Überraschungen

Standort: Figueira da Foz

Povoa hin oder her, es hilft nichts, in Lissabon wartet Post, irgendwann müssen wir weiter. Kein Wind – also biegen wir nach nur ein paar Meilen nach Leixoes ab, dem Industriehafen von Porto und ankern für eine Nacht vor der Marina. Das hilft der Bordkasse. Obwohl Povoa nicht wirklich reingehauen hat – statt 12 Tagen haben wir einen ganzen Monat bezahlt, das kam billiger; mehr Ostsee- als Iberia-Niveau…

Am nächsten Tag wieder wenig Wind. Wir motoren hinter einem im Dunst verborgenen AIS-Signal her, auch 5 Knoten, vielleicht 3 Meilen weg. Segler? Die MMSI-Nummer verrät: Schweden! Wenn es ein Segler ist, dann kann es nur HokusPokus sein, Mats und Ulla, unsere Povoa-Nachbarn. Wir versuchen aufzuschließen, geben ein bisschen Gas – bis die Drehzahl plötzlich in die Knie geht. Motoralarm, Adrenalinschub an. Der Motor ist aus, Startversuch: negativ. Andreas taucht Richtung Motorraum ab, ich setze so geschwind es geht für den existierenden Windhauch den Gennaker. Der tut’s dann auch, mit 60 ° am Wind ein bisschen an der Grenze dessen, was er zu leisten vermag, aber wenigstens drückt uns der Strom nicht mehr so auf die Küste. Wie gut, dass es AIS gibt – wir funken auf blauen Dunst „HokusPokus, HokusPokus for SY AKKA“- und sie sind’s! Wir verabreden, dass wir in Funkkontakt bleiben, falls sich ein größerer Schaden und der Bedarf an Schlepphilfe herausstellen sollte; oder wir in der Nacht spät nach Figueira einlaufen und uns des Motors nicht ganz sicher sind. Derweilen steigt aus dem Salon Dieselduft auf, das sind Andreas‘ Trial+Error-Versuche. Der erste Gedanke war zur Schraube gegangen – hier in der Gegende ist es üblich, dass man wenigstens einmal in ein Fischernetz fährt, da sind wir ja schon aus der Karibik gebrannte Kinder!) – aber unsere Schraube ist frei. Sieht aus wie Kraftstoffmangel, das wäre eigentlich eine der leichteren Übungen, aber woher? Schlamm im Tank? Pumpe? Filter? Ölverschmiert und völlig verschwitzt taucht er ab und zu auf, der Motormechaniker des Tages. Startversuch. Nix. Plan B wird geschmiedet – vielleicht erreichen wir die Mündung der Ria de Aveiro unter Segel, bevor der Wind wieder ausgeht, dann lassen wir uns dort reinschleppen. Aber das wird dann doch nicht nötig – nach Wechseln des Kraftstofffilters läuft die Maschine wieder. Puuh! Entwarnung über Funk bei Mats und Ulla, die auch ganz froh sind, sicher nicht nur, weil so Hilfsangebot ja auch die eigenen Pläne durchkreuzt, sondern weil es zeigt, wie verletzlich man mit all der Technik doch ist. Wir nehmen an, dass nicht mal der Filter zugesetzt war, sondern vielleicht nur ein bisschen Luft gezogen hat – der neue Filter sitzt viel fester… The learning curve, so heißt eine schöne Rubrik im „Yachting Monthly“. …die steigt bei uns auch an. Ich selbst fand das ja eher stressig, Andreas bucht das unter „… war doch eigentlich ganz interessant“.
Immerhin hat es mich in Sachen Einhand-Segelmanöver ein bisschen weitergebracht. Sehr gut.

Mittlerweile haben wir aber dann doch so viel Zeit verloren, dass wir statt nach Figueira zu laufen gegen Abend nach Aveiro abbiegen. Überraschung: Die Baia de Sao Jacinto, unser geplanter Ankerplatz, ist voll. Nicht mit ankernden Yachten, sondern mit einem Ponton. Wir drehen eine Runde und werden schon rangewunken – wir dürfen längsseits gehen (was Landgang ohne Dinghy bedeutet!) und noch dazu sind wir zu Gast, so lange wir möchten. Die Nordportugiesen wieder… Empfehlen uns gleich noch eine Fischkneipe im Dorf und den Wasserbus nach Aveiro für den Folgetag. In Sao Jacinto sind wir sind mittendrin im ländlich-maritimen Portugal. Fischfrauen preisen lautstark ihre Sardinen an, an der Ecke ein Obst- und Gemüsestand mit unschlagbaren Preisen, wie überall gibt es einen Bäcker, der auch leckerste Kuchen herstellt und uns nebenbei mit Schinken versorgt, in kleinen Bars sitzen die Leute und schlürfen Kaffee, Hunderudel auf der Straße – alles ziemlich entspannt. Irgendwie gemahnt es uns an Griechenland – nur dass die Kaffeetrinker nicht ausschlielich Männer sind.

