Monster, Molas, Mamitupu

Mamitupu/Kuna Yala, Panama, 29.1.2010

Eigentlich gehoert zu diesem Titel ein Bild – das wird nachgetragen: Eine Mama aus Mamitupu, eine Mola, ein Monster… Vielleicht kommt das Bild sogar ziemlich bald, denn es ist ein Projekt „AKKA-Blog-Administrator“ auf dem Wege, und dieser Admin kann demnächst per Funk gemailte Bilder online stellen; freiwillige Ersatzleute werden noch gesucht. Die Umlaute schreibe ich schon mal aus, damit das bald losgehen kann – ich hoffe, man kann den Text auch so lesen…

Monster, Molas ...

Monster, Molas …

AKKA rollt derzeit ordentlich in der Duenung; oben im Norden ist mal wieder typisches „except the Coast of Colombia“-Winterwetter, und dessen Gewelle erwischt uns hier vor der Ostkueste von Panama, auch wenn wir geschuetzt zwischen den Korallenuntiefen vor Mamitupu liegen. Seit zwei Tagen ist es dazu auch noch richtig truebe, der Darien haengt voller Wolken, ab und an regnet es sogar (…wie schoen, wie schoen! Der Dreck von Cartagena muss weg!). Was tut man bei solchem Wetter?! Man geht im Dorf Bro(e)t(chen) holen, 10 Stueck zu einem (teuren) Dollar, man besichtigt den „Flughafen“ von Mamitupu, landet mit dem Dinghy auf dem Festland an, um mal zu gucken, wohin eigentlich diese zig Ulus in der Morgendaemmerung fahren. Sie fahren natuerlich nur bis zum Strand, werden dort muehsam an Land gezogen oder im Fall einger Privilegierter an Stecken in der Brandungszone festgebunden. Da liegen sie dann, als viele kleine schwarze Striche und Punkte weithin sichtbar, den ganzen Tag, zwanzig, dreißig, fünfzig – sechzig zaehlten wir gestern vormittag. Was man NICHT sieht, sind Menschen. Herr und Frau Kuna steigen aus, nehmen ihre Machete und verschwinden im Unterholz. Der Pfad, dem wir folgen, ist zunaechst matschig und schmal, erweitert sich aber bald in einen Kokospalmhain hinein – ab und zu hoert man aus dem Gebuesch das Schlagen von Stoecken oder Messern, und dann kommen uns doch gelegentlich Leute entgegen: „…adonde vas?“. Wo gehst Du hin? Spazieren ist natuerlich in dieser Arbeitsumgebung eine befremdliche Antwort, und ich hatte zunaechst den Verdacht, dass dies eine Kontrollfrage sei, aber alle sind interssiert, nett, fragen nach dem Boot (auch AKKA ist ein „ulu“!). Der freundliche Mann, der uns am ersten Tag Langusten entgegenhielt, bietet heute handtellergrosse Krabben an; er zeigt uns wie’s geht: den Arm tief in die Gaenge stecken, Krabbe zuzwicken lassen und ziehen; ganz einfach. Eine Stunde spaeter treffen wir ihn, er strahlt: „Ya!“ Fertig! 15 Stueck hat er erwischt. Eine Gruppe junger Leute rodet ein kleines Feld fuer Yamsanbau. Die Familie, die uns ueberholt, ist leider des Spanischen noch weniger maechtig als wir, also versiegt die Unterhaltung im Gelaechter, aber schon an der naechsten Palme kriegen wir unsere Auskuenfte zu Kokosnuss und Co. Wie man den Bast abtrennt (Machete), wie man an die Nuesse kommt (raufklettern), wozu die Wasserloecher gut sind (Reservoir), wer die Nuesse kauft (Kolumbianer). Unsere Familie holen wir auch wieder ein, die sind dabei, eher winzige Krabben in der Uferzone zu sammeln, das Abendessen. Schoen nass werden wir in der Brandungsgischt, die Gummistiefel laufen mehrfach voll, aber wir sind ganz froh, sie zu haben – welcher Art die grasgruene Schlange ist, die sich da vor uns davonmacht, muss noch untersucht werden, aber sehr farbige Schlangen sind schon mal per se verdaechtig und noch verdaechtiger ist, dass die Maenner eigentlich alle Gummistiefel tragen… Der alte Herr, der uns mit einem Tragstock mit Kokosnussbuendeln entgegenkommt, ist vom Fotografieren nicht so angetan. Die alte Schule. In unserem 15 jaehrigen Segelfuehrer steht noch, dass Mamitupu eine der traditionellsten Gemeinden in Kuna Yala ist – eine Amerikanerin, die seit 15 Jahren hierher kommt, sagte sogar „… unfreundlichste…“. Im Buch steht: Fotos sind gar nicht erlaubt, man muss nach Sonnenuntergang das Dorf verlassen haben, Congresso findet taeglich statt… Aber in 15 Jahren tut sich ja viel, Congresso findet zwar regelmaessig statt, aber doch nicht taeglich, und ja, es gibt sie, die Frauen, die ganz fix ins Haus huschen, wenn sie unserer ansichtig werden. Aber noch mehr gibt es, die auch gleich wieder auf der Strasse stehen und mit bunten Molas winken. „Bakke mola?!“ Nein, vielen Dank, wir haben schon… . Ich gehe den Leuten nicht gern auf den Wecker und mag ihnen schon gar nicht auf die Fuesse treten, und so nutze ich lieber andere Anlaesse fuer Kontaktaufnahme, Yamile beim Heraufziehen des Ulus helfen, Brotkaufen oder auch Molas anschauen. Bei Yamile im Hof finden wir uns umringt von Kindern, Erwachsenen undefinierbaren Alters, klassische Molabluse steht neben Radlerhosen. Es ist schon fremd, und so kommt es dass man seine Kontakte doch gern mal bei den vertrauten Dingen beginnt: „…oink!“ Das Schwein in seinem Stelzenstall, gutes Gespraechsthema. Wann wird es geschlachtet?! Zum Kuna-Fest im naechsten Jahr! Aber dann kommen doch die Molas, stapelweise… Wir verabschieden uns mit dem vagen Versprechen wiederzukommen.
Und noch immer denken wir: Fotografieren ist nicht erlaubt. Mittlerweile johlen diverse kleine Freunde aber schon „Andrea, Andrea“, und Andreas „Andres“ schaekert ausgiebig mit aller Altersstufen – und siehe da, die Menschentraube, die sich um ihn versammelt, wird rasch groesser. Ich sage noch, als er die Kamera zueckt: „… lass mal..“, aber da geht schon eine offensichtlich bestellte Fotosession los. Jeder will drauf. Da heutzutage ja das Produkt sofort bewundert werden kann, ist das Geschrei gross, zig klebrige Finger grabschen nach dem Display, und ploetzlich stehen auch die Damen in Positur, mit Kindern auf dem Arm und ohne. Wundervolle Gesichter, wie wir hinterher sehen werden. Nur dem kleinen Sohn von Yamile ist der Typ, der sich da mit Mutter und Mola ablichten laesst, schwer unheimlich. Ein Monster aus der Suedheide, auf Kuna: „Meriki“, weisser Mann. Ist aber auch gruselig.

