Mehr Schräges aus Cocos

Im Shire Office

Im Shire Office

 

Port Refuge, Cocos Keeling, 29.9.2015

DSC09491Bevor es zum Schrägen aus Cocos geht, noch schnell ein Blick auf unsere kurze Passage von Java – wir waren nämlich nicht allein…  Wir haben unterwegs gerne Besucher an Bord, und der Tölpelbesuch war besonders erfreulich, weil es zuvor auf diesem Abschnitt wieder einmal eine Seebestattung hatte geben müssen: hatte „unser Gecko“ in der zweiten Nacht noch einmal ein irgendwie empörtes „Ci-cak-ak-ak-ak“  ** von sich gegeben, überraschte mich der Eigner am Folgemorgen mit einem gesperrten Schipperinnen-Sitzplatz: „… guck mal! Da, an der Wand!“  Ach, je, da klebt ein kleiner Gecko. Man versteckt sich unter dem Cockpitpolster und wenn die Schipperin sich niederlässt, nimmt der Druck schlagartig zu. Gefährliches Pflaster, so ein Boot, für kleine Geckos, die Liste der tödlichen Haushaltsunfälle wird länger. Einen Gecko hatten wir noch in Malaysia „gestempelt“ – der hatte unsere Wasser-Isolierhülle als einen geeigneten, schattigen, vielleicht auch angenehm feuchten Ruheplatz ausgesucht. Bis ihm 1,8 l Wasser auf’s Haupt fielen (ich habe es erst gemerkt, als die Wasserflasche „irgendwie merkwürdig“ zu riechen begann). Nicht genug damit: als wir das Dinghy in Cocos auspackten, lag ein weiteres Opfer darin.  Von wegen „der Gecko“. Die Geckos – aber sie sind trotz des harten Lebens ein zähes Völkchen, und eben „der Gecko“ ruft immer noch. Fragt sich, wie das nach 16/17 Tagen Passage in Rodrigues aussehen wird, aber da muss er jetzt durch.

Nach dem Besuch...

Nach dem Besuch…

Egal, vom Tölpelbesuch fühlten wir uns geehrt und berührt. Es ist immer nett, den Damen und Herren einen kleinen Gefallen zu tun, auch wenn es da oben auf dem Besanmast eigentlich fürchterlich unbequem, da schaukelig sein muss.
Allerdings…  Manche Besucher sind dann doch nicht so reinlich wie man sie sich gern wünscht!

Ansonsten genießen wir weiterhin Cocos Keeling.  Wirklich, ein Genuss! Ob man frühmorgens mal entlang der alten Telegrafiekabel schnorchelt, im springtidenbedingten Strom die Algen von der Wasserlinie kratzt und die Anoden begutachtet… es ist eine herrliche und wilde Mischung, die uns umgibt. Das Blau, der Passatwind, der nach den stickigen Äquatormonaten für die willkommene Dauerkühlung sorgt. Das klare Wasser, die kleinen, frechen Schwarzspitzenhaie, die einen neugierig umschwimmen.

World ARC. Der Start Cocos-Mauritius

World ARC. Der Start Cocos-Mauritius

Nachdem am Montag um 10:00 h Lokalzeit ein richtiger Regattastart für 14 Yachten der World ARC zelebriert worden war, hatte sich das Ankerfeld auf 4 Boote geleert, AKKA plus Belgien plus Frankreich plus die Sarah2 aus England (die – kleine Welt! – die Eigner der Sal Darago an Bord hatte, Panamakanalkumpels der AKKA aus 2010).

Wegen der zu entrichtenden Hafengebühr schmissen wir uns in die Regenkutten, legten die Schwimmwesten an und sausten ausnahmsweise mit unserem dicken Außenborder nach Home Island – 3-PS-ig wäre es noch nasser geworden, aber es war unter’m Strich nicht so dramatisch wie kolportiert. Angesichts von Home Island nimmt die Verwirrung weiter zu: wo sind wir hier eigentlich? Rein religiös-kulturell gesehen eindeutig im Malayischen. Die Straßen heißen alle „Jalan“,  es gibt nicht nur eine Moschee und die Damen, die auf den elektrogetriebenen Quads sitzen (ein paar Verbrennungsknäterer gibt es auch!) tragen züchtige Kleidung und Kopftuch. Die Cocos-Malayen sind eine eigene Ethnie, die hier seit den 1830er Jahren ansässig ist, man spricht Bahasa mit einem strengen Akzent – aber man wohnt in einer äußerst aufgeräumt wirkenden Siedlung, mit säuberlich aufgereihten Einheitshäuschen – zumindest zur Front der meist 2-spurigen, gepflasterten  Straßen sehr ordentlich, die Grundstücke sind tief und die Hinterhäuser sind zumindest von der Verwendung her noch eher als „malay“ zu bezeichnen: Werkstatt, Wohnzimmer, Familienküche. Unser Eindruck: könnte auch eine der künstlichen Siedlungen im Red Centre sein.