Die Fahrt nach Aveiro eine weitere Überraschung – die Stadt ist vielleicht keine Reise, aber jeden Ausflug wert. Kanäle durchziehen die Altstadt, kleine Gassen (mit einem Haufen estnischer Touristen von einem Kreuzfahrer!), aus einem übermäßig verlockend sortierten Plattenladen tönt es portugiesisch (ja, ja, ich habe was gekauft ), auf dem Fischmarkt sitzen unter Sonnenschirmen Portugiesen und verspeisen lecker duftende und verlockend aussehende Gerichte. Schade, dass wir uns am Abend vorher in Sao Jacinto ein bisschen übernommen haben mit Camaroes grelhadas, dourada und robalinho… Der Hit ist allerdings, dass wir an 3 Kiosken Zeitungen kaufen können: jeweils einen aktuellen Spiegel, einen von der Vorwoche und eine FAZ „von gestern“. Morgengesichter hinter Zeitungen versteckt. Die nächsten Frühstücke sind
gerettet!

Was Langfahrtsegeln wirklich ausmacht

Standort: Povoa de Varzim
Sonntagabend, der zweite unseres Aufenthaltes in Povoa.
Am Wochenende ruhen sie definitiv nicht, die AKKAnauten, und auch die ganze letzte Woche fiel uns regelmäßig was zum Basteln ein. Am letzten Sonnabendmorgen erlitt die Druckwasserpumpe ihren finalen Defekt. Geahnt hatte man es ja schon: Der Wasserfluß vor allem an den entfernteren Abnahmestellen war schon lange ein bisschen pieselig, so dass frau beim Haareausspülen in der Dusche gern mal in die Hocke ging: man lasse über die Schwerkraft ein bisschen Wasser ablaufen, dann springt die Pumpe auch irgendwann wieder an. Im dünnen Strahl, aber immerhin. Aber nun war Ende der Fahnenstange, und die „neue“ hatten wir ja in weiser Voraussicht schon im Winter erworben und eingelagert. Andreas weint noch ein bisschen – die alte Pumpe soll doch so gut gewesen sein! …sagt Bussi Bussmann jedenfalls… – aber das hilft nun nix, und so verschwindet der Cheftechniker für die nächsten Stündchen im Motorraum. Jede Montage bedeutet ja auch gleich ein bisschen Optimierung der Aggregateanordnung im Allgemeinen. Ich begebe mich mit dem Rechner und allerbester Absicht ins Cockpit und büffele mal ein bisschen Spanisch. Ja, ja, wir sind in Portugal, aber das Spanische wird uns noch öfter über den Weg laufen. Und da schon die Fischverkäuferinnen freundlich, aber bestimmt mein Portugiesisch-Radebrechen korrigieren („… nao dois douradas – DUAS DOURADAS!“) verlege ich mich doch lieber auf das Spanische; die beugen wenigstens die Zahlwörter nicht…
Und dann – sie läuft! Die Wasserpumpe. Und wie! Haarespülen leicht gemacht, und ohne Verrenkungen! Ab sofort ist aktives Wassersparen angesagt – mit diesem Durchfluss ist unser Wassertank fix leer.
Aber der Sonnabend ist dahin – wir machen noch einen kleinen Radausflug zum MODELO-Supermarkt und decken uns mit all dem ein, was man vor 20 Jahren definitiv nicht erwerben konnte. Prospekthüllen. Eine Mappe für einen repräsentativen Bootspapierordner für die Hafenautoritäten, der unsere Loseblattsammlung abgegrabbelter Fotokopien ersetzen soll. Tesa-Film in Topqualität. Und vieles mehr, egal ob Food oder Non-Food. Den Rückweg, den machen wir auf unseren Dahons dann so, wie früher die LKWs in Portugal waren: schwer beladen und unbeleuchtet.
Aus dem samstäglichen „… und morgen fahren wir nach Porto…“ wird allerdings auch am Sonntag nichts. Wo wir gerade so schön beim Basteln sind – das zwar selten genutzte Landstromladegerät (Solarpaneele und Windgenerator machen uns wirklich weitgehend autark!) machte schon in La Coruna nicht mehr mit. Warum bloß? Diese Suche zieht sich bis zum Nachmittag hin, die Skipperin hat derweilen die Vorräte an Kuchen im Glas wieder aufgefüllt (Zitronenkuchen „AKKA“ 😉 ) und nebenbei noch 20 Schnacks mit den Nachbarliegern gehalten. Der arme Eigner hat für das defekte Aggregat eine knappe (und treulich befolgte) Installationsanleitung, nicht jedoch eine Bedienungsanleitung, und so endet die Fehlersuche schließlich in einem verzweifelten Anruf bei Michael Bartels. www.bootstechnik.de – Micheal ruft zurück, staubbedeckt, denn er schleift sein SChiff. Kurz gefragt, und schon haben wir eine „reset“-Anweisung für das Gerät. Die Liste dessen, was wir an Elektro-Rat und Hilfe von Michael „so nebenbei“ und häufig fernmündlich erhalten haben, ist lang, eine unbezahlbare Unterstützung. Nächstes Jahr wird es allerdings schlecht damit – TRAMP III wird gerade für eine mehrmonatige Segelreise vorbereitet. Mal gucken, dass wir uns bis dahin aller Elektrikwürmer entledigt haben.
Aber morgen – da fahren wir dann wirklich nach Porto! Stimmt – bastelfreier Montag, Anreise mit der Metro. Aber schon auf der Rückfahrt („… bisschen wenig Wind zum Segeln, oder?“) denken wir uns aus, dass wir nun endlich mal den Wassertank reinigen könnten, Undichtigkeit am Wassereinlass mit Epoxy behandeln. Und mal wieder die Peeke unter den Bodenbretter beseitigen. Und so fort.
Ach, es fällt einem immer was ein, und wenn einem mal nichts einfällt, dann spinnt das so hoch gelobte wie geschätzte Kühlaggregat mal kurz, was wieder ausgedehnte Fehlersuche und Mailverkehr mit Italien nach sich zieht, und plötzlich ist Freitag und man muss – nomen est omen – wenigstens doch noch EINEN freien Tag einlegen; ab in die Berge. Aber das Wochenende, das war wieder den Tanks vorbehalten. Nun sind wir fertig damit, vier Tage ohne Bodenbretter im Salon, mit offenen Mannlöchern und Wasser aus dem Gardenaschlauch sind vorüber. Und daher brechen wir auf nach Lissabon. Langfahrers Reisemotto: „Rumbasteln können Sie auch woanders…“

