Ausflüge

Medana bay: Plastikmüll von den Gili Islands

Berufsverkehr in Medana Bay: Plastikmüll von den Gili Islands

Denpasar. 27.9.2014

Ehe die Erinnerung an Lombok im Sumpf der stets neu hereinflutenden Eindrücke versinkt, gibt es wenigstens ein paar Schlaglichter.


AKKA hängt immer noch an einer Mooring in der Medana Bay Marina, das klingt ja schon fast bombastisch, ist es aber nicht wirklich, es ist einfach, nett und bequem.  Es gibt zwar ein paar Liegeplätze an einem kleinen Steg, aber da die Bucht nach Norden völlig offen ist, läuft manchmal Schwell herein, die Schiffe tanzen dann an den nicht besonders stabilen Fingern; so ist die Mooring schon ganz angenehm, AKKA dreht sich im Strom oder auch im Wind nach Belieben. An Land hat eine indonesisch-
britische (?!) Familie ein schlichtes Restaurant (plus Hotel), wo man auch essensmäßig ganz gut (und günstig) aufgehoben ist (bis auf… die gebackene Banane, die ist, ganz indonesisch, mit Käse bestreut).
Was tut der moderne Segler an einem Ankerplatz zuerst?! Aufklaren?  Quatsch… er guckt, wo es Internetzugang gibt, böse Zungen behaupten, dass so mancher Segler auch den Ankerplatz danach aussucht. Scheiß was auf die Korallen oder die Flachs, Hauptsache die Signalstärke stimmt!  Machen wir auch. Ein bisschen. Hier in Indonesien sollte Internetzugang kein Problem sein, das merkt man auch daran, wie oft ich es erwähne –  wir haben dazu unsere gut aufgeladene SIM-Karte der Telkomsel. Nur zeigt die seit Tagen schon nur noch 300 MB an, damit kommt man nicht weit, und die zur Not erworbene Zweit-SIM gibt keinen Pieps mehr von sich, wir haben nämlich den Akku unseres Mobile Routers geschlachtet. Da muss man nicht lange fragen, was zu tun ist – meine Lieblingsstationen in indonesischen Städten sind die Telkomsel-Büros und GRAPARIs, und in Lomboks Hauptstadt Mataram gibt es so etwas.  Auf den Bus!  Der schraubt sich kurz hinter Medana den Berg hinauf, es geht in den Urwald, man merkt es an zahllosen Makaken, die mit verschmitzten, bärtigen Gesichtern am Straßenrand lauern. Wir vermuten, dass sie auf freundliche Müllgaben der indonesischen Auto- und Busbesatzungen warten. Schokoriegel alle?! Zack! Aus dem Fenster mit der Verpackung.  Flasche  leer?! Hinaus!  So sieht das aus hier.  So sieht es wirklich aus!  Der Bus kurvt und ächzt auch bergab durch’s Grün und nach 1 1/2 Stunden hat uns die Zivilisation wieder. Zunächst werden mal an einer Stadtrandtankstelle die 18 20 l-Kanister mit Diesel befüllt, die zwischen den Fahrgästen und dem Fahrer gestapelt sind. Wat mutt, dat mutt…  Der Fahrtbegleiter muss ab und an Hand an die rutschende Ladung legen, aber, naja, „geht schon!“

Der Platz vorn rechts...  Prima, oder?

Der Platz vorn rechts… Prima, oder?

Zivilisation auch insofern, als wir seit Kupang auf Timor nur mehr oder weniger große Dörfer gesehen haben, und Mataram ist eine gestandene Großstadt, mit allem, was dazu gehört, Lärm, Verkehrsgewühl, Geschäfte und, na klar, Telkomsel, die wir im zweiten Anlauf und nach längeren Laufstrecken (Google Maps ist manchmal ziemlich unexakt, was Adressen angeht!) finden. Und hier werden Sie geholfen, liebe, dusselige Anwenderin!  Ich hatte nämlich vergessen,w ie man das Datenvolumen der Karte korrekt abruft, peinlich, peinlich – Sende „ul info“ an 3636, und alles ist klar. Das Datenvolumen für den laufenden Monat ist noch überfett.  Bleibt noch der Mobile Router – da hatten wir auf dem Weg in die Stadt schon einige Lädchen vergeblich belästigt, und auch in der „Mall“ wurde es nichts mit einem Ersatzakku. Nachdem der 4. Telefonkramstand seine Bestände durchgewühlt hatte, entschieden wir uns für einen neuen Router. Immer ein Erlebnis, wenn es nur sehr klapperige Verständigungsmöglichkeiten gibt (und die Bedienungsanleitung Bahasa only spricht).  Aber: es funktioniert.

... nur wenig später!

… nur wenig später! Ich bin begeistert – trotz des Dröppelgesichtes!

Was war das Highlight des Tages? Der HERO-Supermarkt mit sehr vielen länger vermissten Köstlichkeiten , von Blauschimmel-
käse bis Dänische Marmelade…? Oder die abschließende Busfahrt nach Hause?  Eindeutig: Letzteres. Andreas musste schon nach kurzer Zeit auf die Rückbank umziehen, weil einfach zu viele Säcke mit Schlangenbohnen, Knoblauch, Zwiebeln und Pütt un Pann mitfahren wollten. Die Dachlast sahen wir erst am Ziel und plötzlich verstanden wir, warum der Schaffner, der auch in engsten Kurven barfüßig aus der offenen Tür hing (man könnte ja einen Fahrgastkandiidaten übersehen!), so oft argwöhnisch nach oben peilte. Ich konnte derweilen bei den Damen große Erfolge einheimsen, ich habe nämlich die immer wiederkehrende Frage nach punya, Kindern, nicht mit „tidak“ beantwortet, sondern wortlos das Mobiltelefon gezückt und meine Berliner Großnichten und -neffen vorgeführt.  Anerkennendes Lachen, Nicken, Daumen hoch!  Danke nach Berlin, den Trick merke ich mir! Als wir uns an „unserer Moschee an der Ecke“ aus dem voll gepackten Bus gequält hatten, wollte das Winken kein Ende nehmen.
Einen Nebeneffekt hatte die Reise: der Eigner, stets höflich, mochte das Limonadenangebot der Sitznachbarin nicht abschlagen… „… nur ein Teelöffelchen voll“ sei es gewesen.  Na gut. Solche Limonaden werden in obskuren PET-Flaschen mit noch obskurerem Wasser angesetzt, da gereicht schon ein Teelöffel zu einem Tag unfreiwilliger Pause auf der AKKA…

