Parallelen

Port Dickson, 5.8.2015

AKKA ist unterwegs, wer hätte es gedacht?! Gestern früh haben wir die Leinen in Pangkor losgeworfen – es war ja auch ganz schön einsam geworden, obschon: auf den letzten Drücker war es für uns noch einmal „gesellig“, mit der VENUS, mit der SAGATA, und mit Florence/SERAFIN waren wir sogar, Donnerwetter, im Kino. The Minions. AKKA-Kurzrezension „…naja, lustige Gags [aus „Despicable Me“] auf abendfüllend getrimmt“.  Zugegeben, die historischen Bezüge sind witzig. Aber bei uns lief erst letztens im Abendprogramm „Chicken Run“, der Hühnerthriller überhaupt. Das ist Spannung pur! The Minions schienen jedenfalls Geschmackssache zu sein.
Aber nun wurden es doch immer weniger Yachties, SAGATAs nach Langkawi gesegelt, die VENUS nach Deutschland und Florence in die USA geflogen, man kann es in der Aussage der Damen aus dem Marinabüro zusammenfassen: „Boring! …. laaangweilig!“ Nur ein tapferer Yachtbesitzer ist übriggeblieben. Aber es wird nicht lange dauern, bis die ganze neue Bande, die jetzt durch Indonesien nach Norden rückt, die neue Saison in Pangkor einläutet.

Wir hatten uns einen guten Tag ausgesucht – abgesehen davon, dass es in der Nacht noch ordentlich geschüttet hatte und wir darum das Sonnensegel feucht einpacken mussten, ging alles glatt. Mit dem Hochwasser um 7 Uhr rutscht AKKA über die Untiefen in die Malakkastraße. Shah winkt nochmal vom Häuschen der Dockbesatzung – und das war’s dann. Wieder mal ein Stück „Yachtheimat“ abgehakt.

Es fängt mit ein bisschen Segeln an, aber wir ahnten schon, dass es auf eine Motorsegelei hinauslaufen würde. Für den Einstieg dennoch ganz nett, der Tag wurde auch zunehmend schöner und wandelte sich, während wir zwischen den zahlreichen Fischern durchstaksten, in eine laue Tropennacht. Über Sumatra stand ein gewaltiges Gewitterwolkenfeld, das freundlicherweise Abstand zu uns hielt und uns lediglich mit einer Lightshow beeindruckte. Man stelle sich vor, dass hinter einer Wolkenwand Mündungsfeuer zu sehen sind: für Sekunden sind Teile oder die ganze Wand mit einem feurigen Orangerot hinterleuchtet. Ooh! Aah! Richtung Port Kelang, Kuala Lumpur vorgelagert und Haupthafen an der Malakkastraße, wird die Anzahl der Fischerboote deutlich geringer (es fischt sich in dem Dreckwasser auch nicht so toll!), dafür tut sich ein Lichtermeer ganz anderer Art auf: zig Frachtschiffe liegen auf Reede, und der unbedarfte Segler denkt zunächst mal: „… wo kann ich denn hier durch!“, aber die Lücken sind groß genug. Wir erleben wieder einmal eine tidennavigatorische Überraschung, denn der Gegenstrom, der am frühen Abend einsetzt, will und will nicht kippen – es dauert dann bis nach Sonnenaufgang, bis wir endlich „Strom mit“ haben. So tuckern wir dahin und um 13 Uhr ist die Admiral Marina in Port Dickson erreicht. Etappe 1: geschafft. Wie es weitergeht? Irgendwie schon! Der Nachbar aus Portsmouth mit seiner 30-FußYacht beglückte uns zum Empfang gleich mit ermutigenden Wetterprognosen für den – zugegebenermaßen nicht ganz jahreszeitgerechten –  Törn nach Süden. Tenor: „Übel!“  Wir werden es sehen.

Hier wurschteln wir noch ein paar Tage, der Wassermacher macht uns Sorgen, wir haben zum ersten Mal nicht so gutes Produktwasser, so als ob das Konservieren der Membrane dieses Mal nicht richtig funktioniert hat. Ich hatte schon einen „error 40“ meinerseits im Verdacht, will sagen: die Fehlerursache steht 40 cm vor der Waagenanzeige und wiegt zu wenig Substanz ab – aber unser Leib- und Magen-Wassermacherberater vom Lieferanten aus Trinidad brachte uns auf eine andere Idee: Ob nicht vielleicht ein bisschen von der Konservierungsflüssigkeit verloren gegangen sein könne?  Nöö.  Oder, halt! Als wir die Niedergangstreppe abgebaut und rumgebastelt haben, ist irgendwann die Hochdruckpumpe des Wassermachers angelaufen, nicht wirklich lang, aber es hat ein paar Schrecksekunden gedauert, bis wir das Geräusch richtig orten konnten.  Ob es das war?  Derzeit läuft ein Versuch, die Membrane mit einer neuen Konservierung wieder hinzubiegen, die Entsalzungsleistung ist nämlich prima, nur der Geschmack ist ein bisschen daneben. Säuerlich. Mit einem Hauch faulem Ei. Im Zweifelsfall ist leider in eine neue Membrane zu inverstieren. Dumm.
Wassermacherprobleme sind übrigens Parallele 1: unsere Freunde von der Lop To sitzen in Mauritius und würgen ebenfalls mit Membrane und mittlerweile undichten Gehäusekappen herum. Ohne gutes Wasser sind wir wirklich ganz schön aufgeschmissen.
Und Parallele 2 und 3 kommen aus Europa: ich habe heute die Website der Venga wieder in die Blogroll gesetzt. Erinnert sich keiner dran, kann ja auch nicht – die VENGAs sind dieser Tage erst in Neustadt/Holstein gestartet. Und doch mag sich der eine oder andere an Daniel und Eva und APHRODITE erinnern. 2007 sind wir zusammen aufgebrochen und haben gemeinsam die denkwürdige Starkwindfahrt nach Porto Santo absolviert. Damals war das Schiff sehr klein – heute ist es viel größer als AKKA, und auch die Crew ist gewachsen, denn Söhnchen Piet dreht vor der Einschulung eine Atlantikrunde mit den Eltern. Irgendwie nett, und obwohl wir schon so lange unterwegs sind, können wir das aufregende Gefühl solcher Aufbrüche gut nachvollziehen. Wir freuen uns mit, auch mit der Crew der ex-JURMO. Gleiche „Abfahrergeneration“, wir trafen uns in Cascais und heute segeln sie samt kleinem Sohn eine AKKA-Schwester, die STRESSLESS. Es sind eben doch nicht nur Rentner unterwegs…
Wir werden demnächst dann schön parallel zu unserem alten Kurs nach Süden stechen. Der Eigner guckt schon Wetterkarten, aber vorher müssen wir noch einen Abstecher nach Kuala Lumpur machen.

Bis demnächst mal wieder!

Se schwümmt…

Pankgor Marina, 29.7.2015

Oh, weh!, 29.7.2015 !  Nein, nicht weil der Monat so weit fortgeschritten ist oder so wenige Blogs in diesem Monat erschienen ist, nee:  heute kommt Windows 10… Das wird spannend!

Ich musste glatt auf den Computerkalender gucken, 2 Tage „Splash“-Vorbereitungen bringen einen völlig in Tüder. Aber sie schwimmt, die AKKA, und der Eigner sitzt ein bisschen quelläugig gegenüber am Frühstückstisch, es ist nämlich warm an Bord, zu warm um nach den herrlich kühlen Hotelnächten wirklich gut zu schlafen – die Klimaanlage war auf 27° gestellt. Heute wird der Hauptleidtragende die Stufe 2 der Cockpitschlaferei zünden, nämlich die Variante mit Camping-Isomatte. So warm wie hier war es wohl nur in Gambia. Die stoische Schipperin dagegen legt sich unter den unablässig warme Luft quirlenden HELLA-Venitlator und schnarcht.
Wenigstens schaukelt es wieder, das ist schön. Überhaupt ist es schön, wieder im Wasser zu sein.  Ein Zustand mit kleinen Hindernissen…

