Von Dar nach Zanzibar

Unseres!

Unseres! Auf Zeit…

Demani Backpackers,  Paje/Zanzibar  –  25.3.2016

Bis 3 (nicht) dabei. Nur gehört haben wir sie, die wilde Bande junger Backpacker, die heute Nacht in unserer Unterkunft abgefeiert haben; das also macht Backpacking aus! Ein junges hippes Paar aus dem Hessischen fragte vor 2 Tagen schon, in welcher Unterkunft die nächsten Party steigt (die Deutschendichte hier ist ungeheuer!) Glücklicherweise dünnt sich die Schar der Reisenden auf Zanzibar jahreszeit(=Regenzeit)-bedingt schon aus, insofern hielt sich dank geringer Größe der Schar der Lärm in Grenzen. Wumm-wumm-Bässe, die durchs Gelände wabern, wie wohl an jedem Donnerstag, die jungen Leute wollen unterhalten werden. Tagsüber gibt es dazu SUP (eine besonders dämliche Fortbewegungsart!… googeln!), Kiten, Schwimmen mit Delfinen, Tauchen…,was das jugendlich-aktive Herz im Gap-Year oder auf dem schnellen Billigflugtrip begehrt  – sehr beliebt: Fluggesellschaften von der arabischen Halbinsel, aber Air Ethiopia kann’s auch. Wir haben trotz Livemusik nach dem BBQ den Kids die Szene überlassen. Klingt alles dramatisch touristisch, ist es aber nicht, nur in kleinem Umfang in ein paar Enklaven entlang des Strandes. Und wir mögen unser „Lokal“. Der Seewind rauscht durch die Tamarisken, in deren dünnem Schatten es etwas kühler ist als an der baren Küste. Um sich nicht die Füße zu verbrennen, springt man durch den heißen Sand von Schattenfleck zu Schattenfleck, wie damals in Kiwayu und Manda Island im Norden Kenyas. Der Wind lässt im Zimmer die Kitengevorhänge wehen, die vor den unverglasten (wohl aber moskitonetzbewehrten) Fensteröffnungen hängen. Gutes Essen aus  arabisch-indisch angehauchter Küche, Passionsfrüchte, Mangos, Kokos, Fisch. Frau kann in einem pipiwarmen Pool planschen, und es gibt, was die Maslow-Pyramide bald noch vor die physiologischen Lebensnotwendigkeiten (Wasser, Essen und Sicherheit, ein schlechter Scherz in diesen Tagen…) stellen wird: WiFi und ausreichend Strom für die Akkus. Ein Backpacker der Luxusklasse; das will auch, wie vieles in Zanzibar, gut bezahlt sein, wir zahlen noch dazu extra für ein eigenes Bad.

Wichtig, wenn man immer Strom haben möchte...

Wichtig, wenn man immer Strom haben möchte…

Dar es Salaam hatte einige lustige Momente. Der frühe Weckruf vom Minarett, ab 7 gefolgt vom konkurrierenden Straßenprediger mit Megafon und viel „amen“ aus dicken Lautsprecherboxen. So liegt man im Bett und fragt sich, wieso  hier die Südafrikanische Nationalhymne gespielt wird. Wird sie nicht. Es ist nur so, dass „Mungu ibaraki Afrika“ die Swahiliversion von „Nkhosi sikekel‘ iAfrica“ ist. Eben die Tanzanische Nationalhymne. Die lutherische Kathedrale mit ihrem deutsch anmutenden Türmchen. Morogoro Street mit reihenweise Technik- und besonders Generatorenhandel, gefolgt von einer Perlschnur von Stoffläden, Kitenge bis einem die Augen weh tun. Ebenfalls lustig und für unsere weitere Reiseplanung überraschend: die leicht selbst-zweifelnde Auskunft am Bahnschalter, dass leider, leider die Bahnverbindung nach Dodoma unterbrochen ist „… but maybe next week!“,  ach, da schwang dann so viel Zweifel mit, dass eine Alternatividee für die Weiterreise her muss.  In dem Meer von Kleinbussen auf der Ausfallstraße ist es schwierig, ein Dalla-Dalla in die richtige Richtung zu finden, nach Ubungo, wo die großen Überlandbusse ins Landesinnere starten, in unserem Fall nach Mwanza am Victoriasee, 1200 km von der Küste. „Landesinneres“ klingt schwer nach Livingstone, nach Sänfte und Trägern, die unsere Rucksäcke auf den Köpfen durch’s Dickicht balancieren würden, aber eigentlich ist das moderne Tanzania doch recht gut erschlossen und die Abholzung für die allgegenwärtigen, elenden Holzkohlefeuer so weit fortgeschritten, dass man häufig recht weit gucken kann. Die Askari aus den guten (?!) alten Zeiten von Deutsch-Ostafrika heißen heute „police“ und die Träger sind Taxifahrer. Wie Habib, der uns nach Ubungo karrt. Der Verkehr ist dicht genug, um reichlich Zeit für Geschichten zu bieten. Über die Geografie Tanzanias, über den südafrikanischen Investor, der gerade ein neues Nahverkehrssystem in Dar installiert, mit separater Busspur und großen  Terminals in den Vororten und unten am Hafen. Da das System zwar fertig, aber noch nicht in Funktion ist, wird derzeit die Busspur abschnittsweise noch von geschäftstüchtigen Anwohnern an die Habibs und Karims dieser Stadt „vermietet“, die ihre Fahrgäste ein bisschen schneller ans Ziel  bringen wollen. Gegen ein paar Shillings wird die abgegrabbelte Absperrschnur – Marke: Kuhseil – abgesenkt. Kann aber sein, dass diese Rechnung ohne den Wirt, in diesem Fall ohne die Verkehrspolizisten an den Kreuzungen gemacht wird. Wir sehen einen solchen, wie er einem Mann, der auf dem Mittelstreifen lungert, eine Autoschlüssel zuwirft. Was war das denn? „…den Polizisten kenne ich; der entzieht einem den Schlüssel für eine Weile, wenn Du die Busspur benutzest!“ Oder für andere Vergehen, Verkehrsstrafe auf der Direttissima, im Sport nennt man das Zeitstrafe. Dumm gelaufen.

