Vulkane und so…

Sangean am Horizont

Sangean am Horizont

Vor der Küste von Sumbawa, 14.9.2014

Ich sag‘ jetzt mal etwas ganz „social media“-Typisches:  „Hach!“ (gern wird auch „hach-mach!“ verwendet – Ihr habt die Wahl).
Wir sind heute früh um 04:30 aufgestanden und ankerauf gegangen.  Der Anker kam trotz Dunkelheit dieses Mal ganz gut , aber er hatte, wie die Sichtkontrolle gestern ergab, auch nur ein bisschen dumm auf dem harten Grund im Korallengeröll herumgelegen; da hat anker keinen Grund sich einzugraben, aber da die Kette einen Halbkreis um einen Felsbrocken gelegt hatte, machte sich die Ankerposition ganz gut. Nix für stärkere Winde, da würde die Nervosität schlagartig steigen, aber wo haben wir hier schon mal stärkere Winde… Leider.  Dennoch, AKKA läuft beständig Richtung Westen an der Küste von Sumbawa entlang, und das ist eben „… hach…“  Zuerst schien der Halbmond – naja, ein bisschen konvex ist er noch – und um 6 ging die Sonne auf, glutrot hinter einem dieser unzähligen Vulkane, an denen wir seit Tagen entlang segeln.  Mal schmöken sie, mal tun sie „wie Tulpe“.  Diese Gegend ist der Sundabogen, und der ist schon etwas Besonderes – es ist die Zone, wo die Australische Kontinentalplatte unter die Eurasische taucht, und das rumpelt in schöner Regelmäßigkeit. Das Weihnachtsfest 2004 ist uns allen in Erinnerung, als das „Boxing Day Quake“, das Seebeben vor Sumatra, den Tsunami überhaupt verursachte.

Gerade türmt sich neben uns der 2.700 m hohe Tambora. Ein wahres Ungetüm!  Er war mal 4.300 m hoch, bis zum 10. April 1815 – über Jahrhunderte hatte er eben „wie Tulpe“ getan und dabei in seinen Magmakammern ein bisschen Druck entwickelt…  Nach dem 10 April 1815 war nichts mehr wie zuvor. Nicht nur, dass es Tsunamis gab, dass es in Batavia, dem heutigen Jakarta, 1.500 km von hier, nach Salpeter stank und es allenthalben Asche und Schwefel regnete  – man konnte die Detonationen bis nach Malaysia und Thailand hören und der Himmel verdunkelte sich weltweit. Dies war der stärkste Vulkanausbruch, seit man mit den Aufzeichnungen begonnen hat, nur der am Lake Taupo, den die alten Lateiner im Jahr 186 registriert haben, war stärker,  und der Tambora war auch der Ausbruch, der die meisten Menschenleben gefordert hat. Er hatte globale Folgen, zum Beispiel, dass im Sommer 1816 noch im Juni in Nordamerika Unmengen Schnee fielen. Missernten, Hungersnöte – das Jahr ging als „das Jahr ohne Sommer“ in die Geschichtsbücher ein.  Dank Tambora.
Aber auch die anderen Jungs hier sind nicht von schlechten Eltern.  Vulkan macht „aah!“, zumindest bei mir.  Leider sind fast alle diese Vulkane nichts zum Wandern „Rentnerstyle“ – man braucht Führer und Träger (dazu sagt der Eigner, freundlich, wie er nun mal ist: „… da haben die bei Dir ja ganz schön zu schlep…“  Nein, ich habe ihn nicht gehauen.)  Genug geschwätzt/geschwärmt. Nächster Vulkanstopp:  Gunung Rinjani. 3.726 m hoch, der zweithöchste in Indonesien und auf Lombok gelegen. Übermorgen.

Hello Mista - heute: Smokey, smokey?!

Hello Mista – heute: Smokey, smokey?!

Völlig unexplosiv dagegen unser Besuch im Ort Wera an der Nordostseite von Sumbawa.  Wir hatten noch ein paar Tage im „Nichts“ von Rinca und Komodo verbracht, da kam der Besuch eines Dorfes, wo man ein bisschen Frischwaren erwarten kann, gerade gelegen. Zwar gab es im Endeffekt nur ein paar Gurken und Bananen – aber sonst… !   Schon von fern sah man am Ufer einen riesigen Holzkasko liegen – Wera ist nämlich auf Schiffsbau spezialisiert. Die Küste ist offen und vielleicht ein bisschen rollig, aber die Insel Sangean mit dem pfeiferauchenden Vulkan Doro Api bietet etwas Schutz nach Nordosten.  Nach einigen Tagen ohne „hello mista“ gab es mal wieder Besuch, dieses Mal die Variante „smokey-smokey!?“ und „money?!“  Da in einigen Aufzeichnungen steht, das die kids hier lange Finger haben, wurde unsere neue Warnanlage geschärft und auch mal das Nötigste an Entwendbarem aus dem Cockpit entfernt.  Wir gehen aber davon aus, dass an Bord zu klettern noch eine andere Nummer ist als mit den Pfoten über die Fußreling zu grabschen oder vielleicht – wie einem anderen Boot geschehen! – die Zahnpasta und Zahnbürste durch’s offene Luk zu angeln. Nach den Sicherungsmaßnahmen also Landgang.  Wir werden gleich von „polis“ bzw. „komiti“ zu 50.000 Rp. Ankergebühr verdonnert, die wir – gegen Quittung übrigens – dank unserer wenig begeisterten Mienen auf 30.000 Rp. drücken können. Ob dieser Typ echt war?! Wir wissen es nicht, jedenfalls gelang es ihm, auch am anderen Ende des Ortes die Gebühren von KAILANA und die LUNA RAY zu kassieren. Allerdings die volle Summe.  Hm. AKKA-Rabatt wahrscheinlich.