Die Monster schwingen sich uebrigens gleich ins Dinghy, Fotosession, 2. Teil: wir haben einen Kuchen gebacken und treffen uns mit den Frauen (und wahrscheinlich einem Rattenschwanz von Kindern) bei „la punta“, an der Inselspitze. Das ist da, wo keine Huetten stehen, denn angeblich wohnt dort „espiritu malo“, der boese Geist. Ein hervorragender Treffpunkt, um die versprochenen Ausdrucke der Fotos abzuliefern, mit einem kleinen konspirativen Touch. Mag sein, dass das mit dem Fotografieren in Mamitupu doch nicht ganz so im Sinne der Dorfaeltesten ist. Wir versuchen uns in monstermaessiger Zurueckhaltung. Im Zweifelsfall: Mola kaufen…

Weit, weit weg …

Ustupu, Kuna Yala/Panama, 24.1.2010

Da steh‘ ich auf dem Vorschiff und lasse mich begucken. „Hola“, „Buenos Dias/Tardes“ oder in der Kurzform „… buenos…“. Ein Einbaum nach dem anderen, „Ulu“ genannt, gleitet vorbei. Palmschoesslinge, Feuerholz, Baumaterial, Kochbananen. Wirklich fleissig sind die Kunas hier, in Ustupu, Kuna Yalas groesster Siedlung; der Segelfuehrer schreibt dazu: „8.000 Kunas plus the children“. Und eben diese Kinder sind wirklich zahllos. Noch mehr „Hola! Hola!“, zumal derzeit auch grosse Ferien sind.

Ustupu

AKKA-Ustupu 0124-1

Die 10 Schiffe, die mehr oder weniger zeitgleich aus Kolumbien hergekommen waren, haben sich aufgeteilt: AKKA plus 2 weitere sind von der Isla Pinos hierher gefahren, aber die Mehrheit hat sich gegen „hohe Bevoelkerungsdichte und fortschrittliche Lebensweise“ entschieden und sorgt nun daf�r, dass der Ankerplatz im wohl sehr traditionellen Mamitupu, ein paar Meilen weiter, aus den Naehten platzt.
Wir moegen es hier in Ustupu, auch wenn tatsaechlich 1 bis 2 mal am Tag ein Buschflieger auf dem nahen Airstrip landet; der ist nur mit Einbaum (wahlweise auch motorisiert), zu erreichen, das Abfertigungsgeb�ude eine palmgedeckte H�tte – das Plumpsklo, das nach Kunasitte auf Stelzen im Wasser steht, bitte nur mit g�ltigem Flugticket benutzen! Scherz beiseite: Gestern und heute habe ich in der Tat lange Zeit auf dem Vorschiff gestanden, meine kleine Plastikwaschmaschine betrieben und wie immer ein bisschen geflucht: Wasser einfuellen, Waesche auswringen, Wasser ablassen, Waesche wieder einfuellen, Wasser drauf, spuelen, wringen, spuelen… Derweil verwandelt der Wassermacher das Seewasser in Waschwasser,die notwendige Energie liefern Solarpanel und Windgenerator. Aber wenn dann diese Kunafrau vorbeipaddelt, muehsam gegen den starken Wind, das Ulu randvoll mit Kokosnuessen und ueberschwappendem Seewasser – dann wird mir schlagartig klar, dass es nichts zu fluchen gibt. Es ist mir fast unangenehm unsere Schaetze auf der Waescheleine zur Schau zu stellen: dicke Frotteetuecher, Bettlaken, all die Blusen, Hemden, Hosen. Jahrhunderte scheinen zwischen uns zu liegen – es mir noch nie so direkt vor Augen gef�hrt worden, wie reich wir doch sind, wir Segler alle miteinander, mit unseren voll ausgestatteten Schiffen, und seien sie noch so klein…

