… ein Baum liegt auf der Wiese

… ganz schön hohl… der war überfällig (der Baum!)

5.8.2020

Vorbei!

Ich geb’s zu: ich schlafe etwas löcherig, wenn so eine Bombe droht. Eher ein Bömbchen, aber immerhin. Als um 4 Uhr die ersten Böen kommen und Akka anfängt, mit dem Rigg zu zittern, lege ich erleichtert den Kopf aufs Kissen: es geht los – jetzt kannste schlafen! In North Carolina räumt Isaias ein bisschen auf, aber bis er hier ankommt, hat er schon wieder Kraft verloren.

Southport Marina North Carolina. Isaias räumt auf.

Die Reibung über Land und der Verlust an Temperaturnachschub aus dem Wasser macht’s. Den Schwung holt er sich auf dem Weg nach Neuengland über den Atlantik wieder, für die Kollegen Flora in Narrangansett zum Beispiel, aber die hatten sie gut versteckt. Mal Hurrikan, mal Tropischer Sturm. Eigenwilliger Bursche.

Gut übrigens der alte Schnack vom „was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“ – die moderne Kommunikationstechnik bietet ja viele (allzu viele!) Warnmöglichkeiten, aber als Isaias gestern morgen 2 oder mehr Tornados absondert, hören wir das Telefon nicht pingen. MyRadar sagt um 5 Uhr: „Tornadowarning in your area“, so lese ich es dann zum Frühstückskaffee. Huch! Damit erklärt sich auch, warum mir um 8Uhr Mitsegler aus der Captain’s Lounge entgegenkommen, wo sie sich verkrochen hatten; die hatten ihr Smartphone wohl zur Hand (ob das dünne Blechdach im Tornado geholfen hätte steht auf einem anderen Blatt. Vielleicht… Kissen als Kopfschutz, falls Akka.umkippen will?). Zum Ende des Frühstücks kommt schon die Sonne heraus.  Isaias war doch etwas eiliger als vorhergesagt. Der Kontrollgang ergibt an den Pontons ein paar im Wellengang tanzende, mit Fendern schmeißende Boote (die Bucht ist doch relativ geschützt, wenn also „Welle“ ist, hat das seinen Grund). Ein paar Kratzer von den Dalben. Eine abgeknickte Windsteueranlage. Bei uns nur Überschwemmung unterm Kiel. Und… ein Baum liegt auf der Wiese…

Das war Isaias! 

Wieder mal…

 

 

 

Deltaville, 3.4.2020

Schon wieder mal wieder die Sonnensegel weggepackt. Nicht wegen mangelnder Sonne – es ist zwar gerade trübe, aber sonst brennt sie vom Himmel. Nein, wegen des Windwiderstandes –  morgen kommt Isaias vorbei und schraddelt diesmal ziemlich genau über uns hinweg. Angeblich pumpt er sich gerade vor North Carolina noch ein bisschen auf, er wechselt immer zwischen kleinem Hurrikan und Tropischem Sturm, aber pusten tut er so oder so, und wir wollen nichts beschreien. Morgen früh haben wir die Bescherung vor Ort. Begeisterung ruft der Name hervor; ich nehme mal an, dass deutsche Leser leichthin den alttestamentarischen Bezug zu Jesaja herstellen können. Können amerikanische Radiostationen aber nicht. Möglicherweise ist es pfui, einen tropischen Sturm mit einem biblischen Namen zu belegen. Drum heißt der hier auch phonetisch gern „Eisa-eisas“ oder „Iisa-äss“ und 20 andere witzige Versionen. Schick.
Sonnensegeleinrollen hatten wir bis zum späten Nachmittag noch aufgeschoben, wir versuchen durch geschickte Drückbewegungen den Verlauf des Sturmes raus in den Atlantik zu schieben, aber so viel wir gedrückt haben: nö, Isaias möchte gern mal die Chesapeake Bay besichtigen.  Bitte sehr.  Aber nicht so früh wecken morgen früh, der Zeitplan sieht Dich hier um 8. Und nicht mehr als 60 Knoten in Böen.