Was letzte Woche passierte, mag der Eigner ja gar nicht. Überraschungen! Wir haben wochen- und monatelang gewerkelt, alles ist fertig, wir planen den „splash“ für Freitag und dann stellt die Kühlbox ihren Dienst ein. Man(n) fragt sich sofort, wie es gehen soll, ohne Kühlbox nach Südafrika zu gelangen (Frau: „…geht! Andere machen es doch auch!“ Schönen Dank an Loriot für dieses Zitat.) Gewiss, es geht. Aber ein bisschen unbequem wäre es schon, also suchen wir Abhilfe und finden sie bei Adman. Er kommt am Mittwoch zur Orientierung, der Eigner baut „mal schnell“ die Innereien des Unterschrankes im Kompressorumfeld aus, als da sind: 3 Wasserfilter, 2 Absperrhähne und ein Manometer für den Wassermacher, der Trinkwassertagestank mit sämtlichen Zuleitungen, 2 Fußpumpen. Das hebt die Stimmung, nebenbei stellen wir den Zuwassertermin in Frage, denn wir haben ja einen wassergekühlten Wärmetauscher, was wenn der defekt ist? Da ist es schon besser, an Land zu stehen. Am Donnerstag nachmittag – wir sollten eigentlich schon auf den Sealift gehoben werden – kommt Adman mit 2 Adlaten zu Diagnose und Therapie. Drucktest. Ein richtiges Gasleck ist nicht auszumachen, eventuell und ganz vielleicht ist es ein winziger O-Ring im Befüllventil. Versuch macht klug, und es ist schön zu beobachten, wie ein typisch malaysisches Arbeitsteam  schafft. Einer für’s Manometerlesen, einer zum Stickstoff- und Kühlmittelflaschentragen und Adman selbst, der Test und Befüllung beaufsichtigt. Alle zusammen beobachten dann 30 Minuten das Druckmanometer, dessen Anzeige sich nicht vom Fleck rührt. Die Beobachter auch wenig, es sei denn, es pfeift gerade (habt Ihr das auch?! Samsung! Überall pfeift es hier.) ein Smartphone-Vögelchen hinter ihnen her, dass eine SMS eingegangen ist.  Tidela-tii-taa!
Wir betätigen auch unser Smartfon und rufen bei Ruz, der Marinasekretärin an: „no splash tomorrow!“, was heißt: neuer Termin am Dienstag, so lange können wir gucken, ob  die Kühlbox die temperatur hält. Und der Splashtermin klappt, hurrah!  Dass zwischenzeitlich – es ist ja gerade alles schön zugänglich – noch ein bisschen rumgewerkelt wurde und wir jetzt einen neuen Küchenwasserhahn  haben, ist ein Nebenprodukt der Aktion. Schöne Exkursion „wir suchen einen Einhebelmischer“ in Sitiawan, übrigens. Der Chinese von „Agrowbest“ wollte uns sehr gern eine moderne Küche aufschwatzen, die Sprachschwierigkeiten ließen einfach nicht zu, ihm klar zu machen, dass wir auf einem Boot leben und eben nicht daher kommen, wo die meisten ExPats wohnen, die sicher das Gros seines Umsatzes machen: Venice of Perak, das Venedig von Perak, gleich an den Abwasserkanälen und der Klärlagune. Ich weiß es, ich erschließe mir auf Besorgungsgängen, zwischen Geldautomaten, Waschsalon und Brillenladen immer  neue Wege durch die Hintergassen unseres Wohnortes. Wenn es so weit ist, dass man sich selbst da schon heimisch fühlt, sollte man abhauen. Wir arbeiten dran!

Sauerteigbrot

Statt Sauerteigbrot  Sticky Rice im Bambusrohr

Statt Sauerteigbrot
Sticky Rice im Bambusrohr

Pangkor Marina, 17.7. 2015

Sauerteigbrot!  Das ist mal was… und gestern abend kam eines zu uns, mit guten Wünschen: Ruz, die Marinasekretärin, lässt sich von ihrem Mann über den Platz motorrollern und überreicht es uns mit einem „Selamat Hare Raya“. Ramadan ist zu Ende, und während wir uns gerade ein Scheibchen Sauerteigbrot zwischen die Kiemen schieben (wo sie das wohl her hat?!) schallt es von den umgebenden Moscheen…

Hier noch der letzte Nachtrag von Kambodscha – wir sind schon wieder fast 4 Wochen vor Ort, pfui, also schnell zurück nach Siem Reap. Als wir an einem Abend erschöpft von der obligatorischen Tempeltour zurückkommen, ist Ponheary Ly, die Gründerin des Hauses am Rezeptionstresen, und so entwickelt sich ein langes Gespräch über die Geschichte des 7 Candles Guesthouse und vor allem die Ponheary Ly Foundation. Entwicklungshilfe ist ja häufig problematisch – es wird mit bester Absicht allerlei probiert, aber gerade wenn sich zu sprachlichen Barrieren auch noch kulturelle Abgründe auftun, wird’s schwierig, und davon konnte Ponheary Ly ein Lied singen. Ich hatte ja schon geschrieben, dass das 7 Candles Guesthouse die Gäste mit einem „we are in the urging kids to go to school business“ einstimmt, und jetzt kriegten wir die Hintergründe dazu zu hören. Die Familie war eine Lehrersfamliie, ihr Vater wurde in den Killing Fields getötet und sie selbst entging dem nur durch Zufall.
Während der Zeit der vietnamesischen Besatzung wurde sie selbst Lehrerin, und nach dem Bürgerkrieg verdiente sie ihren Lebensunterhalt mit Führungen in Angkor Wat, auch das typisch, denn Lehrer können bis heute ihren Lebensunterhalt nicht durch den Schuldienst allein bestreiten. Sie stieß sich an den vielen Kindern, die den Touristen Dinge verkaufen wollen „statt in die Schule zu gehen“. Also fing sie an, sich um diese Kinder zu kümmern, erst eines, bald 40,  und das entwickelte sich zur Ponheary Ly Foundation. Eines der großen Probleme ist auch in Kambodscha, dass der arme=unbeschäftigte Teil der Bevölkerung den Trost im Alkohol sucht, etwas, was wir als Angkor Wat-Besucher natürlich nicht so feststellen können; und der Alkohol ist ein Problem, das auch die NGOs nicht in den Griff bekommen – im Gegenteil, es macht Arbeit zunichte. Es wird zwar investiert, aber Pflege, Wartung von Anlagen etc. bleibt an den häufig trunkenen Landbewohnern hängen. Also, sagt Ponheary Ly, „sprechen wir die an, die noch nicht an der Flasche hängen!“ Die Kinder. Und das tun sie mit verblüffendem Erfolg.

Die Hilfe stellt sich so dar: 1. Hilfe von Kambodschanern für Kambodschaner, für Sprach- und kulturelles Verständnis ist damit gesorgt. 2. Kinder werden mit Schuluniformen und Lehrmaterial versorgt.  Mittlerweile sind es mehrere Dörfer, und es  sind 2.700 Schüler. 3. Die Kinder bekommen ein Schulessen  4. Für die Schüler werden im Bereich der Schulen Brunnen gebohrt, so dass sie sauberes Trinkwasser zur Verfügung haben – sie bekommen Flaschen und sie dürfen auch eine Flasche voll mit nach Hause nehmen (Trick 17!). 5. Erfolgreiche Schüler werden über den Regelschulabschluss hinaus gefördert, besuchen lokale weiterführende Schulen oder werden in Siem Reap zum Besuch von High School oder berufsbildenden Schulen einquartiert; häufig wohnen sie im Guesthouse, was wieder interessante Gespräche mit den Gästen ergibt. Sprachtraining hie, Informationsfluss da und Verständnis für die Stiftung unterm Strich. Sozusagen win-win-win. 6. An den Schulen gibt es eine kleine Gesundheitsstation . Last but not least tut die Stiftung etwas ganz Wichtiges: das staatliche Lehrergehalt ist ein sehr kleines, darum bezuschusst die Stiftung das Regelgehalt  – auf diese Weise wird sichergestellt, dass Lehrer eben nicht nachmittags für ihren eigentlich Broterwerb sorgen müssen, sondern sich auf die Lehrtätigkeit konzentrieren können. Und regelmäßig kommen Freiwillige aus aller Herren Länder und geben Sachunterricht in verschiedenen Fächern – mit uns am Frühstückstisch saßen zwei Kanadierinnen, die Werkunterricht geben, die eine schon  zum 7., die andere zum ersten Mal.