Herbsttoene

Standort: Povoa de Varzim

Hmh. Eine Woche um, man mag es kaum glauben… Wenn wir so nach Deutschland gucken, das kommt ja vor, dann lesen wir immer öfter: „… Grüße aus dem herbstlichen …“. Oder hören Klagen über Nieselwetter und Kälte. Allerdings: Herbst, das können wir auch, zumindest „gefühlten Herbst“. Denn hier hebt sich gerade, was uns gestern morgen innerhalb 10 Minuten überfiel – ein fetter, klebriger, feuchter Seenebel, der zunächst mal die Nebelhuule auf dem Molenkopf stundenlang sirenen ließ und uns nun mehr als 24 Stunden beglückt hat. Sichtweite kaum von einem Steg zum anderen. Und schon beschleichen einen herbstliche Gedanken, und es fällt einem auf, wie viele Boote doch jetzt auch hier schon aus dem Wasser genommen werden. Nicht unbedingt von den Portugiesen, aber doch von Leuten, die ihr Schiff hier überwintern lassen und dann im kommenden Jahr – meist – ins Mittelmeer weitergehen. Oder, wie unsere Nachbarn vom vergangenen Wochenende, ihre Atlantikrunde für ein paar schöne Wintermonate (!) in Kanada unterbrechen. Die genießen schon den Indian Summer daheim in Chicoutimi, ganz im Norden von Québec. Und dann kommt der Winter. Zitat: „… wenn ich mein Ski-Doo durch die Hintertür schiebe, ist da 2000 km nichts. Außer einer Tankstelle. Nur für Ski-Doo…“ 7 Monate Schnee-Spaß, und dann wird wieder gesegelt. Rentnerleben. Während einerseits eine Überführungscrew nach der anderen in den kühlen Norden fliegt, stoppen hier gleichzeitig die, die auf dem Weg zu den Kanaren sind, nach Madeira oder an die Algarve. ARGO NAVIS, 20 Tonnen dänischer Stahl, Vater, Mutter, Schulkind, Kleinkind. TABASCO, eine große neue Najad mit einer Schwedenfamilie, 5 wasserstoffblonde Köpfe. Schule an Bord – sehr zum Leidwesen der Eltern, so zeitraubend hatten sie sich das nicht vorgestellt! RUNDDANS, Norwegen – na, Mücke, woher genau?! Na klar, Runddans kommt aus RUNDE! Und alle, alle Kids, egal, ob schulpflichtig oder nicht, kurven hier mit ihren Dinghies und aufblasbaren Kajaks (ich bin schon völlig neidisch!) durch die Gegend, so dass es manche der militanten Mütter aus unserem Heimatumfeld an den Rand der Herzattacke triebe. Zwischendrin tauscht man sich dann mal mit Susanne von der Argo Navis über Seebedingungen (sie fand die Anreise auch so anstrengend wie ich…), Downwind-Taktik (2 ausgebaumte Vorsegel) oder Fahrradanhänger und platte Reifen aus. Wenn nicht gerade eine Windel zu wechseln ist. Oder Pfannkuchen für 12 Mini-Wikinger zu backen sind. Hier kommt die Sonne raus – der Herbst ist vorbei! Wir schwenken um auf sommerlichen Pfirsichpfannkuchen… Unser nächstes Ziel ist Lissabon, und dann: Madeira. Der ewige Frühling…

Liebe Schwäschdr

3. September. Das ist…? Martina Karoffs Geburtstag! Grüße und Glückwünsche nach Italien, nehme ich mal an! Das ist einen Tag nach Dackel Zappels Geburtstag! …ach, ja – das ist ja auch DEIN Geburtstag, liebe Schwäschdr! Dass ich da nicht gleich drauf gekommen bin…