Angekommen, schleust uns Habib mit Begeisterung über den Busbahnhof. Das stelle man sich als riesigen Schotterparkplatz vor, auf dem Busse aller Erhaltungszustände auf Fahrgäste warten. Am Rande Schlichtbauten mit knapp garagengroßen „Büros“, wo die Betreiber einer Handvoll verschiedener Buslinien, die Mwanza – für Direktbusse ein eher abgelegenes Ziel – anlaufen, uns ihre Abfahrtszeiten und Mobilrufnummern auf abgerissenen Zeitungsrändern notieren. 15-18 Stunden Bus. Abfahrt um 5, oder wenn man Glück hat, um 6 am Morgen und eine Stunde vorher soll man antreten, dann ist man in der Nacht am Ziel. Klingt irgendwie mühsam… Ob man doch mal Fastjet bemüht?! Zurück in die Stadt. Im Dunklen stolpern wir nach einer kurzen Dusche die Livingstone Road  entlang. Es ist Freitag, es gibt reichlich männliche Passanten mit weißem Hemd und Takke, kleine Jungs tragen reich bestickte Samtwesten (man muss ja zusehen, dass man nicht friert in diesem Klima!). Wir landen in einem pakistanisch-arabischen Restaurant, bei Saft, Wasser und Hühnchen mit gewürztem Reis. Als ich mir die Hände wasche – das Essen mit den Händen hat in diesen Regionen den ungeheuren Vorteil von öffentlichen Handwaschbecken mit Seife. Ohne Geschlechtertrennung! Benötigt man auch nicht so sehr, Frauen sind hier und an diesem Abend  auf der Straße in der Unterzahl, denn sie gehören ins Haus. Denke ich… –  beim Händewaschen also die Standardfrage vom Nachbarwäscher: „Where are you from?“   …  „…was, Sie sind deutsch? Ungewöhnlich, hier deutsche Touristen zu finden, freut mich!“ Geschliffenes Hochdeutsch aus einem schmalen Somaligesicht. „Ach so, Entschuldigung, ich lebe in Frankfurt. Ich bin hier als Tourist, eigentlich aus Djibouti. Hatte ein paar Tage frei. Flughafen! Prima Job!“ Für unseren Reiseweg ernten wir eine gehörige Portion Bewunderung. Und umgekehrt. Reisebegegnungen.

Eine von Zanzibars kunstvollen Haustüren!

Eine von Zanzibars kunstvollen Haustüren!

Unsere Fähre nach Zanzibar geht am Samstagmittag. Schnellfähre, voll bis oben mit Fahrgästen – ob das alles Wochenendgäste sind?  Das kriegen wir nicht heraus, aber etwas anderes: auf Zanzibar finden Präsidentschaftswahlen statt. Die letzten, parallel zu den Festlandswahlen,  wurden wegen Wahlbetruges annulliert, und nun gibt es einen neuen Anlauf. Zanzibar ist ein halbautonomer Teilstaat Tanzanias (=TANganyika + ZANzibar + IA),  und im Archipel möchte man mehr Freiheiten. Gleich der erste Kaffeeverkäufer, bei dem wir an der Uferpromenade die Rucksäcke absetzen und uns  in den Schatten sinken lassen, klagt uns sein Leid:  kein Geschäft heute. Niemand will ausgehen, niemand Kaffee trinken. Vor Unruhen wird gewarnt. Na, da sind wir ja richtig. Bis wir am Dienstag an die Ostküste abreisen, verfolgt uns dieses Wahlgespenst: Sonntag – alles ausgestorben. Montag: Schule? Nö, es sind ja Wahlen. Und immer wieder: „Babu – give me…“ – money, was zu essen, wir sind so aaarm, kauf‘ mir einen hässlichen Anhänger ab… „…ich bin doch nicht von hier und heute sind Wahlen und deswegen habe ich nichts zu essen“.  Oder: ich bin überhaupt nicht aus Tanzania, ich bin aus Nigeria und lebe auf der Straße (Enoch, der Kaffeeverkäufer: „… den kenne ich, der kommt aus dem Gefängnis…  Seid vorsichtig.“). Vom jungen  Enoch bekommen wir eine Lektion in Tanzanischer Geschichte und  Alltagsleben. Wir hatten uns schon gewundert, dass eigentlich jeder, den wir dazu ansprechen, beteuert, vom Festland zu kommen. Zanzibaris scheinen die Ausnahme im Inselarbeitsleben zu sein. Man beguckt sich auch irgendwie … eifersüchtig?

... und kunstvolle Schlösser...

… und kunstvolle Schlösser…

In Zanzibar Citys Altstadt, Stonetown, dessen verwirrende Gassen-Züge wir mehrfach durchschreiten – und dabei stark auf die Aussagekraft von GoogleMaps angewiesen sind; funktioniert aber nur, wo sich die Häuserwände zu GPSfähiger Himmelfläche weiten! – scheint sich der Gelderwerb auf Souvenirverkauf zu konzentrieren, und vielleicht auf „Sitzen“. Aber es sind ja

Zanzibar Food

Zanzibar Food in einem alten Handelshaus

auch Wahlen, das muss man eben aussitzen. Immerhin finden wir einen Schneider, der Andreas‘ lange Hose repariert, und der schwer enttäuscht ist, als ich das Angebot „auch über Nacht!“ noch ein Kitengekleid fertigen zu lassen, ablehne. Ob er Anstoß an meinen Shorts genommen hat?  Rein finanziell jedenfalls ging es ihm nicht so extrem gut, wir mussten für die Anschaffung einer Rolle sandfarbenden Garnes einen Vorschuss von einem Euro leisten, sonst wäre das nichts geworden. Was in etwa der Erfahrung entspricht, dass 80% der Taxis in Zambia und Tanzania mit einem erst einmal zum Tanken fahren, 3, 4 Liter müssen erst einmal reichen. Aber unsere Wanderschaften durch den alten Teil von Zanzibar City hinterließen den Gesamteindruck: sehenswert.

Freudentanz

Freudentanz

Mittlerweile hängen wir aber schon 3 Tage in unserem Backpacker an der Ostküste ab, und ich habe gestern mit kleinen Mädchen einen Freudentanz aufgeführt, zu ohrenbetäubender Musik aus Riesenlautsprechern. Freude über den (immer noch zweifelhaften) Wahlsieg des alten und neuen Inselpräsidenten Shein.  Ein bisschen komisch ist es ja, und dann ist er auch noch von Pemba, dieser Herr, und eigentlich war es auch keine Wahl: CCM ist ohne Alternative aufgetreten, drum gab es auch ein Wahlergebnis von 91,4% pro Shein. Die Gegenpartei ist CUF, die für die Ablösung von Tanzania ficht, und in gewisser Weise möchte sich dann die Insel Pemba noch von Unguja, der Hauptinsel, auf der wir uns gerade befinden, lösen… Nicht so einfach, diese Konstrukt. Hoffen wir mal, dass der neue

Der Festlandspräsident!

Der Festlandspräsident!

Festlandspräsident, John Magufuli, genügend Charisma hat, um zufriedenstellende Lösungen für alle zu finden. In Sachen Korruption und Verschwendung entwickelt er unafrikanisch gute Ideen – zum Beispiel gibt es keine Unabhängigkeitsfeiern, sondern kollektives Unabhängigkeits-Großreinemachen. Seine Amtseinführung, bislang Gelegenheit zu opulenten Gelagen, hat er mit Sandwich und Wasser gefeiert. Sehr enttäuscht hat er auch die Delegation, die schon die Köfferchen für eine „Global Tour of the Commonwealth“ gepackt hatte: die schrumpfte nämlich pötzlich von 50 auf 5 Personen. Irgendwie sympathisch, auch wenn strenge Sparpolitik ja schwerst umstritten ist. Es fragt sich aber, wieviel Autonomie Zanzibar braucht und wieviel davon Tanzania vertragen kann. Sonst gibt es demnächst zwei Schwester-Staaten. Tania und Zania…

Aber bis es so weit ist, sind wir über alle Berge, und ich habe noch ein letztes Mal im Indischen Ozean gebadet, das muss morgen sein. Sonntag geht es nach Mwanza. Mit Fastjet…

TAZARA

MUKOBA Express nach Dar

MUKOBA Express nach Dar

Dar es Salaam, 18.3.2016

Dar es Salaam, Hafen des Friedens. Hafen der ewig rappelnden Stromgeneratoren, überall, dagegen waren die Zambier wirklich Waisenkinder. Hafen der Schlaglöcher, des Verkehrschaos und der lautstarken Religionsvertreter. Wir sind im Cornrad [genau so!] Hotel untergekommen, und Habib, der Taxifahrer, erzählt uns Dar-Klatsch. Zum Beispiel, dass der Besitzer des Hotels schwerreich ist, aus dem Kongo stammt und alles Mögliche besitzt. Mine, Fußballclub, Hotel. Ansonsten erfahren wir mehr über Tanzania. Noch mehr „Afrika“ als Zambia. Wir mögen’s.