Pflasterstraßen und Recyclingtonnen

Im Off. Pflasterstraßen und Recyclingtonnen

Könnte aber auch eine Szenerie aus einem etwas unheimlichen Science Fiction Film sein, gleichförmig, unbelebt. Ein paar klischeetypische Australier trappeln durch die Szene („… ha ya goin, mate?“), Straßenarbeiter zum Beispiel, zwei Krankenschwestern. Und im Gemeindebauhof hängen Sicherheitshelme ordentlich gereiht über Stahlkappenschuhen und Neonwesten. „Slow“, „Go“ und „Stop“-Schilder und was man für eine geordnete Verkehrsregelung so braucht; eigentlich braucht man hier nichts dergleichen, aber „Caution, Wet Floor!“ ist einfach unabdingbar!  Was man hier allerdings wirklkich braucht, ist ein ordentlicher Cyclonshelter, und der sitzt denn auch beeindruckend mitten im Ort. auf dicken Stahlstelzen und bis an die Dachkante gepanzert. Ungute Vorstellung, dort hinein zu müssen, zumal man im Fall des Falles gewzungen wird, das eigene Schiff sich selbst und seiner Verankerung zu überlassen…
Ein bisschen schräg ist auch die Historie der Keeling Islands, und dass hier eine malayische Ethnie so isoliert überdauert hat, liegt an den Herrschern über das kleine Atoll. Schiere Kolonialgeschichte, aber in der Version „Clunie-Ross“ – auch bekannt als die „Kings of Cocos“. Diese Kings haben dafür gesorgt, dass ihre malayischen Arbeiter schön unter sich blieben, sie wurden zwar entlohnt, durften aber das vom King geprägte  Inselgeld nur im Inselladen ausgeben, wie nett, das ist so was wie das Perpetuum mobile im Cash-Flow. Kontakte nach außen waren untersagt, Kontakte von außen nach innen (zum Beispiel von der Besatzung der späteren Funkstation!) streng konrtolliert. Als Mitte der 1970er Jahre die UN hier erstmalig anrückte, um nach dem Rechten zu schauen, fühlte man sich ins vorherige Jahrhundert versetzt. Gesamturteil: Sklavereiähnliche Zustände. Die australische Regierung hat den wegen des nachlassenden Koprageschäftes schwächelnden Familienbetrieb der Familie Clunie-Ross übernommen, die Ländereien bröckchenweise aufgekauft und dem Königreich  mit einem Boykott seies Transportgeschäftes den wirtschaftlichen Rest gegeben – 1984 optierten die Einwohner der Cocos Keeling-Inseln dann für den Anschluss an Australien (die Alternative war eine Eigenständigkeit mit definierten Allianzoptionen).  Vielleicht nicht die schlechteste Art, endlich an „Caution! Wet Floor!“-Schilder zu kommen!  Und was muss man dann im Netz lesen? Die Klage, dass der „alte Herr“ ein toller Typ war, denn, heul! „… die Australier erlauben uns den Fang von Schildkröten und Seevögeln nicht mehr“.  Scheint sich aber um eine Minderheit zu handeln – das Dorf sieht aus, als ob die Versorgung mit Recyclingtonnen nicht die schlechteste ist. „Das Dorf“ ist übrigens heute ein Vorort von Perth/Western Australia. 1750 Seemeilen von hier entfernt, der nächste Punkt des Festlandes ist das Northwest-Cape, 1200 Meilen.  Australisch halt.

Ein bisschen schräg übrigens auch der Grund, warum das Atoll zu Großbritannien gehörte, bis Kaiserin Vicky es der Familie für immer übertrug… Es war nämlich einmal ein Kapitän, der hatte den Auftrag, die Cocosinseln im Golf von Burma für das Empire einzunehmen… Man wird sich ja doch mal ein bisschen vertun dürfen, oder?! A propos Empire: die kaiserlich-deutsche Flagge wehte am 9. 11. 1914 nur für 6 glorreiche Stunden.

All das und mehr lernt man im kleinen Museum, für das man den Schlüssel beim Shire-Office erhält.  Schöner Ausflug. Gekrönt vom Besuch im Supermarkt des Dorfes, wahrlich gekrönt, weil am vergangenen Freitag der Versorger da war: Möhren, Äpfel, Kohl… einfach volle Regale.  Wer sagt denn, dass es sich um ein Angebot „wie in einem schwachen Seven-Eleven“ handelt.  Gut für uns.  Ich muss dann mal die frischen Vorräte umlagern. Wegen der Schräglage…

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** Cicak ist Bahasa Indonesia/Malay für „Gecko“. Sehr schön lautmalerisch!

Cocos!

Cocos Keeling

Cocos Keeling

Port Refuge, Direction Island, 27.9.2015

Internet im Paradies… ein bisschen mochten wir es gar nicht glauben und ein ganz kleines bisschen waren wir auch entgeistert. Internet! Hier?!

