Pangkor, 28.1.2015
Nachdem schon zweimal gefragt wurde, ob denn der alte Holzmichl noch lebt und eben noch ein Weckruf aus Bremerhaven kam („… lange nix gehört…“), hier die wichtige Nachricht: Ja, er lebt noch!
Und er lebt nicht nur, er ruft aus diversen Orten des Schiffes sein freundliches „tschakk-tschakk-tschakk“, will sagen: auch wenn wir ihn nicht gesehen haben, gibt es einen Gecko an Bord, der herumlaufen kann. Entweder hat die ambulante Geckopflege ihn mit Hafthaarsocken versorgt, oder die Heilung ist rasch vorangeschritten. Ein klopfendes Geräusch von Gekko-Krücken haben wir jedenfalls nicht gehört. Wir sind sehr zufrieden mit dem Rekonvaleszenten!
Sonst gibt es nichts Wesentliches zu berichten. Es ist halt Marinaleben angesagt, eher langweilig für Außenstehende. Leer wird es hier, die meisten sind Richtung Langkawi und Thailand aufgebrochen. KIRA ist endgültig verkauft, Beate und Detlev nach Deutschland gedüst, die KIRA selbst schon nach Norden aufgebrochen, man bastelt derzeit in Langkawi. Währenddessen wächst mein Projekt Dinghycover. Wir werden dieser Tage das Klettband auf die Dinghywülste aufbringen, und dann kann man die letzten Anpassungen vornehmen, damit das neue Kleid auch schön körpernah sitzt. Das Projekt nahm deutlich mehr Zeit in Anspruch als in der Anleitung bei Cruiser’s Wiki avisiert („… you can do it in one day, I prefer two days, cutting on day 1, sewing the other…). Ersetze „Tag“ durch „Woche“, dann rücken wir schon näher an die Wahrheit. Jeden Tag ein bisschen schont auch die Nerven der Schneiderin und damit die des Eigners. Insgesamt ging es mit nur einem größeren Tiefpunkt ab – die Erkenntnis, dass ich das Schnittmuster, um zu einem faltenarmen Schnitt zu gelangen, in mehr Einzelteile zerlegen muss als geplant, musste wachsen. Bild folgt, sobald die Antifaltenkur am neuen Cover gewirkt hat! Glücklicherweise lag für ein paar Tage Claude mit der CARIAD neben uns; eine CoFranzosin nannte sie: La Championne! Das ganze, frisch refittete Boot übersät mit großen und kleinen, grünen Überzieherchen, alles selbst genäht, und gekrönt vom perfekten Dinghycover. Claude bewahrte mich – hoffentlich – vor einer Fehlfunktion, die ich schon anderswo gesehen und gefürchtet hatte: nicht haftendes Klettband auf Hypalon. Dabei ist die Lösung ganz einfach: man kauft sich PVC-Material, schneidet Streifen, näht das Klettband drauf und klebt dann PVC auf Hypalon. Toi, toi, toi. Die Klettstreifen sind fertig, es darf geklebt werden.
Nächsten Montag gehen wir aus dem Wasser, so haben wir entschieden, besser: so hat die Marinamannschaft entschieden, denn um hier aus dem Wasser zu gehen braucht man „richtiges“ Hochwasser, also den nächsten Vollmond. AKKA bleibt während unserer anstehenden Landreise an Land, und Mr. Chong aus Penang wird sich um unsere Fußreling kümmern – was mich wiederum etwas bekümmert, denn es wird doch eine neue aus Teak geben, aber die alte wird nun zusehends dünner, es ist noch die originale aus den 80ern. Materialalternativen gibt es keine – wie wird das in Europa gemacht, wo Teak ja mittlerweile mehr oder weniger aus dem Handel verbannt ist?