Die Sache mit den Brunnen ist ein schönes Beispiel für den Erfolg des Projektes: funktioniert erst einmal der Schulbrunnen, möchte die Dorfbevölkerung gern teilhaben, aber das wird ausgeschlossen: nur für Schüler! Das erzeugt natürlich einen gewissen Druck, irgendwann ließ im ersten Dorf der Dorfälteste einen weiteren Brunnen bohren. Das wiederum machte die Stiftung in einem von den Schülern selbst gedrehten Video (Medienunterricht ist Pflicht!)  publik – und das holte plötzlich eine Hilfsorganisation zurück an eine Stelle, wo sie sich mit Hilfestellung schon gescheitert sah. Mittlerweile gibt es mehrere Dörfer mit einer guten Wasserversorgung, und die Gesamtsituation der Dörfer verbessert sich damit zusehends – in einem Fall war man völlig verblüfft, dass das Dorf so ordentlich aussah. Was war passiert? Die Kinder rückten regelmäßig nachmittags zum Müllsammeln aus – und die Erwachsenen schritten ein, indem sie das nun selbst machen, „weil man die Kinder nicht damit belasten kann“.  Klingt fast zu schön um wahr zu sein, ist aber so. Im gleichen Dorf gibt es auch noch eine neue Schule. Für die Analphabeten unter den Erwachsenen – die „Lehrer“ sind zwischen 8 und 12 Jahren alt; sie fanden es doof, immer für die „Alten“ nur vorlesen zu müssen.
Gut?! Gut!

Mit Ty im Dorf

Mit Ty im Dorf

Wir haben so ein Dorf besucht: Koh Kher.  Knapp 100 km nordöstlich von Siem Reap gelegen, in einem Gebiet, das bis 1998 fest in der Hand der Khmer Rouge war und, die Warnschilder zeugen davon, entsetzlich vermint wurde. Viele, viele haben hier Gliedmaßen oder ihr Leben bei Explosionen verloren. Koh Kher ist aber nicht nur ein Walddorf, sondern auch Synonym für eine erstaunliche Anlage von 95

Zwei staunende Herren und ein Lingga...

Der Eigner und Diep: zwei staunende Herren und ein Lingga…

Tempeln, die über ein sehr weiträumiges Areal im Wald verstreut sind, eine Anlage aus dem 10. Jahrhundert, die intensiv nur 30 Jahre genutzt wurde, ehe man wieder zurück nach Angkor Thom zog. Umso erstaunlicher die Baulichkeiten. Wir werden geführt von Diep und Ty, zwei ganz jungen Zöglingen der Stiftung – die beiden sind die einzigen aus  Koh Kher, die bislang die 9. Klasse der Secondary School besucht und beendet haben – in der Kreisstadt, schon das eine wirkliche Kraftanstrengung in einer

Im Walde. Immerhin: 10. Jahrhundert!

Im Walde. Immerhin: 10. Jahrhundert!

so abgelegenen Gegend! . Neben dem wirklich ärmlichen Landleben – Familie, Kühe, Farmarbeit – haben die beiden eine Art Tourgeschäft ersonnen, indem sie Besucher zu den Tempeln führen und auch Waldwanderungen unternehmen. Diep zeigt uns im Dorf die erste Schule, die er besuchte. Unterm Baum. Geschrieben wurde mit Ästchen in den Schmutz, bis endlich ein richtiges Schulgebäude erstellt wurde – und bei wie unserem heutigen Fahrer auch, ist

Unter'm Schulbaum

Unter’m Schulbaum

die Dankbarkeit für die Leistungen der Ponheary Ly-Stiftung groß.  Leider sehen wir nicht so viel vom Dorf, wie wir möchten, aber es  ist auch so abgeschieden, dass man weder mit allzu vielen Fragen zudringlich werden noch ausdauernd „glotzen“ möchte. Immerhin begrüßen uns Tys Mutter und Großmutter mit ihrem betelroten Lächeln, in einer Hängematte schaukelt Tys Neffe – und über dem Bett der Großmutter schaukelt ein Infusionsbesteck, also muss es irgendeine Art von medizinischer Versorgung geben, ganz sicher ein Zeichen des Fortschrittes.
Ponheary Ly sagt später, dass das Dorf bis vor einer Weile in einem elenden Zustand war. Die paar Schritte durch’s Dorf sind uns mindestens genau so wichtig wie die Tempelanlagen.
Man hätte 2 Tage bleiben sollen.  Unterstützenswert!

Elefant in Koh Kher. Restauriert?

Elefant in Koh Kher. Restauriert?

Koh Kher. Restauriert!

Koh Kher. Restauriert!

Jetzt stürzen wir uns in den Feiertag: Vorstag montieren, Kleinarbeiten an der Nähmaschine beenden, immerhin sind die Löcher im Rumpf schon gestopft, die neuen Seeventile sind montiert. Wir wurden mehrfach gelobt, dass wir ja wohl ein richtiges „Refit“ hier machen. Tun wir nicht, überhaupt nicht, der Austausch der Seeventile ist die einzig größere Sache, die geschehen ist. Aber bei dieser Hitze dauert alles extra lang. AKKAnautentempo eben. Demnächst geht es weiter, auch die Frage nach dem „wohin“ kam: wir segeln langsam zur Sunda Strait Richtung Cocos Keeling und dann geht es westwärts. Rodrigues, Mauritius, Reunion…
Da unten kann man oder frau dann auch mal wieder eigenes Sauerteigbrot backen.

Bis demnächst in diesem Theater!

Das Letzte zuerst…

Pangkor Marina, 27.6.2015

Die Woche ist um, und ich wollte so gern zeitnah aus Kambodscha berichten, aber das hat nicht geklappt. Die AKKA ist voller Löcher, denn der Eigner hat im Schweiße nicht nur des Angesichtes zahlreiche (jawohl, eine HR42 E hat zahlreiche!) Seeventile ausgebaut, wir haben Ersatzteilpakete ausgepackt, fehlende Teile gejagt, außerdem gab es diese Woche keinen Mittwoch, denn am Mittwoch sollten eigentlich die frisch lackierten Bodenbretter wiederkommen, und ohne Bodenbretter und Niedergangstreppe ist jeder Gang ins und durch’s Schiff ein Akrobatikakt. Nicht geschwindigkeitsfördernd… Kein Mittwoch, keine Bodenbretter. Oder umgekehrt. So ist sie eben dahin, die Woche, und jetzt kommt als Erstes gleich das Letzte, nämlich der Bericht aus Phnom Penh.

Kambodscha ist so sehr groß nicht – ungefähr halb so groß wie die Bundesrepublik, dafür aber ein hübsches Ei – will sagen, wenn denn Straßen existieren, kommt man leicht von A nach B, und es gibt reichlich Busse, die die Strecke von Siem Reap nach Phnom Penh befahren. Zur Regenzeit hätte man sogar ein Schiff auf dem Tonle Sap nehmen können, dem großen Binnensee, und dann auf dem Mekong direkt in die Stadt, zur Zeit aber nicht – die Regenzeit hat zwar begonnen, aber ohne Regen (nicht besonders verwunderlich, denn wir haben El Ninho…). Direkt gegenüber vom 7Candles Guesthouse fährt ein Bus los, praktisch, außerdem verdienen wir uns bei Ponheary Ly gleich noch ein paar Pluspunkte, denn der Bus ist „normal“, wir fahren mit die Leut‘, nicht mit den Touristen. Gut. Es rappelt ganz schön, selbst auf dieser vielbefahrenen Straße ist es mit dem Aufarbeiten der Infrastruktur noch nicht sehr weit gekommen, und in der wirklichen Regenzeit… uiuiui! Nach 7 Stunden und einem Zwischenstopp mit gerösteten Käfermaden, frittierten Heuschrecken und German Backpacker-Girlie-Kontakt – irgendwie sind wir doch merkwürdige, bestaunenswerte Tiere, in deeeem Alter mit dem Rucksack statt betreutem Reisen! – öffnet sich der Blick auf ein bisschen Skyline, den Mekong, eine Flussbrücke, und wir sind da. Das wohlig-gruselige Stadtgewuselgefühl schlägt sofort zu, wir marschieren die paar Kilometer durch’s Gewühl, die Seitenstraßen von Phnom Penh bieten alles, Garküchen, fliegende Friseure, sehenswerte Polster- und  andere Werkstätten, ganze Hauszeilen voller Apotheken, eine an der anderen.  Und so weiter. Unser Guesthouse liegt in einem seltsamen Vergnügungs- bzw. Hotelviertel, hier knubbeln sich die Touristen; die Zimmerqualität ist „klein, aber geht schon“, nach 7Candles sind wir ein bisschen verwöhnt. Immerhin gucken wir auf andere Dächer statt in eine der engen Schluchten, die sich hier zwischen den Hauswänden auftun. Wir entdecken ein nettes Café in der Nähe, das uns ein gutes Frühstück serviert, dabei kann ein Teil der Crew Straßenverkehr (wunderbar!) und Mönche beim Almosenempfang bestaunen, während der andere Teil mit den Bedienungen charmiert – sie ist wieder da, die Niedlichkeit der asiatischen Frauenwelt. Ich sollte mir wirklich die Haare hochstecken und ein Blütenkleidchen mit Rüschen zulegen. Garstig.