Wir wünschen Dir alles Gute, und, weil Du Dich nicht wehren kannst, suche ich jetzt mal die Geburtstagsvioline raus und fiedele ein bisschen durchs Internet, denn die geneigten Leser (keine Angst! Es sind nicht viele!) sollen doch wissen, dass da im griesen Norden Deutschlands eine tolle Frau wohnt. Eine, die alles hat, was mir so abgeht: Sanftmütig ist sie, und geduldig. Hilfsbereit (das kann ich auch!) und ausdauernd (das nicht…). Aufopferungsbereit. Kreativ! Die macht vielleicht schöne Sachen aus Papier! Zwei Sammelmappen haben wir an Bord, und mein Notizblöcklein. Und wenn mir schon meine rot-rote Keksdose aus Chinapapier fehlt, so fülle ich doch regelmäßig Nüsse und Kuchen in handbemalte, taubenblaue Blechdosen mit Nachtlandschaft oder Wolkendekor.
Aus alten Zeiten – made by Mücke. Weiter im Takt: die Frau ist eine Lehrerin, die ihre alten Schüler noch heute besuchen (das sollte mir mal passieren, in der einen wie der anderen Richtung). Eine, die ihre Nachbarn adoptiert. Koreanischen Kindern auf die schulischen und sonstige Sprünge hilft und ihnen nachts noch Pizza bäckt. Und dann ist sie auch noch mit einem grünen Daumen und einer Riesenkochmütze auf dem Kopf geboren…
Ich höre jetzt auf zu fiedeln, sonst hört man noch dieses eklige, neidvolle Kratzen von meinem Geigenbogen…

Wir werden Deinen Geburtstags-Apfel- und Pflaumenkuchen vermissen (gut, dass ich von der traditionellen Lagentorte Sodbrennen kriege, jedenfalls von den Mengen, die ich zu verschlingen pflegte…), aber vielleicht werde ich das Bordöfchen dazu bringen, zu Deinen Ehren einen kleinen Obstkuchen zu backen. Die Pflaumen hier sind ja diese handgranatengroßen Eierpflaumen, aber ich werde es mal probieren.

Liebe Leser, das war jetzt mal ein ziemlich spezieller Blogbeitrag. Aber gut zu wissen:
Meine Schwester hat Geburtstag, und sie hat all das Gute verdient, was wir – und sicherlich Ihr auch!- ihr wünschen.

Alles Liebe, Mücke, einen wunderschönen Geburtstag im sonnenbeschienenen Garten, viele nette Besucher und ein glückliches neues Lebensjahr mit viel Freude. Nicht zu viele, aber umso erfolgreichere Ausstellungen, viele Bewunderer, noch mehr gute Ideen und schöne Papierprodukte! Und herzliche Grüße aus dem sonnigen Portugal von der AKKA mit den beiden Akkanauten

Pilger, Burgen, Wiedersehen

Islas Cies. Vor Anker, bei einem riesigen Wetterleuchten in der Ferne

….es ist 23 Uhr. Wer sonnabends zum Feierabend kein gutes Brot gefunden hat und am Sonntag zu spät kommt, den bestraft das Leben. Ich habe gerade noch schnell ein Brot in den Ofen geschoben, denn hier, auf den Inseln, gibt es wohl kaum etwas – außerdem müssten wir noch vor dem Frühstück das Dinghi ausgraben und aufpumpen. Nee, nee. Wir sind am Abend noch aus Bayona ausgelaufen, fix noch die letzte Wäsche gespült, denn das Wasser dafür hatten wir teuer bezahlt… Das war nun die teuerste Marina
bisher – 42 Euro. Der Schwede neben uns mit seiner 8 m-Albin Vega zahlte UNSERE Ostsee-Rate, so um und bei 15 €. Und wir dachten schon, Dieppe wäre der Hit. Oder La Coruna vielleicht, obwohl wir es da ja schon ganz gut ausgehalten haben.
Von dort hatten wir am Donnerstag noch einen Busausflug gemacht. Um unter Jakobsmuscheln ein Bocadillo mit Schinken zu essen, einen Caffe con leche zu trinken und dabei Wandererwaden zu betrachten, und so etwas tut man in Santiago de Compostela. Wir saßen an strategisch günstiger Stelle – genau da, wo diverse Pilger auf dem Camino de Santiago durch die Altstadt abwärts laufen und erstmalig auf das Ziel der Pilgerfahrt schauen, die Kathedrale mit den Gebeinen des Heiligen Jakob. Und bei dem Anblick war dann so mancher doch ganz schön gerührt, hatten wir das Gefühl. Ganz gewiss der junge Mann, dessen Freundin uns an einer Ampel nach dem Weg zur Kathedrale fragte: sie war in Pamplona gestartet, und wir zogen schon den Hut, als sich herausstellte, dass der Freund aus Ferrara/Italien kam. Zu Fuß. So einen großen Hut hatten wir gerade nicht dabei, den wir dazu hätten ziehen müssen. Rund um die Kirche ein ziemlicher Rummel – wer immer Lust darauf hat, stattet sich noch schnell mit einem Wanderstock samt den Camino-Insignien, Jakobsmuschel und Flaschenkürbis, aus. Oder schießt ein schnelles Photo vom Jakobsschrein. Eine wilde Mischung von Guckern, sportlich motivierten Camino-Wanderern, ergriffenen Pilgern oder Mountainbikefahrern, die sich nach getaner Heldentat auf dem Kathedralenvorplatz abklatschen.