Aber am Montag ging es wieder los.  Wir hatten am Sonntag schon zwei Motorroller bestellt, die uns im Norden der Insel zum Abhang des Vulkanes befordern sollte. Diese Roller sind Eigentum der Dorffamlien, die damit morgens erst die Fahrt zum Markt etc. erledigen und sie danach bei Bedarf verleihen, um sich ein kleines Zubrot zu verdienen (das gleiche Prinzip gilt für die Wäschereidienste, die die Marina anbietet – es wird einfach eine Liste der Familien abgearbeitet, wer mal wieder „dran“ ist mit Geldverdienen).  Leider konnte nur eine Familie ihren Roller entbehren, also musste ich beim Eigner auf den Soziussitz. Ui, je.  Nach ein paar hundert Metern haben wir erst einmal eine Atempause eingelegt, es war mir einfach unheimlich, und auch der Abbruch des Unterfangens wurde kurz in Erwägung gezogen. Aber nach einer Weile hatte ich es einigermaßen drauf:  Prinzip: Körperkontakt und Dranbleiben. In Kurven einfach die Augen schließen und keinen Gewichtsausgleich versuchen. Und wenn ich eben mal die Augen nicht geschlossen hielt, boten sich uns zahllose, unvergessliche, wenn auch nicht dokumentierte Transportbilder.  Am besten gefallen uns die überbreiten Motorradransporte – schwere Säcke, riesige Mengen an Schilf für die Dächer. Lebende und tote Hühner.. Der Kioskbedarf für eine Woche, der Fahrer kann knapp drüber hinausblicken, Lenken nur noch durch Gewichtsverlagerung… Mülltransport. Und dann die Passagiere!  8-Beiner sind eher die Regel, und 10-Beiner keine Seltenheit, Papa, Mama plus 3 Sprösslinge. Die elegante Art, wie frau – mit den langen Röcken oder Sarongs – im Damensitz balanciert (und gestikuliert…) Das Schönste waren die Schülerinnen, die uns entgegen kamen, lachende Gesichter, drei wehende Schleier, drei wehende Schulrücke, die Fahrerin ganz ordnungsgemäß sitzend, und hinter ihr eine mit den Beinen nach rechts, eine nach links – so kann man sich auch gut unterhalten, wenn man durch die Reisfelder saust.

Beim Reisdreschen. Von Hand...

Beim Reisdreschen. Von Hand…

Gesehen haben wir nicht wirklich viel – zu sehr waren wir auf unsere Fahrt konzentriert, ich auf meine Balancetaktik, Andreas hatte alle Hände voll mit dem Rollern zu tun und damit, sich nicht den landesüblichen, schlagartigen Ausweichmanövern auszuliefern. Zum Reisernten haben wir angehalten und um uns in einem Dorf mit Schülern zu vergnügen, von „money, money“ bis „fuck you!“.  Ziel und Lohn der Fahrt war ein vorab vereinbarter Lunch in den

Rinjani Mountain Garden.  Wandereroase

Rinjani Mountain Garden. Wandereroase

Typisch indonesisch: Moto-Tankstelle aus der recycelten Flasche...

Typisch indonesisch: Moto-Tankstelle aus der recycelten Flasche…

The Lombok King of the Road!

The Lombok King of the Road!

Rinjani Mountain Gardens, eine Oase für Rinjaniwanderer, ein gutes Stück weit zum Krater hinauf. Von See weht eine sanfte Brise, die Luft ist schon etwas kühler… Herrlich!  Toni, deutsche ex-Seglerin und Inhaberin des Resorts, erzählte, dass der Rinjani-Track wahllos allen Touristen verkauft wird, aber sie sehe „was alles dort hinauf geschickt wird und wie sie wieder herunter kommen“.  Gut dass wir nicht ernsthaft daran gedacht hatten – zumal ein junges deutsches Paar, die die Wanderung gerade hinter sich gebracht hatten, noch bittere Kommentare zu den Anstrengungen und zur Müll- und Exkrementbelastung des Weges abgaben.  Nix für schlappe Segelrentnerbeine. Und -nasen.   Darüber hinaus: schön sieht der Rinjani auch von unten aus und der Garten war ein einziger Genuss, wie das Fischcurry auch.  Auf den frisch gebackenen Wanderer-wieder-Aufpäppel-Erdnusskuchen haben wir verzichtet, wir mussten ja unsere 50 km wieder zurückbalancieren.

Und jetzt: sind wir schon auf dem nächsten Ausflug. Draußen fliegt Java vorbei. Nach zwei Tagen in Bali sitzen wir im Zug nach Surabaya, heute Nacht kommen wir in Yogyakarta an.  Bis dann!

Lombok!

... so sieht das aus! Fingerlange Kalmare!

… so sieht das aus! Fingerlange Kalmare!

Medana Bay, 23.9.2014

Am Ende von ein paar Tagen Dayhopping entlang der Küste von Sumbawa grüßte aus der Ferne schon der Rinjani auf Lombok.  Wir waren am Nachmittag noch nach Brenti umgezogen, nachdem ein Ankerversuch in Kananga eine merkwürdige Stimmung hinterlassen hatte – man liegt dort, wenn schon nicht auf Legerwall, so doch parallel zum Strand, in zweiter Reihe hinter vielen kleinen und einigen großen Fischern. Es ist Sonntag, das Dorf, das ein Segler als „lovely“ bezeichnet, scheint ausgestorben, dafür reihen sich am Strand bunte Zelte.  Bunt, weil die behelfsmäßigen Zeltdächer aus so vielen Abfallfolien hergestellt sind; Frauen sitzen unter Schattendächern und kochen.  Wir werden das Gefühl nicht los, als seien hier Leute ausgesiedelt worden oder Flüchtlinge untergebracht.

Cumi! Cumi!  Das Kilo für 80.000...

