannt treten wir zum Frühstück an, und damit kommt der Freundlichkeitsschauer, der uns nun tagelang begleiten wird. „Take a seat – have a coffee – take fruit as many as you want – feel at home! Are you o.k.?!“  Es hört auch nicht auf, als Tim auftritt, der „Tages-Chef“.  Es erschlägt einen geradezu.  Das Tulinh ist sicher ein bescheidener Palast, aber wirklich ein nettes Heim auf Zeit.
Mit Tims Hilfe telefonieren wir mit der Weißrussischen Botschaft, und siehe da: heute Konsularverkehr.  Taxifahrt in ein feines, altes Kolonialviertel am See. Ein absolut finnisch anmutender junger Konsul knöpft uns je 20 Euro ab und verspricht, die noch fehlenden Transitvisa für Weißrussland bis Donnerstag auszustellen, sofern wir den Nachweis erbringen können, dass wir am 30.3. Russland per Zug verlassen.  Fein!  Wir schicken eine Mail an Natalya in London, „RealRussia“, die zwar jetzt noch schläft: „Buchen!“
Das wird schon…  Mission (fast) erledigt.

Folgt der „lange Marsch“ zurück in die Stadt.  Hanoi ist anders als Saigon. Viele alte

Lastenträgerin

Lastenträgerin

Gebäude aus der Kolonialzeit, französische Bäckereien oder Cafés, viele buddhistische Tempel. Im Café „Coffee Beans & Tea Leaves“ spricht mich ein junger Mann an: „Nice weather today!“  Uups?!  Wie ist es denn in Hanoi, wenn es nicht nebelig und grau ist?  Oder ist es normalerweise noch schlimmer?  Wir sind derartig verwöhnte Tropenpflanzen geworden…  Leider ist der große Tempel im See geschlossen, wir laufen durch Nieselregen und mittlerweile dickesten Verkehr weiter.  Präsidentenpalast, Parade-Straße. Kleine Mädchen posieren vor dem Ho-Chi-Minh-Mausoleum, die Händchen zum „Victory“-Zeichen gehoben.  Über uns weht das größte Exemplar der ansonsten vietnamweit allgegenwärtigen  Nationalflagge, schlicht und schön: Gelber Stern auf rotem Grund.  Das grüngraue Mausoleum ist gigantisch – man sieht quasi Kader und Elite auf den Marmorstufen sitzen und zackige Paraden abnehmen, Aber entweder ist der Platz vor dem Mausoleum so weiträumig, dass sich die wenigen Besucher verlieren, oder… das historisch-politische Interesse tritt hinter handfesterem, kapitalistischem zurück.  Wir

Gehwegvergnügen

Gehwegvergnügen

wehren noch ein paar Attacken von Frauen ab, die einem gegen ein kleines Fotoentgelt ihre Traglast auf Bambusstangen auf die Schulter hieven wollen; dazu braucht es dann schon ein bisschen Energie.  Wir beobachten bei einem Schweizer wie so etwas (schief) geht: „want a banana?“  Oh ja gern. Zack: Traglast auf der Schulter – „foto!“  Geld wechselt den Besitzer.  „… und wo ist meine Banane?“  … naja, die kostet dann nochmal extra. Hui – so was macht Andreas fünsch.

Im Hotel zurück berät uns Tim, der eigentlich nicht Tim heißt sondern irgendwie unaussprechbar anders (gern wird er auch „zero“ gerufen, denn wenn man Hilfe von der rezeption braucht, drückt man die „null“).  Restaurants in der Nähe, und vor allem:  sollen wir, oder sollen wir nicht?  Ha Long Bucht oder nicht. Oder in die Berge?  Die Wahl fällt auf die Ha Long-Bucht,  Weltnaturrerbe muss sein. Angesichts unserer normalen Wohnsituation fällt die Wahl auf „… ja, schon, aber wir fahren lieber nach Cat Ba ins Hotel, keine Übernachtung auf der Touristen-Dschunke“.
Abends ein Gang die Hang Ga hinunter zur Hang Dieu – da gibt es ein Straßenlokal namens „Trockene Nudel“ – wo im Gegensatz zur Nationalspeise „Ph೓ (gesprochen… irgendwo zwischen Fö und Fa, mit der Zunge hinten am Gaumen!) Bun Bà³ serviert wird.  Reisnudeln ohne Brühe, mit verschiedenen Kräutern und Gemüsen und Rindflesich aus

Bambusleiterfabrik

Bambusleiterfabrik

Die trockene Nudel

„trockene“ Nudeln

... nur starker Tobak

Nur starker Tobak

Metallwerkstatt

Metallwerkstatt

dem Wok.  Gleich vorn, direkt an der Straße, wird gekocht, wir sitzen an langen blechernen Tischen „im Flur“ und genießen „Vietnam pur“.  Ob es den Wohnbedingungen geschuldet ist, dass augenscheinlich alle Leute, die es sich irgendwie leisten können, „auswärts“ essen und wenn es nur am Kanststein ist?  Vielleicht kann man außer heißem Wasser in einer normalen Wöhnstätte ja gar nichts zubereiten, oder nicht mal das?  Jedenfalls geht der Fußgänger, wie schon tagsüber auch, auf der Straße und versucht, nicht von Motos überfahren zu werden – werden am Tage auf den Bürgersteigen Dinge aus Edelstahl gedengelt oder Bambusleitern geschnitten, ist abends alles voll mit mobilen Garküchen.  Es werden kleine Plastikhocker aufgestellt und ausgeschenkt, was das Holzkohle- oder Gasfeuer so hergibt. Ein Augen-, Ohren-, Gaumenschmaus!

 

Bye bye Viet Nam!

Bye bye Viet Nam!

Von Ha Long und dem Rest von Hanoi dann noch mal mehr – mittlerweile ahnen wir, was wirklich „kühl“ bedeutet: wir sitzen in Chaolong, im südlichen China, am Kaminfeuer…

Bis dann!