Richtung Galapagos

6 Grad 19 N, 79 Grad 59 W
10.9.2010

Erster Tag auf See Richtung Galapagos. Durch die ITCZ (die Intertropical Convergence Zone) zu fahren, ist immer doof, aber bislang lässt es sich gut an. Aus der Literatur ja auch als Kalmen oder Rossbreiten bekannt: weil man die Schiffe leichtern wollte, warf man die Pferde über Bord, die armen… Wir haben keine Pferde dabei, insofern sind wir da aus dem Schneider, und bislang hat uns das Wetter einen stetigen nördlichen Wind präsentiert; wir laufen „platt vor den Laken“ mit 195/200 Grad, und das erste Etmal war sogar mit 148 sm seit gestern Mittag überdurchschnittlich. Wendepunkt kann morgen die kleine, kolumbianische Inselgruppe der Malpelos sein, ab dort schaut das Wetter schwer nach „ITCZ“ aus, und das wird dann so, wie uns all die Kollegen schon per Trost- und Rat-Mail berichtet haben. Zitat ENOLA: „Scheiß-Fahrt, Scheiß-Wind, Scheiß-Welle“. Etwas feiner auf latino-Englisch von der ZENITUDE: “ Way to Galapagos is bad. Always is! Wind on the nose and lots of motoring…“ Aber so wie die sich durchgewurschtelt, haben werden wir es auch tun. Die MOMO, mit der wir gemeinsam losgefahren waren, ist uns heute früh aus der Sichtweite geraten, die alte Frau AKKA ist schließlich kein D-Zug, aber wir haben Funkkontakt. Harren wir also der Dinge die da kommen werden!
Bis bald – und ein bisschen Daumendrücken für ein schönes Wetterfenster kann ja nicht schaden, liebe Leser…

Nochmal…

Las Brisas/Panamà¡ City,  5.5.2010

Noch einmal in die Stadt. Wir hatten uns gestern, nach dem aufregenden und nassen Vortag, ein richtiges Einkaufsprogramm verschrieben, Bücher, Stoffe, Nähzeug, Dieselkanister, Ersatzpropeller für den „großen“ Außenborder. Nicht dass der kaputt wäre – es wäre nur schön, wenn wir auch zu zweit das Beiboot zum Gleiten bringen könnten.

Noch einmal mit dem Vorortbus (25 Cent) in die Stadt und hinein ins Gewühl um die Plaza de Mayo. „Todo en Cuero“=alles aus Leder – ein Frauenparadies (wenn Schuster denn ein Frauenberuf ist…). Jedenfalls MEIN Paradies – frau könnte hier VIELES kaufen, allein das ganze Befestigungsmaterial, und die Garne, die Lederstücke aus der Grabbelkiste, ach, wäre doch die AKKA ein bisschen größer… Mit neuem PVC-Gewebestoff für’s doch schon sehr in Mitleidenschaft gezogene Dinghy-Cover bewaffnet eilen wir zur nächsten Station – Polstererbedarf EL TAPIZ. Das gleiche Spiel wie vorhin – ein Paradies in Polsterstoffen, wobei ich es mehr auf eine Vorratserweiterung in Sachen Markisenstoff Marke SUNBRELLA abgesehen habe. Es gehen dann auch ein paar Yard mehr über die Theke als geplant, aber das muss die AKKA nun (er)tragen können. Wir nähern uns dem Fischmarkt. Das Viertel ist – naja… nichts für jedermann, aber den Orangensaft vom Straßenhändler kippen wir mit Genuss, und es werden immer ein paar nette Worte gewechselt, auch wenn ich meinen Rucksack lieber mit Brust- und Taillengurt gegen „plötzlichen Zugriff“ sichere. Die zuvor eingesackten Stoffe sind mir lieb und wert. Der Tohatsuhändler um die Ecke hat leider keinen Propeller, aber immerhin doch ein paar Impeller, so dass auch der Eigner heute nicht ganz leer ausgehen muss. Busfahrt. „Via Espana/Calle 50/Los Pueblos“. Das ist unserer… Grell bunt, von Dieselschwaden umgeben, der Fahrer hockt hinter einem Sehschlitz wir der Europäer sie gemeinhin von Geldtransportern kennt. Das ist nicht so ein zivilisierter Vorort-Kleinbus, sondern einer dieser wundervoll stänkernden und lärmenden ex-Schulbusse aus US-Beständen. Ehrlich gesagt können wir uns nicht vorstellen, dass die USA derartig viele von diesen Dingern abschreiben, damit die hier ihren zweiten Frühling erleben und den gesamten Nahverkehr in Mittelamerika bestreiten?! Egal , jedenfalls sind manche der Busse tatsächlich noch mit gelber Farbe getüncht, man sieht es manchmal unter den fantastischen Airbrush-Malereien (oder auch dem Farbauftrag mit der Rolle) durchblitzen. Voll ist es, und es wird Richtung Via Brazil, wo wir einen Buchladen vermuten, immer voller. Also quälen wir uns frühzeitig Richtung Vordertür und steigen – die Gelegenheit ist günstig – ein bisschen zeitig aus. Wir nähern uns unserem Buchladen bergauf über die Calle  59 Este. Rechts ein üppig grüner, etwas verwilderter Park, links ducken sich unter den glitzernden Hochhäusern und schwindelerregenden skelettartigen Rohbauten feine, alte Villen aus den Zeiten, als die Amerikaner hier noch ihre „Canal Zone“ besetzt hielten, und neuere Villen aus den 70er , 80er, 90er Jahren. Wir benennen die Straße kurzerhand um: Calle Porsche. Vor fast jedem Haus steht ein Targa, ein Turbo, ein Cayenne – die eine oder andere Mama scheint den Nachwuchs allerdings nur mit gehobenen AUDI-Modellen zum Ballett karren zu müssen, wie enttäuschend!  So unvermutet, wie diese kleine Geld-Enklave begonnen hat, endet sie an der Via Brazil, ´wo wieder der Verkehr tost. Mittagspause! Gute Idee! Mit vielen Bürotätern sitzen wir auf einer Veranda, hinter uns röhren die Busse vorbei, vor uns liegt geschnetzeltes Rindfleisch und Huhn auf einem Bett aus Reis – für sehr kleines Geld. Die Porschefahrer kehren hier sicher nicht ein… Mit einer gewissen Hängemattenschwere erreichen wir EXEDRA BOOKS. Der erste wirklich gut bestückte Buchladen in Panamà¡. Zumindest was spanische Literatur betrifft – die Auswahl an Englischen beschränkt sich mehr auf das übliche „New York Times Bestseller“ und wenn es dazu nicht gereicht hat, dann ist der Verfasser wenigstens ein „New York Times Bestselling Author“. Aber für AMAZON ist es jetzt zu spät und die Krimis von EXEDRA müssen uns über den Pazifik helfen. Werden sie sicher auch – außerdem haben wir das Mehrfachlesen mittlerweile zur Kunst erhoben. Immerhin EIN sehr interessantes Buch über die Geschichte des Panamà¡-Kanals mit all seinen politischen und wirtschaftlichen, rassistischen und technischen Hintergründen haben wir ergattert. Und zum Schluss noch einen Kaffee in dicken Fauteuils geschlotzt. Kleine Zivilisationspause, ehe wir den finale n Trott durch die Mittagssonne zu zur Transistmica antreten. Letzter Punkt: Dieselkanister. Kann sein dass wir viel Kraftstoff brauchen werden – die Kalmen drohen mal wieder, und wir sind gerüstet.
Wir starren schon gebannt auf die Wetterkarten. Bis dann also, mitten vom Pazifik…