Wir durchwandern die Stadt, essen Khmerküche in einem doofen Touristenlokal direkt gegenüber, und als wir unsere eher gemischten Gefühle dem Mann an der Rezeption gestehen, lenkt er uns für die Folgeabende in ein Lokal ohne Namen gleich um die Ecke „… das kann ich aber nicht laut sagen, das gibt Ärger mit den Nachbarn…“. Wenn man dort erst einmal die Sprachschwierigkeiten überwunden hat – diese Schwierigkeiten liegen ja zuallererst auf unserer Seite, denn Khmer is‘ einfach nicht, man ist dankbar für jedes englische Wort, das unsere Gegenüber  herovrbringen! – kriegt man dort wunderbares Khmeressen zu geringen Preisen. Den Königspalast besuchen wir – das Attraktivste daran ist eigentlich der Gang durch die Straßen und das Spießrutenlaufen durch die „TukTuk“-Anbieter. Mittlerweile ist es ja hier wie anderswo, in arabischen Souks oder karibischen Souvenirmärkten: das Gezerre um die potenziellen Käufer hat deutlich nachgelassen, denn der moderne Mensch, sei es Verkäuferin oder Tourist Tout, ist derartig auf sein Smartphone konzentriert, dass vorbeischlendernde Touristen an Wichtigkeit verloren haben. Dennoch ergeben sich angesichts der Masse der zur Verfügung stehenden TukTuks viele lustige Gespräche, denn „no – thank you!“ kann ja eigentlich nicht ernst gemeint sein, und vielleicht kann man doch für morgen noch eine kleine Tour verabreden?!  Vielleicht zum Königspalast? Logisch, wir stehen gerade davor… Nun, also, der Palast ist wie viele andere und Bangkok dann doch sehenswerter.

Regelwerk

Regelwerk

Was erwarten wir also eigentlich in Phnom Penh, außer kambodschanische Großstadtluft zu schnuppern? Natürlich das, was die meisten Touristen hier erwarten. Khmer Rouge-Geschichte. Wir kriegen gerade eine Mail aus Australien, dass man Phnom Penh ausgelassen habe, weil man ja von den Grausamkeiten der Roten Khmer schon gehört habe –  das ist natürlich auch eine Herangehensweise, nicht aber unsere. Das Guesthouse vermittelt uns an John, einen TukTuk-Fahrer, der uns zu den beiden wesentlichen Punkten der Pol Pot-Vergangenheit hier im Stadtgebiet führen soll, das ist das „Killing Field“ Choeung Ek und außerdem Tuol Sleng, eine ehemalige Oberschule, die man 1975 fix in  das Foltergefängnis S21 (Sicherheitsbüro 21 – man beachte die Nummerierung, die steigt auf über 300…) gewandelt hatte. Was wir sehen, ist nicht in Worte zu fassen – man muss es halt gesehen haben und gehört, was unsere Führerin zu den Gebäuden und Fotografien zu sagen hat. Wirklich erschütternd, zumal sie selbst die Pol Pot-Zeit und die Feldarbeit auf dem Land gerade soeben überlebt hat; nicht jedoch der Rest ihrer Familie – Intelligenz, sehr verdächtig, eine Fremdsprachenlehrerin und ein ebenfalls studierter Parlamentsabgeordneter. 17.000 Gefangene sind für Tuol Sleng gesichert, die Zahl ist aber wohl höher – von den maximal 20.000 haben insgesamt 7 (sieben!) Personen den Aufenthalt in diesem Gefängnis überlebt; zwei davon sitzen tagsüber im Hof und stellen sich den Fragen von schockierten Besuchern. Einer von ihnen hatte sich als Portraitmaler angedient und nach der Befreiung begonnen, das Gefängnisleben in Bildern zu dokumentieren. Man mag nicht hinschauen…  Mit Bitterkeit schließt unsere Führerin die Runde vor einem besonders grausamen Bild ab: „… sie haben die Bauern dazu gebracht, uns Städter umzubringen. Für nichts – die waren damals 14 oder 20 Jahre alt. Dass sie noch leben, nennt man Freiheit…“  Wirklich bitter.

Bedröppelt schwingen wir uns auf das geduldig wartende Tuktuk und werden zum nächsten Punkt gefahren, im Endeffekt ist das der Weg, den die besagten 20.000 Gefangenen aus Tuol Sleng nachts gekarrt wurden: zum „killing field“, der Hinrichtungsstätte mit Massengrab.

Choeung Ek ist ein ehemaliger, kleiner Friedhof der chinesischen Gemeinde und so abgeschieden und ruhig, dass man das Gelände mit einem hohen Zaun umgeben konnte, dazu wurde ein Geräuschschirm aus revolutionären Liedern und Reden gespannt. Die Menschen hier wurden übrigens nicht erschossen – eine Kugel wären sie nicht wert gewesen. Nein, sie wurden erschlagen. „Neue Leute“, also die Städter, wurden mit der Aussage bedacht: “ … es ist kein Verlust Dich zu verlieren, und es ist kein Gewinn, Dich zu behalten!“
Ein wirklich gut und eindrücklich gemachter Audioguide führt einen über 19 Punkte durch das Gelände, das aus einer zentralen Stupa mit Tausenden von Totenschädeln aus den Gräbern und den umgebenden Massengräbern besteht. Außer Sachinformation zum jeweiligen Punkt kann man Hintergrundgeschichten und Interviews anhören, der Besuch kann sich also, wie in unserem Fall, in die Länge ziehen. „Don’t step on bones“ wird man nicht ohne Grund gebeten, denn Knochen und Kleidungsreste werden zwar regelmäßig entfernt, aber jeder Regen spült immer noch neue nach oben. Was für ein Wahnsinn. 20.000 Massengräber in Kambodscha. Über 300 Foltergefängnisse. Die Großstadt Phnom Penh wie alle anderen Städte innerhalb von 3 Tagen völlig geleert, Handel, Schulbetrieb, professionelle medizinische Versorgung, individuelle Kleidung oder auch nur das Tragen einer Brille – alles verboten. Wahnsinn auch in dem Sinne, dass nach der Befreiung=Besetzung durch die Vietnamesen Ende 1979 die westliche Welt bis hin zur UNO fröhlich an dem Glauben festhielt, dass es zwar eine Schreckensherrschaft gegegeben habe, aber dennoch die Exilregierung, bestehend aus nationalistischen Kräften und eben genau diesen Khmer Rouge, die rechtmäßige Regierung von Kambodscha sei; ein ganz besonderer Auswuchs des „Kalten Krieges“. Auch nach Abzug der Vietnamesen 1988 hatte der Schrecken, nämlich der Guerillakrieg der Roten Khmer, erst ein Ende, als die Schlüsselfigur Pol Pot aus dem Leben schied, am 15.4.1998, wie auch immer das geschah. Ich frage mich die ganze Zeit, ob der Kremierungstermin am 17.4. 1998, auf den Tag 23 Jahre nach der Besetzung Phnom Penhs, nicht eine letzte Ehrbezeugung für einen Wahnsinnigen war.  Die Parteigänger  der Roten Khmer rekrutierten sich zum großen Teil aus Kindersoldaten ohne jegliche Schulbildung, die Handvoll Anführer, von denen die letzten beiden im erst 2014 vor Gericht gestellt wurden, gehörten allesamt der verhassten Elite, den „neuen Leuten“ an. Vom 17.4.75 bis zum Weihnachtstag 1978 dauerte die Herrschaft,  in knapp 4 Jahren wurden 25% der Bevölkerung Kambodschas ausgelöscht. Wie kann so etwas passieren? Wird es wieder passieren – oder tut es das gerade im Nahen und Mittleren Osten?

Wir sind noch immer schockiert, auch über unsere eigene Unwissenheit. Ich lese gerade „Stay Alive, My Son“, ein sehr interessantes Buch von Pin Yathay – das Besondere daran ist, dass er einer der wenigen Autoren ist, die diese Zeit im Erwachsenenalter er- und überlebt haben. Auch dieses Buch ein erschütterndes Zeugnis, denn auch Pin  ist der einzige Überlebende seiner Familie.

