Abhaken

31 Grad 30 S – 173 Grad 59 E, 4. Dezember 2012

Ha! Es fächelt! Ganz leicht… Dass die Winde auch an diesem Tag leicht sein würden, war vorhergesagt, aber diese ölig-glatte Fläche in der Nacht – nee… Um 5 heute früh habe ich – man ist ja auf Nachtwache auch immer ein Stückchen faul – die flappende Genua endlich weggenommen.

Gute Gelegenheit: Nachtanken aus den Reservekanistern bei "Ententeich"-Bedingungen

Nachdem wir am Freitag bei spiegelglattem Wasser vorsorglich unsere Reservekanister in den Haupttank umgefüllt hatten (wenn’s nicht wackelt, geht das umso leichter…), kam ein Segeltag, der Sonnabend. Sonntag gemischt, Montag fing mit Segeln an und mündete in eine „wie schnell müssen wir denn nun noch sein?!“-Diskussion. Mit 4 Knoten Ankunft Donnerstag. Aber der Blick auf das Wetter verheißt weniger Gutes zum Wochenende hin, und so rödelt Mr. Volvo seit gestern abend wieder.

Es sieht so aus, als ob die morgige die letzte „richtige“ Nacht auf der Reise wird. Das war dieses Mal wirklich Wetterverwirrung pur – alle Gurus sagten was Unterschiedliches, und wenn Dave vom Gulf Harbour-Net bis zum Sonnabend darauf beharrt, dass eine Ankunft am Dienstag angezeigt sei, man es aber bei der aufbietbaren Geschwindigkeit nicht schafft, macht einen das schon kribbelig. Nun schaut es so aus, als ob wir bei moderat-frischen Winden morgen Cape Reinga erreichen, für Cape Brett, das ist da wo wir „abbiegen“, sind bis 25 Knoten vorhergesagt – wer sagt’s denn! Tja, wer sagt es denn? Immerhin sagen es die Kiwis, die Wetterwelt und die GFS-GRIBs ungefähr einhellig, also bestellen wir hiermit das restliche Reisewetter „wie allgemein angekündigt“. Und Daves (siehe oben) Idee, vielleicht so langsam zu sein, dass man erst am Freitag ankäme, die lassen wir ganz schnell fallen. Da kommt es aus voller Breite aus der Tasmansee gefegt – und wir werden uns schön am Wellenbrecher in Opua festhalten.

Langsam kommt Freude auf – Mandarinen von der letzten Ernte, Macadamia-Mus und Milchprodukte in freier Auswahl. Flat White bei Dianna, Treffen mit der Imagine und Bingo im Yachtclub (an Letzterem nehmen wir nur akustisch teil). Rindswürstchen und Rouladen (aus „Snitzel“, merkt ja keiner). Post bei VELA in Whangarei abhoen. Fein.

Nebenbei freuen wir uns auch auf die Liste. Sie wird täglich länger und ergibt sich aus lauter kleinen, leeren Kringeln im Logbuch – Kringel heißt: „Machen, abhaken“. Der Eigner runzelte gestern schon die Stirn – so viele Kringel, kann das sein?

Es kann. Und wir werden mit dem Abhaken nicht zögern.

Jetzt gibt es Frühstück, und dann gehen wir zunächst ans Abhaken. Der Restmeilen.

Unterwegens

25 13 S – 175 57 E, 30.11.2012

Vielleicht guckt ja mal jemand in Berlin in diesen Blog und empfängt herzliche Gückwünsche zu diversen Geburtstagen, Anna und Eske. Viel KiTa-Erfolg der einen, Studienerfolge der anderen und alles Liebe den jeweiligen „Öllern“ und überhaupt der ganzen Familie! Wir heben das Glas (Wasser) und denken daran, wie nett doch ein Geburtstagskuchen wäre!

Cuisine de Passage – der Eigner zaubert eine Spiegelei-Torte!

Wir dümpeln derzeit ein bisschen in die nur bedingt richtige Richtung, um schon mal West zu machen für den Südwestwind, der zu unserer Ankunft in Neuseeland wehen wird. War die letzte Reise nach Süden so wunderbar glatt gegangen, haben wir uns mit unserem diesjährigen Wetterfenster eher vertan. Wir hatten eher an ein zweiflügeliges Scheunentor gedacht, aber so eine Art Kellerloch gekriegt: ein bisschen wie bei ersten Mal, 2010, wo wir auch reichlich motoren mussten. Dass außer „kein Wind“ auch „keine Welle herrscht“, ist nur ein schwacher Trost. Dat duurt, wie das Nordlicht zu sagen pflegt.

Die Schipperin zaubert auch! Schwarzbrot!

Heute ist aber ein schöner Sonnentag, es wird schon merklich kühler, wir stehen ja auch 120 Meilen außerhalb der Tropen, wir wollen nicht klagen.