Großer Ankertest

Las Brisas / Panamá City, 4.5.2010

Grosser Ankertest, oder auch: Vormittagsspäßchen…

Gerade ist Mittagspause, mit schneller Chowdersuppe, AKKA hebt und senkt die Nase im Restseegang, MOMO neben uns sieht auch ganz schön schaukelig aus – selbst die Katamarane tanzen noch ein bisschen. Die Suppe haben wir uns verdient. Eigentlich hatte das Späßchen schon gestern mit einer Nachmittagsvorstellung angefangen – ich hatte gerade Heiner ueber Skype mitgeteilt, das es heute grässlich schwül sei und gewittrig aussehe, hatte Wetter eingeholt (das erste uebrigens von WETTERWELT!) und war wieder „nach AKKA“ gefahren. Es brist leicht auf, ringsum fing es schon an zu blitzen, also vorsichtshalber schon mal die Antennen abgeklemmt und dann im Cockpit lungern und die Dinge beobachten. Zum Beispiel RIGHT BEACON, ein US-Sportfischerboot mittlerer Groesse, das schon seit Tagen in angenehmen Abstand voraus ankert; wie immer ist keine Menschenseele an Bord. „Sag mal, bewegt der sich?!“ Glotz… „Jou, driftet achteraus!“ Aber wir sehen auch: der französische Katamaran in „Schusslinie“ bewaffnet sich bereits mit Fendern, man lässt das Dinghy zu Wasser, alles im Griff. RIGHT BEACON schwingt mehr oder weniger sauber am Kat vorbei, aber so schnell kann man gar nicht gucken, wie es a. weiter aufbrist und b. das Boot Richtung Mole treibt. Wir springen in unser Dinghy, mit (unser Benzinsparer-Neuerwerb!) 3.3 PS fuer eine Hilfsaktion ein bisschen schwach motorisiert, dafür packen wir unseren Zweitanker, Kettenvorlauf und Leine ein – das letzte was wir aus dem Funk hören ist, dass weiter in der Bucht ein Katamaran auf die Steine treibt. Nicht unser Bier gerade. Am Ort der Tat – knapp, knapp – sind schon die Franzosen und Brasilianer mit RIGHT BEACON zugange, und wir können noch ein paar Handgriffe tun, um das entlaufene Boot an einem schwimmenden Arbeitsponton festzubinden. Done – heimwaerts, der AKKA und den Blitzen entgegen. Sind wir nass geworden?! Nass ist gar kein Ausdruck. Immerhin wäscht der wütende (aber warme!) Regen das überkommende, ebenso warme Salzwasser gleich ab.
Und dann heute morgen – eigentlich ist der drittletzte aller vorletzten Pazifik-Einkaeufe angesagt, aber ich finde das Wetter mit Blick auf den Himmel „ungemütlich“. Wohl wahr. Innerhalb von Minuten legt der Wind mächtig zu und alle, die wir weit draußen „in“ der Bucht liegen, befinden wir uns plötzlich „draußen“ im auflandigen Wind und im vollen Seegang. Es wird unruhig am Funk, manche Eigner sind an Land und funken Dinge wie: „… there is a big spare Danforth anchor in the locker and a spare line. Can you take your dinghy and drop it for me?!“ Antwort: „I’ve got more than a handful to do with keeping my own boat in position…“. Dumm gelaufen. SALAMANDER treibt vorbei, aber Frau SALAMANDER, allein zu Haus, sieht unter ihrer Wäscheleine  eher hilflos aus… Was machen wir?! Richtig geraten, springen ins untermotorisierte Beiboot. Als Andreas bei der Engländerin an Bord steigt, ist es mal wieder knapp, ATILA liegt im Weg und ENDORFINE, aber gluecklicherweise ist ATILA gerade selbst „auf Reise“ gegangen. Kurz, es herrscht Chaos im Ankerfeld, und während ich versuche, das Dinghy an der Bordwand zu halten, springt endlich der Motor auf SALAMANDER an (ein klassisches Beispiel fuer, räusper, den Sinn von eingeübten „Notrollen“, für ALLE Crewmitglieder, geschlechtsneutral ausgedrückt). Als der Anker, den wir aufholen, gerade den Bug freigibt, hören wir durch den Wind ein „… I am coming!“. Na prima, der SALAMANDER-Eigner kann in Kürze übernehmen. In der Zwischenzeit sind vor uns 3 weitere Schiffe ankerauf gegangen, RIGHT BEACON ist auch wieder auf Reise, denn der Pontonbesitzer hatte ihn heute früh losgeschmissen. Hinter uns erreicht ein Kanadier gerade noch so sein Schiff, ehe es ungespitzt auf die Steine geht; der freundliche Franzose von gestern fängt sich beim eigenen Fluchtmanoever eine Leine in den einzig verbliebenen Prop, kann sich aber befreien. Puuh. Wir peilen die eigene Situation und geben ein bisschen Kette. 60 m haben wir draussen. Uwe funkt: „Ich hab‘ auch 55. Das müsste wohl reichen!“. Stimmt. Wie wir auch liegen noch ein paar andere Schiffe wie angenagelt. Prima.