Die letzten Tage waren wir zum Abendessen drueben im Dorf – Wasser, Reis, Huhn, Linsen. Bier gibt es nach bester Kuna-Sitte nicht, nur Pepsi, das geht schon mal, oder richtig eklige Limonaden; Alkohol ist in vielen Kuna-Orten verpoent, nur zu Festivitaeten wird die Chicha angesetzt, ein angeblich sanft beduselndes Gebraeu aus vergorenem Zuckerrohrsaft… Kein Wunder, dass diese Festivitaeten angeblich eine betraechtliche Laenge erreichen! Wenn man Glueck hat, verfuegt das Restaurant ueber ein Solarmodul und kann eine Energiesparleuchte betreiben, ein Privileg in nur einer Handvoll unter Hunderten von Haeusern. Fisch, um zum Menu zu kommen, gibt es derzeit nicht – zu viel Wind zum Fischen; und die Langusten… Naja, die moegen wir nicht so, wir sahen die Kaefige mit dem Fang in der Lagune liegen, umrundet von Kuna-Huetten, vor jeder Huette das oben beschriebene Stelzen-Klo; ab und an ist auch noch ein kleiner Schweinestall dazwischen, echt praktisch, da selbstreinigend! Sehr nahrhaftes Wasser. Daher also Huhn auf unserem Teller. Aber, wo wir schon beim Essen sind: Kuna-Brot ist ein echtes Broetchen-Wunder. Und ausserdem verkauft der Baecker unseres Vertrauens auch noch viele andere Sachen, ein echter Kraemer halt: Stoffe f�r Molas, einzelne Windeln (nach denen immer die groesseren Geschwister geschickt werden!), Schulmaterial, Kochbananen, Desinfektionsmittel, Oel, Macheten. Und, als ultimative Geschaeftsidee, das Aufladen von Handy-Batterien. Steckdosen sind hier, wie man sich vorstellen kann, Mangelware, nicht so jedoch Mobiltelefone. Baecker Andres erklaert uns endlich auch die Sache mit dem Nationalsymbol der Kunas, dem „cruz gamada“… Das war VOR den deutschen Nationalsozialisten, darum ist IHR Hakenkreuz das richtige. Was er verschweigt, ist, dass das Kreuz wahrscheinlich von einem nordamerikanischen Siedler namens Marsh hierher gebracht wurde, und dass die Kuna-Revolution von 1925 Folgen hatte, die man als Rassenhygiene beschreiben kann; so wurden Kinder aus Mischehen zu Hunderten umgebracht. Ob es da einen Zusammenhang gibt? Wir sind der Wahrheit noch auf der Spur. Wie dem auch sei: keine „shakiras“ f�r die AKKA, das sind die breiten Perlenb�nder, die alle Frauenbeine und -arme schm�cken, in den Nationalfarben, rot und gelb und meist mit Hakenkreuz. Es ist ein Kreuz… Das sehen andere Seglernationen nat�rlich viel lockerer, und so weht es fr�hlich rot-gelb unter australischen und britischen Salingen. Mit Kreuz.
Dunkel, aber nicht duesterer Stimmung geht der Abend auf dem Dorfplatz zu Ende: auch hier eine Energiesparleuchte, die die versammelte Dorfjugend befunzelt. Und waehrend sich einige einen Spass mit und ueber uns machen, die wir uns im Dustern auf einer der Betonbaenke gepflanzt haben, werden wir von Naika ausdauernd und ernsthaft befragt. �ber den grossen Ozean, mit so einer Yacht!? Habt Ihr Karten?! Woher kommt das Wasser?! Der Proviant?! Wie weit ist das? Wie lang?! Wie ist das in Europa? „… ich dachte immer, dass all die Yachten, die hier anhalten, aus Panama kommen…“ Naika hat jetzt ein neues Lieblingsfach: Geografie, und er geht naechstes Jahr nach „Panama“ – in die hoehere Schule: “ …weit weg!“
Wir auch. Zurueck zur AKKA. Ganz nah und doch Jahrhunderte von einem Kunadorf entfernt.

Secretos del Mar

Isla Pinos, Kuna Yala/Panama, 21.1.2010

Secretos del Mar – das stand auf einem verfallenden, großen Fischerboot am Ufer der Insel Tintipan in den Islas San Bernardo, unserem letzten Ankerplatz in Kolumbien. So richtig viele „Geheimnisse des Meeres“ haben wir dort nicht lüften können, obwohl sich eine ganze Reihe von Fragen stellten. Unbewohnt hatte der Segelführer gesagt. Nun ja, zur Zeit zumindest. Man fragt sich aber, wem all die prächtigen nicht bewohnten Häuser gehören, die sich nach skandinavischer Ferienhausmanier im dichten Palmen- und Mangrovenbewuchs verstecken, alle paar hundert Meter eines. Oder auch, wem die verfallenden Anwesen gehört haben mögen, die sich dazwischen mogelten. Die Fischer der Umgegend kommen zwar offensichtlich zum Wasserholen herüber auf’s dicht bewachsene Tintipan, aber leben tun sie auf einem kahlen Felsen eine Meile vor der Insel. 40, 50 armselige Fischerhütten drängen sich dort. Dagegen hat jedes Haus auf Tintipan einen eigenen Anleger, meist prächtig auf Stelzen ins Wasser gesetzt, und auf dem Stegkopf schwebt ein offener doppelstöckiger „Empfangspavillon“ – unter dessen Palmblattdach immer eine Hängematte schaukelt, und darin der Wächter. Keine Chance zum Landgang für neugierige Segler… Der Betreiber der Tauchstation erzählt uns ein bisschen. „Reiche Leute aus dem Inland… Bogotá, Medellín…“ Hmh. Feriendomizile für kolumbianische Farmer mit der einen, ganz speziellen Ernte?! Der freundliche Fischer, dem das Benzin ausgeht, fragt jedenfalls nicht einen der „Hausmeister“, sondern kommt zu uns und bittet um ein Schälchen Sprit. Wir umrunden die Insel im Dinghy, tuckern durch die große Lagune und suchen uns einen Alterswohnsitz aus. Weiß-blau, ein bisschen griechisch-kubisch, das gefällt uns am besten. Wenn nur diese vielleicht fragwürdigen Nachbarn nicht wären, die es etwas protziger mögen. Andererseits: es muss das ganze Jahr ziemlich ruhig sein, nur zu den Festtagen, da wird hier der Teufel los sein.

Und nun? Kontrastprogramm Panama! Nicht Panama = Kanal, sondern „Kuna Yala“, eine sehr autonome Provinz, fast gänzlich unter Eigenverwaltung der indigenen Bevölkerung. Wir sind bei den Kuna-Indianern gelandet, wo Männer nach der Heirat ihre Machete nehmen und ins Gehöft der Ehefrau ziehen, wo ein „congreso“ tägliche Ratssitzung hält, und, wenn es sein muss, auch zu Gericht sitzt. Strandgut aufzusammeln wäre ein Vergehen, selbst eine angeschwemmte Kokosnuss ist Gemeingut. Jede Einbaumfahrt vom Dorf zu den Feldern oder zu den Fischgründen wird notiert – und, im Erfolgsfall, besteuert, der „segretario“ sitzt auf dem Dorfanleger. Ehen ausserhalb der Kunas? Bedeuten den Ausschluss aus der Gemeinschaft. Palmblattgedeckte Hütten mit gestampftem Lehmboden, der erste Einbaum, der zu uns kam, hatte zwar einen Außenborder – der „Gesandte“ des Sahila, des Dorfältesten, der seinen Obulus von uns forderte (natürlich mit offizieller Quittung!) – aber die anderen Einbäume werden gepaddelt, ordnungsgemäß nach Kanadierart. AKKA liegt vor der Insel Pinos oder besser „Tupbak“, Walinsel, deren Spitze (150 m) wir gestern schon erklommen haben; im Dorf Mamimulu haben wir in indianische Gehöfte geblickt und erste vorsichtige Tuchfühlung aufgenommen . Das zivilisierte Ende dieses Ankerplatzes ist mal wieder die kleine Seglergemeinde; uff – 10 Boote, es ist unglaublich, als wir ankamen waren es noch 4… Dazu traf gestern traf noch eine amerikanische Ketsch ein, voller Rucksackreisender – Segeln ist die einzige Alternative für Backpacker, die aus Zentralamerika nach Südamerika gelangen wollen, oder umgekehrt, wenn man denn nicht fliegen will. Dennoch ist es schön, und noch faszinierender als die kleine Insel Pinos ist für uns die gegenüberliegende Seite: man kann stundenlang dort hinüber starren, dahin, wo sich graue Regenwolken und Dunstschleier über Hügel- und Bergketten stauen. Der Darien – das unwegsame Urwaldgelände, das Panama und Kolumbien verbindet, Heimat für die Kunas (und für die FARC-Guerilla, auf der kolumbianischen Seite!). Dies ist die Gegend, wo die berühmte „Traumstraße der Welt“, die Panamericana, eine kurze Unterbrechung erfährt. Noch ein „secreto del mar“, oder, sehr frei nach Janosch: SEHR geheimnisvolles Panama!