Das war dann das Letzte aus Phnom Penh, und das kam als Erstes, damit ich mit dem Rückblick auf  Koh Ker etwas positivere Töne anschlagen kann.

Unglaubliches

Eingewurzelt

Eingewurzelt

Phnom Penh Airport, 19.6.2015

Ganz schön viel Unglaubliches in und über Kambodscha. Wo anfangen?

 O.K.  In Siem Reap also, das den Ankömmling zunächst einmal mit einem nicht erwarteten Aufgebot an Läden und vor allem Hotels überrascht. Die Stadt lebt vom Tourismus und ist, wenn man mal von Zielen wie ein paar Inseln im Golf von Thailand oder Sihanoukville absieht, der Publikumsmagnet Kambodschas: das berühmte Angkor Wat  müssen eben alle gesehen haben. Mr. Thanh, unser Guide, spricht von 6000 Touristen am Tag – in der Hochsaison, die aber derzeit nicht herrscht. Aber auch 3000 sind eine Hausnummer. Unser Haus-Tuktuk schlängelt sich durch die immer interessanten  Seitenstraßen der Stadt, wo Eisen gedengelt wird und Mönche ihre Almosen einsammeln. Vorbei an Hotels auf quadratkilometergroßen Arealen, die nicht einmal 10 Zimmer haben. High, high, high, high – high society. Der Tempel von Ta Promh wurde zum Beispiel für den Film Tomb Raider missbraucht, und da muss der Filmset ja irgendwo unterkommen. Gerade rechtzeitig vor dem ersten Busansturm erreichen wir die Kassenhäuschen am Standrand. 40 Dollar sind fällig, pro Nase, für 3 Tage, die man sich glücklicherweise, wie sich  herausstellen soll, über eine Woche frei verteilen kann. Und dann: Angkor Wat. Die schlichte Schipperin weiß zwar, dass Angkor Wat vielleicht nicht so ist, wie ihr das in den Jugendjahrbüchern der 60er Jahre beschrieben wurde – dampfender Urwald und Tempelruinen! -, aber als wir uns dem Schutzgraben nähern, ist schon alles klar. Das APSARA-Projekt der Kölner Fachhochschule für Angewandte Wissenschaften (hallo, Neffe!) und andere Restauratoren haben ganze Arbeit geleistet. Bäume stehen hier nur zur Dekoration.  Nein, um der Wahrheit die Ehre zu geben, die Franzosen haben natürlich – ganz Französisch-Indochina – die Restaurationsarbeiten im 19. Jahrhundert begonnen, mit dem damals üblichen geringen Sinn für Erhaltung des Originalzustandes zugunsten einer idealisierten Vorstellung, was eigentlich bis in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts immer so weiterging – jedenfalls sieht man an diversen Stellen eher dilettantische Bemühungen, die Gebäude mit etwas Beton zumindest vor dem Einsturz zu bewahren. Was die Baufälligkeit betrifft stellen wir uns in den kommenden Tagen denn auch häufig die Frage: so viele Touristen – so viele Möglichkeiten, wenn nicht unter die Räder, dann doch unter die fallenden Klamotten zu kommen. Da würde ein deutsches Ordnungsamt mal richtig für Ordnung sorgen!

Ta Prohm - Der meiste fotografierte Spung der Welt

Ta Prohm – Der meiste fotografierte Spung der Welt

Also gehen wir hinein… Jenseits des Dammes, der den 200 m breiten Graben überbrückt, erheben sich in der Ferne zunächst hohe, aber doch erstaunlich kleine Tempelgebäude auf freiem Feld. Aber keine Sorge, die Tempel werden größer, je näher man kommt (wie überraschend… ) und schließen sich zusammen zum größten Sakralbau der Welt. Natürlich führt uns Mr. Thanh erst einmal zur APSARA-Hütte, die ein wenig zu Restaurationstechniken erklärt; wir können auch Guido Westerwelle „Hallo“ sagen, der hier stellvertretend für die Republik hängt. Und dann geht’s hinein in die Tempelanlage. Mr. Thanhs Kenntnisse sind wirklich umfassend –  er macht das ja auch möglichst täglich, wenn denn der Touristenfluss ausreichend ist, die Hauptsaison muss den Unterhalt für die 6köpfige Familie bringen. Die zu entdeckenden Dinge sind so reichlich, dass auch er vor den Reliefs stehen bleibt und verblüfft ist, endlich den abgeschlagenen Kopf eines Kriegertorsos zu entdecken, den er schon so lange gesucht hat. Diese Reliefs erzählen eine reiche Geschichte und viele Geschichten – Khmergeschichte vor allem, Schlachtengetümmel, religiöse Riten. Es kommen Söldner aus fernen Ländern vor, Kriegsgefangene, es wird auf den Reliefs gekocht, getrunken, geliebt. Mönche, Lehrer, Baumeister. Und natürlich: König und Königin von vorn und hinten und ihre Symbole. Die Südseite zeigt auch einen Abriss der Baugeschichte, vor allem die hierarchische Orrdnung. Der Baumeister war der Gunst des Königs, der ja Auftraggeber war, insofern völlig ausgeliefert, weil „man“ nur dem König zuliebe bauen konnte. Will sagen: nur ein beliebter König konnte so viele Freiwillige bereitstellen, wie es dieses immense Bauvorhaben erfordert, und nicht nur diese Tempelanlage, sondern auch andere wurden in unglaublich kurzer Zeit erstellt. Freiwillig… kennen wir ja von Asterix‘ und Obelix‘ römischen Gegnern.  Die gilt es halt zu bestimmen. Aber vielleicht sorgt eine solche freiwillige Leistung ja für gutes Karma, insofern liegen wir mit unserer Sichtweise der Dinge mal wieder nüchtern-säkularisiert falsch.
Und weiter geht es; man kann zum Beispiel stundenlang den Frisuren der Apsara-Tänzerinnen nachforschen. Fließbandarbeit war bei den Steinmetzen nur am Rande gefragt. Jede Tänzerin, so sehr sie sich ähneln mögen, eine eigene Persönlichkeit. Und die ganze Masse Sandstein ist mit nicht enden wollenden Ziselierungen verziert. Einfach… ich sagte es schon: unglaublich.
Die Anlage ist gewaltig und beeindruckend – und voll. Den Aufstieg zum zentralen Turm sparen wir uns für einen anderen Tag auf und gucken uns lieber einen Moment die Touristenströme an, die die steilen Treppen hinauf- und hinabklettern. China muss halb entleert sein, und dann diese Selfie-Schießer! Fragt sich, wie die Selfieinteressenten im Gedränge der Hochsaison zum Schuss kommen.

Wir ziehen weiter – Mr. Thanh ist Spezialist im Erkennen von Besuchszeitlücken, und so landen wir in Ta Prohm während der Mittagszeit für Südostasiaten: ab 11:30 h wird es hier „erträglich“. Ta Prohm ist nun tatsächlich so, wie man es sich beim Stichwort „Angkor Wat“ vorstellt – Urwaldriesen überwachsen Tempelruinen. Vielleicht sollte man hier einmal anfügen, dass „Angkor Wat“ eigentlich nur den vorher beschriebenen Zentraltempel bezeichnet. Angkor war das Zentrum des Khmerreiches vom 9. bis ins 12. Jahrhundert, immerhin mit 1 Million Menschen (unglaublich!). Die heute besuchte Region um Angkor Wat umfasst zahllose Tempelanlagen, und im Zentrum liegt Angkor Thom, eine 3×3 km umfassende Schutzanlage, die einen Königspalast aus dem 12. Jahrhundert und einen weiteren beeindruckenden Tempel enthält, nämlich den von Bayon. Und der bildet dann auch – nach einer genüsslichen Mittagspause – unseren Tagesabschluss. Mr. Thanh trifft den Besuchszeitpunkt genau: es sind kaum noch Besucher da, auch zieht sich der Himmel zu, was zum gespenstischen Eindruck beiträgt und seine Geschichten vom Khmeralltag, die er vor den Tempelreliefs vorträgt, noch unterstreicht, dazu lächeln 216 riesige Buddhagesichter milde auf uns herab. Bayon?! Mein Favorit. Unglaublich.