Und jetzt?! Restseegang, Wind gleich null. Man glaubt es kaum. Ein feuchter Spass war das. Vormittags-Spuk.

Oh, wie schön…

Panama City, 23.4.2010

Nein, ich vervollständige das Zitat nicht weiter, jeder einigermaßen aufmerksame Leser von Janoschs Büchern weiß, was ich meine. Es ist wirklich schön hier, jedenfalls empfindet die etwas naive Schipperin das so, der man ja anderenboots schon mal „Schönfärberei“ vorwarf. Ich kann nix dafür, ich stehe einfach gern im ganz normalen Leben, fahre gern Öffi-Busse in „unmöglichen“ Gegenden, und so stehe ich gern in Panamás Altstadt, dem Casco Viejo.  Hier schwallen mir Son- und Mambo-Klänge entgegen sowie noch nicht weiter identifizierte Grillschwaden. Ums Eck: ein von der Zeit und tropischem Wetter angenagtes Wohngebäude. Unter einem Wohnzimmerfenster – der Mieter schlägt zwischenzeitlich mal den roten Samtvorhang zur Seite und pliert heraus – hat ein rundlicher Mensch seine Mittagessenstation aufgeschlagen und Panamanians stehen geduldig Schlange nach gebratenen Schweinebauchscheiben, Reis mit Bohnen und Kochbananen. Cartagena kommt mir in den Sinn –  so fein restauriert wie deren Alstadt ist PC noch nicht, dafür vielleicht ein bisschen natürlicher. Havanna fällt mir ein  – das werden wir so nicht mehr erleben, aber ein bisschen so kann ich es mir vorstellen. Mag ja sein, dass ich das schönfärbe, aber … ich mag es einfach.  Es ist gute Laune, Gelassenheit, Lautstärke, Duft, alles zusammen.  Ein paar hundert Meter weiter sitzen wir auf der Hafenmauer, die in unserem Rücken steil abfällt. Da unten sind die ehemaligen Zellen der Bóvedas, wo Häftlinge im 17. Jahrhundert warteten, bis die Ebbe die Zellen wieder trockenlegte – bis zum Hals stand man bei Springtide im Hochwasser. Heute sind die Bóvedas alles Mögliche, Kunstgalerie, Restaurant und vor allem Souvenierlädchen. Davor treffen wir so viele Kunafrauen wie sonst nirgendwo auf dieser Welt (naja, mal abgesehen von Mamitupu), alle mit Molabluse, Wickelrock und die dünnen Beine schön in Perlenschnüre gewickelt. „Molas, Molas!“ Ich gebe zu, ich finde wieder mal ein paar schöne, kann aber widerstehen… Stattdessen zieht es uns magisch zum alten Herrn, der sich auf der Plaza Francia postiert hat, direkt vor der französischen Botschaft, und „granizado“ anbietet. Er schabt uns eine Papiertüte voll Wassereisspäne, die mit obskurem Fruchtsirup gefärbt und geschmacklich aufgepeppt werden.  Auf der Hafenmauer genossen ziemlich süß, aber schön kalt in dieser schwülen Wärme.

Wieder ein paar hundert Meter weiter stolpern wir über das Kanalmuseum, dem wir einen langen Besuch abstatten. Der Kanal – eine lange Geschichte von Begehrlichkeiten, Finanz-Skandalen, technischen Herausforderungen und meisterhafter Ingenieursleistung und politischen Verwicklungen, nicht zuletzt aber die Geschichte eines hohen Blutzolls. Unsere Bewunderung bleibt. Die alten Schleusentore, entworfen vom berühmten Herrn Eiffel, sind noch immer die gleichen. Wir haben sie gesehen, nicht nur im Museum, wir haben dahinter gelegen, sie haben sich für uns geöffnet. Beeindruckend. Schön!