Aber Kommunikation passt zu Direction Island, denn dieses unbewohnte Inselchen hat Geschichte:  als Kommunikationsbasis, nämlich zunächst als Signalstation, später dann als Telegraphen- und Relaisstation zwischen Australien, Südafrika und dem asiatischen Festland. Und weil wir ja hier zurück in Australien sind, wird uns das auch australisch vor Augen geführt – ich hab’s sicher schon früher mal gesagt, dass ich die Art, wie die Australier ihre vergleichsweise kurze Geschichte aufbereiten, mag. Heritage Trails nennt sich das, und hier ist es erst recht interessant.
November 1914, Erster Weltkrieg. Der deutsche Kreuzer „Emden“ treibt seit Beginn des Krieges recht erfolgreich sein Unwesen im Gelben Meer und im Indischen Ozean und versenkt zwischen August und Oktober 28 feindliche Handels- und Kriegsschiffe. Dann der Versuch, die Telegraphenstation auf Cocos Keeling auszuschalten. Was auch klappt – und wenn man die Informationstafeln liest, beschleicht einen das Gefühl, dass es hier weniger um Macht oder um Kaiser und König ging, als um Soldatenehre: „… wenn sie den Telegraphenturm sprengen, könnten Sie bitte versuchen, ihn NICHT auf den Tennisplatz fallen zu lassen?!“  Wurde prompt erledigt. Ein deutscher Offizier wird mit der Verlautbarung zitiert: „Ve had meny truble wiz your cabels, but ve have left you vun!“  Ist doch nett, ein Kabel haben sie ihnen gelassen. Allerdings hat man den deutschen Landungstrupp im Unklaren darüber gelassen, dass eines der durchtrennten Kabel ein Blindkabel war… Räuber und Gendarm?  Irgendwie schon, aber im Grunde alles, wie das Leben sein soll:  im gegenseitigen Einvernehmen.  Ein wirklich merkwürdiger Krieg, Graf Luckner lässt wieder einmal grüßen. Das Ende vom Lied war allerdings blutig, denn der australische Kreuzer  „Sydney“ hatte einen letzten Notruf der Kabelstation aufgenommen, und es entspann sich ein Gefecht, in dessen Verlauf die „Emden“ in die Enge getrieben und in North Keeling auf Grund gesetzt wurde. 134 Tote auf deutscher, und 4 auf der australischen Seite war das Ergebnis; immerhin, der Kampf endete mit einem schönen Brief vom Sydney-Kapitän Glossop an den Kommandanten der „Emden“, Kapitän von Müller. Ich übersetze das mal:

Geehrter Herr!
Ich habe die Ehre, Sie im Namen der Menschlichkeit zu ersuchen, Ihr Schiff aufzugeben.

Als Zeichen meiner Bewunderung für Ihre Tapferkeit erlaube ich mir, die Situation folgendermaßen zusammenzufassen:
1. Ihr Schiff ist aufgelaufen, 3 Schornsteine und ein Mast sind umgestürzt und die meisten Geschütze sind nicht mehr gefechtsbereit.
2. Sie können diese Insel nicht mehr verlassen. Andererseits ist mein Schiff intakt.

Wenn Sie aufgeben, was, wie ich unterstreichen möchte, kein Ehrverlust, sondern eher als unglücklicher Umstand zu bezeichnen wäre, würde ich alles für Ihre Kranken und Verwundeten tun und sie dem nächsten Lazarett übergeben.

Ich habe die Ehre, sehr geehrter Herr, Ihr untertäniger Diener zu sein.

John A. Glossop, Kapitän

Tja. Fehlt noch die Einladung auf ein Gläschen Port. Und die englische Presse äußerte sich zwar zufrieden mit der Zerstörung der „Emden“, ließ es aber nicht an Lob für die Leistungen von Schiff und Mannschaft fehlen.
Während der Kampf um die Emden tobte, hat übrigens deren 1.Offizier, ein Herr von Mücke, mit dem Landungstrupp einen aufgelassenen, maroden Kopraschoner für ein Fluchtmanöver ausgerüstet, der auf Direction Island lag, und die Besatzung der Telegraphenstation hat begeistert mitgeholfen – entweder, um die Deutschen loszuwerden, oder aus Dankbarkeit für den erhaltenen Tennisplatz. Wer weiß?!
Ein Vierteljahr später war es vorbei mit dem Gentleman War, dann kam Gallipoli.

Als wir vom Sonntagsspaziergang – Kokospalmenhain mit Geschichtsunterricht – zurück sind, gesellen wir uns zu den versammelten Crews der World ARC, die morgen aufbrechen, schnacken ein bisschen deutsch und englisch – ab morgen ist hier wieder Minimalbesetzung, ich denke, es bleiben 3 Yachten übrig, und wir werden mal nach Home Island hinüber tuckern. „Hafengebühr“ ist im Shire-Büro zu entrichten. Den Supermarkt checken. Außerdem gibt es dort ein Museum, sagte der nette Polizist, der uns eingecheckt hat.
Vielleicht ergibt sich noch die eine oder andere schräge Geschichte.

