Cocos!

Cocos Keeling

Cocos Keeling

Port Refuge, Direction Island, 27.9.2015

Internet im Paradies… ein bisschen mochten wir es gar nicht glauben und ein ganz kleines bisschen waren wir auch entgeistert. Internet! Hier?!

Aber Kommunikation passt zu Direction Island, denn dieses unbewohnte Inselchen hat Geschichte:  als Kommunikationsbasis, nämlich zunächst als Signalstation, später dann als Telegraphen- und Relaisstation zwischen Australien, Südafrika und dem asiatischen Festland. Und weil wir ja hier zurück in Australien sind, wird uns das auch australisch vor Augen geführt – ich hab’s sicher schon früher mal gesagt, dass ich die Art, wie die Australier ihre vergleichsweise kurze Geschichte aufbereiten, mag. Heritage Trails nennt sich das, und hier ist es erst recht interessant.
November 1914, Erster Weltkrieg. Der deutsche Kreuzer „Emden“ treibt seit Beginn des Krieges recht erfolgreich sein Unwesen im Gelben Meer und im Indischen Ozean und versenkt zwischen August und Oktober 28 feindliche Handels- und Kriegsschiffe. Dann der Versuch, die Telegraphenstation auf Cocos Keeling auszuschalten. Was auch klappt – und wenn man die Informationstafeln liest, beschleicht einen das Gefühl, dass es hier weniger um Macht oder um Kaiser und König ging, als um Soldatenehre: „… wenn sie den Telegraphenturm sprengen, könnten Sie bitte versuchen, ihn NICHT auf den Tennisplatz fallen zu lassen?!“  Wurde prompt erledigt. Ein deutscher Offizier wird mit der Verlautbarung zitiert: „Ve had meny truble wiz your cabels, but ve have left you vun!“  Ist doch nett, ein Kabel haben sie ihnen gelassen. Allerdings hat man den deutschen Landungstrupp im Unklaren darüber gelassen, dass eines der durchtrennten Kabel ein Blindkabel war… Räuber und Gendarm?  Irgendwie schon, aber im Grunde alles, wie das Leben sein soll:  im gegenseitigen Einvernehmen.  Ein wirklich merkwürdiger Krieg, Graf Luckner lässt wieder einmal grüßen. Das Ende vom Lied war allerdings blutig, denn der australische Kreuzer  „Sydney“ hatte einen letzten Notruf der Kabelstation aufgenommen, und es entspann sich ein Gefecht, in dessen Verlauf die „Emden“ in die Enge getrieben und in North Keeling auf Grund gesetzt wurde. 134 Tote auf deutscher, und 4 auf der australischen Seite war das Ergebnis; immerhin, der Kampf endete mit einem schönen Brief vom Sydney-Kapitän Glossop an den Kommandanten der „Emden“, Kapitän von Müller. Ich übersetze das mal:

Geehrter Herr!
Ich habe die Ehre, Sie im Namen der Menschlichkeit zu ersuchen, Ihr Schiff aufzugeben.

Als Zeichen meiner Bewunderung für Ihre Tapferkeit erlaube ich mir, die Situation folgendermaßen zusammenzufassen:
1. Ihr Schiff ist aufgelaufen, 3 Schornsteine und ein Mast sind umgestürzt und die meisten Geschütze sind nicht mehr gefechtsbereit.
2. Sie können diese Insel nicht mehr verlassen. Andererseits ist mein Schiff intakt.

Wenn Sie aufgeben, was, wie ich unterstreichen möchte, kein Ehrverlust, sondern eher als unglücklicher Umstand zu bezeichnen wäre, würde ich alles für Ihre Kranken und Verwundeten tun und sie dem nächsten Lazarett übergeben.

Ich habe die Ehre, sehr geehrter Herr, Ihr untertäniger Diener zu sein.

John A. Glossop, Kapitän

Tja. Fehlt noch die Einladung auf ein Gläschen Port. Und die englische Presse äußerte sich zwar zufrieden mit der Zerstörung der „Emden“, ließ es aber nicht an Lob für die Leistungen von Schiff und Mannschaft fehlen.
Während der Kampf um die Emden tobte, hat übrigens deren 1.Offizier, ein Herr von Mücke, mit dem Landungstrupp einen aufgelassenen, maroden Kopraschoner für ein Fluchtmanöver ausgerüstet, der auf Direction Island lag, und die Besatzung der Telegraphenstation hat begeistert mitgeholfen – entweder, um die Deutschen loszuwerden, oder aus Dankbarkeit für den erhaltenen Tennisplatz. Wer weiß?!
Ein Vierteljahr später war es vorbei mit dem Gentleman War, dann kam Gallipoli.

Als wir vom Sonntagsspaziergang – Kokospalmenhain mit Geschichtsunterricht – zurück sind, gesellen wir uns zu den versammelten Crews der World ARC, die morgen aufbrechen, schnacken ein bisschen deutsch und englisch – ab morgen ist hier wieder Minimalbesetzung, ich denke, es bleiben 3 Yachten übrig, und wir werden mal nach Home Island hinüber tuckern. „Hafengebühr“ ist im Shire-Büro zu entrichten. Den Supermarkt checken. Außerdem gibt es dort ein Museum, sagte der nette Polizist, der uns eingecheckt hat.
Vielleicht ergibt sich noch die eine oder andere schräge Geschichte.

2 Gedanken zu „Cocos!

  1. Klasse Liegeplatz. Nehmt Ihr auf Eurer Reise auch die Seychellen mit? Kann euch ein paar Bilder von dort schicken. Mast und Schotbruch Peter und Christel Kluge

  2. Hi!
    Seychelles. Wäre auch nicht schlecht gewesen – aber angesichts unseres Tempos nicht machbar. Danke für das Angebot!
    Ersatz wird ein Besuch auf Réunion sein oder was sonst noch so am Wege liegt… Die Maskarenen.

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