Kaufrausch

Panamá City, 16.4.2010

Ein Dollarregen geht von den AKKAnauten aus. Puuh. So viel Proviant, so viele Klamotten; Weinkartons, Obstkonserven. Mestemacher Roggenbrot für den Notfall, Roggenmehl, sofern es welches gibt. Was es immer gibt, sind Bermudas, Hemden, Badebekleidung – Panamá City ist ein Einkaufsparadies. Das Vorschiff hat sich zur „Speisekammer zwo“ gemausert, 4 Plastikwannen sind auf der Backbordkoje eingezogen, weil wir uns natürlich doch nicht ganz dem Verproviantierungswahn unter den Seglern entziehen konnten. Kaffee, Milchpulver und diverse Grundnahrungsmittel sind nun auf 4-5 Monate Aufenthalt im Supermarkt-Off besorgt, Fleischkonserven sind noch in der Produktion. Ha, und der Buttertest hat funktioniert – süße Butter, in Salzlake eingelegt und im Dunklen gestaut, hält ungekühlt offensichtlich bis hoffentlich MONATE; nach vier Wochen jedenfalls ist sie einwandfrei. Klasse.

Dinghy voll

Was macht man sonst so bevor es Richtung Südsee geht?! Die einen wechseln das Getriebeöl am Außenborder, die anderen ersetzen die Bettwäsche, die mir in der Wäscherei in Linton abhanden gekommen ist, was ich leider erst hier bemerkt habe – die SCHÖNE IKEA-Bettwäsche… Also nähe ich aus den dämlichen amerikanischen Bettwäschesets neue Laken. Es gibt einfach Dinge, die man wohl mit der Muttermilch  aufgesogen hat: eine Zudecke muss in einem Bettbezug stecken. Derzeit nicht so das Problem, denn Zudecken ist hier selten nötig, und wenn überhaupt benutzen wir dazu die leeren Hüllen, aber wie das in Neuseeland wird?! Wahrscheinlich werde ich dann doch „richtige“ Bettbezüge fertigen müssen.  Überhaupt, man kann ja nicht immer Glück haben… Unser neuer Herd tut seinen Dienst nun auf FORTUITOUS. Er war schlicht zu groß – die Maßangaben, die wir hatten, waren nicht ganz so exakt wie erwünscht, und so war nach 20 Minuten klar: neuer Herd?! Vertagt auf Neuseeland. Und ein Force10 wird es bestimmt nicht… Optisch ganz schön, aber ziemlich viel scharfkantiges Blech, eher enttäuschend.   Und last but not least:  „mein“ aufblasbares Kajak, leicht angestaubt von langer Lagerzeit bei Abernathys, wurde am letzten Sonnabend für halbes Geld verkauft, leider nicht an uns, wir waren eine halbe Stunde zu spät.
Statt dessen haben wir nochmals Computerhardware aufgestockt, ein zweites ACER Netbook ist da, englische Tastatur und englisches Windows, eine Seltenheit in Lateinamerika. Aber „Fred sei Dank“ gibt es da einen deutschen Segler, der hier einen Computerladen betreibt und weiß, wo Seglerfreunde der Schuh drückt.  Trotzdem ist der „split screen“ am alten Notebook repariert, für mittelkleines Geld, in einem wunderbaren Kramladen namens „Elektronica Caribe“, wo neue Bildschirme „einfach so“ rumliegen, und vieles, vieles mehr.  Das klingt nach Rechner-Overkill, aber wenn man sich in der Seglergemeinde so umhört, kann man oder frau nicht genug von den Dingern haben. Selbst die angeblich so unempfindlichen „Bordcomputer“ gehen an den feucht-warmen Bedingungen ein…

Electronica Caribe

Früh übt sich – die Tochter des Ladenbesitzers. Mama sitzt daneben und macht die Buchhaltung, die Tante bedient, Papa fummelt derweil an meinem Rechner rum…

Unser Reparaturerfolg ermutigte uns jedenfalls, doch mal herumzuhorchen, ob nicht auch das zerbrochene Display an unserer alten Canon-Kompaktkamera ersetzbar sei. Telefonat, Taxi zur Transistmica – und nach 15 Minuten war die Reparatur getan. In Deutschland hätte man uns sicher mitleidig angeschaut, und uns einen Strauß schicker, moderner Kameras vorgelegt.

Mal gucken, ob wir noch was Sinnvolles zum Erwerb finden. Außer ein paar Notrationen Milchpulver. AKKAnauten im Kaufrausch.

Pazifik

Isla Flamenca, 9.4.2010

Das war die Kanalpassage… Wir sind im Pazifik. Aber wie das so ist – als sich das letzte Schleusentor öffnete, hatte ich gerade damit zu tun, den Advisor zu füttern, bevor er von Bord ging. Keine Zeit für große Gefühle. Im Balboa Yachtclub springt unser geliehener Linehandler Eduardo samt den Panamaleinen von Bord, wir werfen zwei mitgebrachte Gasflaschen auf ELAINE ab und sagen den Finnen „tschüss“, denn die segeln mit Gast nach Galapagos und müssen los. Wir ankern vor der Isla Flamenca, Tomas und Maggie (Malgorzata!) haben es eilig nach Colón zu kommen, wir müssen noch die Fenderreifen am Dinghydock abliefern – das volle Programm. Am Dock werden wir von einem Segler abgefangen, der uns über die Passage ausquetscht, weil er selbst in der Gegenrichtung unterwegs ist, nach Hispaniola, und ein bisschen Muffensausen hat mit seinem 32 Tonnen-Ferrozementschoner. Also spenden wir eine Dose Balboa und ein bisschen Trost im Sonnenuntergang. An Bord mumpfen wir den Rest Passagegulasch, der Sekt bleibt ungeöffnet – Ohnmacht…

Heute früh sieht das schon alles etwas netter aus – Frühstück in der Sonne, zur Linken (oder rechten, wie gerade der Tidenstrom setzt) liegt ZENITUDE – Graziella hatte schon fröhlich gewinkt als wir einliefen, Oscar kam gleich rum, um uns nach Cocos zu locken; vor (hinter uns, s.o.) liegt THE ROAD, altbekannt, auch den Bloglesern, mit dem unverwüstlichen Papageien „Rubbish“, der immer noch Amsellieder hinter den schweigenden Pelikanen herpfeift. ENOLA funkt von der anderen Seite der Insel – unser Fazit: Pazifik ist fast „wie zu Hause“.

