Hier waren wir schon mal! Vor 20 Jahren mit der Swan 411 AVISTA, auf dem Weg von Marokko zurück nach Gran Canaria. Und jetzt endlich auf eigenem Kiel, ein gutes Gefühl!
Über uns der schon fast südliche Sternenhimmel, das Wetter – noch – beständig. Ringsum rauscht ganz leicht die Brandung. Hinter uns dümpelt irgendwo die „Present“, ein großer amerikanischer Kat liegt bei uns und ein kleines hölzernes Gaffelboot, ein Norweger und 1, 2 Engländer, alles ziemlich auf Abstand. Nach Süden erhebt sich die Steilküste der Insel Lanzarote aus dem Dunkel, nach Norden die 3 Vulkankegel von La Graziosa. über die Kante im Osten glitzern Lichter – aus den kubischen, weißen Häusern im kleinen Hafen Caleta del Sebo.
Und der ist derzeit gepackt voll mit Booten, wie wir heute sahen – außer den lokalen Fischern fast ausschließlich Langfahrtsegeler, auch welche von der abenteuerlichen Sorte. Gleich links liegt unser Lieblingsmodell, das ungefähr so aussieht: ein altes U-Boot auf einen Stahlrumpf geschweißt. Am Aufbau ein unleserlicher Namen, schief hängt das Schild mit dem Heimathafen herunter: London. Man muss ein bisschen aufpassen, dass einem die rostigen Teile nicht aufs Haupt fallen, wenn man mit dem Dinghy vorüberfährt. Scheint aufgegeben zu sein, das „Projekt“.
Da sind die anderen Blauwassersegler schon mehr von der ernstzunehmenden Sorte. Ein großer Wharram-Katamaran. Und viele, viele kleinere Segler. Die „Jurmo“, die wir schon aus Cascais kennen, liegt hier, Jochen und Susanne sind gerade in Bremen. „Equinoxe“, Christel und Berthold aus Essen, unsere Levada-Berater aus der Quinto do Lorde. Schöne Schiffe, praktische Schiffe, scheußliche Schiffe, aus aller Herren Länder. Graziosa ist einfach ein gutes Ziel, wenn man die Kanaren ansteuert, von Marokko, aus Spanien oder wie wir aus Madeira kommend. Noch dazu ist es billig, allerdings gibt es auch weder Strom noch Wasser am Steg. Also richtet man die Solarpaneele aus, lässt die Windgeneratoren sirren und lässt die fertigen Installationen auf der Brücke ruhen. Manana. Oder nächstes Jahr…
Wie beim Geldautomaten, der seit Tagen leer ist. Schwierig für die Kanadier von der „Joint Venture“, die heute ganz schön unglücklich waren: Der Hafenmeister kommt nur unter der Woche aus Lanzarote, mit der Fähre. Und wenn man los will, zum Beispiel einen Flug erwischen muss, dann braucht man ihn. Zum Bezahlen. Man plant die Abreise – ein bisschen knapp – für Montag, aber wer nicht kommt, ist der Hafenmeister. Also kann man nicht bezahlen. Der Polizist sagt, der Hafenmeister kommt um 12 Uhr. Oder um 2… Kann aber auch sein, dass er erst die Fähre um 4 nimmt. Oder eben morgen dann…
Einen Umschlag können die Kanadier nicht unter der Tür durchschieben – ihr Geld besteht größtenteils aus Münzen. Und ohne Geld aus dem Geldautomaten keine Scheine. Irgendwie schaffen sie es dann doch noch, einen ausreichend flachen Umschlag zu platzieren. Off we go. Wirklich schwierig für einen ordentlichen Kanadier, der sein Hafengeld nicht prellen will („…that’s a crime and they will trace us, believe me!“) und der an perfekt organisierte Marinas gewöhnt ist.
Wir waren nur im Dorf um die Website mit den frisch zusammengestellten Bildern upzudaten und die neuesten UGribs herunterzuladen. Wir nehmen hin, dass das Internetcafé bis zum 1. Dezember geschlossen ist. Kein Internet, kein Update. Kein Wetter. Keine Emails – wie gut dass es den Amateurfunk und Pactor gibt. Aber eben – keine neuen Bilder, also: Geduld, liebe Blog-Gucker! Hier scheint alles ein bisschen langsamer. Eben manana-mäßig.
Aber Supermärkte gibt es – nach getanem Kauf suchen wir uns einen Picknickplatz und der ist schnell gefunden: Wir hängen unser Dinghy im Hafen an der langen Leine an eine Klampe und dümpeln mitten im Hafenbecken. Andere Dinghys kommen vorbeigetrödelt. Eva „Aphrodite“ ist aufgewacht und motort zum Einchecken. Berthold. Er hat sich entschieden, erst morgen weiterzufahren, wegen des verspäteten Hafenmeisters. Fröhliches Grinsen im Gesicht. Wir packen frische Mandarinen, Käse, Wurst und „panecillos“ aus, die riesigen Kanarenbrötchen, dazu eine Flasche Wasser. Ein Picknick im Drift, beschienen von der warmen Mittagssonne.
Hat sie uns schon, die Graziosa-Krankheit?