Der nächste Donnerstag, der soll wohl Ankunftstag werden, gerne sogar, schließlich ist dann „Nikolaus“. Ansonsten nix Aufregendes – wir sind schon wieder eingewöhnt. Leider haben wir bislang außer ein paar Krümeln noch keine großen Bimsfelder entdecken können – bei den Kermadecs ist vor einer Weile ein unterseeischer Vulkan ausgebrochen und hat Bimsstein auf dei Reise geschickt, hunderte von Metern freundliches Ockergelb statt des Meeresblaus. Das hätten wir ja gern mal gesehen – und, wie neulich jeamnd auf dem Funk sagte: Dort hindurchzufahren ist wie eine Reinigungsbürste für die Wasserlinie.

Klitzekleines Beispiel – es geht auch straußeneigroß: treibender Bimsstein

Ich mach’s kurz – wir wollen ja den Funk nicht überlasten!

Alles baah!

Markthalle in Suva

Suva, 19.11.2012

Alles baah!  AKKA in der Marina des Royal Suva Yacht Club, das Wetter bescheiden, die Aussichten für die Abreise ebenso, und die Schipperin hat den ersten Schnupfen dieses Jahres eingefahren – in so großem Stil, dass wir unseren Ausflug in die Berge heute erst einmal verschoben haben.  Erkältungen braucht man/frau in den Tropen wie der Fisch den Badeanzug.  Gar nicht.

Auf Wunsch eines einzelnen Herrn, derzeit an der Algarve, ein kleiner Exkurs zum Thema Kava, dazu reicht die Energie.

Kava, der Rauschpfeffer, das wisst Ihr ja, wird hier gern als Sud getrunken. Man kriegt es

Sehr beliebt: Kava aus Ka(n)davu. Gütesiegel „Waka Tuki“. Gestampfte WURZEL

an der Ladenkasse mehr oder weniger schön verpackt in grauen Papiertüten, 50 g, 100 g, 500g,   in Suva gern die „allerbeste Kadavu-Qualität“, das sind die landwirtschaftlich besonders ergiebigen Inseln im Süden von uns.  Für diesen Exkurs müssen natürlich Fotos gemacht werden, und – oh Wunder! – wir kommen auf einen wunderschönen Markt nahe dem Busbahnhof, downtown Suva, und was fehlt?!  Der Kavageruch, der eigentlich alle Märkte dieser Region durchzieht, muffig-staubig-würzig.  Das kann doch nicht sein?!  Pralle, violette bis rosa Auberginen. Berge von Limonen – schon ein bisschen aromatischer. Bei den Mangos, den länglichen (sauren, wie sich herausstellt, sehr schön für Salat und Curries!) wird es klebrig und riecht ein bisschen nach dem Mango-Terpentin, aber kein Kava. Merkwürdig, das muss doch hier einen riesigen Markt haben, der Suvaner zieht ja sein Räuschchen nicht im Hinterhof – dazu ist die Pflanze auch zu anspruchsvoll. .

Kava-Quelle, Kava-Treffpunkt

Der Blick schweift nach oben – erste Etage. Da wo der Tourist die Souvenirs vermutet, da muss man hin!  Und schon hüllt es einen ein. Kava, Tabak und viele, viele vorzugweise indische Gewürze. Der Tresen von „Salen Kava Dealers“ ist nur zeitweise besetzt, denn in der Mitte des Standes versammelt man sich um die „bowl“ und schlürft ein bisschen beruhigende Brühe, zur Probe oder auch zum Zeitvertreib.  Vorn am Tresen hält ein dörflich gewandeter älterer Herr die Nase genießerisch an ein dickes „Knäuel“.  Schniief!  Ah!  Tabak. 5 inches bitte!  Womit wir endlich wissen, worauf es Panea in Rabi abgesehen hatte, ein wirklich aromatisches Zeug. Und sehr stark.  Wir werden „die Tage“ mal gucken, wo der Tabak herkommt.

Das Tabakknäuel

Kavawurzeln – das Ur-Produkt

Wohin das Auge blickt: Kava!  Chips zum Stampfen, die schiere Wurzel in dicken Packen, Säcke voll Pulver und, rings um den Tresen, über dem Tresen, an den Wänden, da hängen sie, die Sevusevu-Sträuße – was dem Spanier der Jamà³n an der Ladendecke ist, ist dem Fijianer der Sevusevu-Strauß.

Sevusevu-Sträuße

Es gibt große und kleine, die für 15 Dollar (mehr so unsere Größe, peinlich!), die für 30 Dollar, und dann den einen, den wahren:  750 Dollar soll das Prachtstück in der Mitte kosten. Der wäre nicht mal auf dem Boot zu transportieren. Eines stellen wir fest: Kava ist in Suva eindeutig teurer als in Savusavu. Und unser Kava-Dealer dort hatte es eilig – so schön sind unsere Sträuße – von denen noch zwei überlebt haben – nicht gewickelt.  Der Grund, dass bei unserem ersten Sevuesevu Sam den Strauß in der Hand wendete und – vielleicht – kommentierte?