Es hatte ein bisschen spannend begonnen, dabei ließ sich die Idee, am Mini-Kreuzfahrtkatamaran DISCOVERY längsseits zu gehen, zunächst gut an, AKKA und LA PERILOU als Päckchen. Wir waren in der ersten Gatunschleuse auch schnell oben, nur hatten wir gerade so eben die Leinen gelöst, Andreas legt den Rückwärtsgang ein, um sich langsam abzusetzen und in die nächste Kammer zu fahren, als plötzlich die Bordwand der DISCOVERY anfängt, nach vorn zu „rasen“ wie es uns scheint. über der Wasserlinie sehe ich außerhalb unseres Fenderbereichs eine 15 cm dicke Edelstahlleiste auf uns zuschießen, gefolgt von der Heckplattform des Katamaran, passend in Höhe unserer Relingsstützen. Völlig machtlos, wie ich bin, schreie ich ein äußerst konstruktives „Scheiße, Scheiße, Scheiße“ in die Welt, aber um Dreifingerbreite verfehlen uns alle Hindernisse. Schiffe haben eben keine Außenspiegel, und der Kapitän dort über uns hatte uns entweder vergessen oder zumindest nicht im Blick. Für die nächsten beiden Schleusen vereinbaren wir, dass wir uns absetzen und unsererseits das Signal geben, dass der Katamaran seine Maschinen anschmeißen kann. Wir wischen die Schweißperlen von der Stirn. Der Advisor, José, den wir schon von der ENOLA-Strecke kannten und als umsichtig und präzise schätzten, entschuldigt sich für das Chaos.
In der dritten Schleuse gibt es noch einmal verwirrte Blicke auf der AKKA, denn der Kreuzfahrer fängt mitten in der Schleusung an Gas zu geben und mit gewaltigem Heckstrom zu manövrieren. Um, wie wir per Funk erfahren, sein Heck dichter an die Wand zu bekommen, aber das wissen wir in dem entstehenden Chaos von einruckenden Leinen nicht (hier stand eben ein Freudscher Tippfehler: statt „ruckend“ fuckend. Genau.). Will sagen: unsere Nachtpause im Gatunsee hatten wir uns verdient.

Bergab war dann umso einfacher, 28 Meilen Gatunsee, Advisor: Fernando, der Pastor. Warum lasse ich mich immer auf tiefschürfende Gespräche über Religion ein, wenn man heutzutage schon nicht einmal mehr über Wetter reden kann ohne zu streiten?! Da diese Gespräche aber schon auf unserer ELAINE-Fahrt geschehen waren, habe ich es dieses Mal vermocht, mich ganz auf die Steuerarbeit zu konzentrieren, und die Minenfelder den anderen Linehandlern überlassen. Dann „Short Lock Chamber“-Konstellation nur mit einem Ausflugsschiff und unserem Päckchen: klack, klack, klack – Pazifik. Der Rest steht oben. Und nachfolgend eine kleine Bildgalerie zum Thema…

Jetzt gucken wir mal, wie es weitergeht. Gasflasche füllen, Proviant ergänzen, Computer kaufen. War schon bekannt, dass wir bezüglich Letzterem eine Schuldfrage zu klären haben?! ICH habe meinen Rechner auf der Cockpitbank stehen lassen, und Andreas hat zuerst ein Kissen draufgelegt und ist dann auf das Kissen getreten… Wir suchen einen Monitor für ein etwas älteres ACER-Laptop.

Wir haben also zu tun. Ehe der Pazifik ganz weit und ganz einsam wird und keine Computerläden mehr aufweist!

Und hier ein Nachtrag aus dem Internetcafé auf der Isla Flamenca:

Bettina „VIGO“ schickte gleich eine ganze Serie Screenshots, und da sieht man mal, wie klein so eine AKKA in der großen Kammer aussieht. Man stelle sich vor, die ganze Kammer voll mit EINEM Panamax-Dampfer…

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Linda von der CHESAPEAKE war gestern zufällig auf der Zuschauerterasse als wir in die letzte Kammer  fuhren, und so kamen die beiden gestern Namchmittag gleich angefahren, um uns Bilder anzubieten. So richtig spektakulär sah das ja alles nicht aus – aber wir haben uns gefreut, dass so viele mit uns gefiebert haben! Danke!

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Richtung Schleuse

Gatun-See, 8.4.2010

Der Advisor sollte zwischen 6:30 und 7 kommen – aber schon um 6 Uhr tauchte user „alter“ vom letzten Transit auf, Fernando. Leider konnten wir so das Brüllaffenkonzert gar nicht in voller Länge genießen…

Die erste Schleusung hatte 1, 2 Schrecksekunden, aber das später.

Wir sind für 12:00 lokal in Pedro Miguel eingeplant, der dicke Kanadier und wir zusammen – das ist 19:00 MESZ, und von dort braucht es eine halbe Stunde bis zur Miraflores-Schleuse.

Wir werden winken!