Monster im Bau...

Monster im Bau…

Die Nase vom Neubau zieht uns natürlich den Strand entlang, mit viel „salama“ rechts und links. Einer der Bootsbauer fängt uns ab und macht eine kleine Führung zu diesem Frachtschiffbau – leider war wegen des Freitagnachmittags keine aktuelle Arbeit zu beobachten, aber es ist ein wirklich gigantisches Schiff, drinnen fast noch größer anmutend als draußen. Je nach Geldfluss dauert der Bau eines

Holzbau!

Holzbau!

solchen Schiffes, „phinisi“ genannt (ob das war mit dem holländischen Wort Pinas zu tun hat, unserer Pinasse?!) ein bis zwei Jahre. Die Tradtion kommt aus Sulawesi, wo die Bugis sehr berühmte Seefahrer und Bootsbauer waren, aber Bugis gingen eigentlich zum Bootsbauer überall hin, wo es Holz gab. So zum Beispiel nach Wera.

Während die Männer sich dem

Nur ein paar Mal klack-klack, fertig st der Streifenstoff!

Nur ein paar Mal klack-klack, fertig st der Streifenstoff!

süßen Nichtstun hingeben, hören wir anderenorts doch Arbeitsgeräusche.  Aus vielen Häusern und Höfen schallt ein scharfes, hölzernes „klack-klack“.  Frauen bei der Webarbeit!
Und es dauert natürlich nicht lange, bis uns jemand einen Stapel Frisch-Gewebtes vorführt; heute ärgere ich mich schon, dass ich nichts gekauft habe – das wäre immerhin mal ein „Souvenir“-Kauf, der Sinn macht. WIr sind schon fort aus den Ikat-Regionen und beim

Sieht fast aus wie ein Ikat, ist aber keines!

Sieht fast aus wie ein Ikat, ist aber keines! Man beachte die „dicke Lippe“.  Betel

schlichten Streifen- und Karostoff angekommen, aber schön anzuschauen ist die Weberei allemal. Und so mühevoll!  Die angebotenen Stoffstreifen messen um die 80 cm breit und 2 m lang – 400.000 Rp. lautete das Angebot, also 25 Euro. Das mag verglichen mit den Lebenshaltungskosten ringsum und mit den Preisen für Billigstoff im europäischen Handel viel Geld sein – aber das ist der Lohn für einen ganzen Monat Arbeit, so lange brauchen zwei Meterchen…  Die Farben gefallen mir nicht so „hach-mach“ gut, also nehme ich Abstand, aber das Jagdfieber ist erwacht und auf dem weiteren Gang durch’s Dorf sehe ich schon einen in weiß mit schwarzen Streifen, sehr dezent.  Und in Lombok soll die Tradition ja auch blühen…

Das Dorf ist interessant anzuschauen – ausschließlich Stelzenbauten, auffällig viele mit Tonziegeldach.  Manche erinnern entfernt an Fachwerkbau, und farbenfroh gesonnen ist man hier! Abgeschlossene Höfe, kleine Gärten – da wir in den letzten Wochen ja eher die Trockenheit gewöhnt waren, freut sich das Auge.
Kleines Einkaufsabenteuer: Gurken und Bananen.. Wir sind uns mit der jungen Frau fast handelseinig und notieren schon die Zahlen im Straßensand, als die alte Dame des Hauses hinzutritt. Was auch immer sie diskutieren – der Preise für die hässlichen Bananen steigt plötzlich sprunghaft.  Also packe ich sie wieder aus – und die nächste Weberin möchte mir ihre fast schenken.  Der Drang, ordentlich Bahasa zu lernen wächst!

Fachwerkstelzen

Fachwerkstelzen

Kailana-Crew macht einen Gemüse-Auflauf

Kailana-Crew macht einen Gemüse-Auflauf

Auf dem Weg zur Arbeit. Farmboot zum Vulkan

Auf dem Weg zur Arbeit. Farmboot zum Vulkan

Stoffengebot mit Betelnuss unter der Lippe

Stoffengebot mit Betelnuss unter der Lippe

Kleines Phinisi im Bau

Kleines Phinisi im Bau

Mittlerweile sind wir am Tambora vorbei, wir merken es, denn wir sind in der Abdeckung. Der Motor brummt  – wieder einmal, aber es sind auch nur noch 7 Meilen bis zum Ankerplatz.  „Lovely village“ steht in einer Ankerplatzliste. Ob da gewebt wird?

Bis bald vom nächsten Vulkan!

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