Cumi! Cumi! Das Kilo für 80.000…

Riesenhafte Auslegerboote.  Seespinnen. Andere sagen: Wasserflugzeuge

Riesenhafte Auslegerboote. Seespinnen. Andere sagen: Wasserflugzeuge

Wir schlucken unsere Neugierde und laufen 2 Meilen ums Eck – eine großräumige Bucht, deren nördliche Hälfte jetzt, zum Sonntagabend hin, mit zig kleinen Fischerbooten besetzt ist, die eifrig an ihren Netzen ziehen.  Ankern auf 7 m Sand, vor dem kleinen Fischerdorf, mit, zugegeben, einer ganze Flotte von riesigen, seespinnenartigen Auslegerbooten. Wir geben uns der friedlich-faulen Sonnenuntergangsstimmung hin. KAILANA, die zum Sundowner herüberkommen, berichten, dass sie am Morgen Besuch von einem Fischer bekommen werden, der ihnen „cumi“ angeboten hat, kleine Kalmare – also hängen wir uns an die Lieferung an.  Am Morgen ist es dann nichts mit der Cumi-Lieferung – möglicherweise hat der Fischer das nicht ganz ernst gemeint, aber immerhin tuckern wir mal rüber und gucken uns an, was die „Seespinnen“ anlanden.  Was wohl…  Cumi, cumi, cumi!  Die Frauen sind mit dem Trocknen der Kalmare beschäftigt, die für 2 Tage auf Netzen ausgebreitet werden, und dann für nicht wirklich großes Geld getrocknet nach Lombok verkauft werden.  Warum man diese Art Boote dafür braucht, ist nicht herauszubekommen.  Arrg. Bahasa…
Von Brenti aus ein weiterer Tagesschlag nach Medang. Gennaker-Wetter!  Wenig See heißt wenig Gehopse auf dem Vorschiff, da lasse ich mich dann eher mal zu dem Gennaker-Kraftakt breitschlagen.  So richtig praktisch ist das bei uns an Bord nicht – man muss das jeweilige Solarpanel hochklappen und festzurren, einen Umlenkblock legen, dann liegt auch noch das Dinghy auf dem Vordeck, alles kleine Ausreden (für mich) den dicken Sack in seinem Keller zu lassen. Mein eigentlicher Klemmer ist allerdings die stete Furcht, man könne den Riesenfetzen nicht mehr herunterkriegen – das zog bei manchen Windbedingungen schon ab und zu Gezerre nach sich. Aber den Gennaker nicht zu benutzen würe wirklich schade, und an den beiden folgenden Tagen macht das große Tuch nicht nur Sinn, sondern auch Spaß.  Ich werde mal versuchen, meinen Gennaker-Schweinehund öfter in seine Schranken zu weisen.

Prima zu sehen, oder? Die eine oder andere Überraschung gab es schon...

Prima zu sehen, oder? Die eine oder andere Überraschung gab es schon…

Medang ist reiner Schlafplatz – zu Recht, denn wenn man sich umguckt, was man alles an Fischern und FADs umfahren kann, macht Nachtsegelei hier wirklich keinen Spaß (und wird doch kommen, denn es drohen ab jetzt die längeren Seestrecken.  Pffff.) Wieder das Normalprogramm: Abendessen, schlafen, aufstehen, weitersegeln – von Medang nach Gili Lawang, mit dem halben Rally-Schwanz, wie sich herausstellt: 5 Boote in der kleinen Lagune, die leider nicht zum Bade ladet; dafür machen wir einen kurzen Besuch bei jungen Männern, die Schilf für die Dachdeckung ernten und verladen.

... da will ein Dach gedeckt werden!

… da will ein Dach gedeckt werden!

Aber wirklich nur kurz – die Sandfliegen vertreiben uns ziemlich rasch.  Noch einmal Normalprogramm…  Bis nach Medana Bay, wo wir uns (mühsam) eine Mooring fischen. Dieses kleine Auge  im Nordschwell zu treffen gelingt mir nicht, es fehlt an einer längeren Leine (die die anderen Moorings haben!), die man hochziehen könnte. Während ich vergeblich nach dem Schwedenhaken grabbeln gehe, lässt der Eigner im dritten Anlauf auch noch den Bootshaken fahren bzw. schwimmen – wat ’n Glück, dass Hafenkino immer Zuschauer hat und so kommt „Dash“ mit dem Dinghy, fischt den Haken und reicht mir das Auge hoch.  Geschafft.  Pause.

Bleibt nur, mal im kleinen Strandrestaurant essen zu gehen.  Und doch müssen wir weiter… Der Monsun bricht zusammen, sagt Bil aus Scarborough „take lots of fuel!“  Noch mehr motoren. Toll…

Vulkane und so…

Sangean am Horizont

Sangean am Horizont

Vor der Küste von Sumbawa, 14.9.2014

Ich sag‘ jetzt mal etwas ganz „social media“-Typisches:  „Hach!“ (gern wird auch „hach-mach!“ verwendet – Ihr habt die Wahl).
Wir sind heute früh um 04:30 aufgestanden und ankerauf gegangen.  Der Anker kam trotz Dunkelheit dieses Mal ganz gut , aber er hatte, wie die Sichtkontrolle gestern ergab, auch nur ein bisschen dumm auf dem harten Grund im Korallengeröll herumgelegen; da hat anker keinen Grund sich einzugraben, aber da die Kette einen Halbkreis um einen Felsbrocken gelegt hatte, machte sich die Ankerposition ganz gut. Nix für stärkere Winde, da würde die Nervosität schlagartig steigen, aber wo haben wir hier schon mal stärkere Winde… Leider.  Dennoch, AKKA läuft beständig Richtung Westen an der Küste von Sumbawa entlang, und das ist eben „… hach…“  Zuerst schien der Halbmond – naja, ein bisschen konvex ist er noch – und um 6 ging die Sonne auf, glutrot hinter einem dieser unzähligen Vulkane, an denen wir seit Tagen entlang segeln.  Mal schmöken sie, mal tun sie „wie Tulpe“.  Diese Gegend ist der Sundabogen, und der ist schon etwas Besonderes – es ist die Zone, wo die Australische Kontinentalplatte unter die Eurasische taucht, und das rumpelt in schöner Regelmäßigkeit. Das Weihnachtsfest 2004 ist uns allen in Erinnerung, als das „Boxing Day Quake“, das Seebeben vor Sumatra, den Tsunami überhaupt verursachte.

Gerade türmt sich neben uns der 2.700 m hohe Tambora. Ein wahres Ungetüm!  Er war mal 4.300 m hoch, bis zum 10. April 1815 – über Jahrhunderte hatte er eben „wie Tulpe“ getan und dabei in seinen Magmakammern ein bisschen Druck entwickelt…  Nach dem 10 April 1815 war nichts mehr wie zuvor. Nicht nur, dass es Tsunamis gab, dass es in Batavia, dem heutigen Jakarta, 1.500 km von hier, nach Salpeter stank und es allenthalben Asche und Schwefel regnete  – man konnte die Detonationen bis nach Malaysia und Thailand hören und der Himmel verdunkelte sich weltweit. Dies war der stärkste Vulkanausbruch, seit man mit den Aufzeichnungen begonnen hat, nur der am Lake Taupo, den die alten Lateiner im Jahr 186 registriert haben, war stärker,  und der Tambora war auch der Ausbruch, der die meisten Menschenleben gefordert hat. Er hatte globale Folgen, zum Beispiel, dass im Sommer 1816 noch im Juni in Nordamerika Unmengen Schnee fielen. Missernten, Hungersnöte – das Jahr ging als „das Jahr ohne Sommer“ in die Geschichtsbücher ein.  Dank Tambora.
Aber auch die anderen Jungs hier sind nicht von schlechten Eltern.  Vulkan macht „aah!“, zumindest bei mir.  Leider sind fast alle diese Vulkane nichts zum Wandern „Rentnerstyle“ – man braucht Führer und Träger (dazu sagt der Eigner, freundlich, wie er nun mal ist: „… da haben die bei Dir ja ganz schön zu schlep…“  Nein, ich habe ihn nicht gehauen.)  Genug geschwätzt/geschwärmt. Nächster Vulkanstopp:  Gunung Rinjani. 3.726 m hoch, der zweithöchste in Indonesien und auf Lombok gelegen. Übermorgen.