Fertig, los …

Shelter Bay Marina, Colón/Panamá, 6.4.2010

Eben haben wir beim „Scheduler“ angerufen, der Schleusungstermin am 7.4. steht unverändert, „Advisor on board at 14:00 sharp…“. Das werden wir sehen, WIE pünktlich der Advisor sein wird: ENOLA wurde vorher einbestellt, ELAINE dafür später. Das Gulasch ist jedenfalls vorgekocht, die Pazifikkarten kamen heute angefedext, Andreas macht „noch schnell“ einen Ölwechsel. Unsere Linehandler sind Tomas und „Maggie“ (deren richtigen Namen wir noch gar nicht wissen – Malgorzata?!) Jedenfalls sind die beiden aus Polen und wollen lernen, was sie selbst dann am Freitag anwenden müssen. Als dritte Hand haben wir uns einen Linehandler „gekauft“, von unserem Taxifahrer-Agenten Tito, der uns gestern auch die – ich liebe sie! – 4 x 50 m Panamaleine an Bord werfen ließ samt den 10 in Plastik gewickelten Altreifen als Fender.

Tito ist der Mann für Leute, die nicht allzu viel zahlen wollen, aber sich das verstörte Rumrennen in Colón ersparen wollen, Immigration für’s Touristenvisum, Kanalverwaltung für den Vermessungstermin, Bank zum Geldholen, Bank zum Geldeinzahlen, Hafenverwaltung für das Zarpe (das ist, die Frage kam ja schon, die Fahrterlaubnis von Hafen zu Hafen; wer durch den Kanal möchte, der braucht ein Zarpe von Colón nach Balboa). Unser neues Zarpe heißt allerdings schon, merket auf, „Galapagos“, und ein Fumigation Certificate haben wir auch schon; letzteres hat ungefähr die Klasse der Choleraimpfung, die wir mal für die Einreise nach Tanzania brauchten – reine Papiersache. Ein Ausräucherungsschein. Eine Schein-Ausräucherung. Zum Tito gelangt man als Deutsche fast zwangsläufig, wenn man denn nur irgendeinen nationalen Kontakt pflegt. Mund zu Mund-Propaganda führt ihm immer neue deutsche Yachten zu – Holländer gehen aber auch gern zu ihm, und ein paar Engländer. Andere Schiffe zahlen für das Kanal-Procedere (zu den Kanalgebühren und der Sicherheitsleistung) ein Mehrfaches an einen richtigen Agenten, aber wenn ich mir so  LA PERILOU anhöre, die (eigentlich, hoffentlich) morgen mit uns fahren werden, geht da (beim „Stanley“) genauso viel schief, wie mit dem semi-Agenten Tito. Ich stand nämlich heute früh für die Papieraktion dann doch allein auf dem Parkplatz des REY Supermarktes , während El Tito sich auf dem Weg nach Panamá City befand. Spanisch-englische Telefonate sind eine wirkliche Bereicherung des Lebens. Wenn es nicht gerade um einen „offiziellen“ Termin geht. Aber wir haben es doch geschafft, mit ein bisschen Telefonieren und Zweit-Taxi-Einsatz , und noch einmal ein bisschen Telefonieren und schlieißlich Titos Bruder zur Assistenz abholen, denn der hatte unsere fehlenden Papiere. Dafür ist Tito aber sonst wirklich preiswert, hilfsbereit, nett – die tolle TinaMcBride, die man uns als Agentin ans Herz legen wollte, hielt es nicht mal für nötig, auf Anfrage Preise zu nennen oder Sachinformationen beizusteuern. Ein potentieller Geschäftspartner, der sich auf die Nennung von Zahlungsbedingungen beschränkt und danach in tiefes Schweigen verfällt. Nix für uns.

Und morgen, Mittwoch, geht es dann wirklich los, zunächst mal bergauf. Sie machen mir ein bisschen Angst, all die Gähner „… ach, das ist doch wie in allen Schleusen der Welt…“.  Ich finde es ziemlich spannend und auch nicht so völlig risikolos. Man braucht im Päckchen nur einen dusseligen Linehandler zu haben, dann klappen gerade mal 3 Yachten irgendwo an die Wand. Aber meist geht es ja gut, und darauf berufen wir uns mal.

Wegen des Schleusungstermines „bergab“ und der damit verbunden Webcam-Aufnahmen am Donnerstag werde ich versuchen, früh (mittags in Europa) einen kurzen Blogbeitrag zu senden – der Advisor hält ja frühmorgens das Blatt mit der Tagesplanung in der Hand und kann Genaueres sagen. Zur Erinnerung: Donnerstag, ab ca. 19:00 MESZ, Miraflores 1, oder die hochauflösende Kamera

Fertig. Los. Kanal.

Ostern!

Shelter Bay Marina, 4.4.2010

Frööhliche Ostern allen lieben Lesern!

Sehr österlich ist es hier nicht – das hat einerseits sicher damit zu tun, dass das warme Wetter einem eher Sommer als ein frühlingshaftes Osterfest suggeriert, aber wir freuen uns, dass es zumindest mal nicht regnet und grau ist. Und außerdem sind wir „im Stress“…

Der Kanaltermin steht, wir gehen aller Wahrscheinlichkeit nach am Mittwoch „durch“. Man muss am Tag vorher anrufen und noch einmal rückbestätigen, und dennoch kann es sein, dass der bestätigte Termin am Tag der Passage gekippt oder manchmal um ein Stündchen vor oder zurück geschoben wird. Wir sind halt die „Lästigen“ für die Großschifffahrt, und müssen uns fügen. Aber wenn das planmäßig verläuft, werden wir am Donnerstag so ab mittags (= 18:00/19:00 Uhr MESZ) aus der Mirafloresschleuse  winken.