Mit diesem Tempel-Tag haben wir uns einen Ruhetag für müde Beine erlaufen, den wir in der Stadt Siem Reap verbringen. Wir frequentieren nicht die „Pub Street“, wo alles, was Touristenbeine hat, gegen Abend aufläuft, aber man kann auch wunderschön modernes Kambodschaleben begucken, auf dem Markt, in den Wats, auf der Straße.  Naja, kennt Ihr ja alles schon aus früheren Beschreibungen, aber wir schauen gern in Hinterhöfe, stehen gern vor diesen Werkstätten, die man tagsüber auf dem Bürgersteig ausbreitet, um aus Stahlplatten mit der Hand und ohne weitere Schutzbekleidung mit dem Brenner dicke irgendwas-Scheiben zu schneiden. Naives Staunen, immer wieder, und danach ein Coffee Latte im „Blue Pumpkin“, wo man auf tiefen Sofas hocken und Vishnu und Shiva gute Männer sein lassen kann.

Angkor Wat - Des Touristen höchstes Glück

Angkor Wat – Des Touristen höchstes Glück

Nächster Tag: Tempel. Tempel in Eigenregie diesmal, wir nehmen die Hotelfahrräder (zu dem Hotel gibt es dann noch einen Nachschlag, später!). Immerhin liegt Angkor Wat an die 8 km entfernt draußen, und weitere Tempel noch entsprechend weiter. Heiß. Schweißtreibend. Wir schließen die Räder an der „Terrasse der Elefanten“ an, Elefanten in Stein gemeißelt, wohlgemerkt. Ich bin in meinen brasilianischen Shorts angeradelt gekommen und bekomme von der Kambodschanerin auf der anderen Straßenseite ein fröhliches Winken, als ich die Beinlinge an die Hose zippe. Das kriegt kurz später eine besondere Bedeutung, denn vor uns spaziert ein junges Paar über den Wall zum Königspalast… Hottest Pants, möchte man sagen, und der Wächter am Zugang zur Anlage sagt schlicht: „…no!, Not like this!“. Die junge Frau wendet sich wutschnaubend ab: „…Incredible…!“ . Ich biete ihr mein Seidentuch aus Laos an, das ich sicherheitshalber mitschleppe, für was für eine Verhüllung auch immer; eigentlich ist sie so entrüstet über die Unverschämtheit, sie nicht einlassen zu wollen, dass sie es nur zögerlich annimmt.  Ich wiederum finde es unglaublich, dass man es bis mitten hinein nach Kambodscha oder Thailand oder Laos schafft, ohne sich bewusst zu sein, dass diese Tempelstätten auch nur im Entferntesten für die Ortsansässigen eine spirituelle Bedeutung haben könnten. Wirklich unglaublich. Als wir mit dem Tempel und der schönen Aussicht von oben fertig sind, bekomme ich aber von zwei jungen deutschen Touristinnen eine andere Sichtweise der Dinge serviert. Da sie vorher in Indien und Burma waren, kommen sie „vorbereitet“ und in Sarongs gewickelt, aber auch hier besteht Unverständnis dafür, dass man Spaghettiträgertops und freie Bauchnabel moniert: „… muss man wohl mit leben, aber hier laufen doch sowieso nur noch Touristen rum!“.  Ich find’s ignorant… Unglaublich.

Adopt a Garuda!

Adopt a Garuda!

Und wir?! Nach Preak Khan – wild, verfallen, überwachsen, mit der Möglichkeit einen Garuda zu adoptieren. Garudas sind die Schutzgötter jener Zeit, halb Mensch, der Rest Löwe und Raubvogel gemischt. Gern sitzen sie auf dem Kopf der Schlange, die das Symbol des Königs ist, genauer gesagt: auf einem der sieben Köpfe. Diese Schlangen-Drachenwesen, getragen von einer Vielzahl von Göttern und Dämonen (zu gleichen Teilen, natürlich!)  bewachen auch die Zugänge nach Angkor Thom, vier an der Zahl. Aber da sich der Erbauer von Angkor Thom schon langsam dem Buddhismus zuwendet, sind die Tore von Türmen mit einem lächelnden Buddhagesicht in alle vier Himmelsrichtungen gekrönt. Dass der Lächelgrad je nach Blickrichtung ein unterschiedlicher ist, haben wir nicht nachvollziehen können, aber die Idee ist schön: ein strahlendes nach Osten, der aufgehenden Sonne und dem Leben entgegen, in Gegenrichtung, zur untergehenden Sonne und dem Tod entgegen gefasst und melancholisch. Dazu Gnade und Gelassenheit. Wenn es doch nur dabei bliebe. Auch Buddhisten können anders…

Jetzt ist Schluss für heute – wir sind zurück auf AKKA. Ich liefere Bilder nach, diese hier sind nur ein paar Stellvertreter. Mein Hauptbildlieferant ist mit der unglaublich unspirituellen Reparatur der Kühlbox beschäftigt…
We’ll be back shortly!

Sichtwinkel…

Komische Perspektive. Morgensonne bescheint Angkor Wat von hinten.

Komische Perspektive. Morgensonne bescheint Angkor Wat von hinten. Und von vorn.

Tempeltransporter

Tempeltransporter

Phnom Penh, 17.6.2015

Das war eine anstrengende Woche. Südostasiatisches Mittelalter, Tempel alt und neu, große Hitze. Pflastertreten, Ruinenkletterei und Fahrradfahren. Und Kitschbilder für „über‘ s Sofa“.

Und jetzt noch zwei Tage Großstadtleben.

Tempeldress, hier: French style

Tempeldress, hier: French style

Bis demnächst bis zu einem ordentlichen Blogeintrag – immerhin ist das Elefantenthema erledigt, wie man sieht, und nein – wir waren immer züchtig bekleidet, lieber Bruder. Also, wir schon…

 

 

 

 

... oder lederne Hotpants

… oder lederne Hotpants

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Keine Arbeitselefanten

KLIA2, 10,6,2015, 06:00

 

Reichlich früh aufgestanden, aber die Passagierschlangen auf dem frühmorgendlichen Flughafen von KL verlangen das auch so. Bis man seine Terminalkilometer abgespult hat, ist die scheinbar fette Wartezeit bis zum Abflug auf ein Minimum geschrumpft. Der Flat White „to go“ von Gloria Jensen’s, den wir ein paar Kilometerchen durch die Ströme von Reisenden balancieren, fliegt letztendlich vor der Gepäckkontrolle in die Tonne, und der Eigner staunt: weit und breite keine Arbeitselefanten! Der einzige Elefant in KLIA2 (Kuala Lumpur International Airport zwo) ist der Billigcarrier Air Asia. Da steigen wir gleich ein.

Mal schau‘ n wie das in Kambodscha mit den Elefanten ausschaut…

 

PS: wir sind schon da. Genießen ein spätes Frühstück mit Khmer-Kaffee und Tropenfrüchten im Innenhof vom 7Candles Guesthouse und lesen uns durch’s Infomaterial.  Zitat:  we are in the „urging kids to school business“. We are also in the „urging tourists not to be part of the problem“ business. Buy from adults,,give to schools and smile at kids and politely decline their offers.

Kambodscha ist arm, und die Kinder sollen halt zur schule gehen, statt Geld heranzuschaffen. Stimmt. Schule hilft eher als Postkartenverkauf. Wappnen wir uns.

 

 

 

 

 

 

 

Der Mai ist verga-ha-ngen!

In der Werkstatt, oder: Pcknick mit Kugellagern

In der Werkstatt, oder: Picknick mit Kugellagern

Pangkor, 31.5.2015

Der Mai? Vorbei!
Und darum heute nur schnell eine Bildgeschichte, Motto: „Was macht Ihr da eigentlich?!“ Wir rödeln wild durch die Gegend, Tropenhitze, Alter, alles trägt zur Entschleunigung des Arbeitstempos bei.  Wird schon! Aber wir planen immer noch einen – nunmehr kleineren – Ausflug im Juni. Inzwischen trudelt Paket um Paket hier ein, neue Druckmanometer für den Wassermacher kommen, wir haben uns entschlossen, die Seeventile nun doch vorsichtshalber auszutauschen – das wird „… urrgs … murks …stöhn“; Anlass: ein kleines 3-Wegefitting aus dem Jahr 2005 zerbröselte uns unter den Fingern und das eine oder andere Seeventil sah ein bisschen „gebraucht“ aus, da macht man/frau sich so seine Gedanken. Heute soll – falls der Eigner nicht eine Gelegenheit findet, den Tag doch lieber am Rechner zu verbringen – das Lager der Rollanlage komplettiert werden, damit wir das frisch aus Norderstedt eingetroffene neue Vorstag ins Rollprofil schubsen können. Yess! Von Reckmann, Rigger unseres Vertrauens, Hersteller unsers Mastes und geduldiger Berater auch in Alt-Anlagenfragen. Wirklich klasse. Die Bestellung asu Deutschland läuft unter „sicher ist besser“, chinesische Stahldrähte liegen näher am Standort, wären billiger zu transportieren, aber was bei Bruch passiert, kann man gerade bei LOP TO und ihrer Hilfsaktion nachvollziehen… Wollen wir nicht. Die Seeventile und Borddurchbrüche kommen aus dem gleichen Grunde direkt aus Schweden. Ihr seht, es ist zu tun. Drum Schluss für heute!

