24.9.2016. Santa Cruz de la Sierra, Bolivien
Mal wieder Schwein gehabt. Der Taxifahrer am Flughafen in Santa Cruz hatte keinen Schimmer, wo das von uns gewünschte Ziel, Hotel 360° liegen könnte. Wie meistens in letzter Zeit hatten wir über booking.com gebucht und Adresse und Anreiseplan irgendwo in den Beitaschen unseres Gepäcks vergraben.
Es ergab sich auch gleich die erste Sprachverwirrung – mal abgesehen davon, dass das automatisierte „obrigada“ auch noch nicht verschwunden ist! – der Taxifahrer regelte meine 360 Grad auf „trenta y seis“ herunter. Nein, nein, nicht Außentemperatur. 360°! Rundumblick! Mit Funkhilfe und Graben nach dem Adresszettel ging’s dann. Calle Avaroa. Neu, simpel, sauber. Esteban, ein des Englischen mächtiger junger Besitzer. Nett. Die Lage am „beware of pickpockets“ Marktviertel Los Pozos garantiert: die volle Dröhnung Bolivien fängt gleich vor der Tür an. Schwein gehabt, gut ausgesucht, Herr Haensch.
Santa Cruz ist gewachsen, eindeutig. Graffitti, die 2008 noch nach dem Tod des indigenen Präsidenten riefen, fehlen oder sind übermalt, unterm Strich geht es nämlich Bolivien so gut wie nie zuvor. Was nicht heißt, dass vielen Betroffenen die Entwicklung – Schulbildung, Armutsbekämpfung, Verbesserung der Arbeitsbedingungen – schnell genug ginge, und unruhig ist es hier daher nach wie vor. Ebenso nach wie vor sieht man Evo mit Blumen gekränzt und fröhlich winkend auf den Bildschirmen. Recht so, er hat schließlich die Vision. Und die Zweidrittelmehrheit. Ich bin gespannt, ob es da eine 4. Amtszeit geben wird. Auch in Sachen Analphabetismus geht es voran. Der Typ Dame, wie sie im Flugzeug von Sao Paulo neben uns saß, ist wohl dem Untergang geweiht: weite Röcke, schwarze Zöpfe, Strohhut, jedoch kein typischer Bowler, und ein buntes Bündel Handgepäck. Hochanden unterwegs Als die Einreisepapiere verteilt werden, muss sie die Nachbarin um Assistenz bitten – Lesen und Schreiben ist an ihr vorübergegangen, aber das ist dem Selbstbewusstsein keineswegs abträglich, eine „Andenmütterchen“ ist das nicht. Ich hatte mit ihr das übliche Warteschlangenpositionsgerangel. Ha! Gringo! Und auch noch Tourist. Paah! So ist das hier. Mir gefällt’s.
Auf dem langen Fußweg zum Bahnhof – wir müssen Bustickets nach Argentinien besorgen – durchlaufen wir die ganze Bandbreite des hiesigen Bevölkerungsgemisches: Guaranàs aus dem Pantanal, die Indios aus den Bergen. Afro-Bolivianer aus den Amazonasniederungen, die Sklaverei lässt grüßen. Hochhackige, aufgetakelte Damen mit Boutiquengepäck. Alt-Caballeros schlürfen Kaffee und erhitzen sich über Politik. Und rund um unser Hotel eine Mennonitenkonzentration. Die Frauen schauen teilweise offen befremdet auf meine kurzen Haare und die Bermudas in unbescheidener Knie-Länge. Die Männer schauen… irgendwie gar nicht. In schwarzen Latzhosen schreitet man wie in einer Blase durch’s allzu Weltliche, dabei sind die Mennoniten, die man hier trifft, schon halb säkularisiert und von viel zu viel Tand umgeben (nie habe ich so viele pfuschneue Latzhosen mit eitler Bügelfalte gesehen!), manche, man stelle sich vor, haben sogar des Teufels Sprache gelernt, das Spanische. Aber man kauft low tech in eigenen „Menno Deposito“s und schläft im Menno Alojamiento. Wir haben durch die Fenster gelinst. Es gibt… einen FERNSEHER! Wie mag es wohl in den Missionen draußen im Chaco zugehen? Immerhin geht die Besiedlung des bolivianischen Chaco durch Mennoniten auf die 50er Jahre zurück, als es in Paraguay einfach nicht mehr auszuhalten war: es wurden Straßen gebaut und die Dörfer mit Elektrizität versorgt. Nichts wie weg…
- Käse und Dulce de Leche. Pikant und eklig süß
- Latzhosen von hinten
- Latzhosen von vorn
- Lebensmittelhygiene am Früchtestand. Da fliegt kein Zopf!
- Das Tropenrätsel: wer braucht das und wie hält sich das frisch?
- Fröhliche Hühner
- Fleischereifachgeschäft
- Ananaskunst
- Schwatz
- Was der Caballero so braucht: Polozeug.
- Ein Beutel Kamillentee
- Den gibt es auch als Fahrersitz in Taxen
- Hier hat er gestern gestanden. Wvo Morales.
- Der Markt beginnt vor der Haustür.
Wir holen uns jetzt eine weitere Portion Bolivia. Märkte, Churrasqueria, Säcke mit Kamille. Letzteres könnt ich brauchen, die Klimaanlage auf der Post in Intermares hat mir den Rest gegeben… Bis dann! Bilder folgen!