Unsere zweite Schleusung mit Helinä und Kalle war wieder toll- die Koch-Latte hängt noch höher als zuvor. Pfifferlingssuppe aus selbst gesammelt- und getrockneten finnischen Pilzen wird es bei uns mit Sicherheit nicht geben.  Wir haben gelernt, was Tortillas und Burritos sind und gesehen, was ein Cargoschiff macht, das hinter einem in die Schleuse läuft: es drückt einen solchen Wasserberg vor sich her, dass man kaum die Leinen halten kann. Ich habe wieder im Gatunsee geplanscht und dann auf der Pazifikseite mein „aha“-Erlebnis gehabt: der Sprung in den Pazifik ließ mich lachen… „…. waaaah! ist das kalt!“ Dabei waren es 25,5 °, aber wir sind halt Karibik-Weicheier geworden.

Jetzt muss AKKA geputzt und geräumt werden – nicht zuletzt, weil in meiner Schreckenskammer mit all den Stoffen, Nähmaschine und Krempel zwei Linehandler einziehen werden.

Wir haben zu tun – während Ihr Schokohasen verspeist, dürft Ihr mal an uns denken! Bis denne!

Kanalfahrten

Colón/Panamà¡, 30.3.2010,  6 Uhr früh

Guten Morgen aus Colón! Eben hat es ein bisschen geregnet, die Kabinentemperatur hat angenehme 31 Grad, das ist auch gut für die Brötchen, die ich gerade backe. Die Shelter Bay Marina, in der wir seit einer knappen Woche liegen, ist ein bisschen ab vom Schuss, und gestern gab es einfach keine Gelegenheit, einzukaufen oder zu backen. Wir kamen nämlich am Nachmittag von unserer ersten Kanalfahrt zurück – ein bisschen müde, denn die Nacht im Gatunsee ist  kurz.

Aber wenn schon das Stichwort Kanalfahrt fällt, muss man eigentlich erste einmal wieder einen Bekenner-Bericht zum gleichen Thema vorausschicken.
Also, unsere erste „Kanalfahrt“  in Panamá war eigentlich die vom vorletzten Ankerplatz in Linton zur „Panamarina“, zum Internetgucken und Französisch-Essen, wir berichteten. Mangrovenkanal, die Einfahrt von hübschen Riffen bewehrt und zumindest tagsüber von Affen beschallt, eine geschlossenen Blätterdecke, die sich im glatten Wasser spiegelt, wunderschön.

Linton Kanal

Der Haken daran war, dass wir uns zum Abendessen in der Marina verabredet hatten, und das enthält natürlich eine Rückfahrt in  der Nacht, in diesem Fall einer Neumondnacht, für die wir uns mit Lampen gerüstet hatten.  Hinein ins Dunkle, Lorle und Walter starren hinter uns her, bis unser Licht auf der anderen Seite im Dickicht verschwindet. Es ist schön und ein bisschen unheimlich, einmal bleiben wir stecken, aber alles geht gut, AKKA freut sich, als wir an Bord klettern – oder freuten wir uns als wir auf AKKA…? Egal. Allgemeines Schulterklopfen. Zwei Tage später die Wiederholung der Aktion – Abendessen mit der „East Coast“-AKKA und nun schon eine routiniertere Rückfahrt.  Es ist einfach toll, nachts durch diesen Kanal zu tuckern, und ziemlich bald schon stökern wir über die Korallen an der Einfahrt. Motor runter und off we go Richtung AKKA, mitten hinein in die weite Bucht. Ihr ahnt es schon. Ganz so „mitten“ drin waren wir dann doch nicht. Im Augenwinkel sehe ich etwas Weißes – worüber wir gerade gequatscht hatten, ließ sich nicht mehr rekonstruieren, aber so ganz „bei uns“ waren wir wohl nicht, denn das Weiße ist die Brandung. das Riff! Krach. Welle schwappt ins Dinghy – natürlich hatten wir die Rechner im Rucksack, das kommt immer gut im Salzwasser… Was für ein Scheiß! Wir mitten ins stockdunkle Wasser hinein, Tasten nach sicherem Stand auf den Korallen, und nach einer Weile schwimmt es wieder, das kleine Beiboot. GLOBETROTTER und seinen wasserdichten Beuteln sei Dank ist den Rechnern nix passiert. Nur zum Frühstück hatte ich ein Eignerbein auf dem (OP-)Tisch liegen: Seeigelstacheln in der Fußsohle, Betaisodona für die Korallenkratzer.  Ts, ts. Kanalfahrerroutine…

Dafür gab es vorgestern Gelegenheit, Routine für die „richtige“ Kanalfahrt zu entwickeln. AKKA crew goes linehandling – die ENOLA wollte „durch“. Freundlicherweise holen die beiden uns in Shelter Bay ab. Die „Flats“, das Ankergebiet „F“, wo sich Lotsen und Yachten zusammenfinden liegt vor der Stadt Colón, die Marina dagegen auf der Nordseite des Kanaleingangs, gleich hinter dem Wellenbrecher, und das ist eine dreiviertel  Stunde Taxifahrt auf dem Landwege  (zuzüglich möglicherweise geschlossener Durchfahrt am ersten Schleusentor), und teuer ist die Fahrt dazu; nicht zu vergessen, dass vom Kai immer noch ein Wassertaxi zu den Flats braucht.  Also heißt unser Taxi gleich ENOLA. Mit uns sind Helinä und Kalle von der ELAINE (finnisch-kehlig gesprochen e-leine), wir hängen auf den Flats die Reifenfender raus, riggen schon mal die Panamaleinen (4 mal 50 m äußerst handiges Polypropylen-Tauwerk; oh, Mann…), verspeisen erst einmal  köstlichen Schweine- und Rinderbraten aus Sabines Profi-Ofen, und bayerischen Kartoffel- wie Ingwer-Möhrensalat. Das MUSS erwähnt werden, denn nun weiß ich, wie hoch die Latte hängt bei den Menuplänen für unsere eigene Kanalpassage; das lässt sich sogar bemaßen: ich kann unter dieser Latte erhobenen Hauptes durchgehen…

