… im Zug nach Beijing, 5.3.2014
Feiner Zug, den wir da Richtung Peking erwischt haben, der „T 286“, der die Station Guilin um 16:38 verließ, superpünktlich ( wir sind gespannt auf die Pünktlichkeit der viel gescholtenen Deutschen Bahn !) Das Abteil ist voll belegt, über uns schweben zwei chinesische Männer, jung und mittelalt, obwohl aus unserer Sicht sie alle jung sind…. Wir hatten schon rechten Spaß, denn 50% der Abteilbelegschaft spricht nix außer Mandarin, die andere Hälfte ausgerechnet nicht. Die Frage ob wir Russen seien, konnten wir erahnen, aber nicht abschlägig beantworten – bis mir mein „Kauderwelsch Chinesisch“ Bändchen einfiel. Wo shi deguo ren! Auch dann dauerte es noch einen Moment, bis alle beifällig nickten, mein Mandaringroschen war gefallen…
Rückblick auf Hanoi. Da war noch was nachzutragen. Am Dienstagmorgen holte uns ein Kleinbus ab, der noch ein paar Hotels in der Nähe abklapperte und sich auf diese Weise auf 10 Gäste füllte. Angenehme Gruppengröße für unsere Fahrt zum Weltnaturerbe an der Halongbucht. Mindestens ein weiterer Bus musste da noch unterwegs sein, denn ein deutsches Pärchen aus unserem Tu Linh Palace hatte anders gebucht. Wir trafen sie dann bald wieder… 2 Stunden aus der äußerst trüb-nieseligen Stadt heraus war Pinkelpause. Ahh, ja! Es waren unzählige Busse, die da an einem großen Schnickschnackkitschladen abgeliefert wurden, für 30 Minuten „Shopping“, so viel zu „angenehmer Gruppengröße“. Nach knapp vier Stunden erreicht man die berühmte Ha Long-Bucht – hohe Karstfelsen ragen aus dem Wasser; zum Horizont geschaut hat man den Eindruck, als sei die Bucht ein Binnensee, so dicht stehen die Felsen.
Unsere Gruppe bleibt tatsächlich so angenehm übersichtlich, nur ein Nachzügler-Russenehepaar aus Wladiwostok stößt noch zu uns, wahrscheinlich abgehängt von ihrer Gesellschaft und Opfer ihrer „Sprachlosigkeit“. Außer Russisch nix gewesen, und uns schwant Böses für die Zukunft: China, Mongolei, Sibirien… Der Rest sind junge Backpacker aus Kanada, Schweden und den USA, die mit uns auf eine der Touristendschunken verladen werden. Eine der… Hunderte von Touristendschunken schaukeln mit und ohne Gäste im Hafen von Ha Long City, es kann einem schwindeln! Bevor wir in eine große Tropfsteinhöhle geschubst werden, gibt es an Bord einen (durchaus leckeren) Lunch, am feierlich weiß gedeckten Tisch, den ich erst mal mit einer Ladung Hoisin-Sauce dekoriere. Peinlich. Bei Hühnchen und Fisch geht es durch den Nebel zur sicher sehenswerten Höhle, durch die wir nun im Fließbandverfahren geschleust werden; allerdings wird der Gesamteindruck durch eine Gruppe von Japanern getrübt, deren Führer seine ohnehin lautstarken Erklärungen über ein Mikrofon in die Gegend bläst – da kann unsere schüchterne, zierliche Führerin einfach nicht gegenan.
Nächster Stopp: Kayaken! Danach ist uns so richtig – abgewrackte, mit Bauschaum gefüllte Doppelkayaks. Für eine halbe Stunde darf man im Umkreise von vielleicht 500 m um ein Schwimmponton paddeln. Das geben wir uns nun nicht, wir gucken uns das Gequake und Gequietsche an und machen auf „verwöhnte Seglerbande“. Es wäre ja durchaus interessant, mit einem wirklich funktionierenden Kayak und einem nicht verbogenen Stahl(!!)-Paddel die Felsen und Höhlen der Umgebung zu erkunden, aber dafür würde man hier a. etwas mehr Zeit und b. weniger Dschunkenverkehr benötigen.