Immer langsam…

Isla Grande / Los Rosarios, Kolumbien, 13.1.2010

Samstagmorgen, Abfahrt in Cartagena – was für ein „ankerauf“… Besonders die Ankerkette machte mir echten Spaß, mit all dem Bewuchs und Gematsche dran; und so etwas dauert… In einer amerikanischen Reisebeschreibung hatten wir gelesen, dass man „ernsthaft in Erwägung gezogen habe, den Anker im Hafendreck liegen zu lassen“. Ganz so schnlimm war es dann doch nicht, aber immerhin erwägen WIR nun in Panama eine Hochdruckpumpe zu erwerben, für weitere Eventualfälle… Dann Motoren und Wassermachen, und nach 5 Stunden: Platsch! Endlich. Schön war’s ja in Cartagena, aber die Wasserqualität…

Nun, nach 3 Tagen Ankern im klaren Wasser gibt es mal wieder eine Verschnaufpause, die einen Blogeintrag erlaubt. Wir haben wirklich ordentlich geschrubbt, begonnen mit einer Runde „Wasserlinie“ – und danach 3 Portionen „Freediver-Batterie leeren“, am erstaunlich dick bewachsenen Rumpf. Schaut man sich die Kruste an, die sich seit Spaanse Water angesammelt hat, könnte man meinen, dass unsere spezielle Art von „Hartantifouling“ nichts nutzt, aber die Kielsohle hatte schließlich gar keinen Coppershieldauftrag erhalten, und was AKKA dort angesetzt hatte, kann man getrost mit „Bart“ umschreiben. Die Rumpfflächen lassen sich ganz einfach mit dem Spachtel abziehen, Marke „Schneeschieben“, aber dieser Bart erfordert richtigen Kraftaufwand und erzeugt eine Menge feiner Schnitte und Kratzer an den Fingern (gegen die es ein einfaches Mittel gibt, stimmt. Handschuhe. Aber ich liebe es nun mal , wenn man beim Kochen den Einsatz von Limone und Salz so hautnah spürt …). Die BAERNE hatte uns in Curacao schon gewarnt, dass es in Cartagena so kommen würde, und als ich gestern zur Entspannung mal zur ENOLA rüberschwamm, gab es auch dort ein langes Gesicht: SO viel Bewuchs auf dem erst in Willemstad aufgetragenen Antifouling (und das ist ein wirkliches Schweinezeug, mit Zinn und all dem, was sonstwo nicht erlaubt ist…). Also sind wir mit dem Coppershield wieder versöhnt. Und ehrlich gesagt macht mir das Schrubben ja auch Spaß – ausgiebiges Schwimmen und Tauchen ganz ohne das Gefühl, die kostbare Zeit zu verdaddeln. Zu diesem Spaß trägt auch der stete Besuch bei, den wir ums Schiff versammeln – nicht so eine Augenweide wie in den Inseln, die hinter uns liegen, aber doch lustig anzuschauen: ein riesiger (!) Schwarm winziger Sardinen, dünn, kleinfingerlang, die in AKKAs Schatten Schutz suchen und im Gleichtakt alle möglichen Formationen einnehmen: in langer Kette rings um Schiff, locker um die Taucher gruppiert oder dicht gedrängt als dunkle Wolke, alles je nach Bedrohungszustand. Wild durcheinander heißt: „…haha! Kein Feind in Sicht!“ Aber fern sind die Fressfeinde nie: Unterm Kiel steht nämlich noch ein Schwarm kleiner Jacks, die offensichtlich kleine Sardinen mögen, und dann gibt es noch eine Gruppe halbstarker Toninos, die torpedoartig um ihre Beute pfeilen und ab und zu für gewaltige Unruhe sorgen. Da kann es schon mal vorkommen, dass die Sardinen in ihrer Panik die Taucher überrennen und man welche aus dem Ausschnitt grabbeln muss. Für die 5 Sardinchen, die wir zur Abendfahrt aus dem Dinghy lesen konnten, kam allerdings alle Hilfe zu spät.
Noch etwas Gutes ist an den Sardinen. Fischer Reynardo, der uns vor zwei Tagen schon einen Snapper verkauft hatte, zeigte uns vorhin, womit er den schönen Thun geködert hat, der jetzt in unserer Kühlbox liegt: Sardinen eben. Netter Mensch, der Reynardo, und freut sich, dass wir so ausdauernd hier liegen; sein Absatzmarkt für die nächsten Tage scheint gesichert. Außer Snapper und Thuns bringt er auch Papaya von der Insel; mal gucken, was er sonst noch so auf Lager hat. Wir freuen uns über den Fisch, er kassiert sicher gut bei uns ab und kriegt als Belohnung für AKKA- und andere Schmeicheleien noch einen Trunk aus dem bordeigenen Wassertank – für uns ein Vorgeschmack auf die San Blas Inseln, wo die Kuna-Indianer ganz heiß auf „selbstgemachtes“ Wasser sein sollen.
Für den Sprung hinüber warten wir noch das richtige Wetter ab. Und welches ist das richtige Wetter?! Viel Wind, wenig Welle?! Derzeit ist wenig Wind, viel Welle angesagt. Ist aber auch zu und zu schön hier…

Das war Cartagena…

Cartagena de Indias, 8.1.2010
Die Containerfrachter bemühen sich, die AKKA nicht zu überlaufen...