Bus Terminal Lusaka

Bus Terminal Lusaka

Am vergangenen Samstag hatten wir schick eingekauft für den Fall einer unfreiwillig verlängerten Bahnreise mit entsprechend schwindenden Vorräten im Speisewagen. Erdnuss-Rosinen-Mix, getrocknete Cranberries und Mangos, dazu Nescafé Cappucino, Babybel, Knäckebrot, Äpfel.
Sonntag dann großes Familienfest bei den Singhs im Garten, erstens hatte Enkeltöchterchen Olivia ihren ersten Geburtstag, zweitens

... es war einmal ein Golf...

… es war einmal ein Golf…

wollten wir noch mehr mit Satwant und Leeanne schwatzen und drittens waren die Relikte der Rallyekarriere des vielfachen Afrikanischen Rallyemeisters zu betrachten. Der gerade ein kleines Comeback plant: die „Zambia International“ noch einmal zu gewinnen, Traum eines 73-jährigen. Leeanne sagt dazu: „…oh, Bossy!“ und lächelt verschmitzt. Und Satwant reibt sich den rundlich gewordenen Bauch: „… die Kilos muss ich bis dahin aber loswerden…“ Und, wie der Techniker unter uns feststellt, er wird den Motorraum des Golf Kitcars einer kurzen Waschung unterziehen müssen. Rein rituell, natürlich. Ein toller Nachmittag, zumal eine Freundin der Familie auch ein paar Berichte aus der nicht ganz so heilen Welt Zambias beisteuert. Ein Schulprojekt innerhalb eines Frauengefängnisses ist zu unterstützen, für die Kinder der Gefangenen, die dort geboren werden oder schon mit einrücken mussten. An Nachwuchs mangelt es nicht: es ist leicht, im Gefängnis schwanger zu werden – die Wärter leisten ihren gewalttätigen Beitrag. Mir bleibt ein bisschen der Geburtstagskuchen im Hals stecken. Das Projekt Mother of Millions hat eine tapfere Zambierin erdacht. Und wurde kürzlich nach China eingeladen – ihre Expertise ist begehrt. Noch Fragen?

Wir beschließen den Abend mit einem Drink in der noch heileren Welt der Reichen und Expats, im Hof des Radisson-Hotels. Fast bei uns um die Ecke. Und wir sind froh, als wir uns in die gemäßigt bescheidene Umgebung unsere Natwange Backpackers zurückziehen können, mit allem Komfort (=manchmal Strom). Montag sieht uns in der Stadt zum Besorgen der Bustickets, „Afrika total“, der Kaffee danach wieder globalisiert, ein kaum vermeidbarer Kontrast. Dienstag wird’s ernst: tschüss, Lusaka! Hello, Kapiri Mposhi. Ein Straßendorf wie aus einem modernen Bilderbuch, das auch südafrikanische Handelsketten abbildet. PEP zum Beispiel. Chinakram für alle. Für den Taxifahrer vom „Power Tools“-Busstopp zur TAZARA-Bahnstation hätte man allerdings besser Bemba sprechen müssen, „Supermarket“ war nicht so verständlich gewesen, „water“ schon, aber ich sehe das aus Südafrika sattsam bekannte „Shoprite“-Zeichen schon von Weitem. Der Fahrer folgt mir auf dem Fuße, obwohl ich doch nur einen Kanister Wasser besorgen will. Ich glaube, ich war eine gute Ausrede, mal diesen „Luxuspalast“ zu betreten. Doch, doch, gut sortiert, der Supermarkt, aber es ist unbestreitbar: unsere Unterkante liegt für viele Afrikaner zu hoch. Nicht nur hier.

Unterwegs mit TAZARA

Unterwegs mit TAZARA

TAZARA Railway Station ist toll. Ein Kopfbahnhof, riesig, heruntergekommen, kein Strom, kein Wasser (was im Bereich der Toiletten zu Belastungen führt…), und leer. 4 internationale Züge und 6 nationale wollen pro Woche abgefertigt werden. Andreas ist von der logistischen Leistung begeistert: da kann nix durcheinander kommen, denn für die internationalen Züge steht je ein Tag zur Verfügung, die nationalen Züge machen dann mit je 2 am Tag richtig Stress.

VIP-Lounge Kapiri Vor Kopf werden gleich die Zambierinnen lagern.

VIP-Lounge Kapiri
Vor Kopf werden gleich zambischen Damen einziehen!

Der Gegenblick: VIP Klo mit Kondomen!

Der Gegenblick:
VIP Klo mit Kondompaket!

Wir hatten ja schon in Lusaka gehört :“… you will enjoy this! New train!“ Wir verlassen die treffliche VIP-Lounge – herrliche, alte Polstersessel, durchgesessen bis aufs Gerippe, dazu ein Klo mit Wasserspülung (!) (wo kommt das jetzt her?) und allem Hygienekomfort, will sagen: statt Klopapier werden Kondome bereitgestellt! Drei zambische Geschäftsfrauen, optisch eher unscheinbar, sorgen für Augen- und Ohrenschmaus, ein Doppelsofa reicht gerade mal für eine, man macht es sich sehr bequem und diskutiert anhaltend und energisch auf Bemba, unterbrochen von Smartphonesitzungen. Es gibt halt immer was zum Gucken.

MItfahrerin!

MItfahrerin!

Zur Abfahrtszeit finden wir in der Tat einen pfuschneuen Zug, seit zwei Monaten im Dienst, eine exakte Kopie unseres Zuges von Guilin nach Peking. CHINA AID macht’s möglich. Eine angenehme Überraschung, denn wir hatten durchaus Gruseliges zum Zustand der Züge gehört. Unserer hat Dining Car, Duschmöglichkeit,  Klopapier auf sauberen Toiletten. Keine Kondomversorgung allerdings. Nette Mitreisende, vom Hamburger Saxofonisten bis zur

Der Zug! Der Zug!

Der Zug! Der Zug!

zambischen Studentin. Am späten Vormittag des zweiten Reisetages nähern wir uns der Zambischen Grenze – je weiter wir in die Nordprovinz vorrücken, umso mehr rostige, verbeulte Waggons auf beiden Seiten zeigen an, dass Entgleisungen an dieser meist eingleisigen Strecke zumindest in der Vergangenheit an der Tagesordnung gewesen sein müssen. Daher die verhaltene Fahrweise? Aber so ein umgekippter Waggon ist natürlich eine prima Arbeitsplattform zum Wäschewaschen, zum Stampfen von Mehl oder Trockenen von Früchten.