Zeit, mit der AKKA ums Kap Finisterre zu zuckeln. Wieder mal kommen wir spät los – es einfach so spät hell hier  – und es reicht gerade mal bis Corme. Aber ums Eck in die Ria de Mouros schiebt uns ein guter Wind. Ausbaumen ist mal wieder angesagt, wir nähern uns den Lösungen, zumal uns die Kira-von-Celle einen freundlich-kritischen Kommentar zu unserer Frage nach ihrer Methode der Vorwindsegelei und insbesondere zum doch wieder mal ins Auge gefassten Erwerb eines Parasailors schickt, das ist eine
Mischung aus Spinnaker und Kite. „… tolles Segel. Bis der Fehler passiert. Und der passiert bei kleiner Crew unweigerlich, und dann ist das Segel fort oder unbrauchbar…“ Wir werden es uns merken, Beate und Detlev, danke! Es lebe das Mailen per Kurzwelle!
Bayona erscheint uns zunächst mal nicht so attraktiv, aber der ausgedehnte Gang durch die alte Burganlage entschädigt uns sehr. Nicht nur, dass wir uns lebhaft vorstellen können, wie der alte Alfons, der Neunte, hier klippe-di-klapp über die alten Steinwege reitet. Beim Kaffee hoch über der Steilküste, Blick auf die Islas Cies im Dunst, kommt uns die Idee: Sönke und Judith hatten ja die Kanalinseln zu einem potentiellen Altersruhesitz erkoren – wir beantragen betreutes Wohnen in dieser Burg, mit Blick auf Meer und Inseln. Schließlich ist die Burg seit den 60er Jahren ein höchst feines Parador-Hotel. Und wenn uns dann über kurz oder lang das Geld ausgehen sollte (wohl eher über kurz!), könnte man sich in style von den mittelalterlichen Zinnen ins Tiefe stürzen.

Übrigens, wir haben eine gute, alte Bekannte wiedergetroffen. Am Steg lag eine deutsche Swan 48… Dantés. Weiß mit un-Nautor-mäßig schwarzem Maling. Ich denke mir nichts Böses, quatsche mit den Leuten über mein Dauerthema Amateurfunk, und irgendwie kommen wir auf unsere Atlantiküberquerung 1991. Auch mit Swan 48. „…“Morning Sun“ hieß die…“ Kurzes Schweigen, der Eigner stutzt: „… ich wusste gar nicht, dass die schon mal in der Karibik war… Sie stehen nämlich gerade davor!“
Da isses wieder! Das Schiff, mit dem zwar nicht alles anfing, aber mit dem die Sache mit der Langfahrtsegelei ernst wurde. Hmmh. Wirklich top in Ordnung. Und alles wie immer  – der Autopilot streikt gerade. Und eine Windsteueranlage hat sie immer noch nicht – ts, ts, ts…

Es klingelt – das Brot ist fertig und riecht sehr gut! Kojenzeit! Na, dann: Gute Nacht!

Und noch so ein Spaß…

Es gibt so Sachen, da sitzt man dann am nächsten Tag beim Morgenkaffee, und plötzlich sagt man: „… Mensch, das war schön…“ So heute, aber eins nach dem anderen…

Irgendwie geht das „ewige Verabschieden“ schon los. Da waren die Londoner Holländer oder holländischen Londoner Carola und Leonhard mit der schönen Arearea, einer Breehorn, mit denen es sich über Affenbücher und Martha Gellhorn und „Latin Music“ reden ließ, bei denen man abgucken und nicht zuletzt „Lila Downs“-Musik tauschen konnte. Abflug nach England. David „…do you have a weather machine“ mit seiner Summerbird, der zum Wetter-und Wind-Gucken mal rüberkommt. Abreise nach La Rochelle… Dann wir. Beim Ablegen in Sada singen uns – unter Gackern – Ulrike und Klaus von der Einhorn ein „…muss i denn, muss i denn..:“, konsterniert betrachtet von (deutschen) Gästen auf dem Nachbarboot.
Wir drehen noch eine Runde an der Hippo vorbei und lassen uns die schlechte Nachricht zurufen („… Flexkupplung erst am Mittwoch…“) und die gute: „… in La Coruna vom Hafen geradeaus und nach rechts. Tapas Bars…“

Wir kreuzen tapfer durch den angesagten West/Nordwestwind und den Regen. Schön nass, gleiten wir – Hilmar, so isses. Nicht immer, aber immer öfter… – in der Dársena Deportiva de La Coruna so bilderbuchmäßig wie elegant in die Mittelspring, dass Hafenmeister und die beiden Holländer rechts und links statt wilder
Leinenannahmemanöver nur zuschauen und rasch ins Trockene verschwinden. Für die Hafenmanöverunkundigen hier mal das Grundmuster: es naht eine Yacht, und schon gucken die Erdmännchen von den Nachbarbooten aus ihren Löchern – um Schaden abzuwenden, um schadenfrohe Kommentare abzugeben. Oder, die nettere Variante, um einfach zu helfen. Hafenkino ist immer interessant, aber dieses Mal konnten wir leider nur mit einem Lehrfilm dazu beitragen (wir sollten es nicht beschreien – der nächste Poller kommt bestimmt). Gleich darauf unser Auftritt als Helfer – Franzosen versuchen in mehrfachem Anlauf, ihre viel kleinere Elan in die Box gegenüber
zu bugsieren. Statt einer Mittelspring oder etwas anderem, was die Vorwärtsfahrt stoppen könnte, kommt das, was wir die „Stützleine“ nennen: Boot ungebremst auf den Steg zu, als erstes wird die Vorleine übergeben – um Fahrt rauszunehmen, müsste die ganz schön steif sein. Ist sie aber nicht. So hängen dann diverse Franzosen und Deutsche am Bugkorb und versuchen, den Aufprall zu mindern.