Die Containerfrachter bemühen sich, die AKKA nicht zu überlaufen…

Im Titel steht’s: Das war Cartagena. Für uns jedenfalls, denn morgen geht es weiter, zunächst mal zu den Islas Rosarios, das Unterwasserschiff reinigen. Es ist einfach unfassbar, was sich in dieser Großstadtlagune abspielen muss, um einen derartigen Bewuchs zu erzeugen. Vor zwei Tagen war ich mal kurz – jawohl, iiih! – tauchen, um wenigsten die Schraube von der dicken Muschelauflage zu befreien (Muscheln, das war jetzt für die Landratten und nicht-Biiologen, es sind nämlich keine Muscheln, sondern Krebstierchen!). Gehörgänge 5 mal mit Ehmscher Lösung spülen inklusive, aber ich habe es ohne Infektionen überlebt…
... denn AKKA liegt mitten in der Stadt - im Hintergrund die Highriser von Boca Grande

… denn AKKA liegt mitten in der Stadt – im Hintergrund die Highriser von Boca Grande

Ein bisschen traurig ist es schon, dass wir abreisen, und daher kommt jetzt das, was ich der BAJU versprochen hatte nicht zu tun: ein paar schöne Sachen über Cartagena aufzulisten, Andreas sucht seine Bilder dazu aus – wer Lust hat, kann sich auch hier eine  „wilde Bildmischung“ anschauen.
Am Markt - im Hintergrund die himmlische "Mandarinade"

Am Markt – im Hintergrund die himmlische „Mandarinade“

Gesamturteil: unbedingt anschauen! Und, BAJU, wenn Ihr nach Kuna Yala wollt, dann macht den Umweg – es ist nach so viel Inselei und Karibikleben einfach umwerfend. Historische Architektur, eine mehr als lebendige Altstadt, Straßenmusik und Museen.   Gemüsemarkt und Shoppingmalls, Kino, Straßenhändler mit „Limonada Natural; einfach: ganz viel südamerikanisches Leben.
Allein die Busfahrten (ich weiß, ich weiß! Immer die Busfahrten, aber es ist das am besten fassbare, normale Leben…). Die Schaffner, die in bester Geisterbahnmanier vom fahrenden Bus auf und abspringen und versuchen, Fahrgäste zu keilen. Ohne übervollen Autobus hätte mir niemals so nahen Kontakt zu dem jungen Kolumbianer bekommen, dass ich den Arm zerkratzen konnte an einer Gelfrisur, von der Andreas meinte: „… toll! Hält eine Woche, macht aber leider Löcher ins Kopfkissen…“. Ohne Busfahrten hätte man nie die Gelegenheit, sich von fliegenden Händlern Bonbons in die Hand drücken zu lassen, die man vor der nächsten Station (man weiß ja nie, wann oder wo jemand „Parada!“ ruft!) in aller Eile (wahrscheinlich teuer) bezahlen muss. Es sei denn, man gibt sie halt zurück. Wenn man sie noch nicht ausgewickelt hat. Das „agua! Agua!“ der Wasserverkäufer klingt manchmal ein bisschen wie „aua, aua“. Der Kaugummihändler lässt die Chiclets in der Pappschachtel rappeln. Ob der alte Mann mit den Antriebswellen auch was verkaufen…?? Quatsch, der wollte tatsächlich nur zur Autowerkstatt…
... wahlweise Obst vom Straßenhändler

… wahlweise Obst vom Straßenhändler

Vorgestern haben wir noch einmal das Abend-(von „Nacht“ wollen wir mal nicht sprechen) Leben aufgesogen und uns ins Familiengetümmel gestürzt; alles was Beine hat, ist abends in den Straßen unterwegs (und was keine hat, ist es trotzdem. In Kutschen gepackt oder auf dem Arm getragen…)
Das Tor zur Altstadt

Das Tor zur Altstadt

Kinder in allen Wachheitszuständen, Rollstuhlfahrer, Flitterwöchner. Hausfrauen mit Einkaufsbeutel, feine Gringos, der schlichte kolumbianische Tourist oder der ganz normale Cartageno.
Blog cartagena Nacht
Aus allen Löchern quillt die Musik, in stilleren Seitenstraßen geht man nur durch hölzerne Fenstergitter getrennt an den Wohnzimmern der Cartagenos vorbei und wirft verstohlene Blicke in geräumige Innenhöfe, begrünte Salons, möchte man sagen. Zum gelben Straßenlicht kommt ein Geräusch, das stets wahrnehmbare ist, mal fern, mal ganz dicht: das  Klippediklapp der Kutschen sorgt dafür, dass man sich in eine andere Zeit versetzt fühlt. Dann sitzen wir mal wieder „auf der Straße“. An einem wohlgedeckten Restauranttischchen: „A la ordén!“ wird mir immer in Erinnerung bleiben – gleich ob das gerade der Kellner sagt, der uns liebevoll bewirtet, der Halskettchenabieter, der Obstverkäufer, es klingt immer höflich und ist auch so gemeint. „Zu Diensten“.
Es ist gut, dass wir weiterfahren, und es ist ein Jammer – wir hätten früher kommen und doch die geplante Landreise unternehmen müssen. „Colombia es pasión“ heißt es derzeit überall. Auf einem der großen Kunststoffherzen, auf denen man sein Autogramm hinterlassen kann, steht: „Colombia  – el riesgo es que quieres quedar!“ – es besteht die Gefahr, dass Du Dir wünschst zu bleiben. Mehr als nachvollziehbar – schnell weg hier…

… und schon ist das Jahr um …

Cartagena de Indias, 31.12.2009

Liebe Blogleser alle zusammen!

Die AKKAnauten schicken viele herzliche Grüße zum Jahreswechsel und wünschen allen Glück und Gesundheit, Spaß am Leben, an der Arbeit – und natürlich am Mitlesen.

Wir freuen uns nun doch sehr, bald noch ein Stückchen weiter nach Westen zu rücken, zunächst mal zu den Kuna-Indianern (wo ich wild entschlossen bin, eine schöne Mola als Ersatz für den langsam verbleichenden Macke-Kunstdruck im Salon zu erwerben! Auch wenn der Eigner freundlich fragt, was das für Topflappen seien!) , und ich gebe zu, dass insbesondere ich sehr gespannt auf den Moment bin, an dem sich das letzte Schleusentor öffnet und wir in den Pazifik hinein fahren. Endlose Weiten, Trauminseln und mal wieder richtig viel Tidenhub. Ich bin jetzt schon ganz gerührt und ich glaube, das wird so ein Moment wie damals, als wir unter der Köhlbrandbrücke hindurch elbabwärts steuerten.

