Lembata, 16.8.2014
Ein bisschen pervers ist die Medienentwicklung ja schon… VELA schreibt, dass in Tonga mittlerweile an fast allen Ankerplätzen Netzzugang ist – was sind wir früher gerannt, um mal Mails abrufen zu können. Hier lässt uns unsere Telkomsel SIM-Karte beim Frühstück vor dem Ort Lewoleba surfen. Mit 3G. Schöne neue Welt?! Doch, schon…
Wir wissen übrigens durchaus, wo wir sind, falls jemand über unsere Winlink-Position grübelt, aber ganz klar ist uns noch nicht, wie die Bezeichnungen hier sind; die Insel heißt jedenfalls Lembata, der Ort hier firmiert auf Plakaten wahlweise als Lewoleba wie auch als Lembata. Der größte Ort im Inselinneren heißt so, wie die Seekarte es anzeigt, Pulau Kawula, aber das bedeutet wiederum „Insel Kawula“. Versteh’s einer…. Sagen wir einfach;: Lomblen. Das ist eine der Inselsprachen (von 6, sehr seltenen). Beim Frühstückssurf auf 3G finden einen SPIEGEL-Artikel über ein eher urtümlich anmutendes „Geschäft“ auf genau dieser Insel. Lest selbst!
Als wir am Dienstagmorgen vor Lembata ankamen, brannte ein Buschfeuer am ersten angepeilten Ankerplatz im Süden der Insel, und da AKKA von Australienstaub und Kupang-Dreck schön genug abgekriegt hatte, war die Entscheidung leicht, noch 15 sm weilter nach Norden zu rücken.
Vor Lewoleba liegen noch 3 Yachten, wir legen uns dazu; die Bucht ist weit und voller Fischerboote am Strand, hinter uns, am Nordende der Bucht erhebt sich der Vulkan Lewotolo, der sich täglich sein Pfeifchen ansteckt und vor sich hin schmökt. Abends kommt aus der Tiefe der Bucht noch eine Yacht gefahren und vervollständigt das kleine Ankerfeld, das sich aber über ein paar Hundert Meter verteilt. Das geht dann so: „.. hey, AKKA! Saw you in Ile des Pins last year!“. Ooops. Wer ist das denn? Peinlich – wer ist denn … aah, es dämmert! “ … how are the new knees?! Or was it hips?“ QUIKSILVER aus England, mit frischen Ersatzgelenken.
Der nächste Tag vergeht, wir waren immer noch nicht von Bord; bis auf einen Australier sind die anderen abgesegelt, als am Nachmittag neue Segel am Horizont auftauchen. Eins, zwei, fünf… „… ich glaub‘, die Rally kommt!“ Und sie kam. Gestern waren es dann an die 20 Schiffe in der Bucht, und das will etwas heißen, denn mittags gibt es hier eine mehr als kräftige, thermische Brise plus Tidenstrom. Als wir vorgestern vom Markt kamen, bemühte sich gerade GIGGLES um eine Ankerposition, und das dauerte – als wir uns am Abend an Land trafen, beichtete Ben, bei uns an Bord gewesen zu sein, weil wir augenscheinlich auf Drift gegangen waren. Mitnichten – aber alle Boote machen in diesen Tagen am Nachmittag die unglaublichsten Bewegungen, und das in einem beträchtlichen Schwell, der sich rasch aufbaut. AKKA „segelt“ am Anker auf und ab, stoppt kurz vor dem benachbarten Katamaran auf, dreht, segelt zurück, bis auf wenige Meter an GIGGLES heran. Dann ist
die dran – gleiches Schiff, gleiches Verhalten (vielleicht segeln wir ein bisschen besser mit unseren Relingskleidern, Bimini, Moskitonetzen und Windhutzen…). Ein paar Minuten später ist sie weit weg – und auf shakehands-Distanz mit dem Nachbarboot im Norden. Nervenaufreibend. Ganz zu schweigen von meiner Wäsche, die konstant versucht, sich in den starken Böen von der Leine zu stürzen.