EIsenbahn. Ein Traum...

Eisenbahn. Ein Traum …

Wir erfreuen uns an den vielen Kindern, die immer wieder aus dem endlos undunbewohnt scheinenden Grün an die Strecke treten, um die bummelige Vorbeifahrt des Mukuba-Express abzunehmen. Ob da so mancher vom Job als Lokomotivführer träumt? Dar es Salaam! Große weite Welt, zweimal die Woche… Steppkes aller Altersstufen winken hinter uns her. An den Bahnstationen im Nirgendwo wird

Verkäuferin

Verkäuferin

Frischproviant angeboten: Wurzelgemüse, Früchte, flatternde Hühner.
Die Grenzabfertigung geht rasch, zambische Ausreise „zack“, Stempel, tanzanisch rein nur wenig mühsamer, gegen 50 $US kriegt man 3 Monate Touristenvisum.  Anstrengender ist schon das Akzeptieren und Abwehren von zudringlichen Geldtausch- und SIMkartenangeboten. Ab Grenze wird nämlich nur noch

Tansania. Die wilde Seite

Tansania. Die wilde Seite

Tanzanischer Shilling akzeptiert, also fort mit den zambischen Kwatcha, und mit der Eile, die die Händler an den Tag legen, steigt unsere Aufmerksamkeit. So richtig dolle unterscheiden sich die Kurse nicht, und wir kriegen ungefähr was wir wollen. Inklusive Airtel-SIM mit grandiosen 50 MB Datenvolumen. Die sind natürlich mit ein paar Mails und ein bisschen Facebooking ratz-fatz verbraucht, aber glücklicherweise erlaubt die Netzabdeckung ohnehin wenig Kontakt, obwohl wir plötzlich durch dicht besiedeltes Land fahren. Hier schneidet der ostafrikanische Grabenbruch die

Wenn der Bahntag zum Markttag gerät

Wenn der Bahntag zum Markttag gerät

Landschaft entzwei, häufig haben wir auf einer Seite Berge, auf der anderen vulkanisch-fruchtbare Ebene. In der Nacht endlich begegnet uns der Gegenzug: der „Kilimanjaro“ aus Dar es Salaam. Es ist zwar dunkel, aber der deutlich abgegrabbeltere Zustand lässt sich leicht erkennen, auch, dass er schon locker 8 Stunden Verspätung hat, lässt sich ablesen, und das gibt uns eine Idee von unserer Ankunftszeit. Auffällig, dass der Zug in Tanzania nicht mehr so viele Winker und anzieht – überhaupt scheinen die Leute wieder verschlossener.

Nshima essen...

Nshima essen…

Dafür betreiben wir im Speisewagen Studien, wie man Nchima isst, Maisbrei. Neben uns sitzen zwei wohlgekleidete Geschäftsleute vor dem typischen Teller – ein gegrillter Fisch lappt über den Rand, dazu ein Häufchen graugrünes Blattgemüse.  Erster Akt: die Bordkellnerin reicht eine große Schüssel mit Wasser. Händewaschen, dann kann es losgehen. Während die linke gestikuliert oder auch auf dem

So geht es los mit dem Nchima-Ball

So geht es los mit dem Nchima-Ball

Schoß ruht, nimmt die rechte Hand einen Batzen vom großen Breiklops; die Geschäftsverhandlungen laufen weiter, inzwischen knetet man den Brei in der Handfläche zu einem festen Kloß, tunkt diesen in das soßige Gemüse und: happ! Bisschen Fisch abreißen – alles einhändig – und hinterherschieben. Sieht gekonnt, appetitlich und elegant aus. Nun kennen wir Nshima – oder Ugali oder Posho oder Pap – schon von früher, und bleiben dann bei Reis. Obwohl der ja auch eher geschmacklos ist, was wieder eine interne Diskussion über den besonderen Geschmack von Heidekartoffeln hervorruft. Alles eins: geschmackloser Stärkepamps! Draußen nimmt die Besiedlung derweil ab. Für ein paar hundert Kilometer geht es durch wilderes Land – wahrscheinlich für die landwirtschaftliche Produktion nicht so geeignet, warum auch immer, und am Nachmittag hängen dann alle an den Gangfenstern: wir durchfahren das Selous National Reserve. Wollte ich schon immer mal! Leider scheint aber gerade hier die Gleisanlage besser zu werden, denn der Zug gewinnt an Geschwindigkeit. Von Elefanten oder Giraffen nichts zu sehen. Ein paar Impalas springen erschreckt zur Seite, das war’s.
Das war’s in der Tat, wir packen schon mal zusammen. Um 18:30 rollen wir in die TAZARA Station von Dar es Salaam ein, nur 6 Stunden nach Zeitplan, das ist eine Spitzenleistung. Der Bahnhof: riesig, heruntergekommen, leer. Siehe oben. Vor uns geht ein Herr in Geschäftsanzug und Streifenhemd. Mit Rollenköfferchen – und dem Maismehlsack auf dem Kopf. Wir sind da, im Hafen des Friedens.

Noch 3 Stromausfälle…

2 x First Class nach Dar, bitte

2 x First Class nach Dar, bitte

Lusaka, 13.3.2016

Das war eine faule Woche: Halspflege, Rumliegerei. Und ein bisschen Planen. Vor allem Planen, wann man die diversen Akkus laden kann, denn für mindestens 8 Stunden am Tag verschwindet der Strom. Load shedding nennt man das, eine landesweite (Un)sitte der Netzentlastung.

Großstadt ohne Licht...

Großstadt ohne Licht…

Falls der Stromausfall abends ist, schmeißt unsere Wirtin Anita einen Generator an, der für eine Elektropfanne in der Backpackerküche und spärliche Beleuchtung  ausreicht. Auch jetzt brummelt es in einem der benachbarten Gärten – wahrscheinlich wird irgendwo der Sonntagslunch vorbereitet. Ein Fall für Solarstrom, finden wir. Findet auch ein junger Holländer, der hier wohnt und für eine europäische Solarfirma kleine und große Solaranlagen an den Mann bringen möchte. Er arbeitet meist aus gut mit Strom versorgten Coffeshops heraus, ein Büro gibt es nicht, klar, denn er ist Verteter für Subsaharan Africa. Heute Lusaka, morgen Kampala, und er ist nicht der einzige seiner Art: ein zappeliger Jungchinese wohnt hier ebenfalls, auch in Sachen Solarstrom für Afrika. Merkwürdig. Eine neue Art von Handlungsreisenden-Elend?!