Hello Mista - heute: Smokey, smokey?!

Hello Mista – heute: Smokey, smokey?!

Völlig unexplosiv dagegen unser Besuch im Ort Wera an der Nordostseite von Sumbawa.  Wir hatten noch ein paar Tage im „Nichts“ von Rinca und Komodo verbracht, da kam der Besuch eines Dorfes, wo man ein bisschen Frischwaren erwarten kann, gerade gelegen. Zwar gab es im Endeffekt nur ein paar Gurken und Bananen – aber sonst… !   Schon von fern sah man am Ufer einen riesigen Holzkasko liegen – Wera ist nämlich auf Schiffsbau spezialisiert. Die Küste ist offen und vielleicht ein bisschen rollig, aber die Insel Sangean mit dem pfeiferauchenden Vulkan Doro Api bietet etwas Schutz nach Nordosten.  Nach einigen Tagen ohne „hello mista“ gab es mal wieder Besuch, dieses Mal die Variante „smokey-smokey!?“ und „money?!“  Da in einigen Aufzeichnungen steht, das die kids hier lange Finger haben, wurde unsere neue Warnanlage geschärft und auch mal das Nötigste an Entwendbarem aus dem Cockpit entfernt.  Wir gehen aber davon aus, dass an Bord zu klettern noch eine andere Nummer ist als mit den Pfoten über die Fußreling zu grabschen oder vielleicht – wie einem anderen Boot geschehen! – die Zahnpasta und Zahnbürste durch’s offene Luk zu angeln. Nach den Sicherungsmaßnahmen also Landgang.  Wir werden gleich von „polis“ bzw. „komiti“ zu 50.000 Rp. Ankergebühr verdonnert, die wir – gegen Quittung übrigens – dank unserer wenig begeisterten Mienen auf 30.000 Rp. drücken können. Ob dieser Typ echt war?! Wir wissen es nicht, jedenfalls gelang es ihm, auch am anderen Ende des Ortes die Gebühren von KAILANA und die LUNA RAY zu kassieren. Allerdings die volle Summe.  Hm. AKKA-Rabatt wahrscheinlich.

Monster im Bau...

Monster im Bau…

Die Nase vom Neubau zieht uns natürlich den Strand entlang, mit viel „salama“ rechts und links. Einer der Bootsbauer fängt uns ab und macht eine kleine Führung zu diesem Frachtschiffbau – leider war wegen des Freitagnachmittags keine aktuelle Arbeit zu beobachten, aber es ist ein wirklich gigantisches Schiff, drinnen fast noch größer anmutend als draußen. Je nach Geldfluss dauert der Bau eines

Holzbau!

Holzbau!

solchen Schiffes, „phinisi“ genannt (ob das war mit dem holländischen Wort Pinas zu tun hat, unserer Pinasse?!) ein bis zwei Jahre. Die Tradtion kommt aus Sulawesi, wo die Bugis sehr berühmte Seefahrer und Bootsbauer waren, aber Bugis gingen eigentlich zum Bootsbauer überall hin, wo es Holz gab. So zum Beispiel nach Wera.

Während die Männer sich dem

Nur ein paar Mal klack-klack, fertig st der Streifenstoff!

Nur ein paar Mal klack-klack, fertig st der Streifenstoff!

süßen Nichtstun hingeben, hören wir anderenorts doch Arbeitsgeräusche.  Aus vielen Häusern und Höfen schallt ein scharfes, hölzernes „klack-klack“.  Frauen bei der Webarbeit!
Und es dauert natürlich nicht lange, bis uns jemand einen Stapel Frisch-Gewebtes vorführt; heute ärgere ich mich schon, dass ich nichts gekauft habe – das wäre immerhin mal ein „Souvenir“-Kauf, der Sinn macht. WIr sind schon fort aus den Ikat-Regionen und beim

Sieht fast aus wie ein Ikat, ist aber keines!

Sieht fast aus wie ein Ikat, ist aber keines! Man beachte die „dicke Lippe“.  Betel

schlichten Streifen- und Karostoff angekommen, aber schön anzuschauen ist die Weberei allemal. Und so mühevoll!  Die angebotenen Stoffstreifen messen um die 80 cm breit und 2 m lang – 400.000 Rp. lautete das Angebot, also 25 Euro. Das mag verglichen mit den Lebenshaltungskosten ringsum und mit den Preisen für Billigstoff im europäischen Handel viel Geld sein – aber das ist der Lohn für einen ganzen Monat Arbeit, so lange brauchen zwei Meterchen…  Die Farben gefallen mir nicht so „hach-mach“ gut, also nehme ich Abstand, aber das Jagdfieber ist erwacht und auf dem weiteren Gang durch’s Dorf sehe ich schon einen in weiß mit schwarzen Streifen, sehr dezent.  Und in Lombok soll die Tradition ja auch blühen…

Das Dorf ist interessant anzuschauen – ausschließlich Stelzenbauten, auffällig viele mit Tonziegeldach.  Manche erinnern entfernt an Fachwerkbau, und farbenfroh gesonnen ist man hier! Abgeschlossene Höfe, kleine Gärten – da wir in den letzten Wochen ja eher die Trockenheit gewöhnt waren, freut sich das Auge.
Kleines Einkaufsabenteuer: Gurken und Bananen.. Wir sind uns mit der jungen Frau fast handelseinig und notieren schon die Zahlen im Straßensand, als die alte Dame des Hauses hinzutritt. Was auch immer sie diskutieren – der Preise für die hässlichen Bananen steigt plötzlich sprunghaft.  Also packe ich sie wieder aus – und die nächste Weberin möchte mir ihre fast schenken.  Der Drang, ordentlich Bahasa zu lernen wächst!

Fachwerkstelzen

Fachwerkstelzen

Kailana-Crew macht einen Gemüse-Auflauf

Kailana-Crew macht einen Gemüse-Auflauf

Auf dem Weg zur Arbeit. Farmboot zum Vulkan

Auf dem Weg zur Arbeit. Farmboot zum Vulkan

Stoffengebot mit Betelnuss unter der Lippe

Stoffengebot mit Betelnuss unter der Lippe

Kleines Phinisi im Bau

Kleines Phinisi im Bau

Mittlerweile sind wir am Tambora vorbei, wir merken es, denn wir sind in der Abdeckung. Der Motor brummt  – wieder einmal, aber es sind auch nur noch 7 Meilen bis zum Ankerplatz.  „Lovely village“ steht in einer Ankerplatzliste. Ob da gewebt wird?

Bis bald vom nächsten Vulkan!