Wie dem auch sei, heute wird erst einmal Silvester gefeiert in Cartagena – mal schauen, wie weit wir uns anstecken lassen können. Ich meine gelesen zu haben, das Garcia-Marquez gesagt hat, dass „5 Kolumbianer in einem Raum unweigerlich eine Party ergeben“.  Einen Vorgeschmack gab es vorgestern abend, als wir an der Plaza San Diego vor der „Cevicheria“ saßen und mit den ENOLA-Leuten Mojito schlürften, uns mit gutem Essen bewirten ließen und die fein gemachten Kolumbianerinnen in ihren superkurzen Glitzerkleidchen vorbeidefilierten. In Pferdekutschen oder auf Stilettos über das Kopfsteinpflaster schwebend (gekonnt ist gekonnt!). Das ist schon alles ganz schön „Latino“ hier… Und um das nochmals zu genießen, bevor es dann wieder in die Inseln geht, treffen wir uns heute abend „um 9 an der Plaza Bolivar“. Puh – das ist schon wochentags voller Kolumbianer dort, aber so ist die Verabredung, und der Haufen Südafrikaner und Neuseeländer wird wahrscheinlich nicht zu übersehen ( und -hören?!) sein.

Nun aber mal gerutscht, da drüben in Europa und wo auch immer Ihr sein mögt!

Alles Gute! Bis im Neuen Jahr dann!

Es weihnachtet …

Cartagena de Indias, 26.12.2009

… es weihnachtet schon, aber nicht wirklich sehr!  Allen freundlichen Lesern wünschen wir, dass es gemütliche und friedliche Weihnachtsstunden gab, und natürlich all die schönen Sachen, die man gemeinhin mit Weihnachten verbindet: Stollen und Plätzchen, Marzipanbrote, Kerzen, Weihnachtsbaum, Geschenkpäckchen. Nicht zuvergessen die Gans, den Lachs und für den einen oder anderen auch die Frankfurter Würstchen am Heiligen Abend. Derentwegen wir gerade Erich Kästners „Felix holt Senf“ als Weihnachtsgeschichte gelesen haben.

Hier ist gerade der 2. Weihnachtstag angebrochen – der keiner ist, denn den Vorzug von zwei Feiertagen genießen nur einige Länder, zumindest die „Commonwealth“-Länder, die Kiwis, die Südafrikaner und die Kanadier ringsum zumindest begehen heute ihren „Boxing Day“. Für Kolumbianer ein ganz normaler Samstagmorgen; oder so ganz normal doch nicht, zumindest nicht für Andenkenverkäufer und Straßenhändler: gestern war Feiertag, das ist wohl Seetag für die großen Kreuzfahrer, und so stürmen heute Passagiere haufenweise die Stadt. 3 haben gerade festgemacht: die AIDA Aura und zwei amerikanische Riesenochsen, macht zusammen 5 oder 6 Tausend Touristen im Kaufrausch, und daraus folgt: heute gehen wir mal lieber nicht in die Stadt. Wir waren ja auch schon dort. Zum Beispiel im schönen Goldmuseum – kein Wunder, dass die Spanier so gierig wurden, als sie der Künste der präkolumbianischen Einwohner ansichtig wurden, und es waren ja wirklich KÜNSTE, die da an den Tag gelegt wurden. Feinst ziselierte Ohrhänger, wunderbare Hohlfiguren, und all das nur für die Männer! Und die Priesterschaft. Eine männliche, natürlich – irgendwo muss ja der hiesige Machismo herrühren.

Viele Sehenswürdigkeiten haben wir uns erlaufen, und wir haben das Fort San Felipe gesehen, das wo sich der erwähnte Blas de Lezo den Engländern widersetzt hat. Übrigens sind wir ein bisschen verwirrt: wem ist mehr zu trauen – den geschichtlichen Recherchen des hiesigen Marine-Museums oder doch Wikipedia? WENN die große Schlacht um Cartagena 1742 war, dann wiederum war Blas de Lezo nur noch als Friedhofsbewohner dabei, er ist nämlich nach der Schlacht von 1741 dahingeschieden. Wiki sagt übrigens, dass er das Bein schon mit 15 Jahren abgegeben hat, den Arm und das Auge wenig später. Zäh muss er gewesen sein, immerhin ist er damit über 50 Jahre alt geworden. Zäh wie auch seine ganze Mannschaft – wir haben das Fort von außen und von innen, von ganz innen!,  betrachtet. Was für ein Leben… Das gesamte Fort ist mit Tunneln unterhöhlt, je weiter wir nach unten kamen (ohne Führer, huh!) umso dumpfer wurde die Luft, feucht und warm – und man muss sich vorstellen, dass die ganze Anlage, all diese Gänge, mit Menschen vollgestopft war. Für uns war Ende der Vorstellung, als die ohnehin spärlich beleuchteten, grob gepflasterten, glitschigen Tunnelgänge vollends ins Finstere führten, und uns plötzlich die Panik erfasste, dass vielleicht der Strom ausfallen könnte… So sah man dann zwei deutsche Touristen die steilen Gänge wieder nach oben holpern. Licht! Luft! In damaligen Zeiten hätten wir gar nicht erst unbeschadet hinein gelangen können – die Schachteingänge lagen so, dass Eindringlinge nichts sehen konnten, aber ihrerseits einen Schatten in die Gänge warfen. Leichte Opfer für die lauernden Schützen. Gruselig. Beim nächsten Mal nehmen wir Taschenlampen mit…

Gerade quetscht sich der 4. Kreuzfahrer (geschätzte weitere 2.500 Passagiere!) ins Dock. Wir gehen doch mal gucken …

DHL-Film, The End

Cartagena de Indias, 22.12.2009

Es war ein Thriller! Denn Thriller ist ja, wenn der Zuschauer nicht ahnen kann, welche Wendung die Handlung im nächsten Augenblick nimmt.