Wasser im Schiff!

Pangkor, 19.5.2015

Es gibt Sachen, die mag man als Segler überhaupt nicht. Schlechtes Wetter, doofer Kurs, das ist unangenehm, aber wenn Wasser ins Schiff eindringt, ist Alarm angesagt. Und wir hatten gerade die ganze Bilge voll.

Normalerweise erzeugt diese Erkenntnis den Adrenalinschub überhaupt, und was dann reflexartig abläuft ist: Finger rein, süß oder salzig? Wenn salzig gibt es ein Notprogramm – Bilgepumpe an, woher kommt das Wasser? Seeventil undicht? Welches – wir haben 13 davon.  Oder gar sonst ein Loch? Ich erinnere mich nur zu gut an die Lecktankübung beim Sicherheitstraining für Frauen, das war wirklicher Stress.  Nein, das mögen wir nicht und wollen wir auch nicht. Aber eine Ursache konnten wir am Wochenende gleich ausschließen: Seewasser kann es nicht sein, wir stehen an Land…
Und ehrlich gesagt musste man auch nicht wirklich weit denken. Allermeistens passiert so etwas, wenn ein Schlauch von der elektrischen Druckwasserpumpe  abspringt, oder vom Warmwasserspeicher, in jedem Fall ist die Druckpumpe involviert, und die hatte immer geschwiegen. Es konnte nur der Trinkwasser-Tagestank sein, und tatsächlich, ich war schon zwei Tage ein bisschen verwirrrt über unseren Trinkwasserverbrauch gewesen, à  la: ich habe doch gestern erst 10 l nachgefüllt?!? In der letzten Woche hatte ich mehrfach Wasser vom Trinkwasserautomaten geholt, 2 Kilometer und eine schöne Steigung mit dem Fahrrad entfernt. Immer 30 l auf dem Anhänger – bei 40 l wird es richtig anstrengend. Hatten wir so viel getrunken? Hatten wir nicht. Ab da war es dann einfach: die Hand mal unter die mechanische Fußpumpe gehalten. Ah! Feucht!  Die Hand mal beim Pumpen unter die Fußpumpe gehalten… es spritzt im dicken Strahl. Danke, Rätsel gelöst.
Sonderprojekt: Fußpumpenreparatur. Nun ist das bei uns, wie bei allen Schiffen, alles recht raffiniert und platzsparend eingebaut, der Eigner erinnerte sich auch nicht, wie er die beiden Pumpen unter dem Küchenbassin jemals in die Aussparung hinein bekommen hat – solche Projekte ziehen Kreise. „Gib mal die Stichsäge!“ Ein Zentimeter vom Brett, auf dem der Tagestank steht, musste weichen, aber dann hatten wir unsere Whale Gusher Pumpen in der Hand. XY Schrauben später hatten wir auch zwei Gehäusehälften in der Hand, sahen zwei Membranen, zwei Ventile – Mist, wo kann das lecken?  Bis ich einen winzigen Schnitt in einer der schwarzen Gummimembranen entdeckte – der Übeltäter.

Der Rest der Geschichte ist wieder „wie organisiere ich was ohne Bootszubehörhändler“. Jimmy „Prestige“, der Wunderknabe von Lumut, verspricht, mir eine Adresse in Kuala Lumpur zu liefern, „… oder vielleicht in Singapur“.  So geht das halt hier – nix „schnell mal zu xyz fahren..:“, hierfür kann man in Europa, in der Karibik, in Australien oder Neuseeland viele Namen einsetzen. Ich dagegen telefoniere zum Freitagabend hin nach Ostmalaysia, weil Chandlery auf Borneo sitzt, aber die freundliche Dame, eindeutig Britin, kann die Pumpe auch nur aus dem Vereinigten Königreich besorgen. Mailen wir doch mal Jessie in Singapur an, im  klitzekleinen Krempelladen Marintech an der Jalan Besar, die hatte ja neulich auch ratzfatz unsere Vorstagsteile.  Ich mach’s kurz: Morgen, so DHL will, kommen Pumpe und ein Reparatursatz aus Singapur. Ich find’s immer wieder spannend, die verschlungenen Wege einer Kuriersendung im Tracking zu verfolgen: Collected. Left Singapur. Arrived Hongkong – left Hongkong – arrived Penang…  Jedenfalls ist das Päckchen schon auf dem Lieferwagen.

Und weil Wasser im Schiff so schön ist, gleich noch eine Story aus dem gleichen Themenkreis… Neulich lief unserer AKKA die Nase. Vorn am Bug – eine kleine Blase, ein kleiner Riss, ein winziges Rinnsal. Knapp vor dem Bugstrahlruder. Haben wir gar nicht gern, so eine Entdeckung, auch da bimmeln sofort alle möglichen Glocken, von Undichtigkeit von innen (ja, da darf die Schipperin gern mal die Vorschiffskabine ausräumen!) bis – Schreckgespenst aller Kunststoffbootinhaber – Osmose.  Heute war es so weit, ein Mitarbeiter von Jimimy kam mit dem großen Schleifgerät. Ich saß oben im Cockpt, plötzlich höre ich des Eigners „huch!“ und ein Lachen.  Manche Sachen sind wirklich extrem einfach: bevor das Bugstrahlruder eingebaut wurde, hatte an dieser Stelle mal der Sensor für das Echolot gesessen. Das Loch war von innen schön abgedichtet worden, aber da so eine AKKA einen ganz schön dicken Schnabel hat, musste das auch von außen abgedichtet werden. Oder wenigstens ein bisschen gespachtelt. „Huch“ sagte der Eigner, als ihm der mittlerweile lose Proppen entgegenfiel.
Keine Osmose. Nix undicht.

Leicht undicht sind nur wir. Hatte ich schon mal gesagt, dass wir unglaublich schwitzen? Ja, ja – ich hatte auch von den Klimaanlagenüberlegungen berichtet. Ein Weilchen haben wir es noch ohne ausgehalten, während andere längst Appartments in den umliegenden Investitionsobjekten bezogen, aber jetzt haben wir auch eine Klimaanlage. Wenigstens in der Nacht. Die AKKAnautenweicheier sind nämlich ins Hotel gezogen. Für knapp 20 Euro.  Gut gegen Hitzepickel!

Zum Kugeln

Kugeln und Rollen

Kugeln und Rollen

Pangkor, 30.4.2015

… ja, ja, ja, langweilig.  Immer noch Tropenkoller und Klein-Klein-Arbeiten. Was die Hitze betrifft, hatten wir vor 2 Wochen kurz die Idee entwickelt, uns ein mobiles Klimagerät an Deck zu stellen, weil es doch manchmal lästig wird, vor allem wenn es am späten Nachmittag mal nicht abgekühlt ist, und die Venitlatoren über den Kojen nur die warme Luft durch die Gegend wirbeln. Aber es kühlt ja doch meistens nachmittags ab, mit zäng, bäng, Blitz und Donner, insofern haben wir uns, nachdem wir das Trumm gestern besichtigen konnten („… wie kriegt man so etwas überhaupt an Deck gehievt?! Kran vielleicht?“), entschieden, weiter vor uns  hin zu schwitzen. Zumal sich der Eigner gern eine Aircondition-Erkältung holt.