Stadtgänge

Jakarta Fischmarkt. Spaziergang mit Publikum

Jakarta Fischmarkt. Spaziergang mit Publikum

Rakata Kecil, 18.9.2015

Nun sind wir weg von Jakarta und unterwegs nach Cocos Keeling. Zeit, noch ein paar Worte zu Jakarta zu verlieren, ehe alles im Orkus der Vergesslichkeit landet, aus dem bruchstückhaft auch immer noch Episoden aus Singapur auftauchen. Hatte ich eigentlich von Theo berichtet? Ich glaube nicht. Theo ist ein Buchstabendreher, es müsste Teho heißen, und dabei handelt es sich um eine Firma, die sich mit Wasseraufbereitung beschäftigt. Im Zusammenhang mit unserer Wassermachermembranreinigung ergab sich ein unvergesslicher Ausflug dorthin. Es regnete mal wieder in tropischen Sturzbächen. Glücklicherweise hatte ich mein rotes Regencape dabei, das sich in allen Lebenslagen sehr elegant macht. Man fährt mit dem Rad zur Bushaltestelle, wo man es anschließt, klettert in einen Bus nach Clementi, um dort umzusteigen. Das Gespräch mit der benachbarten freundlichen Chinesin hat zur Folge, dass sie eigens für mich einen anderen Bus nimmt, damit ich auch ja an der richtigen Haltestelle aussteige. Beschämend, wenn man bedenkt, wie wir in Deutschland im Allgemeinen mit Fremden umgehen, oder? Jedenfalls danke ich herzlich und renne von der dortigen Bushaltestelle durch den Regen in ein riesiges Industriegebäude, und hinten geradewegs wieder hinaus in die Sturzbäche. Ich klappere – es ist Mittagszeit – diverse weitere Gebäude dieser Art ab; Hausnummern sind Mangelware. Jeder Halt, um GoogleMaps auf dem Tablet  zu konsultieren (offline, ganz schlecht!), macht mich noch nasser, bei diesen Capes weiß außerdem man nicht, ob die Feuchtigkeit von außen oder die von innen das schlimmere Übel sind. Die meisten dieser Industriegebäude haben unten eine Kantine, alle rappelvoll, so dass ich in einer schließlich zwei junge Frauen anspreche, ob sie mir vielleicht mit ihrem (unvermeidlich auf dem Tisch ausliegenden ) Smartphone die wahre Adresse von Teho heraussuchen können. Klar, machen sie mit Freuden, und die wahre Adresse ist dann nicht die von Google angezeigte, sondern genau da, wo ich aus dem Bus gestiegen bin. Wie erfreulich! In dem kleinen Bürovorraum entledige ich mich meiner Flipflops, lasse das nasseCape zu einem roten Nylonhäufchen zusammenfallen und schiebe es unauffällig in die Ecke. Alles tropft. Und schon eilt Cindy heran, Cindy, die mir eine Mail geschickt hatte: “ Dear Andrea – The smallest packaging for the alkaline cleanser is 25 kg“ Super, 25 kg Natriummetasilikat, das reicht für 50 Jahre Membranreinigung. Aber auf dem Fuße war eine Mail von Alvin, dem Geschäftsführer gefolgt: „€¦ es ist uns ein Vergnügen, Euer Leben leichter zu machen. Komm vorbei und hole eine kleine Portion ab, das geht auf€™s Haus€¦“. Wie nett sind die Singapurianer? Zumindest an diesem Tag waren sie alle nett. Das einzige, was ich nicht verstand, war, wie ein solcher Jungspund wie Alvin der Geschäftsführer einer solchen Firma sein kann. Der war ja nicht mal DREISSIG. Egal – alsbald pflückt die dicke, alte Dame von der deutschen Yacht ihr Nylonhäufchen aus der Ecke, schlüpft in die nassen FlipFlops und rückt beglückt mit zwei Flaschen Reiniger ab€¦ Singapur. Sagte ich ja schon. I like it!

Näh-Rikscha. Nein, kein Transport - das ist die wnadelnde Schneiderei...

Näh-Rikscha. Nein, kein Transport – das ist die wnadelnde Schneiderei…

Und nun Jakarta. We like that, too. Allein der Montag nach der Ankunft war sehenswert – eine Kostprobe zeigte ja schon das Bild mit den Ladies von der Quarantäne. Vorausgegangen war der Termin bei der Immigration. Wir lernen: sage zu einem Taxifahrer am Montagmorgen „Tanjung Priok“, und er quittiert mit einem „€¦ oh! Oooh€¦“ , stürzt sich aber dennoch in den Verkehrsstau. Eben nach Tanjung Priok, dem Containerhafen von Jakarta. Es ist ein Bluebird Taxi, immer reell, immer mit Taxameter, wir werden Stammkunden bei diesen mittelblau strahlenden Taxen. 10 km und viel Stop-and-go später finden wir im riesigen Cargo- und Militärhafengebiet ein vergleichsweise winziges Immigrationbüro, das wohl überwiegend der Abfertigung von Crews dient – es versteckt sich zwar im Fährterminal Penambangan, aber die Fähren hier sind alle nationale Fähren, also ohne Passkontrollbedarf. Ein herrliches, leicht abgerissenen Büro! Viele Leute, wie immer in Indonesien, im Gegensatz zu Malaysia übrigens überwiegend männliche Bürobesetzung. Der Officer, der sich mit uns beschäftigt, ermahnt uns streng, dass wir das IMO-Crewlist-Formular benutzen sollen und bedauert wortreich, dass ich den Schiffsstempel (siehe letztes Jahr, Einklarieren in Kupang!) nicht mitgebracht habe. Aber es geht auch so. Ein bisschen Popanz, was alles zu beachten ist, dass wir zum Beispiel beim Abarbeiten der vielen Inseln auf unserem CAIT bitteschön immer zur Immigration oder wenigstens zum Hafenmeister zu gehen haben€¦ Wird gemacht! So gebrieft steigen wir mit gestempelten Pässen in unser wartendes Taxi und rollen bootswärts.

Punkt zwei: Quarantäne. Hattet Ihr ja schon gesehen. Es war ein Bootstermin anberaumt worden, und ich darf in der Ambulanz mitfahren; man wäre zu Fuß fast ebenso schnell und würde sich das lange Vorkühlen des Autos sparen – die Health Clinic ist gleich am Ausgang des Marinageländes – aber Dienstauto ist Dienstauto, und auch dies ist ein Erlebnis. Wieder viel Papierkram und, wie die Bilder zeigen, Frohsinn. So ganz klar ist nicht, was wir zu zahlen haben („€¦ was habt Ihr denn voriges Jahr in Kupang bezahlt?“), aber die 500.000 Rupien sind in Ordnung, und „Due“ Azafarine und Gita und ihr Epidemiologe (Asche auf mein Haupt, ich weiß den Namen nicht mehr!) sind wirklich extrem nett und lustig.