Ich unternehme einen schönen, langen Gang von unserem Viertel namens Olympia Park zur Busstation unten in der Stadt, während der Rest der Mannschaft das Rattansofa auf der Terasse drückt. Lusaka fühlt sich sehr friedlich an und ruhig, was einem auch von lokalen Gesprächspartnern stets bestätigt wird. „There is no harm here…“. Insofern läßt es sich prima durch die Straßen laufen, die Seitenstraßen allermeist unbefestigt, also pflügt man durch den roten Sand. Die Asphaltstraßen sind von Betongräben begrenzt, mindestens knietief. Ganz schlecht, wenn man sich da beim Rückwärtssetzen vertut – wie der Kleinbus mit aufgeregten Kindergartenkindern, dem ich mich näherte: ein Rad steckt in der Betonrinne. Erst hatte ich nur das Gewusel und Gestikulieren gesehen, aber bis ich angekommen war, bildete sich langsam eine schreiende und lachendes Schubs-Team, da kann ich natürlich a. nicht tatenlos vorbeigehen und b. nicht von guten Tipps lassen: „… ein paar von uns müssen in die Rinne steigen und versuchen, die Hinterkante anzuheben!“ Hmm. Zögerliche Zustimmung. In dem Moment hält ein Minibus. Es quellen vielleicht 7, 8 junge Männer heraus, Stimmengewirr, mehr Gelächter. Im Nu ist der Graben voller Helfer:  „…uuaaah! “ Wir schieben. Eine Minute später winken wir hinter den Kindern im Bus her und klopfen uns gegenseitig auf die Schultern. Der Minibus muss weiter – wer nicht als erster an der nächsten Haltestelle ist, verliert Fahrgäste; das altbekannte, afrikanische Nahverkehrsprinzip. Und schon sind sie weg. Der Rest des Teams zerstreut sich, die Kindergärtnerin dankt nochmal artig. Nett hier!

Ziel meines Spaziergangs, der sich doch ziemlich in die Länge zieht, war das TAZARA-HOUSE gewesen, das Verwaltungsgebäude für die Tansanisch-Zambische Eisenbahngesellschaft. Das Haus ist so, wie wir viele Geschäftshäuser in Afrika kennegelernt haben: bisschen ramponiert, dunkel, Diagnose: „needs minor touch-up“ Ist der Fahrstuhl in den 2. Stock sicher? Immerhin sind die Stromausfälle überall. Ich wag’s – und komme an. Die Dame in Zimmer 211, „Passenger Operations“,  mit der ich vorher telefoniert hatte, ist natürlich mittlerweile zum Lunch entschwunden und soll nicht vor 2 zurück sein. Wat nu? Ich hinterlasse Namen und Telefonnummer und unsere Wünsche nochmals bei der Vorzimmerdame; wirklich zuvorkommend! Und trete den Rückzug an.

Das Ende der Geschichte dann am Freitag: der Eigner, halbwegs genesen, kommt mit, wir nehmen ein Taxi, und siehe da, man ist vorbereitet: alles haarklein notiert, und nach ein paar Formalitäten halten wir 4 altmodische, kleine Pappkärtchen in den Händen: 1st class-Tickets für ein Abteil von Kapiri Mposhi nach Dar es Salaam, auf einem neuen Zug mit dem alten Namen: Mukuba, das ist oder war des Landes Reichtum, das Kupfer (der Gegenzug ist der tansanische und heißt Kilimanjaro). 4 Tickets, weil auf den Tazarazügen die Abteile nach Geschlechtern getrennt belegt werden und wir doch ganz gern gemeinsam gereist wären, also bucht man 4 Plätze. Angeblich, so liest man auf dem „Man in Seat 61“, wird es unterwegs für die freien Betten Angebote geben. Werden wir sehen. Am Dienstag um 8:30 geht der Bus nach Kapiri Mposhi, um 16 Uhr dampfen wir weiter, 45 Stunden bis Dar es Salaam. Oder mehr. Oder sehr viel mehr…

Noch 3 Stromausfälle in Lusaka bis zur Abreise. Wenn wir Schwein haben.

Cape Town to Lusaka

Lusaka, 7.3.2016

Der Eigner hat Hals, wir pausieren in einem netten, kolonialen Backpacker in Lusaka. Und haben Zeit, ein paar Bilder zu zeigen.

Die Galerie von gestern habe ich entfernt – so ein blödes Ding!
Bitte durchscrollen und gucken – leider muss man immer hin- und herklicken, aber der Eindruck ist da…

The Shosholoza Meyl

The Shosholoza Meyl

... nicht alles was blau ist ist "Blue Train"

… nicht alles was blau ist, ist „Blue Train“

 

 

Vergangene Pracht. Bahnhof in Südafrika

Vergangene Pracht. Bahnhof in Südafrika

 

Stillleben mit Minimalgepäck

Stillleben mit Minimalgepäck

... manche haben mehr Gepäck

… manche haben mehr Gepäck

Die falsche Schlange!

Die falsche Schlange!

4 Schlangen, zwei Schalter. Verwirrend!

4 Schlangen, zwei Schalter. Verwirrend!

Bulawayo Station ... wir warten!

Bulawayo Station
… wir warten!

NRZ. Oder auch "Rhodesian Railways"

NRZ. Oder auch „Rhodesian Railways“

Rhodesian Railways!

Rhodesian Railways!

1st Class Picknick

1st Class Picknick

Reisegesellschaft

Reisegesellschaft

Wildes Wasser. Der Teufelskatarakt

Wildes Wasser. Der Teufelskatarakt

DIe Horseshoe-Fälle. Ausschnitt aus dem Gedonnere...

Die Horseshoe-Fälle. Nur ein kleiner Ausschnitt aus dem ganzen Gedonnere…

Dr. Livingstone, stepping out of the jungle gloom...

Dr. Livingstone, stepping out of the jungle gloom…

Einstmals die höchste Eisenbahnbrücke der Welt

Einstmals die höchste Eisenbahnbrücke der Welt

Lehrstück in Festkörperphysik!

Lehrstück in Festkörperphysik! Die in England vorgefertigten Brückenteile passten erst in der Morgenkühle zusammen, tagsüber hatten sie sich ausgedehnt…

 

Bungeeee!

Bungeeee!

Wegelagerer. Schönheitspflege ist einfach entspannend!

Wegelagerer. Schönheitspflege ist einfach entspannend!

Wie bitte? AFFENARSCH?

Wie bitte? AFFENARSCH? Was soll das heißen?

Klarer Fall von: wie an der Örtze

Klarer Fall von: wie an der Örtze

Peanuts, Maiskolben und Smartphonespass

Peanuts, Maiskolben und Smartphonespass

North Western Hotel. Hier hat Queen E II mal genächtigt.

North Western Hotel. Hier hat Queen E II mal genächtigt.

Vor dem Markttag. Der Großhändler ist da!

Vor dem Markttag. Der Großhändler ist da!

... am Busbahnhof "Big Tree"

… am Busbahnhof „Big Tree“

Natwange Backpackers. Nicht schlecht, oder?

Natwange Backpackers. Nicht schlecht, oder?

Stromausfälle lassen Tradtionen aufleben

Stromausfälle lassen Tradtionen aufleben

Wie an der Oertze

Wildes Wasser

Wildes Wasser. Devils Cataract – hier schneidet sich der Zambezi neu ein.