Aber nun zum Kugeln.
Taxi nach Manjung mit Krishna, unserem tapferen Taxifahrer, dem wir kürzlich mit dem Einkaufswagen des Supermarktes eine Delle in die C-Säule praktiziert haben.  Er ist trotzdem (oder wegen des dadurch verdienten doppelten Wegelohnes?!) unbeirrt und kommt, wenn man ihn ruft, meist sofort, ungeachtet irgendwelcher Zeitvorgaben. Aber es ist ja auch egal, wo wir warten, am Schiff oder am Zielort… Umgekehrt bestellt er einen Kollegen gern irgendwo hin, wo wir dann gar nicht abgeholt werden wollen – ein Vabanque-Spiel: bestellen wir Krishna kurzfristig „für sofort“ und er ist möglicherweise nicht verfügbar oder lieber mit Zeitvorgabe, die er ignoriert?! Familienanschluss ist mittlerweile gesichert, ich weiß schon, dass seine Frau das Geld für die Wasserfilteranlage für Goldschmuck ausgegeben hat, oder wer welches Kind welchem kinderlosen Paar zur Adoption gegeben hat. All die wichtigen Sachen eben; kurz: mit Krishna gibt es immer was zum Kugeln.

Werkstattbereich

Werkstattbereich

Gestern war aber Kugeln in Ipoh angesagt, wegen unserer Genua-Rollanlage. Die hatten wir nach der Montage der Fußreling wieder angebaut, mit dem Ergebnis, dass der Eigner ein sehr langes Gesicht machte: sie drehte sich nämlich überhaupt nicht. Null, nicht mal mit Gewalt. Nicht, dass uns dieses Problem völlig unbekannt wäre, schon in Brisbane hatten wir den Rollmechanismus aus einer gewissen Schwergängigkeit losgebrochen, aber danach… „… geht doch!“, und hier in Pangkor hatten wir eine WD40-Badekur verordnet. Die Lager ließen daraufhin einiges an Rostbrühe unter sich – richtig, eigentlich ein schlechtes Zeichen, und nun war es so weit, nichts geht mehr.  Vorstag wieder abmontieren. Dazu muss man sagen: das Montieren ist ein Ast, schließlich muss dazu der Mast leicht nach vorn geneigt werden, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, drum macht diese Arbeit besonderen Spaß, wenn man sie umsonst getan hat. Eigner in den Mast kurbeln, Vorstagprofil aushängen, danach das lange Teil vorsichtig zu Boden – genauer gesagt: zu Schotterplatz, schön staubig! – lassen, da lag es dann, 16 m lang.  Die Lager waren – der Eigner ist zwar kühn, aber man zögert ja doch, ein Sicherungsblech (vorschriftsgemäß!) anzusägen – schnell geöffnet, die ersten Kugeln rollten uns flott entgegen, die untere Charge unversehrt. Und dann das zweite Lager: „… hach!“ macht die Schipperin, die die Kugeln säubern soll, „… ich glaube, die müssen wir ersetzen!“ Schöne Rostnarben haben sich da eingefressen, an allen 23 Kügelchen. Na, super. Reise ins Internet: wo bekommt man Ersatzlagerkugeln? Alles sprach für die nächstgrößere Stadt, Ipoh, aber Akina aus dem Marinabüro telefoniert kurz und verspricht: „Southward in Sitiawan hat so was. Am Hafenkapitän vorbei und dann kurz vor dem Icy Scoop Restaurant!“.  Auftrag an Krishna, den Taxifahrer…
Was uns ja immer wieder begeistert sind die Shopping-Überraschungen in einer Umgebung von wild durcheinandergewürfelten Läden wie eben in dieser Flächengemeinde Manjung/Sitiawan. Southward… hmm. Auf den ersten Blick ist die Hoffnung nicht groß: eine Rummelbude hinter einem dieser malay-typischen Garagentore. Fette, Schläuche, Keilriemen. Aber die junge Chinesin sagt: „Bearing balls?“, greift hinter sich und hält eine Plastikschale in der Hand, in der Kugeln aller Größen umherkugeln.  Na gut, sie hat keine 6 mm-Kugeln, schon gar nicht 50 Stück, wir können uns nicht mal auf einen gemeinsamen Durchmesser der Musterkugeln einigen (wenn man an den Rostkratern misst, wird, Überraschung, der Durchmesser geringer!), und bestellen mag sie 50 Kugeln auch nicht so ohne Weiteres. Expedition abgeblasen, auch ihr Tipp ist “ … go to Ipoh!“

Lagerinnereien

Lagerinnereien

Am Folgetag Taxi zum Busbahnhof, 2 Stunden mit „Roadways“ durch die Palmhaine nach Ipoh geholpert. Ein schöner Bus, an dem man mal wieder sehen kann, wie lange Krüge zum Wasser – oder eben Busse nach Ipoh – gehen, ehe sie brechen. Erste Aufgabe dieses Ausfluges war, Geld zu einem Zubehörhändler in Singapur zu schaffen, für Kleinteile, die bei der späteren Komplettierung des Vorstages notwendig sind. Gar nicht so einfach! Die bezogene Bank OCBC ist zwar in Ipoh vertreten, aber sie nimmt keine Bargeldüberweisungen vor, und wir haben kein OCBC-Konto. Wie schon am Vortag in Manjung leere Gesichter bei der Public Bank schräg gegenüber, aber bei RHB geht es dann. Wir haben zwar jetzt ein Guthaben bei MarinTech in Singapur, weil RHB nur Barbeträge über 500 Ringgit annimmt, aber geschafft ist geschafft.
Nächstes Ziel die „Perak Motor Company“, der offizielle Vertreter für SKF-Lager. Wie schon oben angedeutet ist das Geschäftegewusel auch hier unübersichtlich und verwirrend, so freut es einen dann, wenn man zwischen Sari-Läden, Juwelieren und allerlei Kleinhändlern dieses vertraute blauweiße Logo sieht: Svenska Kullager Fabrikken. SKF. Toll. Der mit dem Fall beschäftigte Chinese (in Ipoh ist man zu 70% chinesisch!) verschwindet im Lager und kehrt mit einem Tütchen Kugeln zurück. Déjà  vu – der Durchmesser ist nur ungefähr 6 mm, manche auch nur 5.5 mm, und die Kugeln, die auf dem Zeitungspapier vor uns kullern, sehen ein bisschen „angelaufen“ aus. So angelaufen, dass der Eigner nach unserer Fummel- und Zählaktion mit den schweißklebrigen Fingerchen für die Restbestände ein WD-40-Bad empfiehlt. „Gibt es noch andere Anbieter in Ipoh?“  „Nooo…“, also beißen wir in den nicht allzu teuren Apfel und nehmen 50+ Kugeln mit annähernd passendem Durchmesser mit. Wird schon gehen…  Nun hatte unsere Internetreise noch weitere Adressen ergeben, und ein Taxifahrer soll uns zu MegaMech bringen.  Danke, danke an wen auch immer für das Sony-Tablet-Telefon, mit dem man heutzutage kontrollieren kann, wo ein Taxi umhergurkt, denn an einer Ecke jubele ich aus dem Fond „… hier!“ , ich  sehe in der Ferne Megamech-Reklame, aber das Taxi steht unter einem großen NSK-Schild. Nippon Seikō Kabushiki-kaisha, japanische Präzisionsteile, unter anderem auch Lager, und wenn man sich umschaut: eine ganze Straße voller Präzisionstechnik.  So viel zu „… andere Anbieter gibt es nicht..:“ Eigentlich logisch, hier hätten wir auch keinen Interessenten hingeschickt: wohin man schaut NTN und FAG und TIMKEN, nicht zu vergessen SKF. Und wir werden fündig, in einem richtig schönen, geordneten, sauberen Ladengschäft der Firma SLS, wo es gut nach Öl und Metall und Verpackungsmaterial riecht. Die Kontrolle, ob der Durchmesser der blitzenden Kügelchen wirklich 6.0 mm ist, ganz ohne Zeitungspapierunterlage, obliegt der Schipperin, während der Eigner mit dem Owner über analoge und digitale Schieblehren scherzt und sich den Kundenkreis dieser Anhäufung von technischen Läden erklären lässt. Ganz einfach: die Marine, die Werften… Die Zinnindustrie, die Ipoh mal reich gemacht hat, ist längst den Bach hinunter, aber Kugeln, das geht immer.  Auftrag erledigt. Zurück nach Lumut –  der Bus noch sehenswerter als der auf dem Hinweg; Andreas fragt sich, ob er unseren Überschuss an ungefähr passenden Kugeln vielleicht für die Radlager des Busses spenden soll. Das ganze Fahrzeug, auch der Motor, ächzt und stöhnt, im Stillen rufen wir ihm zu: „Halt durch!“, und als ein Gewitterregen niedergeht, muss ich mich umsetzen. Es regnet durch’s Dach.  Zum Kugeln!