Ts, ts ... all diese Papiere!

Ts, ts … all diese Papiere!

Punkt drei: Zoll.   ach€¦ der Zoll. Bea dan Cukai genannt. Für den Sunda Kelapa-Hafen mit recht wenig Auslandsverkehr ist ein 20-Fuß-Container gegenüber der Moschee in die Ecke gestellt worden. Ich hoffe, die Bilder, die Andreas später beim Ausklarieren gemacht hat, sind nett geworden. Man steigt 3 Stufen hoch, stellt die Schuhe zu den ein bis zwei Paar ausgelatschten Männersandalen und öffnet die Tür: ah, da liegen sie ja schon, die Zollbeamten, auf

Das Gespräch mit Putu klärt alles!

Das Gespräch mit Putu klärt alles!

ihrem Kuschelkissen Was tut frau da? Hockt sich halt dazu, , auf das Stück Auslegeware, das über einen Minions-Spielteppich gebreitet ist. Es gibt zwar einen Schreibtisch, sogar mit einem Bildschirm (TV-Bildschirm gibt es natürlich auch, und der läuft auch!), aber hat man auch mehr Platz zum Ausbreiten der Papiere. Englisch? So gut wie keines. Plan?! Auch nicht so ganz, ich habe das Gefühl, was auch immer ich an Papieren präsentiere ist recht. Clearance von

Behördengang zur Unzeit. Lunch time!

Behördengang zur Unzeit. Lunch time!

Singapore, Registration, CAIT. Wir rufen die Marina an, Putu erklärt mir, dass wir am Tag vor der Abreisewiederkommen sollen, es sei alles prima so€¦ Ja, wirklich? Einklarieren in Indonesien soll doch so kompliziert sein, frage ich mich leise.  Wird schon laufen€¦

Punkt vier, letzte Station: Harbour Master. Noch so ein Klassiker. Mitten in dem Mix aus Baugelände und Frachtcontainern steht ein mit Fahnen geschmückter Turm. Ich werde, es geht langsam auf die Dämmerung zu, von einem knackigen Feldjägerdienstgrad mit weißem Kordelschmuck, allerdings mit leeren Waffenholstern, in Empfang genommen, der mich durch das weitläufige Gebäude schleust, vorbei an Büros mit smartphonenden oder auch nur auf Bänken ruhenden Dienstuenden. Teller mit Fischgräten sind abgestellt (wahrscheinlich hat es hier Katzen…), an den Toilettenräumen steigt gerade ein nur mit Handtuch bekleideter, beleibter Mensch aus dem Duschkabinett; irgendwie anheimelnd. Der Raum der „Coast Guard“, da muss ich hin. Ein Fernseher brüllt. Der Mensch, der mich abfertigt, hat – recht indonesisch, hier heißt man auch gern mal Eisenbahn oder Fahrrad! – den schönen Vornamen Boy Ferry. Darüberhinaus hat er aber keinen Plan, blättert unsere gesamte Dokumentenmappe durch und macht Kopien von allem, was sich nicht wehrt. Ich muss für 15 Bruttotonnen 15.000 Rupien zahlen. Nicht ganz ein Euro Hafentaxe – diese Kohle geht quasi für die ganzen Kopien dahin. Noch dazu wird die Kopierorgie ein Nachspiel haben: AKKA wird am 7.9.2015 ins Hafentaxen-Registerbuch eingetragen, ich hab€™s gesehen und mir glücklicherweise gemerkt – das ist gut, denn beim Ausklarieren findet sich unsere wilde Akte nicht wieder. Ein Büroabenteuer! Übrigens, von Putu, dem Marinamanager, bis zu Boy Ferry – alle, fragen sie: “ €¦ wo/wer ist der Agent?“. Auf unser Kopfschütteln hin zucken ebenso alle mit den Achseln: „€¦ never mind€¦“ oder indonesisch: „€¦boleh, boleh“: Macht nix, ohne Agent ist auch fein.

Pinisis gibt es reichlich, fürwahr.

Pinisis gibt es reichlich, fürwahr.