Buaya darat…

Ungewöhnlich. Mehrere Warane auf einem Haufen!

Ungewöhnlich. Mehrere Warane auf einem Haufen. Unter der Rangerküche…

Teluk Ginggo, 8.9.2014

Da sind wir wieder, willkommen zurück im Reich der indonesischen Sprache(n).

Ja, ja, wir haben sie gesehen, die Buaya Darat. Landkrokodil heißt das auf Bahasa (ich hoffe, es ist Bahasa, es könnte auch eine der lokalen Sprachen sein, wer soll sich da noch auskennen). Ich glaube, „ora“ heißt das Tier auf Komodo und wissenschaftlich ein bisschen näher dran ist „biawak raksasa“ – die Riesenechse, denn es sind in der Tat die größten lebenden Echsen. Die Anglophonen sagen einfach „Drachen“ bzw. dragon und wir, korrekt wie wir nun mal sind, Komodowaran, nach dem Gattungsnamen Varanus.
Warane werden auch Monitorechsen genannt, und es gibt eine ganze Anzahl von Waranen auf dieser Welt, allein in Australien sind es an die 30 – aber nirgendwo gibt es größere als hier, im Komodo-Nationalpark. Die Wissenschaft streitet sich fleißig darum, ob es sich um einen Insel-Gigantismus handelt, weil diese Warane auf Rinca, Komodo und den benachbarten Inseln und Inselchen die einzigen großen Räuber sind – sie haben auch keine Fressfeinde außer den eigenen Artgenossen! – oder ob es rezente Vertreter einer Art urweltlicher Echsen sind. Letzteres würde mir mehr gefallen, denn es würde bedeuten, dass sie in direkter Linie von ungefähr 5 Millionen Jahre alten Echsen abstammen und von Australien nach Indonesien geraten sind: man muss sich vorstellen, dass in der letzten großen Eisperiode große Landflächen zwischen Australien und der hiesigen Inselwelt trockenfielen, wo Komodowarane bzw. ihre Vorfahren nach Norden traben konnten; mit dem Anstieg des Meeresspiegels nach der Eis schmelze wurden sie dann auf den Inseln isoliert. Leider haben die meisten großen Echsen – wie viele andere „Riesen“-Arten das Zusammentreffen mit dem Menschen nicht ausgehalten. Aber hier sind sie noch…

Vorsichtshalber mit leichtem Baumschutz fotografiert...

Vorsichtshalber mit leichtem Baumschutz fotografiert…

Vielleicht hat ihnen geholfen, dass sie nicht ganz so wehrlos sind, wie man aus ihrer scheinbaren Schwerfälligkeit schließen könnte. Klar, wenn man ein älterer Waran in den besten Jahren ist, so 30 oder 40 Jahre alt oder älter, 3 Meter lang ist und 70 kg schwer, dann ist man schon ein bisschen rundlich um die Taille und auch schwerfällig, aber die Kraft und die Schläue (tatsächlich! Man hält sie für sehr intelligent!) reichen doch aus, um mit viel Geduld, Spucke sowie etwas Gift aus Unterkieferdrüsen und einer gewissen Beschleunigungsenergie (20 km/h, wenn es sein muss!) zu allerlei leckeren Happen zu kommen. Den potentiellen Opfern, vorzugsweise Mähnenhirschen, lauert man bewegungslos im Gras auf. Wir haben es gesehen – zwar kein „kill“, aber ein Waran, der „völlig unauffällig“ in der Gegend eines Wasserbüffels (!!) herumlag. Langsames Kopfheben, Züngeln (=Riechen), Sichtkontrolle so weit die schwache Sehkraft reicht… Nicht, dass so ein Waran einen Wasserbüffel gleich mit dem ersten Angriff überwältigen würde – vielleicht, mit ganz viel Glück, aber das braucht es auch gar nicht. Richtig waran-lecker ist eine Mahlzeit erst, wenn sie schön gammelig ist. Man beiße die größere bzw. zu große Beute einfach ins Bein – besonders erfolgreich ist die Taktik, dem Opfer einer Verletzung der Achillessehne zuzufügen, das dann schockiert auf drei Beinen davonhumpelt. Und dann tut das Gift sein Werk, oder, wie andere sagen, Keime, die aus der schlechten Mundhygiene der Tiere resultieren, wahrscheinlich beides  – es wird in jedem Fall die die Blutgerinnung behindert, außerdem sollen, sagen menschliche Opfer, Waranbisse saumäßig schmerzen, und unbehandelt endet ein Biss beim Menschen zwangsläufig in einer Sepsis, also sicher auch beim Beitetier, das die Qual nicht lange aushält. Egal, wo sie dann eingehen, der Waran verfolgt sein Opfer. Tagelang, züngelnd – und dann: hmm, lecker, noch 4 km bis zum gedeckten Mittagstisch. Bis zu 11 km sollen Warane Aas wittern können… Und das tun sie. Möglicherweise hat allerdings der eigentliche Übeltäter das Nachsehen, wenn ranghöhere Tiere schneller „zu Tisch“ kommen.

Züngeln, riechen. Feinschmecker unterwegs

Züngeln, riechen. Feinschmecker unterwegs

Kleinere Beute – ein Wildschwein zum Beispiel oder ein unvorsichtiger Makake – geht mehr als schneller Snack weg; man sagte uns, dass ein mittelschwerer Waran ein Wildschwein von fast doppeltem Körpergewicht in einer Viertelstunde verdrückt. Die Beschreibung, wie das vor sich geht, lässt mich an Krokodile denken: reißen, schütteln, schleudern, wobei Warane ihre Beute mit den gewaltigen Krallen fixieren. Was unverdaulich ist, kommt gleich oben wieder raus, und dann kann man eine Weile in der Ecke liegen und der eigentlichen Verdauungstätigkeit nachgehen. Schlangenartig, quasi. Wir sahen auf unserem ersten Gang am Sonnabendnachmittag einen Waran mit einem immensen Bauch, der sich am Morgen wohl an einem kleinen Hirsch gütlich getan hatte. So was liegt natürlich schwer im Magen… Rami hatte versuchte, den Rest des Hirschen vom Morgenfrühstück zu finden, aber da war nur noch der Kampfplatz.

Mami passt auf...

Mami passt auf…

Was wir auch sahen, war ein Waran-Weibchen, die offensichtlich ihr Nest bewachte. 4 unterschiedlich große Löcher auf einer kleinen Waldlichtung, und außer Frau Waran weiß niemand, welches der wirkliche Eingang zum Nest ist. Wenn demnächst die Regenzeit beginnt, wird sie ihre Eier dem Schicksal überlassen: der Regen wäscht dann die Geruchsspuren weg und spült Erde in die Löcher. Nach 9 Monaten schlüpfen dann 20 oder 30 (verwaiste) Warane und flitzen auf die Bäume – dahin, wo Papa oder Mama ihnen nicht folgen können, sehr schlau. Ältere Jungwarane können das schon eher mal, die sind gefährlich, aber es wird auch nicht lange dauern, bis man sich vor den Geschwistern aus demselben Gelege fürchten muss… Die Schule des Lebens!

