Singapur, 19.8.2015
Eine Woche voll Luxus. Kleiner Luxus. Wiener Würstchen, französischer Käse, norwegischer Lachs und so. Wir liegen im RSYC, wie gehabt, dieses Mal ungefähr an SANUKs Platz, weiter drinnen. Wegen des allgemeinen Hafenschwells und insbesondere dem durch die Taxiboote erzeugten hatte uns der freundlcihe Bootsmann der benachbarten ADAMO (erinnert sich jemand? Salvatore Adamo! Italo-Belgian Schmalz à la Inshallah! Aber der isses nicht…) angeboten, doch eine direkte Leine von unserer Mittschiffsklampe zu ihm zu legen. Nun sind wir ja Besserwisser und haben lieber eine Spring an Land gelegt – und das wäre auch schön was geworden mit ADAMO: so ein Motorochse macht unglaubliche Bewegungen, der hätte uns glatt die Klampe aus der neuen Fußreling gerissen. AKKA dagegen liegt stoisch im Gewackel, wie immer. Es geht doch nichts über Bauchgefühl und Besserwisserei.
Am Montag kamen wir zur Lunch- (und Gewitter-)zeit am Western Quarantinepoint an den Sisters Islands an, ich hatte noch schnell eine „5“ gebaut, dazu eignet sich das „K“ aus dem Flaggenalphabet. Weiß jemand. wohin ich die originale 5 verlegt habe? Nein? Die braucht man hier: 2 über 5 heißt „crew only“ und 3 über 4 „Passagiere an Bord“. Eigentlich das erste Mal, dass wir überhaupt etwas signalisieren müssen, mal abgesehen vom blauen Peter und der Flagge Q, und Flaggensignale mit Zahlen sind wirklich sehr selten…
Sonntags in der Früh waren wir in Port Dickson losmotort, ja, leider motort, es herrschte, wenn überhaupt, nur Wind von vorn. In der Nacht hatte ich einen schüchternen Versuch gestartet, das Groß zu setzen, aber noch während ich auf dem Besandeck saß und überlegte, ob auch ein Stück Genua not täte, war der Windanfall schon wieder vorüber. Na denn. Es war auch so genug zu tun, denn auf der Backbordseite zum malaysischen Festland hin tummeln sich die Fischer, eine knappe Meile nach Steuerbord zieht die Kette der Tanker und Frachter von und nach Singapur. Irgendein ein frecher Fischer wagt sich weit raus, bis an die Grenze des Verkehrstrennungsgebietes und kommt uns so nahe, dass ich seinen Motor tuckern höre. Ich bin sicher, der hat sich in seinem Fisch-Wahn überhaupt nicht um den anderen Verkehr gesorgt. Muss er ja auch rein rechtlich nicht, aber manchmal wünscht man sich schon, dass die Jungs (Mädels gibt es eindeutig nicht!) Ausguck halten. Bis auf einen kräftigen Gewitterschauer am frühen Abend, der uns für den Rest der Nacht unsere „Deckshaus“-Konfiguration beschert, haben wir schon wieder Glück mit dem Wetter. Es ist zwar bedeckt, das Wetterleuchten über Sumatra reißt erst um Mitternacht ab, aber außer Verkehr rechts und links keine weiteren Sorgen. Na, doch… Die Schipperin wieder mal. In der Annäherung an die Bananeninsel, Pulau Pisang, schreckt sie hoch. Das kann doch nicht sein?! Das ist gar nicht die Bananeninsel, diese Silhouette, das ist schon wieder so eine Kack-Barge mit Holzladung. Déjà vu, vor Borneo, letztes Jahr. Wie lang doch solche Schocks und Navigationsrätsel nachwirken. Natürlich ist es die Bananeninsel, und das kleine Licht, das ich kurzfristig für einen Schlepper halte, ein unschuldiger Fischer, der halt fischt und nicht die Insel im Schlepp hat. Einen Haken habe ich trotzdem geschlagen. Um 3 Uhr morgens eben. Leicht benebelt.
Wer sich fragt, was ich mit Deckshauskonfiguration meine: eine recht heimelige Sache! Wir fahren ja immer noch unser Bimini-Tuch zwischen Hinterkante Sprayhood und Besan, und an das kann man nicht nur am Anker, sondern auch unterwegs die Seitenscheiben anzippen, die ich aus Plastipane genäht habe. Ich überlege während meiner Wache, ob das auch Indian-Ocean-gängig sein wird, das wäre nicht schlecht. Ein Schiff mit Deckshaus! Man lese den VENGA-Blog zu dem Thema. Hat was. Aber wir wollen nicht meckern – eigentlich hat AKKA alles, was man braucht… Von Biminituch über Deckshaus-Fake bis Gecko. Alles an Bord.