Zum Abend folgen wir den Hippo-Anweisungen, aber da wir am anderen Ende des Hafens damit beginnen, laufen wir zunächst mal durch die Altstadt, vorbei an romanischen Kirchengebäuden, an platanenüberdachten Plätzen. Sehr schön. Auf der Plaza Maria Pita ist Volkstanz – nicht unbedingt unser Lieblingsvergnügen, aber wir verweilen ein bisschen. Irgendwas vom Balkan – wir tippen mal auf Bulgarien?!-, wildes Trommeln und Tanzen aus dem Senegal, La Malagena in verschiedenen Varianten aus Murcia, dann Argentinien. Beim ukrainischen Beitrag trödeln wir dann weiter und nehmen ein paar Copas Weißwein und einige „raciones“ in einem der Straßenrestaurants. Kleine Bude, kleine Tische, noch kleinere Hocker, und alles voller Spanier und spanischer
Vokabelrätsel. Queso con membrillos, ich tippe auf Käse mit Quitten (richtig! sagt das Wörterbuch). Muscheln, deren Namen ich schon wieder vergessen habe. Aber je weiter man von zuhause fort ist, umso ungehemmter haut man die Esser am Nachbartisch an und stößt ein „…que es?“ oder „… como se llama?“ hervor. Mit immer freundlicher Antwort und gern gefolgt von Anweisungen, wie die Speise zu essen sei…

Und der Spaß? Der, der uns heute früh beim Kaffee wieder durch den Sinn ging? Das war „Argentinien“ auf der Plaza Maria Pita. Die übliche südamerikanische Folklorebesetzung im Hintergrund, steigen vielleicht 25, 30 Tänzer auf die Bühne. Die Tänzer schreiten, gegenseitig an die Schulter gelehnt, die Köpfe gesenkt. Runde Buckel, Indiobekleidung, schwarze Hüte, dunkle Tücher. Ein bisschen traurig sieht das aus. Für die ersten Minuten – dann entfaltet sich auf der Bühne Lärm und Farbe von durcheinanderwirbelnden, aber immer halbgeduckten Menschen, es bilden sich lange, bunte Ketten von Tänzern, dann wieder ein großen Tänzerhaufen, Tänzerkolonnen, Tänzerkreise. Tänzerchaos. In extremer Körperhaltung. Nach vorn gebeugt, nach hinten, scheinbar gleichförmig, im gleichen Takt, geordnet – und doch chaotisch… Das Publikum ist hingerissen, und plötzlich stehen die Tänzer im Publikum und ziehen für eine Weile lange Ketten von Zuschauern hinter sich her. Im Hintergrund flöten und trommeln die Musiker sich in Ekstase, bis das Ballett dann – wieder allein auf der Bühne – ausgewirbelt hat. Keine Folklore. Das war mehr Folk-Ballett, ganz modern. Und mitreißend. Die armen Ukrainer danach…

Und das ergibt zum Frühstückskaffee dann: „… schöne Kneipe und leckeres Essen gestern… Und dann die Argentinier! Mensch, das war wirklich schön …“

Für die Willhoefts…

Heute mal speziell nach Hamburg: Ein Gruß aus Sada – quasi vom TO-Stammtisch „Galizien“ an den TO-Stammtisch Hamburg. Was wäre der ohne Renate und Geerd Willhöft… Und was wären wir ohne diese informationsgeladenen Abende, jeden ersten Donnerstag am Isekai. Eigentlich gehen Gruß und Dank natürlich an die ganze Runde, an alle, die so viele Tipps beigesteuert haben – an alle die noch aufbrechen wollen, gerade auf Heimaturlaub waren oder „längst zurück“ – und uns mit ihren Erfahrungen auf den einen oder anderen Sprung geholfen haben. Man könnte fast ein bisschen Heimweh kriegen, aber dazu sind rundum zu viele andere, nette Segler.
Die AKKA wird jetzt weitertrödeln, die spanische und portugiesische Küste runter. Die HIPPOPOTAMUS bricht auch in den nächsten Tagen auf – vielleicht sieht man sich ja in den Rías, in Lissabon oder Marokko, und dann können wir uns für diese prächtige Tapas-Tafel revanchieren, gestern abend an Bord der AKKA, aber bereitet von Sönke und Judith. Nur Eva und Daniel und ihre APHRODITE, die müssen noch ein Weilchen auf den neuen Mast warten – aber irgendwann machen wir weiter mit „domm-Tüüch“-Erzählen über Gott und die Welt. Und mit „Steak und Bier und Zigaretten“. Das und anderes hat uns nämlich der Fotograf und Gitarrist des Abends geliefert, Bernd „Evas-Bruder“. Wat ’n Spaß… Sönke, Du musst üben – wir brauchen ein Willkommensständchen für die APHRODITE! Spätestens auf den Kanaren…