Aber dann wird es nett – wir fahren nämlich wie gewünscht zur Insel Cat Ba, während die Dschunken mit den Tagesgästen die Heimfahrt antreten – und plötzlich ist alles friedfertig und leer. Über den Karstkegeln schweben Fischadler, wir kommen an schwimmenden Fischerdörfern vorbei und sinnieren, wie es denen wohl während des Krieges gegangen sein mag. Die Pontons fassen bis zu 500 Bewohner, die sich, bei aller Enge, nicht gerade grün sind: Fischklau ist an der Tagesordnung, und so sieht man in abgeschiedenen Buchten das eine oder andere einzelne Boot friedlich vor sich hin treiben, der Fischer holt noch den Tagesfang ein, während am Heck schon ein Feuerchen mit dem Abendessen vor sich hin kokelt. Feierabend.
In Cat Ba stehen nochmals 40 Minuten Rumpelfahrt zur anderen Seite der Insel auf dem Plan. Nach dem Abendessen passiert leider nicht mehr viel, kleiner Verdauungsspaziergang, ein Reiseschnack mit den beiden jungen Kanadierinnen und dann ist Bettruhe. Immerhin soll es am Morgen um 08:30 zurückgehen. Frühstück, Bus, Dschunke. Ich glaube, das nennt man „gedrängter Zeitplan“ – dabei ist Cat Ba ein Nationalpark und würde grundsätzlich Gelegenheit zu Regenwaldwanderungen bieten. Next time… für uns geht es zum Wahrzeichen der Bucht, einer vergleichsweise winzigen Felsformation, wie wir sie mit AKKA zigfach zu sehen kriegen, nur dass dort dann nicht 40 Dschunken zum Fotografieren kreisen. Mein Hit: ein langnasiger Gast auf einem anderen
Boot, der gar keinen direkten Blick auf das Prachtstück wirft, sondern, mit dem Rücken zum Felsen stehend, sein iPad über den Kopf erhebt und ein „selfie“ schießt. Prima!
Und schon schaukeln wir Richtung Ha Long-City, nochmals gibt es ein kleines vorgezogenes Mittagessen, wozu man sagen muss, dass man uns freundlicherweise die gelegenheit gibt, die „nem“, die Reispapierrollen selbst zu fertigen, das macht Spaß und geht auf die Rezepteliste für die AKKA! Aber dann: Aussteigen, Bus, Abfahrt!
Der wirkliche Hit des Tages ist natürlich der Pinkelstopp im „ABC-Stopover-Center“. Hach, da möchte man zuschlagen – so schöne dicke, glückliche Buddhas, überlebensgroß aus Stein gehauen, mit Pauschalangebot für See- oder Luftfracht „frei deutscher Vorgarten“ Wahlweise für den Rasen in den USA. Ja, da möchte man wahrlich zuschla… um sich hauen.
Um 17:00 sind wir zurück in Hanoi und beantworten die Frage, wie es denn war, mit einem höflichen „oh, thank you – nice!“ und verkneifen uns sogar ein „very“. Aber wenn uns nun Nachtchef Binh davon erzählt, wie arm es auf seinem Dorf bis vor kurzem noch zuging, wie glücklich er ist, dass er hier arbeiten kann und auch noch Sprachen lernt, fühlen wir uns tatsächlich gleich wieder zu Hause. Interessant übrigens, was Tim zum Verkehr beitragen kann: bis vor wenigen Jahren war hier Fahrradland; seine Familie hat erst vor 5 Jahren das erste Moto erworben, aber mittlerweile hat man schon vier. Da haben wir eindeutig etwas verpasst. Zum Abendessen marschieren wir nach nebenan und verdrücken eine äußerst lokale Spezialität, undefinierbar gefüllte gedämpfte Teigtaschen, wir sind umgeben von freundlichen Vietnamesen, und konzentrieren das Ha Long-Erlebnis auf ein paar schöne Bilder, die wir in Erinnerung behalten werden.