Da ist es an Land doch ungleich netter. Zunächst mal die Leute – so nett und höflich die Polynesier immer waren, die meisten Kontakte waren Reaktionen auf unsere Kontaktversuche. Hier ist das anders – die Leute sind hemmungslos freundlich, oder, in aller Freundschaft hemmungslos. Wir haben auf dem Markt schallend gelacht, über unsere gegenseitigen Sprachunkenntnisse oder auch nur einfach so, weil ich Bananen kaufen wollte. „Hey Mister!!, „Hey! Missus!“ – das wird einem demnächst vielleicht mal auf den Keks gehen, aber bislang ist es sehr lustig.
Mein erstes Indonesien-Reiseziel ist seit gestern abend erreicht, ich habe Ikats gesehen, und ich werde mir die gleich nochmals anschauen. Das kam, weil wir als nicht-Rally-Teilnehmer das Feld auffüllten. Um 16 Uhr war „Empfang“ durch Inselgouverneur und Tourismusbeauftragten angeordnet, mit persönlicher Begrüßung, Pandanuskopfschmuck und Palmwein-Schluck. Danach waren wir „zugelassen“. 100 Kinder der Grundschule tanzten für uns – die meisten in Ikats gehüllt, sehr schön anzuschauen und von anderen Schulkindern offensichtlich neidvoll betrachtet. Danach „Karneval“ durch’s Dorf – eine rechte Hatz, weil das Leitfahrzeug eine etwas andere Vorstellung von Schrittempo hatte als die Seglermeute, aber immerhin konnten wir mal winkend an ebenso winkenden Zuschauern vorbeiziehen. Da das Ganze sich im Vorfeld des morgigen Nationafeiertages abspielt, wurden wir auf das Festfeld geleitet, wo in ein paar Zelten „handicraft“ ausgestellt war, und da waren sie dann. Nicht so augenfällig wunderschön farbige, aber an einem Stand waren wirkliche Kunstwerke zu sehen – man muss nur genau hinschauen. Die Ikats hier sind überwiegend erdfarben bis schwarz, das
Gewebe fasst sich eher grob an. Es gibt welche für kleines Geld, ab 70.000 Rupien ungefähr, und ich gehe meiner Lieblingsbeschäftigung nach und erkläre Leuten, die es nicht wissen wollen, die Welt. Oder eben Ikats, für einen deutschen Segelgast auf einer anderen Yacht: die Kette wird nämlich zweimal geschoren, das erste mal nur zum Färben. Dazu werden die Muster mit Bast fest abgebunden, so dass sie keine Farbe annehmen. Aufbinden, nächstes Muster, nächste Farbe… und dann muss man sich diese feinen Fitzelmuster mal angucken! Kein Wunder, dass ein guter Ikat, vielleicht auch noch ein Sarong für den mächtigen Bauch eines noch mächtigeren Menschen, bis zu einem Jahr braucht. Ich bin fasziniert. Auf einer Leine an der Wand hängen weitere. Der einfache Sarong, so wie man ihn an vielen der
Festgäste sieht, ist einer, der oben gestreift ist (das ist ja schon Arbeit genug!) und unten eine mehr oder weniger breite Musterborte hat, je breiter, desto wertvoller. Mir geht ein Licht auf: je besser gestellt ein Mensch ist, umso aufwändiger gemustert kann der Ikat sein, und so hängen dann an der Wand auch welche für schlappe 15 Millionen. Mich erinnert das an Tonga, wo Ta’Ovalas zum Familienvermögen gezählt werden (und eines der Hauptobjekte für Diebstähle sind). Meckert da jemand über Couture-Preise? Indonesier können das auch. Relativ. Einen schlichtes, schlauchförmig gewebtes Stück Stoff für einen geraden Rock, oben gewickelt, gibt es für … 800 Euro. Oder 1.000. Ich werde die Damen aus dem Bergdorf heute noch einmal heimsuchen…
Abends gab es dann noch Reden und die Teilnahme an einem Tanzfestival mit 7 „acts“. Ganz ähnlich Polynesien: Bilder aus dem täglichen Leben, Kriegstanz, Palolowurm-Fischen, Frauen beim Sammeln von Ton für die Krüge. Während mein Nachbar zur Rechten ungeduldig auf’s Buffet wartet, stöhnt Ben, zur Linken: “ … so ein Tanz kann Stunden dauern!“. So schlimm war es dann nicht, und es war auch schön anzuscahuen. Und das Buffet war lecker.
Jetzt: Neuer Gang durch’s Dorf – mal sehen, wer unseren Besuch heute „sensationell“ findet!