Die letzte Woche hatte einen besonderen Moment beschert: wir waren noch einmal in Kuala Lumpur, und endlich waren wir mal die Größten! Jedenfalls in der Schlange der Indonesienvisa-Aspiranten, ganz wortwörtlich. Überhaupt sehr interessant, was man alles zu sehen kriegt. Die unterschiedlichen Arten muslimischer Kleidung zum Beispiel, vom schwarzen Tschador mit Niqab (im AKKA-Jargon „Huh!“ genannt…) und auch äußerst gesittet gekleideten Männern (gern die Pakistanis) bis zu einem schrillen Fall von Jilbab: Acryl-Plateausohlen, hautenge Seidenröhrenhosen, knappes Oberteil, für die Schulter-Arm-Bedeckung sorgt ein knackiges Lederjäckchen, gekrönt von einem knallig gelben Schleiergebilde um ein intensives Makeupgesicht drapiert – schon beim Anblick der engen Klamottenschichten wird mir warm und manchem männlichen Betrachter heiß! Wie sagte gestern Zeina, die Marinamanagerin, zu mir: „… this does not help at all. Das ist einfach unbescheiden…“
Insgesamt hatten aber noch mehr zu gucken. Zum Beispiel die „Huh!“-Dichte im Verhältnis zur Nähe zu den großen Malls zu bestimmen. Ganz klar: je luxuriöser die Mall umso mehr „Huh!“. Oder zu schauen, wie man mit Niqab gesittet speist. Auch interessant. Darf man dann von der Seite die Wange blitzen sehen? Wir fürchten, das war un-„Huh!“
Aber unser Sonntagsausflug galt einem ganz besonderen Ort. Endlich! IKEA Kuala Lumpur. Sind die Ausstellungen auch global immer gleich, die Kunden machen den Unterschied. Sitzmöbel-Lungern ist sehr beliebt bei den Malayen, Matratzenhopsen bei der chinesischen Bevölkerung, aber unermüdliches Schubladenziehen scheint Kinder weltweit gleich zu begeistern. Und dann die Expats! Der europäische Vater mit chinesischer Frau und Kinderschar beim Möbelkauf; über die Nationalität will ich nicht befinden, aber er hatte ein Schreibbrett mit Planskizzen und Listen in der Hand. Vielleicht mitteleuropäisch? Die makellos braun gebrannte Holländerin (bestimmt ein 24h-Freizeit-Tennis-Teint!) sammelt mit der Familie Berge von neuem Geschirr ein. Und so fort.
Ein Blick in den Restaurantbereich hätte gleich Böses ahnen lassen, es war knallvoll. Von dort, der IKEA-bewanderte Leser wird es wissen, geht es abwärts in die Markthalle, wo sich an diesem Sonntagnachmittag die Massen die Einkaufswagen in die Hacken schoben. Wir nahmen die berühmte gelbe Tüte, füllten sie – noch hoffnungsfroh – mit Bett- und Handtüchern, Pfeffermühlen und Ersatz-Trinkgläsern (keine Duftkerzen!) und strebtem dem Ausgang zu. Das Ende vom Lied?! Da blieb doch letztens bei IKEA Kuala Lumpur in der Selbstbedienungshalle ein gefüllter gelber Einkaufssack stehen… Nicht sehr nett. Aber das Lied hatte dann doch noch eine Strophe. Dienstags ist es dort nicht so voll, dafür unterlag der gelbe Beutel dem IKEA-Syndrom, oder wir fielen ihm zum Opfer: ein bisschen mehr als geplant wurde es dann schon. Salatschleuder (ohne Loch und kleiner als die alte), Vorhangstoff… Knäckebrot und Vollkornbrotmischung. Dill-SIld scheint allerdings schlecht zu gehen. Ob das non-halal ist? Die Chinesen jedenfalls lieben die Pepparkakor-Proben, die verschleierten Damen das Softeis! Ein schöner Ausflug! @Kerstin LOP TO – da kannst Du berechtigterweise neidisch werden!
Jetzt läuft der Singapur-Proviant-Run. Und Sim Lim-Tower-Besuch. Und Singapura Plaza zum Aufstocken von Nadel- und Fadenvorräten. Und überall ist SG 50 – Singapur wird 50, ein Stadtstadt in den besten Jahren. Wenn es hier einen Facebook-Like-Daumen gäbe: Singapur kriegt ein Like von mir!
Demnächst geht es weiter. Wie gehabt: irgendwann, wenn das Wetter einigermaßen passt, was es gerade nicht tut. Siehe oben: Wind von vorn bitte nur in moderaten Windstärken.
Ich gehe jetzt Schwimmen. Mein persönlicher Luxus in SG 50.