Unsere Zeit in Jakarta ist natürlich mit weiteren Besorgungen gefüllt, wir machen weitreichende Spaziergänge durch die verblüffende Kluft zwischen arm und reich, zwischen modern und marode. Der Hafen der Pinisis, dieser riesenhaften Frachtsegler der indonesichen Gewässer hat es uns angetan, und auch da wird die Kluft deutlich: von der anderen Seite des Hafenbeckens wachsen immer mehr Hochhäuser auf den Traditionshafen zu. Noch gibt es reichlich Pinisis und entsprechenden Ladeverkehr, aber wie lange noch? Gleich hinter diesem Hafen, der 700 Jahre auf dem Buckel hat, liegen die alten Handelsgebäude der Holländer, des VOC – Batavia war schließich die Hauptstadt der holländischen Ostindienkolonie. Gleich daneben der Fischmarkt, dicht an dicht besiedelt. Wir genießen unseren Sonntagsspaziergang dort. Am anderen Ende gelangt man in nur wenigen Schritten in die Welt von Glas und Beton, Autohäusern und Shopping Malls. Jakarta ist ein Moloch, eine Segelfreundin schrieb: die hässlichste Stadt Südostasiens. Na gut, so richtig schön ist keine der großen Städte, nicht einmal Penang ist wirklich schön, aber interessant sind fast alle, und Jakarta finden wir vielleicht nicht sehens-, aber doch erlebenswert. Nebenbei werden unsere Bemühungen, noch ein paar Dinge für die Proviantkisten nachzukaufen, belohnt. Jakarta hat reichlich „exPats“, und daher hat Jakarta auch Quellen für Knäckebrot und Co. Dass man dabei wieder einmal die schicksten Malls der Stadt besucht und sich über die Käuferschaft wundert, ist ja auch ein Erlebnis. Symptomatisch vielleicht unser Samstagabendspaziergang: zu Fuß zur Emporium-Mall, da soll es ein ACE Hardware-Store geben und die haben Ersatz für unsere zerbrochenen Kiwi-Campingstühle. Gesagt, getan. Von weitem schon leuchtet einem die gigantische „EMPORIUM“-Leuchtreklame entgegen, aber bis man dort ankommt, geht es über Stock, Stein und Schlagloch, entlang stinkender Abwassergräben, an denen sich aber Garküchen reihen. Der ACE-Hardwarestore hatte unsere Stühle dann doch nicht, und auch der dortige Carrefour-Supermarkt war nicht wirklich toll; dafür haben wir über den Straßen von Jakarta gethront, in die glitzernde Neonnacht geschaut, den Verkehr unter uns branden sehen und dabei chinesisch gegessen. So chinesisch wie eigentlich noch nie. Es gab alles, was man gemeinhin nicht mag – und darum haben wir auf unserer gemischten Platte von xy Köstlichkeiten den Quallensalat auch ausgetauscht. Eigentlich schön blöd, wir hätten es wenigstens mal probieren sollen. Nebenbei konnten wir am Nebentisch gehobenes Familienleben beobachten: Dienstpersonal ist kostengünstig in Indonesien, also hat man für jedes Kind ein eigenes Kindermädchen. Nicht dass die Kindermädchen auch etwas gegessen hätten, nee, nee – die-waren nur zum Füttern und Bespaßen da. Überhaupt, Dienstpersonal – noch nirgendwo haben wir so viele feine Hausfrauen mit Dienstmädchen im Schlepptau gesehen, Dienstmädchenuniform inklusive.  Und was der Merkwürdigkeiten mehr sind. Man hätte wirklich nooch Wochen bleiben können.

Aber wir sind schon ein paar Stopps weiter, und obwohl wir uns schon als „unterwegs“ abgemeldet haben, bietet uns der heute Ankerplatz noch einmal Internetzugang.  Raus mit dem Beitrag. Bilder allerdings will der Zugang gerade nicht befördern. Wir probieren’s später noch einmal…

Jakarta-Galerie

Das Quarantine-Team mit Hahn im Korb

Das Quarantine-Team mit Hahn im Korb

Jakarta, 16.9. 2015

Gestern kommt am Nachmittag eine Mail: „Hi, Auntie and Uncle – I thought the latest picture would be sweet memories of your stay in Jakarta…“  Gita schickt uns das Abschlussphoto „Health Inspection“.  Und ich schließe mich mit einem Bilderreigen an. Wir wollen los – nein, eigentlich wollen wir nicht los, man hätte hier, blöd wie wir sind, noch wochenlang bleiben können und sich das Jakarta-Chaos angucken, aber langsam wird’s Zeit.
Ich habe nicht mal die schönen Bilder von Andreas ausgeflöht, sondern nur meine geknipsten als Stellvertreter ausgesucht. Den Rest machen wir noch, und bis wir Sunda Strait „Ausgang“ erreicht haben, fällt mir vielleicht auch noch ein bisschen Text ein.

Hier ist die Galerie „Jakarta“…

Land des Lachens

Dr. Gita und Azarine auf der AKKA. Grünes Buch?! Alles klar!

Quarantine inspection auf AKKA mit Dr. Gita und Azarine . Grünes Buch?! Alles klar!

Jakarta, 15.9.2015

Hier kommt ein Kurzbeitrag, denn ich habe Gita, Doctora der Medizin und unser Quarantine-Officer beim benachbarten Gesundheitsposten versprochen, dieses Selfie vom Einklarierungstermin am letzten Montag (!) einzustellen.

Und weil Jakarta alles andere als einen Kurzbeitrag wert ist, vertagen wir weitere Berichte. Jedenfalls lachen die Leute viel und eigentlich immer nett. Wir lachen auch – manchmal verzweifelt, weil die Unterschiede zwischen arm und nicht so arm so verblüffend sind. Sei es der Spaziergang zwischen Marina (65. Geburtstag von Dr. Ab Sowieso, Dessertbuffet!) durch Hafengelände und vorbei an den Garküchen (lecker) über Abwasserkanälen (nicht so lecker) zur neuen Emporium-Mall… Sei es der Weg vom Silikonhändler, der uns nicht beliefern konnte zur, was sonst, Sentaya Plaza Mall (da soll es Knäckebrot geben!). Letzteres war eine Taxifahrt und leicht verlängert durch ein Konzert, das Bon Jovi zur Unzeit geben musste… Soll vorkommen im Verkehrschaos von Jakarta.

Ich melde mich!

Jakarta

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Batavia Marina, 6.9.2015

Schwierig, die Bloggerei!  Einerseits möchte ich gern, denn es stützt das eigene Gedächtnis. Und ohne Blog ein Tagebuch zu schreiben ist eindeutig nicht meins. Also: weitermachen. (Das war jetzt mal ein richtig schöner doofer Tagebuchvermerk in eigener Sache!)