Nicht alle Besucher (und davon gibt es viele, die allesamt mit Tauch- und Ausflugsbooten in „unsere“ Ankerbucht transportiert werden, ein richtiger Auflauf…) sind hin und weg, das konnten wir sehen – mehr so wie im Zoo: hin, gucken, abhaken.
Aus unserer Sicht: toll anzuschauen, die Landschaft, all die Tiere – vor allem aber, wenn man sie entdeckt, die Warane im trockenen Gras mit ihrer grau-braunen Färbung. Rami, unserem Führer vom ersten Spaziergang durch den Wald, den wir gemeinsam mit Lesley und Phil von der SAGATA und Schwester/Schwager machten, gelang das schon hervorragend, aber da wir angekündigt hatten, auch die „lange Wanderung“ unternehmen zu wollen, hatte man uns für den zweiten Tag Rahman zugeteilt, und der war wirklich ein Wunder an Augenschärfe. Fast gefiel uns der Gang durch die offene, savannenartige, wenn auch sehr trockene Landschaft mit den vielen Palmyrapalmen (aus denen man eine grässlichen Schnaps brennt, den Arrak…) besser als der Waldspaziergang; vielleicht auch, weil wir nur zu zweit mit Rahman liefen – der Wald ist derzeit zwar günstig, um im trockenen Unterholz Tiere zu sehen, aber wegen der Trockenheit auch nicht so ansehnlich. Rahman zeigte uns viele andere Tiere, Hirsche, Büffel, Affen, Vögel. EIn riesiges Bienennest oben in den Baumwipfeln! Und als Sahnehäubche n hatte er auch allerhand aus dem Leben auf Rinca (sprich: Rintscha) und auf Flores zu erzählen, angefangen vom Wert der Wasserbüffel als Brautpreis bis zum neuen Präsidenten als Hoffnungsträger für Indonesien… Zu Besuch bei den Landkrokodilen. Wirklich lohnend!

PS: Andreas hat ein paar schöne Bilder gemacht, aber die kommen erst, wenn es wieder Telefonabdeckung = Internet gibt!

Manuk. Das Huhn

In der Nähe von Teluk Ginggo/Rinja, 8.9.2014

Das Wasser gurgelt unglaublich! Wie in der „Bay of Islands“ in Fijis Lau-Gruppe. Vollmond naht, es strömt schon wie Ochse, und die Flut klatscht unter die ausgehöhlten Korallen am Ufer – ein unaufhörliches Geschwätze und Geschmatze.
Wir liegen hier allein – die große Bucht auf der Westseite der Insel Rinja ist in viele, einzelne Buchteinschnitte geliedert – hätten wir weniger Tiefgang, hätten wir auch noch weiter hinein fahren können. Gestern haben wir uns von der Ranger Station in Lehok Buaya hierher verholt: „die paar Meilen“, 14 genauer gesagt, hätten auch wieder ganz schön lang dauern können, hätten wir nicht mit dem Glück der Dummen die richtige Tide getroffen – hier drinnen schwätzt und schmatzt es, draußen schwurbelt ein gewaltigen Tidenstrom, der uns mit 7-8 Knoten, in Spitzen über 9, nach Süden drückte. Die entstehenden „races“, zu deutsch: Kabbelungen, sind immer ein gewaltiger Anblick, und von der Bootsgeschwindigkeit konnte man auf bis zu 5 Knoten Strom schließen. Äußerst mühsam, wenn man es nicht erwischt! Der Witz ist, dass es heißt, man solle auf den Strom achten, aber niemand kann wirklich genau sagen, in welcher Richtung der Strom wann setzt. Wir jedenfalls waren ges tern mitten im Ebbstrom, und der setzte zwischen Rinja und Padar nach Süden. Punkt.

Abgesehen vom Gurgeln ist es in dieser Bucht wunderbar ruhig – eigentlich der erste der indonesischen Ankerplätze, wo man eine ganze Nacht lang keinen Außenborder von Fischerbooten hörte, kein Licht war zu sehen außer dem Mond. Gestern nachmittag kam mal ein Fischer vorbei, der auch noch „excuse me!“ rief – eigentlich wäre wir es ja wohl, die sich für die Anwesenheit in seinen Fischgründen entschuldigen müssten. Oder war es ein Wilderer? Wir sind hier nämlich im Komodo National Park und seine jungen Begleiter sahen ein bisschen „huuh“ aus…

Unsere Geschäfte in Labuan Bajo hatten wir zum Freitag abgewickelt. Die Visa-Sache war schnell erledigt, ein bisschen umständlich vielleicht – wir wurden am Donnerstag eigens ins „Kantor Imigrasi“ einberufen, damit wir Quittungen für die eingelieferten Pässe bekämen, was man am Vortag versäumt hatte und nun auch gleich wieder vergaß, weil irgendetwas anderes zu bereden war. Aber Freitagfrüh ging alles rasch – Ivan holt uns mit dem Motorkanu ab, hopp! auf die Ojeks, zack! ins Büro, bezahlen (355.000 Rp. pro Nase), kurze Wartezeit mit Unterhaltung durch 3 Volunteers aus Polen und England, die in gleicher Sache vorstellig waren. Nach einer Weile wird Andreas in den „Behandlungsraum“ gerufen, es schallt lautes Gelächter und Gequatsche. Dann ich – Mann, Mann, biometrische Fotos, da mag man (siehe Australien) gar nicht hingucken, aber wenigstens gab es keinen Ausdruck. Fingerabdrücke waren dagegen lustig, sie wirken ja auch nicht entstellend, und ich konnte die Deutsch stunde, die Andreas offensichtlich angefangen hatte, durch Abfragen der neuen Vokabeln weiterführen: „THUMB – DAU-MEN!“ „SA-MEN!?“ „Nein: DAU-MEN!“ „Ah, DA-MEN!“ „No, that’s something different again…“. Als ich fertig bin, hat Andreas schon ein Händchen auf ein Papier gemalt und ein Merkblatt gefertigt: „DAUMEN, ZEIGEFINGER, MITTELFINGER…“ Hängt jetzt in Labuan Bajo an der Wand. Zum Abschluss noch einmal mit dem neuen Visastempel zur Kopierbude an der Straßenecke (wirklich: das Verfahren wie in Griechenland anno 80!) und dann das Ende vom Lied: wir haben Visa bis Anfang November. Prima und nicht mal so zeitaufwändig wie die Vorwarnungen von Lop To und Forty-Two lauteten.