Erwartungsgemäß kam keine Mail aus Bremen oder von der Hotline, wir wurden also am Montagmorgen nochmals aktiv, mit Marsch zum Internetcafé, der stabilen Skypeverbindung wegen. DHL-Hotline wieder „lustig“: „… sind Sie sicher, dass Sie richtig verbunden sind, dies ist DHL Express!“ und „… nach Bremen durchstellen?! Da müssen Sie schon selbst wählen!“ Wie nett. Erinnert mich an Kurt Krömer („… woll’n se ausse Hand trinken oder woll’n se ’n Glas?!“). Immerhin, die Mitarbeiterin in Bremen war ja eine veritable DHL-Bürokraft und begann zu graben. Mühsam, mühsam – ich habe wohl das ganze Lokal beschallt, Kommentar vom Computer nebenan (ZAUSEL, ebenfalls D: „Du Arme!“). Aber als erst einmal klar war, dass das Päckchen tatsächlich abholt war, die (falsche) Versandantragsnummer herausgefunden war, gab es bald ein erleichtertes: „…jaa, ich hab sie, die Frachtbriefnummer!“ Und dann der Kliffhänger (cliff hanger?!). „Moment mal…“ Dramatische Pause… „… die Sendung wurde gerade in Cartagena ausgeliefert, unterschrieben von Juan HDZ!“ Manfreds Adlatus namens Hernandez.

Tja, so war das. Warum lassen Regisseure eigentlich bei manchen Thrillern am Schluss einfach die Luft raus?! Enttäuschende Dramaturgie…
Der Fahrer hatte einfach das getan, was keiner von uns vermutet hatte: den alten Frachtbrief reanimiert und einen kleinen Zahlendreher eingebaut. Die Bremer Mitarbeiterin hat’s geahnt und mal „rumprobiert“.

Die Post ist schon durchgearbeitet. Wir wenden uns wieder dem schnöden Alltag zu. Baumarkt, Shoppingmall, elektronische Seekarten von den San Blas-Inseln organisieren. Und die neuen Kreditkarten aktivieren.

The End!

DHL oder: Zwischen Thriller und Slapstickfilm

Cartagena de Indias, 19.12.2009

Es muss ja auch mal was nicht so dolle klappen, oder? Wie der Titel schon sagt, wir sind derzeit im falschen Film: wenn wir lachen wollen, wird’s gerade spannend, und wenn uns die Haare zu Berge stehen, muss man lachen. Wir versuchen nämlich, einen Brief mit der angesammelten Post aus Deutschland zu kriegen. Agent Manfred steuert die Empfangsadresse in Cartagena bei, Heiner packt den Poststapel in einen Umschlag, Adresse drauf und weg damit. Ganz einfach. DHL-Sendungen beauftragt man ja heutzutage online, auch ganz einfach. So geschehen am Mittwochabend hiesiger Zeit, es dauert zwar ein Weilchen bis frau sich in diesen servicearmen Zeiten durch die virtuelle Prozedur gewurschtelt und dann auch noch die VISA-Karte belastet hat, aber Ende gut, alles da: man kriegt eine Sendungsnummer, den Frachtbrief zum Ausdruck, die Quittung, die Übergabequittung für den Fahrer, alles völlig easy. Mail mit den entsprechenden Anhängen an Heiner:  wird morgen abgeholt, zwischen 15:30 und 17:00, bitte den Brief und die Ausdrucke bereithalten. Donnerstag, 10:30 kolumbianischer Zeit – die deutsche Empfängerin in den fernen Tropen ist ja neugierg und will schon mal gucken, ob sich bereits was getan hat, wir sind im Internetcafé und Sendungstracking ist unser Liebstes. Einloggen, Sendungsübersicht (sehr übersichtlich, es gibt ja nur eine!) und –  Tiefschlag: please contact DHL! Erstes Skypegespräch mit der Hotline: „… hm ja, die Datensätze sind verloren gegangen…Am besten ruft der Absender die Hotline an und veranlasst die Abholung neu!“. Mir ist mulmig – „der Absender“ fertigt gerade die letzten Schweinegrippe-Patienten des Jahres ab, aber es hilft wohl nichts, und so führt er denn auf unsere Bitte ein anstrengendes Gespräch mit der Hotline: „… nein, ich will nicht wissen wie — ich möchte nur gern dass der vorhandene Brief hier abgeholt…“ O.K. – sie schicken einen Fahrer. 18:30. Feierabend, der Brief liegt immer noch und wir kriegen eine Mail: „… hoffentlich morgen dann, ab mittag ist die Praxis zu…“. Skypegespräch 2 mit der Hotline, um dies sicherzustellen, vom Schiff aus (das ist dann auch immer schön anstrengend für beide Seiten!),  gleicher Mitarbeiter. Der findet nun GAR NICHTS mehr zu dem Vorgang. Konnte er vor ein paar Stunden noch Abhol- und Empfangsadresse zitieren, scheinen die Datensätze nun vollends in die Weihnachtsferien gefahren zu sein. Wir verabreden eine gänzlich neue Abholung am nächsten Morgen, vor Ort bar zu zahlen zum fast doppelten Preis als die online-Buchung es vorgegeben hatte, aber immerhin, und die geschieht auch. Fantastisch – Heiner schreibt: „… der DHL-Onkel hatte es ziemlich eilig, wusste nicht, was die Sendung kosten soll, ich habe mal voll bezahlt, er hat aber eine Versandantragsnummer  hinterlassen!“ Es läuft also. Am Abend bricht bei uns wieder die Neugier durch, vorsichtiges Sendungstracking: Tataaa! Sendung unbekannt. Es folgen am Morgen die DHL-Hotline-Gespräche 3 bis 6 – von „… das können wir Ihnen nicht sagen, Sie sind nicht der Versender…“ (wie nett! Aber der Empfänger…) über „… da müssen Sie schon die lokale DHL-Station anrufen…“ (gibt es aber nicht, das macht die Hotline…) bis ich endlich, nun wieder im Internetcafé, jemand finde, der auf meinen Vorbemerkung, dass wir BEIDE jetzt sehr geduldig sein müssen, nicht durch die Decke geht, sondern mal guckt, ob gestern im Ostfriesischen eine entsprechende Sendung abgeholt wurde. Schlichte Antwort: „… leider nein!“ Was bei der Online-Buchung schief gegangen ist, auch mit dem erfreulich niedrigen Preis, lässt sich nicht feststellen, der höhere scheint in jedem Fall der realistischere zu sein, nur dass das Online(Ohnmachts-!?)-Buchungssystem sich wohl selbständig etwas ausdenkt und die Daten dann in die Hölle schickt, aber das ist nun nur noch Nebenschauplatz. Wir beschließen das Gespräch in freundschaftlicher Stimmung, nicht ohne einen Suchantrag vereinbart  zu haben. Nun warten wir auf’s Christkind. In Form einer Mail von DHL Bremen, was denn wohl der Fahrer mit der Post und den sage und schreibe 130 Euro gemacht hat. Spannend?  Oder doch eher lustig?! Wir sind für „Slapstickfilm“.