Wir sind in Jakarta!  Vor einer Woche noch lagen wir vor Lingga, da schälte sich schon heraus, dass die Anreise zur Sunda Strait so mühsam werden würde wie befürchtet, wegen der vorherrschenden Windrichtung. Die Entscheidung, durch die Bangka Strait zu gehen, war goldrichtig, und es ist auch nicht so eng, wie es auf den einschlägigen Karten erscheinen mag. Aber bis Bangka…  Das war mal wieder so eine Nacht!  Wir hatten ab Lingga eigentlich gute Bedingungen – zunächst wibbel-wobbel aus dem Ankerplatz raus und crash-bang um die Ecke durch die auch in Segelführern beschriebenen Tidenverwirbelungen – danach mehr als 12 Stunden gutes am-Wind-Segeln, wer hätte es gedacht. Zur Nacht hin drückte es uns dann doch zu weit auf die flache Sumatraküste; mit hoher Abdrift, die beim abnehmenden Wind nur noch höher wurde, also wurde die Rappelkiste wieder angeworfen. Für ein Weilchen (mit Betonung auf der Verniedlichung) ging es gut, und dann kamen die Stunden, wo man sich fragte, wie man hier wieder raus kommt. Kreuzen fast ohne Wind? Nö. Also Drehzahl erhöhen. Im Endeffekt lief es streckenweise auf dieselschluckende 2.200 Umdrehungen hinaus mit einer resultierenden Geschwindigkeit von vielleicht 2,5 Knoten über Grund, durch’s Wasser Welle runter bissel mehr, Welle rauf? Festgestampft… Nerve wrecking, wie man so sagt. Wir checken, ob wir, wie schon mal in Tonga, ein Fischernetz eingefangen haben; negativ. Als der Strom nachlässt, „geht es so“, aber es gab doch eine Begebenheit, die es sich zu schildern lohnt: Nachts um 2, ein Funzellicht am Horizont, das schön parallel läuft, wir sind ganz wenig schneller, die Schipperin vertraut auf einen lang andauernden, sauberen Überhofvorgang.

Zur Erinnerung: mein Lummerland. Barge vor Borneo

Zur Erinnerung: mein Lummerland. Barge vor Borneo

Was ist’s?!  Der Schipperin Trauma, eine Barge, und die machen einfach, was sie wollen – und richtig, es kommt dazu, dass sie nach unten eilt, den schlafenden Eigner ins Bein kneift und ein „…komm mal rauf, dieser Schlepper kommt mir einfach zu nahe..“ keucht.  Andreas vermerkt hinterher im Logbuch: „… Barge-Schleppverband, der plötzlich seine Richtung ändert und AKKA vor seinen Bug zwingt, bei einer Fluchtgeschwindigkeit von 2 Knoten in der Bremswelle, bei 2.300 Umdrehungen…“ Endlos langsam schiebt sich AKKA über seine Buglinie. Die fahren einfach Schlangenlinien im Strom – könnte man ja langsam wissen, aber man kann kaum vorhersagen, wann und in welche Richtung diese Schlange schlängelt.  Und so fort. Langsam wird es besser. Und mittags sind wir an der Nordwestecke von Bangka, nicht unter dem weltgrößten Zinnschmelzer in Mintok, sondern im Windschatten vor der Küste.

Fischer, Taxibootfahrer - Herz haben sie. Weit, weit draußen.

Fischer, Taxibootfahrer – Herz haben sie. Weit, weit draußen.

Anker. Pause. Die Marinepolizei kommt in einem offenen Motorbötchen vorbei, ziemlich indonesisch, man weiß manchmal nicht, ob man es mit Banditen zu tun hat; Banditen im Zivildress, auf dem Boot, einer schwimmenden Kiste, steht zwar Polisi und einer hat eine „Polisi“-Mütze, wie es sie auf jedem Markt gibt, aber sie schütteln uns – ziemlich indonesisch! – die Hand, und auf unser Kopfschütteln auf die Frage nach „surat“ (=Papiere) hin reichen sie zwei Päckchen Erdnüsse herüber.

Die Fahrt durch die Bangkastraße tags drauf ist eher unspektakulär, Motoren, Motorsegeln. Gegen Abend kommt angesichts aufziehender Wolken die Idee auf, vielleicht eine kurze Schlummerpause einzulegen und um Mitternacht weiter zu fahren, aber der gedachte Ankerplatz ist voller Stelzenhäuser und die Wolke hat sich mit dem allgemeinen Smog (auch hier brennen die Wälder!) vermischt, also weiter. Noch ist der Plan: in Tobo Ali, am Ausgang der Straße, wird es alles geben, was wir wollen, Diesel, vielleicht sogar ein paar Früchte und Gemüse, wirmüssen nur klarmachen, dass wir nicht einklariert sind. Tobo Ali… im Morgengrauen nähern wir uns der extrem flachen Küste. Zig Fischerboote liegen am Strand, ein verfallender Anleger schmückt die Silhouette einer recht großen Ansiedlung, dicht gedrängte Hausdächer, hohe Betonblöcke (Schwalbennestproduktion, sihe Borneo!). Wir kennen den Ort nur via „Osmand“ ** etwas genauer, die Seekarten halten das nicht vor, die Vergrößerung im Google Earth gibt nichts detailliertes her.  Arrgh, wieso war ich so doof mit der Navionics-for-Android-Sache?!