 

Livingstone / Zambia, 4.3.2016

Der eine oder andere mag sich wundern, in welcher Eile wir Zimbabwe hinter uns gelassen haben, aber weit ist es nicht weg. Im Moment sind wir noch in Livingstone, und Vic Falls un Livingstone bilden das Touristenzentrum am Ende des Caprivizipfels: Namibia, Botswana, Zim und Zam stoßen hier zusammen.

NRZ. Oder auch "Rhodesian Railways"

NRZ. Oder auch „Rhodesian Railways“

Nach Vic Falls hatten wir eine erinnerungswürdige Bahnfahrt. Wir hatten dem Internet schon entnommen, dass es auf dem Zug keinerlei Versorgung gibt, auch kein Wasser, also war sonntagnachmittägliches Einkaufen angesagt. Wir sind übrigens gespannt, wie weit die südafrikanischen Handelsketten ihre Tentakeln strecken: in Bulawayo jedenfalls ging’s zum Pick’nPay für’s Pick’nIck. Äpfel, Scheiblettenkäse, Bierwürstchen, Wasserkanister – was man halt bewältigen kann, wenn man außer einem „Spork“ nichts mitführt. Um 16 Uhr macht der Kartenschalter auf, wir bekommen ein first-class-Abteil! „… ohne Bettzeug!“,  keine Decken oder gar Laken. Darüber hatte es unterschiedliche Aussagen gegeben. Die Schipperin eilt zurück zum P+P und kehrt mit vergleichsweise teuren Bettüberwürfen zurück, kuscheliges, weinrotes Acrylzeugs, auf Florales als Rucksackschmuck mochte ich nicht zurückgreifen. Schöner Gang durch das langsam dämmrig werdende Städtchen, zwischen „trostlos“ und “ doch interessant“ anzusiedeln. Mittlerweile sammelt sich am Bahnsteig eine bunte Schar Reisender: zum wiederholten Mal enttäuschen wir Fußballfans mit null Ahnung zum Thema, oder erfreuen sie mit meinem „World Championship? I wasn‘ t there, I didn’t care!“ Applaus für den Reim. Überhaupt scheint unsere Anwesenheit allgemein für Heiterkeit zu sorgen. Nonnen auf dem Weg zur Missionsstation, schwerst bepackte ältere Damen, aus den obligatorischen Tragetüchern auf dem Rücken (sehr) junger Mütter schauen großäugige Babys auf die weißen Monster. Ein paar schick hergerichtete Bürotanten, eher bäuerlich ausschauende Männer mit großen Säcken… Maismehl? Ob das hier kostengünstiger ist? Autoersatzteile erspähen wir, Motorölkanister.  Alles was des Urwäldlers Herz begehrt. Oder auch nicht begehrt, auf einer der Bänken, die man zu einem kommunikationsfördernden Haufen zusammengeschoben hat, liegt ein in Hoodie und Decken gewickelter Mann. Schaut nicht so extrem gesund aus…Gegen 19:30, fast pünktlich, ist der Service am Zug beendet, wir ziehen in langer Karawane zum Gleis 5; Bulawayo hat einen riesigen kolonialen Bahnhof, dessen Gleise aber eher von Waggonleichen besetzt sind. Einsteigen! Im Abteil 1119 C wird sofort klar, dass sich der Service nicht auf Äußerlichkeiten bezogen haben kann, sondern mehr darauf, etwas angejahrte Technik am Laufen zu halten. Die Bahngesellschaft heißt NRZ,  National Railways of Zimbabwe, und hier und da sieht man dieses Logo. Der Rest – Waschbecken, Spiegel (ja, gibt’s!), Fensterglas sind anders geätzt: RR!  Rhodesian Railways… Das nennt wohl man lebendige Geschichte. Der Zug ruckelt los, wir halten unser Picknick ab. Andreas checkt kurz, ob der Restaurantwagen vielleicht ein Bier… Doch, gibt es, so einen Waggon. Heißt Dining Car und ist mit Brettern vernagelt. Wir breiten unsere mitgebrachten Sarong/Pareos als Betttuch aus (klebt gut auf dem Kunstleder!), improvisieren ein Kopfkissen und hüllen uns in Acryl. Gute Nacht. Für die 450 km sind 14 Stunden veranschlagt, das verspricht in jedem Fall eine bessere Nacht zu werden als die letzte an der Grenze, und wir schlafen in der Tat gut. In der Früh stelle ich fest, dass ich die (wasserfreie)  Toilette liebe, denn im Gegensatz zu anderen Zugtoiletten ist diese altenglische Brillenkonstruktion mit einer Feder betrieben und wird so aufgeklappt gehalten… was bedeutet, dass Stehpinkler nicht auf die Brille pieseln können. Dicker Pluspunkt für Rhodesian Railways! Ich verspreche unserem netten Abteil dann auch, beim nächsten Besuch mit  Ata, Bürste ( und natürlich Waschwasser) und ein bisschen Autosol anzurücken, um die Antiquitäten zu pflegen. Der Schaffner ist ebenfalls ein netter. Am Vormittag, der Zug hat auf freier Strecke gehalten, steckt er den Kopf zu uns herein: „… sorry, they have cut off the engine…“ Na, das kann dann wohl dauern: unsere Lok dient gerade mal als Abschlepp- oder Schubsmaschine für einen Zug, der vor uns den Geist aufgegeben hat; aber der Ort des Zusammenbruchs war so gut gewählt, dass nicht allzu weit entfernt ein Nebengleis verfügbar war. Was sind schon 1 1/2 Stunden. In Südafrika waren es 6 und mehr. Wir schwatzen mit den Zim-Frauen, die mit dicken Taschen rüber nach Zambia machen, um dort „things“ zu verkaufen, und mit dem Fischer, der die Regenfälle der letzten Tage an einem wilden Nebenfluss des Zambezi zum Fischfang nutzt, um umgekehrt „frischen Fisch“ nach Bulawayo zu schaffen. Relativ frisch, würde ich angesichts der Zugverbindung sagen, aber alles erster Klasse. Der Schaffner kommt mit einer Schüssel Okras vorbei: „… my lunch!“ Ob er vielleicht doch im Speisewagen kocht? Nur wenige Giraffensichtungen später sind wir da: Victoria Falls. Ein Zimbabwesches Touristenmekka, und nach einem kurzen Fußmarsch in den Ort – nein, vielen Dank, keine geschnitzten Big Five, keine 20 Milliarden Sim-Dollarnoten – lassen wir uns auf den Stühlen des Shearwater Café nieder und werden unserem Status als Tourist gerecht: „2 CaffਠLatte, please!“. Da sag‘ noch einer, dass Tourismus schlecht sei…

Am Nachmittag wagen wir einen ersten Spaziergang in Richtung der Fälle, allerdings – nein danke, keine Milliarden Sim $-Scheine, siehe oben – gehen wir gleich noch einmal Kaffee trinken und schauen vom Gorge Café aus in die Schlucht, in der 100 m unter uns der Zambezi gurgelt, und über die sich ein technisches Wunderwerk des frühen 20. Jahrhunderts spannt, nämlich die Eisenbahnbrücke von 1905, von der man heutzutage Bungeesprünge absolviert. Man kann über und in dieser Schlucht noch allerlei anderen Unfug treiben, Ziplining oder den Flying Fox, eine andere Variante, sich an hängenden Drahtseilen über die Schlucht zu schwingen.  Tief unten lustiges Rafting, oben drüber knattern die Hubschrauber. Dennoch: der Blick hinunter ist gewaltig, und was sich in unserem Rücken abspielt, ist nicht schwer zu erraten, denn es rauscht und donnert unablässig.

