Cid Harbour, 16.6.2014
Nett war es in der Keppel Bay Marina; wir konnten – dank kostenfreiem Marina-Auto – in Yeppoon einkaufen, wir haben uns zweimal von der besonders guten Küche des Marinarestaurants verwöhnen lassen, und Freundschaft mit einem Wegelagerer geschlossen, der auf einer benachbarten Motoryacht lebt (auch diese Marina ist überwiegend von Australiern bevölkert, die auf Dauer an Bord wohnen!) . Dem Wegelagerer haben wir den Namen „General Patt’n“ gegeben, ein Schäferhund-Bullterrier-Mischling, der sich immer „patten“ ließ, wann immer man vorbei kam. Es sei denn, er hatte gerade mal mit Möwenerschrecken zu tun, sein zweitliebstes Ding. Alles sehr heimelig, aber am Freitag stellte sich Reisewetter ein.
Frühe Abreise – 32 Stunden später liefen wir am Sonnabend bei gemischtem Wetter in Scawfell ein, einer kleinen Insel mit einem tiefen Einschnitt, der einem Vulkankrater nicht unähnlich ist. Hier sollte man gut übernachten können. Denkt man so. War aber nicht so! Der hohe Kraterrand bietet wieder einmal einen perfekten Fallböenverstärker. Um 20 Uhr fragt der von der Passage etwas übernächtigte Eigner: „… Ankerwache?! “ Ankerwache. Draußen bläst es in Böen bis zu 30 Knoten und das an einem Ankerplatz, den wir nicht kennen und der einen Tidenhub von 5 m hat… Der Segelführer sagt „… good holding“, und dennoch brauchten wir zwei Versuche bis der Anker hielt – da reicht uns der Ankeralarm vom Plotter nicht wirklich. Richtige „Wache“ ist es nicht, aber während einer schläft, liest und döst der/die andere, und darum darf der Schläfer sich die Mickeymäuse aufsetzen, die das Geheule der Fallböen zuverlässig ausschalten. Gegen Mitternacht wird es etwas weniger – ab und zu guckt man mal aus dem Luk und checkt die eigene Position gegenüber den anderen Ankerliegern, denn es haben sich noch 2 Motoryachten, ein kleiner Wharram-Katamaran und eine ebenso kleine Sloop eingefunden, alle diverse 100 m von einander entfernt; eigentlich sollte man bei Vollmond gute Sicht haben, aber gegen die dicke Wolkendecke kommt er nicht an, der Mond. Um 1 geht der Ankeralarm los, das erzeugt immer einen kurzen Adrenalinschub, bis der Blick auf den Plotter bestätigt, dass sich AKKA nicht vom Ankerpunkt entfernt, sondern sich in einer Winddrehung aus der Warndistanz hinaus bewegt hat. Gut, das lässt sich schnell nachregeln – aber trotzdem ist es eine „mit halbem Ohr draußen“-Nacht, die man auf dem Salonsofa verbringt, und als es hell wird, sieht noch immer alles grau und wenig verlockend aus. Aufbruch. Frühstück auf See. Wir fahren weiter!
Und siehe da, es klart ein bisschen auf, es wird ein schöner Segeltag zum Kennedy-Sound. Zum Nachmittagsritual-Kaffee sind wir vor Shaw Island. DIe Bucht meilenweit, die Berge nicht so steil, und außer zwei Motoryachten trudelt abends nur noch die kleine Sloop vom Vortag ein und legt sich – wie gestern – ziemlich dicht unter Land. Wir fallen früh um, denn wie allseits bekannt spielt es überhaupt keine Rolle, ob man 1, 3 oder 10 Nächte durchsegelt, denn „durch den Wind“ ist man so oder so; oder nein, vielleicht geht’s ab 3 Nächten dann doch besser, man gewöhnt sich an die Wachrhythmen.
Dann bricht der Montag im Kennedy Sound an. Die AKKAnauten wälzen sich aus dem Bett – nach einem herrlich erholsamen, langen Nachtschlaf – das musste jetzt sein.
Frühstückszeit. Kaffeewasser aufsetzen – dabei fällt der Blick aus dem Fenster: „… der kleine Segler ist schon weg!“. Nein, sagt Andreas, der hat sich nur nach achtern verholt… Hat er das?! Hat er nicht! In einem merkwürdigen Winkel zum Wind treibt das Boot buchtauswärts. Was tun? Erst mal funken, der Eigner meint allerdings: „… wenn er schlafen wollte, ist die Funke aus!“, aber man kann’s ja mal versuchen. Erfolglos, natürlich. Da bleibt nur eines: „Operation Frühstück“ unterbrechen, ankerauf gehen, Segler wecken. Hm… Es bläst so beträchtlich wie es strömt – will sagen: die AKKAnase zum Aufholen in Linie mit der Ankerkette zu halten ist ein mühsames Spiel. Natürlich springt in dieser Situation erstmalig in meiner Karriere als anchorwoman die Kette aus dem Bugbeschlag. Ausrichten gegen Wind und Strom, Kette heben und auf die Rolle hieven… gut Ding will Weile haben! Zwischendurch immer mal Blicke nach achtern, zum Segelfreund – keine Crew in Sicht. Dann kommt unser Haken hoch, schwer beladen mit Schlick. Auf Richtung Lindeman Island, die Sloop wird zusehends kleiner und da wartet ein Flach… Wir sind vielleicht auf 200 m ran, da bewegt sich was an Deck – das war wohl ein Fall von Tiefschlaf. Der ältere Herr Einhandsegler beginnt gerade, im Schneckentempo seinen slipenden Anker hochzuholen. Wir drehen eine Ehrenrunde um ihn herum. Alles klar?! Alles Klar! Danke.
Wir laufen zurück zum alten Ankerplatz und machen es uns noch für ein ausgiebiges Frühstück gemütlich.
Von Null auf Kaffee in 60 Minuten – das hält frisch!
Unsere Theorie: der Einhandsegler ist bei Ebbe eingelaufen, hat geankert und nur so viel Kette gegeben, wie es der relativ niederige Wasserstand erfordert. Und dann ist er schlafen gegangen, wahrscheinlich ebenso übernachtigt wie wir – bei 4m (und mehr) Tidenhub kann das, wie man sieht, ins Auge gehen. Rein rechnerisch: Ebb-Wasserstand 4 Meter . Gerade kleine Boote geizen gern mit der“Mindestkettenlänge“ , das macht in diesem Fall 12 m… Steigt der Wasserstand bei Flut auf 8 oder 9 Meter, dann sind die 12 m Kettelänge so gut wie nichts. Dumm gelaufen, aber gut gegangen!
Gegen 10 ist unsere Frühstücksitzung beendet, und wir brechen Richtung Drent Channel auf, ab 13 Uhr soll der Tidenstrom in unserer Richtung setzen. Was er dann auch tut.
Wir liegen im „Cid Harbour“ im Whitsunday Archipel – viele Australier hier! Morgen ist Landausflug in den Nationalpark angesagt!