Die oben angeführten Sprachübungen sind aber nicht die einzigen dieser Tage: ich stelle fest, dass ein Grundwortschatz in Bahasa Indonesia (gleich für Malaysia mit) nicht wirklich unnütz ware. Es gab nämlich plötzlich kein Internet mehr, weil das Datenvolumen, das wir für einen Monat in Kupang erworben hatten, aufgebraucht war, nicht zuletzt wahrscheinlich weil wir in epischer Breite Google Earth-Bilder von den Ankerplätzen angeschaut und für die Verwendung in OpenCPN heruntergeladen haben – auch das übrigens ein tagesfüllenden Geschäft mit den Nerven, bis frau es endlich kapiert hatte. Jedenfalls schickte Telkomsel, die indonesische Telefongesellschaft, nun über die international üblichen „Versende 10 SMS und Du gewinnst ein Popkonzert-Ticket, wenn Du XYZ an 1234 sendest“-Meldungen (Inhalt geraten!) auch solche, in denen eindeutig steht, dass wir noch 0 MB übrig haben. Was tun? Ich hatte es so verstanden, dass man mit dem bestehenden Verrag nicht einfach e inen neuen Monat beginnen kann, sondern auftoppen muss. Sprachhürde 1: gehe zur Telkomselbude und verlange ein Top-Up für das Datenvolumen. Nix verstaan, dies- wie jenseits des Tresens (ein „Grapari“, das sind die Telkomsel-Flagships, oder einen großen Telkomselladen gibt es in Labuan Bajo nicht, nur die Kioske verkaufen – unter anderem, Betonung auf „unter“! – Telefonkram). Ich toppe das Telefon mit den in Kupang erworbenen Scratch-Cards auf, was gut funktioniert, und bestelle auf gut Glück das neue Datenvolumen. Sprachhürde 2: Jetzt sagen die SMS, dass der Bestellprozess läuft, aber nicht abgeschlossen ist. So ungefähr jedenfalls – die Volunteers bei der Immigration sind des Bahasa schon ein bisschen besser mächtig (und haben eine Bahasa-App. Neid!). Wie ich das „Ungefähre“ schätze! Sprachhürde 3: neuer Anlauf für ein Volumen-Topup – nach einer jungen Frau, die mich fassungslos anguckt und ein paar Buden weiter die Straße hinunter verweist, finde ich einen jungen Mann, der etwas Englisch spri cht und der mir 500 MB verkauft für 20.000 Rp., umgerechnet 1,30 ‚¬. Prima. Internet läuft. Eine kurze Weile zumindest, aber dann ist Schicht. Fummel, fummel, großes Rumraten, bis der Eigner vorschlägt vielleicht doch mal die internationale Hotline anzurufen. Drei Anrufe – Hotlines! My favourite thing! „… es widerstreiten mehrere Datenvolumina auf Deinem Account!“, „… da stimmt was mit den Einstellungen am Telefon nicht, prüfe mal APN-Name und Netzwerkeinstellungen!“ – braucht es, bis wir am späten Abend herausgefunden haben, dass wir uns bis zum nächsten Tag (nämlich über den Ablauf des ersten Datenvolumens hinaus) warten sollen, und uns dann wieder melden. Das war dann nicht nötig – als ich tags drauf mit der neuen SIM-Karte, die ich vorsichtshalber für den mobilen Router gekauft hatte, an Bord zurückkehre, läuft auch das Smartphone wieder. Es war wohl tatsächlich einfach die Tatsache, dass man das neue Volumen erst nutzen kann, wenn das Abo-Datum verstrichen ist. Immerhin: ich weiß jetzt ein paar wichtige Worte – hari, der Tag; minggu, die Woche; bula, der Monat. Das Jahr wusste ich schon vorher, denn wir mussten schon zum Geburtstag gratulieren: selamat udang tahun! Tahunan – jährlich, bulayan – monatlich… und so fort.

All das hält die AKKAnauten natürlich nur wenig bei Kräften – man muss auch einkaufen, und ein Hauptinteresse lag in der Beschaffung von Fleisch. Der Markt war olfaktorisch schon so auffällig, dass wir lieber erst einmal die diversen kleinen Supermärkte abklapperten. Chicken Nuggets scheinen hier recht beliebt – aber wenn ich mich an die Bilder, die man so auf Facebook sieht, erinnere (eine Nuggetmaschine, wo oben das ganze Huhn reingeht und unten eine rosa Paste rauskommt?!) sind mir klar erkennbare Körperteile doch lieber. Bei „ROXY“ gab es zumindest „Hühnchenflügel scharf“, die wir ebenso testen wie je eine Dose Corned Beef und Corned Chicken. Ersteres: prima! Nachschub wird beschafft! Letzteres… gaah! Nicht nur, dass das Zeug aus der gleichen Maschine zu kommen scheint wie die Nuggetsmasse, nein, dieses Corned Beef hat nicht mal die in Mitteleuropa (und vor allem vom Eigner) als eklig empfundene Eigenschaft, in der Pfanne zu zerfließen – es bleibt unge rührt in der Pfanne liegen und widersteht jedem Versuch, ihm das extrem Mehlige auszutreiben und etwas Knuspriges draus zu machen. Ein Fall für die Tonne.

Am liebsten wäre mir ein ganzes Huhn. Auf dem Weg vom Kantor Imigrasi in die Stadt kommen wir zweimal an Schildern vorbei, die „Ada jual ayam pedaging“ ankündigen. Das klingt gut, aber was ist das für ein „ayam“, ein Huhn? Ein Hühnergericht? Hühnerfutter? Die Chinesin im ROXY kann Auskunft geben – sowohl was es ist, nämlich ein Masthuhn, wie auch eine Quelle: „… zwei Läden weiter!“ Sie meint aber auch, dass ein ayam kampung besser sei, „… die werden nicht aufgespritzt!“. Na, herzlichen Glückwunsch. Die angegeben Quelle erweist sich als Riesenkramladen, in dem in der Auffahrt gerade große Mengen an Eiern (Tropenregel: Eier müssen nicht gekühlt werden!) sortiert werden, wofür auch immer. Wir linsen in die winzige Kühltruhe. „Raus hier!“
Fündig wurden wir in einem Laden, der als „The Winehouse“ firmiert, eine Tochter des Restaurants Mediterraneo, eines der auffälig vielen italienischen Lokale in Labuan Bajo, aber wohl das „Wasserloch“ für westkranke Touristen und Ex-Pats. In der appetitlichen Kühltruhe fanden sich Salami, Rinderfilet, Lammkoteletts, Hackfleisch von vertrauenswürdiger Qualität. Plus ein Joghurt, der als neuer Joghurtstarter herhalten wird. Und wegen des Huhnes verweist uns die Besitzerin 2 Häuser weiter. Im Eingang sitzen Mutter und Tochter Metzgerin. Der Eigner meint: „… siehste, Lebensmittelbetrieb! Hier wird auf Hygiene geachtet!“ – was er meint ist die gegenseitige Haarkontrolle, die gerade durchgeführt wird, aber eine kleine Entlausungsitzung kann einem zu kaufenden „ayam pedaging“ ja nicht abträglich sein. Die Dame zaubert zwei angefrorene Hühner hervor, mit denen ich abzocke. Mittlerweile ist alles im Glas. Wir sind sehr zufrieden mit unserem ayam, auch wenn es nicht „kampung“ ist, ein Bauernhuhn. Den Leuten in Flores ist das sowieso egal – auf manggiara heißt sowieso eines wie das andere: „manuk“. Huhn.