Dr. Livingstone, stepping out of the jungle gloom...

Dr. Livingstone, stepping out of the jungle gloom…

Das gucken wir am nächsten Tag an. Fußmarsch. Nein danke, keine geschnitzten Big Five… Der Ranger am Eingang zum Natinalpark, mit dem wir schon am Vortag geschwatzt hatten, lässt uns ein, erklärt die Aussichtspunkte und schickt uns auf den Pfad. Erst einmal: Livingstone-Denkmal. Ich natürlich mit meinem Moody Blues- Ohrwurm im Kopfe: Dr. Livingstone, I presume? Stepping out of the jungle gloom… Dabei war das gar nicht hier, nein, hier hat Dr. Livingstone einfach nur diese Wasserfälle erstmalig erblickt. Und er muss sie von Weitem gehört und große Dampfwolken und Regenbögen gesehen haben. Entdeckt hat er sie nicht, denn die hießen schon lange auf Shona musi oa tunya, rauchendes und donnerndes Wasser. Umbenannt hat er sie… Man fängt beim Devils Cataract im Westen an, gleich hinter David, und hier bilden sich demnächst die neuen Fälle. In ca. 10.000 Jahren. Die Schlucht, in die wir gestern geschaut haben, ist, was von den letzten Fällen übrig blieb, und insgesamt sind es 5 Schluchten, die einmal Ort der Wasserfälle waren bzw. sind. Ganz schön alt, und ganz schön… boah. Wir staunen wirklich. Während wir die 16 Aussichtspunkte abschreiten, werden wir nass bis auf die Knochen, allein vom aufsteigenden Sprühnebel und dem Niederschlag, der als heftige Regenschauer auf uns niedergeht. Alles trieft, trotz Regenjacke. Und alles quatscht, bei jedem Schritt, denn die Schuhe sind einfach vollgelaufen. Wir ziehen uns zum Trocknen der Sachen ins Hotel zurück. Und das war Zimbabwe.

Bungeeee!

Bungeeee!

Nach einem Entspannungsschwimmen und geruhsamer Nacht packen wir die Rucksäcke und laufen zu Fuß über die Eisenbahnbrücke, schauen einem Bungeespringer zu (schön blöd, dieses Vergnügen), und lassen uns nach Livingstone kutschieren. Es wird zunehmend afrikanisch, ganz normales Leben, wenige Touristen, wir wohnen abseits der Hauptstraße, unser Bed +Breakfast liegt in einem normalen, afrikanischem Gehöft auf rotem Sand, so wie man es sich vorstellt. Alles ein bisschen bescheidener – bescheidener als Südafrika sowieso, aber bescheidener auch als drüben in Vic Falls. Trotzdem gibt es eine schönen Kaffee im Munila Café, es gibt ein toll gemachtes, wenn auch altes Livingstone-Museum mit lokaler Natur-und Kulturgeschichte und einer interessanten Ausstellung zu David Livingstone selbst.

Klarer Fall von: wie an der Örtze

Klarer Fall von: wie an der Örtze

Und dann sind da die Fälle, die wir heute dann noch von der Zambia-Seite betrachten mussten – fast hätten wir es wegen „kennen wir doch schon“ unterlassen. Erst einmal ganz tief hinunter zum Boiling Pot klettern, der Stelle, wo diese unvorstellbaren Wassermassen sich durch ein enges Tor drängen, und dann wieder hinauf steigen, mit Blick auf den Eastern und den Armchair Cataract. Fast noch schöner, noch beeindruckender als von der Zimbabweseite. Immer wieder frage ich mich, was David Livingstone sich so gedacht haben mag… Wir lassen den Besuch oberhalb der Fälle ausklingen, trocknen die abermals nassen Klamotten am Rande des vor sich hin rauschenden Zambezi. Ganz friedlich fließt das alles dahin, der Eigner sagt: wie an der Örtze. Naja, bisschen mehr Wasser führt der Zambezi schon. Fließt, fließt schneller und  stürzt dann donnernd zu Tal.

Unsere Reise fließt auch weiter. Morgen fährt der Bus nach Lusaka.

Nach Zimbabwe

... nicht alles was blau ist ist "Blue Train"

… nicht alles was blau ist ist „Blue Train“

1.3.2016, Victoria Falls, Zimbabwe

Wir sind unterwegs, und auch wenn wir eben beim „aged Zimbabwean fillet steak“ schon wieder über südafrikanische Politik räsonnierten, sind wir doch schon ganz im afrikanischen Hier und Jetzt gelandet.

Am Freitagmorgen ging es los. Rucksäckchen geschultert (  ich beneide diesen Mann mit seinem Minimalgepäck, mein Rucksack ist immer prall gefüllt…), Fußmarsch zum Kapstädter Bahnhof. Der Zug hat ein bisschen Verspätung, dafür sehen wir noch den berühmten Blue Train davonfahren; gern hätten wir die Gäste angeschaut, von denen wir vermuten, dass sie über den ausgelegten royalblauen Teppich in Sänften an Bord getragen wurden. Mit irgendetwas muss es ja zu rechtfertigen sein, für die Strecke den 20fachen Preis gegenüber unserem Normalzugticket zu verlangen, und dabei hatten wir schon das Doppelte des Normalen entrichtet: ein Viererabteil für uns zwei, die Zweier waren ausgebucht. Das Publikum in unserem Sleeper ist gemischt. Afrikanische Familien bzw. Geschäftsreisende und ein paar europäische Rucksackreisende. Einziger Ausreißer in dieser Hautfarbenverteilung ist der schwergewichtige Ex-Eisenbahner im Nachbarabteil ( falls es interessiert: 2004 nach Tod der Ehefrau zum zweiten Mal verehelicht – 3-fach-Infarkt, xy Bypässe – guck mal hier: meine Narben – ich war 12 Jahre lang als Reservist an der angolanischen Grenze… Spätestens hier begann ich das Trapsen der Nachtigall wahrzunehmen. Die undisziplinierte Jugend von heute ließ nicht lange auf sich warten, den Rest habe ich mir geschenkt…)  Zuggespräche. Immer (?) ein Genuss. Jugendliche Deutsche,  die ihre Freiwilligenarbeit  (Theaterprojekte mit Schulkindern) in den glühendsten Farben und positiv schildern und erst auf ein bisschen Nachbohren damit herausrücken, dass nicht alles Friede, Freude, boerewors ist. Eine Studentin, die wiederum mit deren Schilderungen gar nichts anfangen kann: „… das sind doch hier zwei Staaten in einem!“. Ist was dran. Nach anfänglich merkwürdig vielen Stopps zuckelt unser Shosholoza Meyl kontinuierlich durch die Landschaft und schließlich hinein in die Nacht. Im Halbschlaf nehme ich wahr, dass wir irgendwo verdammt lange halten. Hm. Unser Bus nach Zim – zwischen Johannesburg und Bulawayo gibt es seit ein paar Jahren keinen durchgehende Zugvekehr mehr! – geht um 18 Uhr. Na, wird schon… Mit Sonnenaufgang rollen wir wieder,  mittlerweile sind die dramatischen Berge des Western Cape abgelöst.  Fasziniert betrachte ich die Licht- und Schattenspiele, die Sonne und Zug auf die flache, braun-dürre Savannenlandschaft zauber. Zur Frühstückszeit erscheint die pfiffige „Zugmanagerin“: „…wir haben mittlerweile 6 1/2 Stunden Verspätung! Wollt Ihr vor Johannesburg in einen Bus umsteigen, der für den Rest der Strecke nur 2 statt der verbleibenden 4 ( oder 5!)  braucht?“ Tja. Den INTERCAPE Bus sausen lassen? Es gibt um 20 Uhr noch einen Greyhound nach Bulawayo, würden wir den erwischen? Oder morgen Nachmittag einen, der wäre gerade soeben vor Ablauf unserer Visa an der Grenze… Oder doch lieber auf Nummer Sicher? Nummer Sicher. Um 3 sitzen wir in Kerksdorp im Bus, pünktlich zur Eincheckzeit drängen wir uns durch’s berüchtigte Gewühl des Johannesburger Hauptbahnhof und kurz vor 18 Uhr kommen wir in den Genuss, beobachten zu können, wie zwei Kingsizematratzen den eigentlich doch großen Gepäckanhänger unseres Busses verstopfen; Johannesburg, eine Nachtfahrt entfernt, ist das Einkaufsziel für Zimbabweans.