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Vom Spaßhaben in Sada

Sada. Die Blogs der anderen klangen ungefähr so: „… wenn man was am Boot zu machen hat, dann ist Sada erste Wahl…“ oder andersherum: „… La Coruna! Da brodelt das Leben in den Gassen …“ Fazit: Sada?! Naja…
Nun sind wir ja Seepomeranzen gehobenen Alters. Vielleicht liegt es daran, dass wir Spaß hatten…
Nach einem Tag mit viel Krimskrams – von Rumpfentsalzen bis „abgearbeitete Seekarten aussortieren“ – wurde von Hippo und Aphrodite das Abendprogramm ausgerufen: „Strandparty, da gibt es bestimmt auch was zu essen“. Und das uns älteren Mitbürgern… Wir trotten über einen Volksfestplatz mit Karussells, Kinderbespaßung, Waffelbuden und zu lauter Musik – um es kurz zu machen: die Kinder werden auch noch bespaßt, als wir um 1 Uhr wieder dran vorbeikommen, das wird uns dann spanisch vorkommen. Strandparty? Hmh. Nö. In den Straßen rundum tröpfelt das Geschäftsleben dem Wochenende entgegen, es ist so um die 21 Uhr. An Marktständen gibt es eine
Mischung aus Gemüse, Polyester-Chic, Brot und Kuchen, Plastikspielzeug und Würsten. Das klingt jetzt vielleicht wenig verlockend, aber: es ist doch lebendig und – eben spanisch. Vor allem die charcuterias mit diesem „Himmel voller Schinken“… Ob so einer sich wohl auch gut im AKKA-Salon macht?
Mit Mühe kriegen wir vor einer Kneipe im Fußgängergewühl Platz für sechs an einem Vierertisch – nebenan sitzt die spanische Familie mit dem „aufgeweckten Kind“ (akustisch sehr wach!) an einem ebensolchen Tisch, zu neunt – da haben wir ja vergleichsweise Glück, auch mit den versammelten Sprachkenntnissen, namentlich schöpfen wir aus Evas fundierter Reisevorbereitung, zu der auch Spanischunterricht gehörte. Nach dem reihenweisen Narkotisieren von Patienten, so zwischen Facharzt- und Funkamateurprüfung, noch zum Einzelunterricht zu eilen: Chapeau! Und so
kommt es dann zum Hamburger-TO-Stammtisch-Kampfessen: Die Tischgröße bedingt mehrere Fuhren Calamares, Pulpo, Jamón, Queso de País, Raxo (irgendwas Schweinisches auf Kartoffeln), Miesmuscheln (zu denen die Meinung geteilt war). Gambas in Knoblauch… Noch mehr, ich weiß es nicht mehr. Jeder pickt so viel – bei den Gambas so schnell  – er kann. Klasse.
Mein Hit folgt aber auf dem Rückweg, mittlerweile naht die Mitternacht. Von einer Live-Bühne am Volksfestplatz wabern Nebelschwaden und tönt – was ist das denn? Irisch? Eine Weile bleiben wir stehen, ich bin fasziniert. Wo sind wir hier? Galizien. Das ist: gälisch! Eine spanische Folkband mit dem vollen Programm gälischer Instrumente. Drehleier, Dudelsäcke, Bodhran, gälische Bouzouki- modern, musikalisch zwischen Irland und dem Morgenland, mit einer guten Percussion, Violinen, Sopran-Saxophon, Akkordeon, Laute… Zum Schluss -das junge TO-Gemüse hat sich verzogen – beginnen die Spanier rundum dann doch die Beine zu heben, auf so eine gälisch-sparsame Bewegungsart; eigentlich kommt die Sache erst zur Zugabe so recht in Fahrt.
BERROGÜETTO, so viel kann ich in Erfahrung bringen, ich trau mich mit rudimentärem Spanisch an die Nachbarn ran. Und kriege ein schweizerisch angehauchtes Gastarbeiter-Deutsch zurück: „… galizisch. Beste in Galicia! Keltisch!“ Eva N. – es hätte Dir gefallen. Eine neue CD gibt es. Die Erinnerung an ein Spaßhighlight in Sada. Und die Hoffnung auf
noch mehr solcher Überraschungen auf unserer Reise. Als Nächstes: Mísia in Lissabon?

Kleiner Nachtrag

…. wir sind da! An Sada bei La Coruna um 12:30 – und schon um 13:00 saßen wir mit Eva und Daniel im Cockpit, die mit ihren scharfen Augen unser Schiff entdeckt hatten.
Es ist heiß, wir sind müde – aber der Eigner wechselt gerade mal schnell das Motoröl ;).