Tags drauf folgt Teil 2 der „Belarus“-Unternehmung. Schon am Montagabend hatten wir die Bestätigung für die Tickets von Moskau nach Berlin erhalten und hoffnungsfroh an die Botschaft weitergeleitet. Worauf wir gar nicht zu hoffen gewagt hatten, war die Mail, die nur wenige Minuten später eintraf: „Dear Andrea – I have received your mail. Visa will be ready on Thursday. Kirill“. So kann’s gehen. Von Smartphone zu Smartphone sind wohl auch diplomatische Vertretungen allzeit erreichbar. Also auf zur Botschaft, und ruck-zuck halten wir die weißrussischen Visa in Händen. Auf dem Rückweg machen wir wieder die feucht-kühl-schwitzige Stadt unsicher – und da es heute besonders feucht ist, geht es dieses Mal ins Goetheinstitut, Zeitunglesen ist die Idee. Und Würstchenessen, denn das Institut betreibt auch das „Café Goethe“.
Hier das Urteil: erstens gibt es in der Bibliothek zumindest in Hanoi keine Zeitungen mehr, ein paar Magazine (SPIEGEL, STERN) lagen aber aus (in Santa Cruz de la Sierra in Bolivien hatten wir noch in ZEIT-Ausgaben geschwelgt).
Zweitens gab es keine Würstchen (wohl aber Haxen!) – und der Koch weiß nicht, wie man Kartoffelbrei herstellt, der hat den nämlich eindeutig mit dem Mixer zu Schmiere verarbeitet und nicht gestampft oder gepresst.
Drittens ließen sich die Rouladen einigemaßen sehen.
Viertens war der gesamte Innenhof voller Vietnamesen aus den umgebenden Botschaften, dazu ein paar deutsche Touri-Globetrottel.
Funftens ist die deutsche Kulturvertretung nicht so deutsch, dass es a. Klopapier, b. Seife und c. wirklich schließende Klotüren gäbe – aus letzterem ergab sich ein herrliches, deutsch-vietnamesisches Sprachtrainingsgespräch, ein bei Asiaten ein sehr beliebter Sport. Schülerin zu mir: „Ich … kann …diese…Toilette …leider …nicht … benutzen!“ „Oh, warum nicht“? „ehem … ich …kann…diese Türe … nicht … verschließen!“ „Ach, gehen Sie doch einfach hinein, ich passe auf und halte Wache!“ „Oh, nein – vielen Dank! Das …wäre (sehr lange Pause…) viel Verlangen!“
Last but not least konnte man in einer Ecke der Bibliothek über die „Deutsche Welle“ Kabarett auf NDR3 sehen, und wir haben so unpassend wie herzlich in den Leseraum hinein gelacht.
Ein weiterer langer Marsch zurück, Glotz-Stopp an einer Schule, die gerade Hunderte von Kindern aus dem Unterricht entlässt, die Motos (vorwiegend Väter und Opas) warten schon. Abends noch eine Portion „trockene Nudeln“, das hatte uns besonders gefallen, und letzte Streifzüge durch die Straßen der Altstadt. Hanoi hat wirklich was!
Und schon war der Abreisetag gekommen. Tim lässt uns das Zimmer bis 3 Uhr, wirklich ein Goldstück. Wir telefonieren schon mal nach China, was mit dem Ticket nach Peking ist, und ich tauche zum Abschluss – beim letzten, feierlichen Garküchen-Mahl in einem Hausflur – meinen Fleecejackenkragen in Hoisin-Sauce, und wundere mich fortan, dass es überall nach Fischgerichten stinkt. Es hat ein Weilchen gedauert, bis die Ursache erkannt war. Nach diversen Waschversuchen kann ich sagen, dass eine Sauce aus 9 Monate in Fässern fermentierten Sardinen sich innig mit Polyesterfleece verbindet – aber man kriegt es raus!
Der Berichte nächster Teil: Karsthügel „zwo“. Yangshuo in der Provinz Guangxi.
PS: Peking hat uns schon im Griff… Öffifahren in Peking! Bingo!