In Vorbereitung dieser Arbeiten müht sich der Eigner über’s Deck und entfernt Beschläge – da hängt doch eine Menge Zeug dran, nicht zuletzt und im wahren Wortsinn unser Sonnensegel, das hier unabdingbar ist. Mir schwant schon Heißes, wenn nicht Böses, für die Zeit „ohne“, denn über mangelnde Wärme können wir nicht klagen. Ich radele regelmäßig „in die Stadt“ und kann ein Lied davon singen. Besonders lustig ist diese Fahrt – für die Grundversorgung reicht das Rad wirklich aus! – wenn einem auf der Motorradspur der 4-spurigen Schnellstraße der Vorderreifen platt geht und keine Luftpumpe zur Hand ist. Nach einem Moment des Zweifels – wat nu‘, wohin, soll ich die Kiste zusammenklappen und ein Taxi anhalten?! – habe ich mich für „einfach weiter“ entschieden. Station 1: sehr schöne, indische Auto“werkstatt“, mehr ein offener Werkschuppen im Garten unter Bäumen, der ältere Mechaniker, der mir Luft für den nächsten Kilometer spendete, hatte ein schmieriges Binti auf der Stirn und rechts und links neben dem Reparaturobjekt, einem marode aussehenden Altauto, schmökten die Räucherstäbchen. Trotz erster Hilfe aus dem Kompressor muss man bis zur rettenden Tanke doch ein Stück schieben, aber danach stellt sich heraus, dass der Besuch der indischen Wunderwerkstatt schon wirkt: die zweite Luftfüllung hält, und zwar bis heute. Also, liebe Leute – im Zweifelsfall Werkstatt mit Schrein und Weihrauch, wir schwören jetzt drauf. (Eine eher weltliche Lösung des Rätsels scheint zu sein, dass Andreas am Vortag einen Defekt am Schlauch geflickt hatte, mit diesen modernen, selbstvulkanisierenden Gummipflastern, die ohne Klebstofftübchen auskommen, und der Luftdruck aus der Füllanlage hat nun für den richtigen Andruck gesorgt…). Leicht verunsichert suchte ich nun nach einem Fahrradladen; Mopedläden gibt es wie Sand am Meer, nur einer, der eine adäquate Luftpumpe bietet, das war schwer… jedoch ist der Tauchgang in die Tiefen der Läden und Lädchen von Sitiawan schon Selbstzweck genug. Was frau da alles zu sehen kriegt: Möbel scheußlichster Art, Fußreflexzonenmassagebuden, Friseure, Pütt un‘ Pann. Ein Genuss. Natürlich gab es irgendwo eine Fußluftpumpe aus allerneuester, chinesischer Produktion, Andreas hat später daheim gleich den Handgriff lose in der Hand. Der Händler meinte: „Flickzeug? Nein, das haben wir nicht mehr – hier: neuer Schlauch!“.
Das Gegenprogramm zu diesem wirklich endlos erscheinenden Konglomerat von eher ärmlichen Shops sind die Supermärkte von Aeon, Giant und Tesco. Da gibt es so ziemlich alles, was das Herz begehrt, mit leicht südostasiatischem Touch, will sagen: es ist alles süß! Auch das Milchpulver ist, wenn man nicht aufpasst, gesüßt, igitt! Ein Kaffee „no sugar“ heißt hier: es wird kein Löffel zusätzlich zur übersüßen Grundmischung zugefügt. In der Fleischabteilung kauft man so lange Hühnchen und Büffel, bis man die non-halal-Abteilung entdeckt… Mit Salamis und „Bratwurst Munich“, hergestellt aus „special meat“ oder auch „German Lamb“ genannt, oink, oink!, bewaffnet geht es die 10 km zurück. Zwingender Stopp: Straßenverkaufsstelle für Bananen, Papaya, Pomelo, Melonen. Ein Paradies, und ein nettes dazu, der junge Mann freut sich schon, wenn ich mein Rad auf der gegenüberliegenden Seite abstelle. Kurz vor der Einfahrt nach Pangkor Marina Island noch der Gemüsehändler mit dem frischen Salat, und eine Bogenbrücke später ist die Einkaufsradeltour beendet. Hilfe! Bitte was zu trinken! Das nächste Mal nehme ich eine Trinkflasche mit – es gibt nämlich Wasserautomaten an der Straße. Sehr praktisch. Und das Wasser ist ungesüßt…