Und sonst so? Internet ist erschreckend schlecht, a. sind wir von Guatemala super verwöhnt, und b. ist irgendwas mit dem Werft-Wifi faul, so wie bis zum Januar – also einigermaßen zufriedenstellend – tut es nun nicht mehr. Wir verbraten in der ersten Woche 8 GB vom Telefonkonto und schaufeln immer neue 3 GB-Scheibchen nach, 20 Dollar die Tranche. Uff. Daraufhin laufen wir bei AT&T in Gloucester auf, die zwei echt schweren Jungs kennen wir schon aus dem vorigen Jahr. Aber so nett sie sind, sie schaffen es nicht, eine SIM in meinem alten Tablet zum Laufen zu bekommen, über die wir zu einem erträglichen Betrag unbegrenzt Daten saugen könnten, und man kriegt noch 30 GB Hotspot obendrauf (natürlich ganz so unbegrenzt nicht, ab einer gewissen Grenze wird gelegentlich gedrosselt). „Ach, das liegt an dem alten Gerät, Ihr neueres kann das bestimmt!“. Heimfahrt. Nee, kann es nicht, wie sich daheim herausstellt. Oh, nee… diese riesigen Distanzen, wenn man etwas jenseits von Milch und Eiern erledigen möchte, und sei es nur ein Mobiltelefonproblem. Neue Exkursion nach Gloucester – bekanntermaßen sind die Mobiltelefonieshops dieser Welt mein erklärtes Hobby, und dem können wir an diesem Nachmittag ausführlich frönen: wir sitzen 2 Stunden und mehr im unterkühlten Geschäft, natürlich allseits maskiert, was die Kommunikation manchmal etwas erschwert, und warten, dass Servicemitarbeiter und Hotline gemeinsam etwas ausrichten. Höchst vergeblich. Wir lassen den schon geschlossenen Vertrag stornieren. Um dem Hobby doch noch etwas Erfreuliches abzugewinnen, gehen wir flink zu Verizon – das eine ist wie deutsches D-Netz, das andere mit E-Netz vergleichbar, reine Frequenzsache. Da sitzt dann ein höchst kompetente Frau, hört sich unser Problem an, lässt sich mein Tablet zeigen, guckt auf eine Kompatibilitätsliste und sagt binnen 30 Sekunden: “ … wird nicht funktionieren!“  Und dafür haben wir 2 Stunden gefroren…
Zum finalen Aufwärmen ein Besuch bei Starbucks – die Situation ist wirklich jammervoll: überall Leuchtkleber am Boden, Einbahnverkehr, Sitzen nur draußen; Letzteres kommt uns in Sachen Aufwärmen natürlich entgegen. Zum Zeitvertreib kann man draußen aber bei Passanten Maskenkritik üben, Maske in allen Varianten und Positionen, locker übers Ohr gehängt oder die Nase guckt raus. Hinter uns der Drive Through, da kann man sehen, wie Strohhalme unter der Maske eingefädelt werden. Cold Brew in Zeiten von Cholera. Corona. Ganz „oben ohne“ gibt es allerdings selten! Auf der Heimfahrt reift der Gedanke, dass man sich vielleicht ein kompatibles Gerät anschaffen müsste. Ja, genau, schon wieder. Schon wieder Elektronikkauf, schon wieder einer Fahrt nach Gloucester. Und schon wieder 2 Stunden Unterkühlung, weil nun der frisch stornierte Vertrag wiederbelebt werden soll. Der AT&T-Kumpel tat uns wirklich ein bisschen leid. Aber nun ist alles gut. Hoffentlich. Wahrscheinlich erholt sich jetzt auch das Werftnetz.

Ich weiß, wolltet Ihr alles nicht wissen. Was wollt Ihr wissen? Wenn man die hiesigen Nachrichten ausblendet, fühlt sich das alles nicht so schlecht an hier. Es ist hübsch, streckenweise sogar sehr schön anzuschauen, die Leute freundlich. Die Weitläufigkeit gefällt. Und dann unsere stete Freude: diese wie unbeteiligt auf ihren Aufsitzmähern sitzenden Rasenpfleger. Richtig, ich sollte mal eine Bildserie davon machen.  Schon wieder –  ein leeres Versprechen…