Aber kaum sind die letzten Bissen verschlungen („… lasst eine Portion für den Advisor übrig!“) kommt er auch schon, der „Advisor“. So nennen sich die Kanalberater für die Kleinschiffahrt – Lotsen braucht man erst ab 65 Fuß Länge, und die Adivsor sind entweder Lotsen in der Anlernphase oder Bürotäter der Kanalgesellschaft. Unserer heißt Franklin, und die Frage, ob er erst was essen will, erübrigt sich: „Heave anchor, we go…“.  Eine halbe Stunde später versammeln sich ENOLA, HYDRA (Schweiz) und DALWHINNIE (Holland) zum Päckchen. Das Päckchenpacken ist ein bisschen anstrengend, denn man muss sich vorstellen, dass allein für meine Backbord-Heckklampenposition mindestens 8 Leute unterschiedliche Befehle geben oder Ideen haben: die beiden Advisor, die beiden Captains, unser Linehandler (ich) und 3 Linehandler von der HYDRA. Sagt einer der hiesigen Linehandler von drüben auf mein „.. you are driving me crazy!“,  „… you just do what the captain says!“.  Gegenfrage: „Which one?!“… Aber irgendwann ist es geschnürt, das Päckchen, das flugs in die erste Gatunschleuse verschwindet.

PC Cap Pasley

Hinter einen Containerfrachter, 1 Nummer unter der „Panamax-Größe“.  4 Affenfäuste kommen geflogen mit den Hilfsleinen – nicht für uns, sondern für die beiden Außenlieger, und deren Linehandler knoten Hilfsleine an Panamaleine, die die Handliner hoch droben auf der Schleusenmauer auf „Slack the lines!“ nach oben ziehen und auf einen Poller werfen. All das ist natürlich per Funk verabredet, die Advisor geben die Pollernummern nach oben vor und treiben auch schon mal ein bisschen an. Beim ersten Mal gucken wir etwas skeptisch, ob sich das Tor hinter uns schließen will – natürlich tut es das, und was folgt, kann man getrost mit „Fahrstuhl“ umschreiben.  Es gurgelt und strudelt und strömt und drückt uns mit einem Affenzahn hinauf – kurz drauf schauen wir staunend hinunter auf das Ankerfeld, wo die Abendsonne die vielen auf Reede liegenden Frachter bescheint.

PC Handliner

Während Lokomotiven den Containerfrachter vor uns in die nächsten Schleuse bugsieren, geleiten uns die Handliner an den Hilfsleinen hinterher. Drei Schleusen hintereinander geht das so, und zum Sonnenuntergang fahren wir hinaus in den Gatunsee. Päckchen aufschnüren, festmachen an einer großen Mooringtonne, der Advisor wird abgeholt – gute Nacht! Sehr gute Nacht, denn wir können im Süßwasser schwimmen. Besser: ich kann, die andere fürchten sich vor Kaimanen.

Der Rest ist schnell erzählt: am nächsten Morgen (ich bin gerade vom Früh-Schwimmen trocken hinter den Ohren) kommt das Lotsenboot.  Um 5 Uhr 50 – O-Ton Frank: „… oh, nee!“. Dieses Mal ist der Advisor ein original panamesischer Reinhard, seines Zeichens „Scheduler“ bei der Kanalgesellschaft. Und da wir nun 25 Meilen über den See motoren, ist viel Zeit zum Quatschen, Frühstücken, Fotografieren. Kurz vor der Schleuse Pedro Miguel tritt der Wald bzw. das, was die Kanalerweiterung von ihm übrig lässt, zurück – und wir versammeln uns wieder, dieses Mal zu 3 2er-Päckchen, denn in der Dunkelheit sind noch zwei große Ketschen und ein Katamaran dazugekommen. Das heißt: wir, gestern noch als Mittelboot zum Zugucken verurteilt, kriegen auch Leinen zu „händeln“, was aber bergab doch ziemlich einfach geht; noch dazu bekommen wir eine „Sailing yachts only“-Schleusung verpasst, ohne Berufsschiffahrt. Da kann zumindest niemand für Strömung sorgen,  wenn er seine(n) großen Schiffsschraube(n) anwirft. In der ersten Mirafloresschleuse ist das große Winken angesagt, Sabine und Frank haben Freunde und Familie vor die  Rechner in Übersee gelockt und grüßen nun aus dem Panamakanal, live und in Farbe. Die Bilder sollen nicht schlecht sein – wer mal gucken will, klickt dieses Link, oder, noch schöner, die hochauflösende Kamera. Das gilt natürlich auch für unsere Schleusung, demnächst in diesem Theater.

PC Puente

Um 13 Uhr öffnet sich vor uns die Bucht von Balboa  und ENOLA fährt unter der Puente de las Americas in den Pazifik hinein.  Ein bisschen müde sind wir doch, auch wenn es nicht so viel Arbeit war, wie es hätte sein können.

Und jetzt?! Morgen wird AKKA vermessen, und dann geht es am Nachmittag gleich weiter. Nicht mit der AKKA auf Kanalfahrt, da sind noch ein paar bürokratischen Hürden zu nehmen (zum Beispiel Zahlung von Transitgebühr und Sicherheitsleistung – könnte ja sein, dass wir mit unserem AKKAmax das Schleusentor beschädigen …). Wir machen mal was ganz Tolles: wir sind Linehandler! Dieses mal nicht nur mit, sondern auch bei Helinä und Kalle auf ihrer ELAINE. Kanalfahrten tun  nicht weh (jedenfalls meistens, siehe oben), und man kann vielleicht noch etwas lernen. Je Kanalfahrt, umso Erfahrung.

Bis bald!