Gack, gack, gack.

Da es vom Huhn zu den Echsen hinüber evolutionsgeschichtlich nur ein kleiner Schritt ist, werde ich mich mit dem Bericht zu den Komodowaranen beeilen!
Mal gucken ob es eine Funkmeldung wird – Winlink wird deutlich dünner und Internet brauchen die Warane nicht!

Labuan Bajo…

Labuan Bajo!  Dämmerung des Massentourismus?!

Labuan Bajo! Dämmerung des Massentourismus?!

Labuan Bajo, 3.9.2014

Soeben mit der Schwester telefoniert, die stand am Frischfischstand in Fischkopp-Town und ließ sich beglückwünschen – alles Liebe nochmals auf diesem Weg, liebe Mücke!  Vom Fischstand in Deutschland ist es für die Assoziation zum soeben besuchten Markt von Labuan Bajo nicht wirklich weit, jedenfalls nicht olfaktorisch.  Wenn die angebotenen Fische am frühen Nachmittag mit suspektem Wasser benetzt werden müssen (ja – nix is‘ mit Eis und so!), dann kann man es sich vorstellen, oder?

Aber Früchte gab es und Salat (den ich in Kaliumpermanganatlösung tunke, also keine Angst vor Sukarnos Rache), und ich werde heute nochmals hinstiefeln, auch wenn es recht weit ist.  Nur Hühner- oder Vierbeinerfleisch habe ich nocht nicht gesehen – und dabei würde ich doch so gern einen kleinen Vorrat einkochen.

Fischer, Fischer, Touristenfischer

Fischer, Fischer, Touristenfischer

Labuan Bajo ist ein witziges Städtchen – aus dem „Lonely Planet“ las ich heraus, dass sich hier „Indonesia’s next big thing“ entwickelt, man erlebe „the dawn of mass tourism“.  Mag ja sein…  Anfühlen tut es sich in der Realität nicht so – es fühlt sich mehr an wie kleine, desolate bis baufällige Inselstädtchen in der Ägais, ungefähr in den 70ern, als die AKKAnauten noch mit ebenso baufälligen Fähren als Backpacker unterwegs waren.  Immerhin, in „LB“ reiht sich wortwörtlich ein Tauchladen an den anderen, oder ein Tauch- an das nächste Komodotour-Lädchen.  Der Hafen ist voller „Touren- und Tauch-Segler“, um die es mehr oder minder gut bestellt ist. In lebhaftem Kontrast zu dem Budencharakter hier unten in Ufernähe („oben“ am Hang gibt es durchaus schon Betongebaude!) stehen die hell im Sonnenlicht glitzernden Blech-Zwiebeln auf den Moscheen.  Dazu muss ich glatt wieder einmal den Lonely Planet zitieren, der das „Green Hill Hotel“, zentral gelegen, in den höchsten Tönen lobt. Geräumig, mit hohen, luftigen Balkendecken… und dem unschätzbaren Vorteil, dass es für den früh aufstehenden Komodotouristen einen kostenfreien Weckruf gibt, von nicht einer, nicht zwei… nein, vier Moscheen. In der Nachbarschaft.  So ist das  hier in Flores, wir können es aus eigener Anschauung bzw. Anhorchung bestätigen. Übrigens sind die größten Muslimgemeinden hier unten am Meer, zum Inselinneren hin konzentriert sich das religiöse Erbe der Portugiesen, gemischt mit ein bisschen Animismus.

Rock auf Ojek... Sehr ziemlich!

Rock auf Ojek… Sehr ziemlich!

Unser Stadtreise gestern hatte außer dem Verlangen nach frischem Obst und Gemüse noch einen weiteren Grund: mit dem anfänglichen 60-Tage-Visum kommt man nicht bis Singapore (na, schon, aber nicht in unserem Tempo), also muss man es verlängern; Verlängerung gibt es auf maximal 180 Tage, und nach den anfänglichen 60 dann im 30-Tage-Rhythmus. Was gibt es Schöneres als auf fremden Behörden herumzuhängen!?  „Foreigners HAVE to bring a red folder!“… „Foreigners have to wear neat trousers!“.  Letzeres hatte ich geahnt – und dem Eigner eine lange Hose für das Kantor Imigrasi verschrieben, ich hatte mir selbst meinen schwarzen Reiserock angetan.  Nicht ganz geahnt hatte ich allerdings, dass der Transport zum Amt auf dem „ojek“ geschehen würde… Heute ist die Wiederholungfahrt dran (bergauf gefahren zu werden hat den Vorteil, nicht schweißüberströmt den netten Officers ins Gesicht schauen zu müssen) – ich werde meine weiten hellen Bermudas tragen, denn wie Rock auf Moto aussieht… Ei, ei…

Auch bei Wassertaxifahrern und dem Hustier gleichen sich die Minen an!

Auch bei Wassertaxifahrern und dem Hustier gleichen sich die Mienen an!

Die Prozedur als solche ist noch nicht abgeschlossen, aber noch sind wir guter Hoffnung und finanziell bringt es uns nicht um: 5.000 für die Ojekfahrt und nochmals 5.000 für 20 Fotokopien und die wichtigen roten Pappmappen.  Macht 0,64 ‚¬ für die Präliminarien.  Leider benötigt man für die Verlängerung des Visums einen eigens an die jeweilige Stelle gerichteten „Einladungsbrief“, den wir natürlich nicht vorweisen konnten, nur

Eine Kupplung namens André

Eine Kupplung namens André

den für das Konsulat in Darwin. Und auch selbst gebastelte Fälschungen scheinen nicht durchzugehen, das zeigen uns gerade zwei Nachbarschiffe…  Also muss uns Rutyasi aus Bali einen neuen Brief schicken. Hat sie getan, haben wir ausgedruckt und damit ausgerüstet werden wir gleich zu Ivan auf’s Motorkanu steigen, der bringt uns nämlich in die Stadt, und der Eigner kann sich an der Technik ergötzen, – zum Beispiel an der Tatsache, dass diese Motoren keine Kupplung haben. Oder doch… die Kupplung (und Kraftstoffpumpe!) heißt André.  Lokalkolorit pur. Mit Waran. Spaßig und spannend.