A propos Film:  Um mal zu zeigen, wie es (nicht nur bei uns!) auf See zugeht, verlinke ich mal zu einer schönen Dokumention auf Hippopotamus. Viel Spaß!

AKKA ALEMAN

Cartagena de Indias, 16.12.2009

Die „AKKA ALEMAN“… Wir hörten es schon von Weitem, als wir noch Meilen draußen waren: Manfred, unser Agent, versuchte uns zu rufen, und wir kriegten eine Funkgesprächsverwirrung mit, zu der wir mangels guter Verbindung tüchtig beitrugen. Wir hatten ja keine Ahnung: Andi („Andrea“) und Rob und ihre AKKA aus den USA liegen in Cartagena, und die wieder haben vor ein paar Tagen die „Washington-AKKA“ in die San Blas-Inseln verabschiedet. Wir waren kaum fest, als wir hörten: „AKKA, AKKA for the other AKKA“. Das ist die Sprachregelung für 2 AKKAs im Funkbereich; wie das dann wird, wenn wir demnächst zu dritt auf den Inseln zusammentreffen, scheint zumindest für uns geregelt, denn wir sind fortan „AKKA ALEMAN“. Unsere alte Dame trägt’s mit Würde, und mit Andi lässt sich trefflich über Selma Lagerlöf schwadronieren. Überhaupt sind die beiden („the true AKKA“, wie wir auch schon hörten) nette Leute und das Loch, das sie schon morgen im (amerikanischen) Feld hinterlassen werden, können wir nicht stopfen. Wie das halt in US-lastigen Ankerfeldern so ist; alles ist organisiert, Mexican Train Dominoes, Bridge, X-Mas Ball. Potluck, Happy Hour, Flohmarkt. Chiva-Bus-Tour, New years Eve, Zahnarzttipps… Sie sind einfach anders, unsere amerikanischen Kollegen, und da die Liebe zu Hugo C (und umgekehrt) nicht sonderlich groß ist, knubbeln sie sich nun alle in Kolumbien. So richtig nerven tut es nur zur Funknetzzeit am Morgen, wenn Mrs. „Cabaret“ ihr „Ca-haaa-aaaa-baaa-rrrr-eeeeei“ loslässt. Was für ein Trubel. Wenn man von See kommt und als erstes ein quietschiges „… there is a kite surfer in the field and HE IS CHECKING OUT THE BOAAATS!“ hört – DAS ist Kulturschock. Die lustige Variante.

Mehr Kultur, weniger Schock ist die Annäherung an die Stadt Cartagena de Indias: Spanische Kolonialgeschichte in Kieferklemmen-Qualität. Schon mit der Anreise fängt es an: Man steuert einen Wegpunkt an, damit man die beiden (hoffentlich gerade mal dort liegenden) Einfahrtbojen sehen kann. Das tut not, denn während die großen Pötte sich zwischen Inselchen durch die Boca Chica quetschen, fahren die Segler in der so genannten „Boca Grande“ über eine Mauer, von den Spaniern zwischen zwei Inseln zur Abwehr fremder Schiffe errichtet; 17 m breit, mit einer ganz kleinen Lücke für die Kleinschiffahrt. Navigatorische Sorgfalt tut not, im besten Fall hat man in der Lücke 3 m Wassertiefe. THE ROAD hat es in der Nacht probiert und nicht ganz getroffen, Papagei Rubbish übt jetzt das Geräusch eines brechenden Ruderblattes, aber wir kamen gut durch’s Loch. Admiral Vernon war 1741 auch ziemlich erfolgreich, obwohl der durch die Boca Chica eindrang, vorbei an vielen kleinen Forts, ein echtes Kunststück, im zweiten Versuch mit 187 Schiffen, 30.000 Engländern (dreißigtausend! Wo er die wohl aufgesammelt hat?!) und viel Artillerie. „Ziemlich“ erfolgreich, bis auf die Tatsache, dass er sich nach 56 Tagen Belagerung des Forts San Felipe dann doch dessen Befaehlshaber geschlagen geben musste, einem Mann, den ich mir zu meinem persönlichen Cartagena-Helden erkoren habe. Blas de Lezo, der Mann mit der 18-Pfünder-Kanone, und auch sonst nicht viel zu verlieren. Zu Beginn der Belagerung hatte er sowieso nur noch ein Auge. Und ein Bein. Naja, und einen Arm…
Gestern waren wir zum zweiten Mal auf den Spuren der alten Kolonialzeiten unterwegs, womit wir hier noch viele Tage verbringen können. Bis an die letzte Küstenecke befestigt – so massiv wie wir es noch nie gesehen haben! – und bis an den letzten Zahn bewaffnet gab sich Cartagena zu den Hochzeiten der kriegerischen Auseinandersetzungen. Die Engländer und Franzosen hätten so gern teilgehabt am Reichtum der Spanier, die von hier aus die Schätze der Anden nach Hause verschifften, und England ließ sich darum zunächst mal den Trick mit der Piraterie einfallen: Sie nahmen, nachdem sie mit der Marine nicht erfolgreich waren, den Piraten um den späteren „Sir“ Francis Drake in die Pflicht und  legalisierten ihre Unternehmungen, aber auch die konnten nichts daran ändern, dass Cartagena der größte Hafen der spanischen Kolonien war und blieb; so massiv war die Befestigung, dass Admiral Vernon schlicht aufgab, nachdem seine Offiziere nach dem dritten Anlauf die Anlage besuchen und die Kampfbereitschaft der Spanier bewundern durften. Gegen die Spanier wandte sich das Blatt erst mit dem Herrn Bolivar, der hat es dann endgültig geschafft, aber das ist eine andere Geschichte. Demnächst zu hören von der „anderen“ AKKA…  AKKA ALEMAN.