Matratze rein, raus, erst die anderen Gepäckstücke (von ebenfalls beträchtlicher Größe), dann nochmal anders herum. Wir steigen einfach ein und lassen die Packer wurschteln. Platz 1, 1+2. Das heißt Oberdeck,  vorn am Fenster. Wir schaukeln los. Auf der Internetseite steht: „… we promote the christian faith on our busses…“, und richtig, der Zweitfahrer kommt zu uns heraufgestiegen und fragt, wer denn ein Gebet sprechen will. Kandidaten gibt es genug, wir geraten nicht in Gefahr und schlafen einen unruhigen Schlaf, der Grenze in Beit Bridge entgegen. Allerspätestens dort sind wir in „Afrika“ angekommen. Der Andrang ist gewaltig, die Reihe der LKWs und Busse schier endlos. Ausreise aus Südafrika.  Unsere Mitfahrgäste eilen routiniert voran, zumal uns der Zweitfahrer zur Eile antreibt. Immigration, „Departure“ steht über der Tür eines Gebäudes, aber unsere Gruppe wird abgewiesen – um die Ecke geht es, durch ein Loch zwischen zwei Zäunen, zum Anstehen vor ein paar Containern. Na, gut. Ist zwar 2 Uhr morgens, aber was hilft es. Von achtern kommt ein Beamter und lotst uns zurück zum ersten Gebäude. Vier Schlangen von Geduldigen bilden sich dort vor 2 offenen Schaltern. Hinterm Gitter hängen ein paar müde Uniformträger in ihren Sesseln. Wir haben Glück und werden aus unserer Schlange herausgewunken und abgefertigt. Punkt 1 geschafft. Der Bus holpert durch’s Finstere über die Limpopobrücke („Crime Zone, do not stop“- wären wir mit dem Zug gekommen, hätten wir die paar Kilometer zu Fuß bewältigt, da gilt das mit der Kriminalität wohl nicht…). Neue Fahrzeugschlangen vor der Zimbabwe-Abfertigung. Aussteigen, Passkontrolle. Wir sind natürlich die einzigen, die Visa benötigen, das gibt Erschwerniszulage. Die junge Beamtin, die sich unseres Falles annimmt, macht das sehr penibel, fragt allerlei Fragen, die wir nicht beantworten können ( zum Beispiel wo wir wohnen werden in „Zim“), sie nimmt unsere Auskunft, dass wir vorzugsweise den Zug nehmen wollen, gelassen, aber auch staunend hin und unsere 60 Dollar Visagebühr in Empfang  – und schickt uns dann zum Shift Leader. Jetzt geht die Show los! Der Leader hebt schwach den Kopf – sein Schreibtisch ist etwas von den Schaltern zurückgesetzt, so dass wir vollen Einblick in die Szene haben. Ah, Dollars. Schublade auf, im Blaupapier wühlen, Schubladeninhalt umwälzen und teils auf den Schreibtisch umlagern. Es geht um den Tresorschlüssel, der dann auch nach eine Weile des Wühlens gefunden ist. Nicht dass damit dann der Tresor zügig aufginge, die Schlüssel müssen erst einmal durchprobiert werden. Sodann die Suche nach dem Quittungsblock, der, gefunden, erst einmal für ein paar Seiten vorgestempelt werden muss. Ach, ja, da war doch was?! Richtig, Quittung ausstellen! Verflixt, wo ist das Blaupapier? Man möchte ausrufen: „…auf dem Tisch, Sweetheart! Und geknüllt in Deiner Schublade!“, aber wir reißen uns zusammen. Ich sehe Andreas‘ Hand mehrfach zur Kamera zucken. Filmreif… Aber das Ganze dauert, und da war doch was mit „Eile“?! Unsere gesamte Busladung  ist schon wieder verschwunden, ich verschwinde auch, marschiere die paar Hundert Meter lange Busschlange zurück durch’s Nass, um die kleine Verzögerung kundzutun. Ach, sagt der Fahrer, das macht nichts, das kann hier noch Stunden dauern. Zurück zum Immigrationgebäude, wo ich nun zum dritten Mal die Parade der schlafenden Fußgänger abnehme, die vor dem Gebäude im Nieselregen lagern. Im Augenwinkel sehe ich, dass an der Gepäckkontrolle immer noch der gleiche Greyhound untersucht wird. Hochrechnung?! Hoffentlich sind wir zur Abfahrt des Zuges um 19:30 in Bulawayo.  Geht das hier jeden Tag so? Ich frage einen der Fußgänger. Jeden Tag bzw. jede Nacht! Drinnen steht der Eigner wieder bei der netten Beamtin und verkneift sich das Lachen… Der Shift Leader hat inzwischen unseren Quittungen säuberlich ausgefüllt. Säuberlich? Naja, zeitweise lief ihm vor Konzentration auf diese frühmorgendliche Arbeit ein langer Speichelfaden aus dem Mund.“…hoffentlich haben wir das jetzt nicht in dsn Pässen kleben…“ Ich lach mich schlapp. Bis die Pässe fertig sind, dauert es noch ein Weilchen. Und als wir beim Shift Leader vorbeikommen, ist er weit, weit weg, er sitzt leicht nach links gekippt und schnarcht. Wunderbar.

Und dann: Überraschung! Um halb acht rollt der Bus nach Zimbabwe hinein,  die gestopften Matratzen waren vielleicht so bedrohlich, dass auf eingehende Kontrolle verzichtet wurde. Gegen 12 ein abschließendes Gebet und wir sind in Bulawayo. Geschafft!