Nachzutragen bleibt natürlich auch, wie denn der Rest der Reise war: Nach der flauen Zeit am Donnerstag gab es endlich wieder Wind, und dann auch gleich die Tüte voll, die die Biscaya unter Umständen so berüchtigt macht. Alles wie – wetterwelt.de sei dank! – vorhergesagt, und für uns aus der richtigen Richtung, dass es nur interessant, nicht kritisch wurde. Hundewache – sehr nett, 7 bft. Wind und ein offensichtlich gelangweilter Trawler, der mal schnell einen Schlenker auf uns zu dreht. Notweckruf an den schlafenden Eigner für ein eiliges Segelmanöver und kurzes Rätselraten, wie weit der Kerl wohl sein Netz nachschleppt. Zum Morgenwachwechsel wurde meine Bitte um einen halbstündigen „Nachschlag“ geflissentlich überhört: „… ich würde doch gern die Kutterstagfock setzen…“ Vorschiffsturnen statt Koje. Genau das, was ich mir vorgestellt hatte. Ein gutes hatte die Aktion: Die Biscaya schaute sich das Manöver an, sagte: „…gut gemacht, Ihr AKKAnauten!“ und fuhr die Windgeschwindigkeit zurück. Nach einer Stunde Fock (ein tolles Segel! Vielen Dank, Co-Segel In Grödersby!) wieder die große Genua, nach zweien die Überlegung, ob der Gennaker sich lohnt und der Rest bis in die Ría de Betanzos war Motoren. Unsere Biscaya. Spannend, sehr spannend, aber unspektakulär.

Fingerübungen

Eher gemächlich zuckeln wir gerade auf der Biscaya dahin. Der zweite Tag neigt sich dem Ende entgegen, die dritte Nacht kommt. Laut Wetterbericht soll es noch etwas mehr werden mit dem Wind vor der spanischen Küste – wir sind jetzt noch gute 90 Meilen von La Coruna entfernt, und da beginnt man dann mit den jeweiligen Geschwindigkeiten ETA hochzurechnen (nein, nicht DIE ETA, die hier gleich um die Ecke haust, sondern die Estimated Time of Arrival). Wenn es bei dem derzeitigen Wind bleibt, dann schaffen
wir es genau bis morgen zum Sonnenuntergang in Sada. Laufen wir schneller, umso besser. Gestern nacht verließ uns der Wind doch weitgehend, und wir haben den Motor zum Schieben angeworfen – die Welle war eklig, wie eigentlich schon die ganze erste Nacht, in der wir allerdings doch noch ganz gut Fahrt gemacht haben. Bis gestern Nacht fuhren wir völlig platt vor dem Wind, mit ausgebaumter Genua – eine Premiere. Und ein Riesengegeige. Musikalisch ist die AKKA – geigen kann sie ganz hervorragend …
Und im Schiff rollt doch alles Mögliche hin und her, insgesamt ein bisschen mühsam. Pantryverrichtungen werden echt schwierig, ich habe schon ein paar Stellen zum Nachrüsten aufgetan, Abstellflächen für Töpfe zum Beispiel. Stellt man nur kurz den kleinen Topf mit dem Reis unter den Herd, kommt unweigerlich nach der dritten Welle der Suppentopf von oben: Der Herd schwingt, hakt am Reis ein und schon hat sich’s mit der Kardanik…
Ich denke viel an unsere Atlantikreise, und ob ich das damals auch als so kräftezehrend empfunden habe. Was es hier besonders anstrengend macht, ist wohl die Schwierigkeit auf Kommando zu schlafen – Schlafmangel ist einfach unvermeidlich. Das macht die kleine Crew – mit einem weiteren Wachgänger hätte man doch die etwas längeren Pausen auf langen Strecken. Und so richten sich denn die Gedanken nicht nur auf die baldige Ankuft in Spanien – die Spanier sind ja schon auf dem Funk – sondern auch auf
die langen Schläge, die noch kommen sollen. Die ganz ruhige Zeit heute im Laufe des Tages haben wir genutzt, um alle möglichen Klapper- und Rums-Stellen zu orten und mit Kissen, Decken, Zeitungen zu stopfen. Witzig, was alles Krach macht: Der Feuerlöscher in der Cockpit-Backskiste zum Beispiel. Der Griff hat vielleicht 1 cm Spiel zur Wand. Und diesen Zentimeter nutzt der Löscher, um im Seegang ein vernehmliches Rumsen zu verursachen. Der Bolzenschneider. Der Staubsauger- auf Rollen! Rollt wunderbar
gegen die Schranktür. Konserverdosen, die sich „losgerissen“ haben, knallen gegen die Schapptüren und rollen wieder zurück. Peng- rappel-rappel-RAPPEL-PENG. Das hochkant stehende PE-Schneidbrett. Schwer genug um bei Steuerbordlage zum Fenster zu rutschen und dann mit Schwung gegen die Kante der Pantryablage zu knallen. Dong. Leider ist bei der Stopfmaterialsuche der ungelesene Rest meiner ZEIT draufgegangen, Kissenvorräte sind erschöpft. Wir lernen für den Atlantik.
Jetzt wird gekocht – nach dem Motto: Koch, wenn Du kannst. Auch eine Fingerübung für Ozeanstrecken.