... außer Häusern nichts gewesen. Tobo Ali

… außer Häusern nichts gewesen. Tobo Ali

Wir liegen auf 4 m, weit draußen, und keine Bewegung an Land. Nichts. Doch, an zwei Stellen steigt Rauch auf, aber kein Fischerboot bewegt sich, nichts. Ein Hafenkapitän ist hier nicht zu erwarten, wem soll man das mit der Einklarierung erklären? Manche Berichte „schwärmen“ in solchen Fällen von Stunden bei der Polizei. Die See am Ankerplatz vergleichsweise ruhig, aber es wellt doch so, dass an eine komfortable Dinghyfahrt nicht zu denken ist, schon gar nicht mit Diesellast.  Und wo soll man an Land gehen?!  Wir rufen die Schwester in Bremerhaven an, rufen ein „herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag“ in den Äther und entscheiden: Next stop – Jakarta. Zwei Tage/Nächte später sind wir da. Bemerkenswert: 30 Stunden gutes Segeln inklusive, bis uns in der letzten Nacht die Puste ausgeht.
Der Kinken an der Sache: darauf waren wir nicht wirklich vorbereitet, wir hatten uns keinerlei Detailinformation über Jakarta besorgt, die Segelführer geben nicht wirklich viel her. Aber was wäre der segelnde Mensch ohne funktionierende Landbasis? Also schiebe ich eine Funkmail an die Rasmusse von GIMBOSALA (Schlei) und KASSIOPEIA (Brasilien/Nürnberg) raus – sagt mal, könnt Ihr mir die Kontaktdaten für die Mutiara-Marina in Jakarta ergoogeln? Wir hatten noch nicht „Mittagssuppe“ gerufen, als die Antwort aus Nürnberg da war, sensationell. Gleichzeitig schreibt uns Ruth, die Sekretärin in Bali, die uns das Cruising Permit (CAIT) besorgt hat, dass sie uns Dockmaster Putu in der Batavia-Marina empfiehlt. Die Batavia-Marina ist zwar nirgends verzeichnet und in diesen südostasiatischen Gegenden ist die Stadtentwicklung so rasant und chaotisch, dass die Marina überall sein kann, nach ein bisschen Mailverkehr ist aber auch das geklärt. Die Position, die wir bekommen, ist auch ein bisschen „daneben“, wir zickzacken durch auf Reede liegende Kleinfrachter, gucken uns die Augen aus, versuchen „hilfreiche“ Winker zu ignorieren, aber dann rutschen wir über flachen Schlick in den Kanal, der zur Marina führt. Wir sind die einzigen Langfahrer hier, die Leute indonesich freundlich, ich kann das nicht oft genug sagen. Und nach einem abenteuerlichen Fußmarsch durch die industriell-verslumten Hafenviertel habe ich an einer Straßenecke sogar eine Telefonkarte erstehen können. Szene zuvor: heruntergekommenes Wohnviertel, viele kleine Shops am Straßenrand, einer hat Telkomselkarten in seiner Auslage. Selamat siang. Keine Reaktion, der alte Herr übersieht mich geflissentlich, dann Bewegung: ein junger Mann – Sohn, Enkel? –  knöpft das Hemd zu und stopft es in den Hosenbund. Verlegenes Lächeln: „… doch, die Karten die hier liegen sind Telefonkarten.  Aber die sind alle verfallen!“. Zwei Kilometer weiter. Der Straßeneckenstand, unter der mehrspurigen Betonüberführung, zwischen all den Garküchen und Saftständen, der hat’s. Und eine junge Kundin spricht sogar ein bisschen Englisch, dessen die jungen Verkäufer nicht mächtig sind.  Alles gut.  Durch Abwasserdünste und über die zahlreichen plattgefahrenen Ratten steige ich zurück, sind ja nur ein paar Kilometer (es zog sich, will das sagen).

Batavia Marina, festlich beleuchtet

Batavia Marina, festlich beleuchtet

Abends dann das andere Jakarta. Himmel. „Batavia Marina“ ist ein großer, alter Backsteinklotz, der als Veranstaltungsort dient. Wir schleichen um’s Haus… Andreas verweilt ausdauernd in den Dämpfen der Garküchenstände, im Rauch der BBQs, die zahlreich im Hof des Gebäudes verteilt sind. Hunderte von Gästen, fein gekleidet, feiern eine Hochzeit. Wir nehmen das Dessertbuffet ab. Zugreifen und „zack“, das wäre doch was, und es würde sicher keiner merken… aber wir sind ja nette Besucher und starren nur ein bisschen. Chinesische Familienhochzeit mit vielen malay-indonesischen Freunden des Paares. Andreas kommentiert angesichts der Fülle – an Gästen und an Speisen – : „… der arme Brautvater!“  Arm? Ich bin sicher: genau das nicht!  Jakarta hat schon am ersten Tag zwei Gesichter für mich: ganz arm und ziemlich reich.

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*OSMAND – das ist Open Street Map for Android.  Begegnete mir zuerst bei Radfahrern, die aus Tadschikistan kommend in unserem Dorfhotel in China wohnten und ihre Radreise von Amsterdam aus damit planten bzw. danach navigierten. Ich habe mich in die 5,99‚¬ Unkosten für die Bezahlversion gestürzt. Urteil: absolut genial, egal, ob in Singapur, in Jakarta oder vor Tobo Ali…  Ist nämlich ein Offline-App, die Karten sind kostenlos…