Ob ich einen der Sträuße mal stampfe und schau‘, ob Kava eine gute Erkältungsmedizin hergibt? Aus dem Gemeinschafts-Bilo zu trinken wäre jedenfalls eines. gemein. Für die anderen. Und sowieso… baah!

PS:  Wer mal etwas Schönes über ein mögliches AKKAnauten-Ziel für nächstes Jahr lesen möchte, der lese den letzten Bericht der TENAYA.  VIelleicht auch noch ihren Schriftwechsel mit dem Steuerberater/Buchhalter

Das letzte Fest

Aus dem Cockpit. Suva: die einen schwimmen, die anderen nicht

Suva, 13.11.2012

Mittendrin im Gewühl. In ein bisschen Gewühl jedenfalls: wir liegen vor dem Royal Suva Yacht Club und lassen die „Großen“ an der Pier vor sich  hin wummern, und heute abend kommt wieder das große Geknalle hinzu, das uns schon seit Sonntag begleitet: die Inder feiern Diwali, das Lichterfest, und lassen reichlich Feuerwerk in die Luft steigen. An diese Geräuschkulisse muss man erst wieder gewöhnen, nach Wochen in absoluter Stille.

Mbales Tagwerk. Noch mehr Körbe für noch mehr Palolos!

Still war es auch in der Hidden Lagoon letzte Woche, als der erste bemerkenswerte Sturm im Süden durchzog, stilles Wasser, Windstille, niemand außer uns – ein sehr schöner Platz um sich mal zu verstecken.  Leider fiel dem die Sache mit der „Wurmarschsuppe“ zum Opfer, eine once-in-a-lifetime-Gelegenheit, aber so ist’s nun mal, man kann nicht alles sehen, und ein sicherer Ankerplatz ist uns allemal lieber.

Den Zahnpastavorrat haben wir großzügig aufgestockt. Schul-Zahnhygiene

Als wir am Donnerstag unseren alten Platz vor dem Dorf Susui wieder bezogen und uns an Land aufgemacht hatten, mussten wir feststellen, dass das Palolofangen eindeutig erfolgreich gewesen war, denn außer den Kindern, einem Lehrer und einer Frau an der Chief-Behausung war das Dorf leer. Man war zur zeremoniellen Paloloübergabe nach Vanua Balavu ausgerückt, und die Boote kamen erst in der Dunkelheit heim – unsere Marmorkuchen- und Zigarettenübergabe fand dementsprechend auch nicht statt. Aber am Folgetag!

Tägliche Fitnessübung: das Pani (?)-Spiel

Nach einem ausgedehnten Schulbesuch mit Einsicht in den Sportunterricht und Schulraum-Schnüstern, sitzen wir bei Mbale auf der Matte und kriegen doch noch ein hübsches Bananenblattpaket vorgelegt. „Mbalolo“ sagt Mbale, “ we kept it for you – that’s how we have it for breakfast, with onions and tomato. If there are any“.  Spricht’s und öffnet das Bananenblatt.  Eine schwarze, fädige Masse, Konsistenz eher trocken. Geschmacklich?! Öh, ja. Kann, muss aber nicht.  Nicht unangenehm, aber insgesamt vielleicht doch nix für den Europäergaumen. Aber wenn’s hilft – soll ja sehr gesund sein und auch aphrodisiakisch wirken.  Wir lassen Jacob und Mbale den Rest, aber für’s tapfere Probieren werden wir gleich zum Abendessen eingeladen: ein Todesfall in Suva, und daher gibt es eine Gedenkfeier in Susui, das lassen wir uns nicht entgehen.  Wieder sitzen wir, dieses Mal in der Dunkelheit, um eine reichlich  mit Fisch, Süßkartoffeln und Taro gedeckte Matte.  Der gebratene Waloo mit Lolo schmeckt uns köstlich, und es gibt auch keine Palolos. Während Andreas mit einem Teil der Dorfhonoratioren schwatzt und ich mit Mrs Said, der Lehrerin, kommen aus dem Haus dumpfe Stampfgeräusche. Es wird Kava gestampft, untermalt von Männer-Gemurmel – die Honoratiorenschaft sitzt um die Schale und „gedenkt“.  Vielleicht geht gerade unser Kavastrauß durch Kehlen?  Plötzlich wird es hell: der Dorfgenerator, der totgesagte, ist angesprungen. Für besondere Gelegenheiten kann man ihn offensichtlich für eine Weile zum Funktionieren überreden, wird uns gesagt.  Zeit zur AKKA aufzubrechen. Als wir uns Jacob und Mbales Haus nähern, sehen wir auch dort Licht, Musik dringt aus der offenen Tür. Ist es nicht wunderbar: da stirbt jemand in Suva, man richtet ein Gedenkessen aus und die Kids kriegen als Abfallprodukt 1, 2 Stündchen DVD-Gucken verabreicht.  EIn echtes Fest, und unser Marmorkuchen (mit Vanillesauce) findet auch noch Verwendung.

Und dann kommt der Abschied aus der Lau-Gruppe – am nächsten Morgen suchen wir nochmals die Lehrer, die gerade beim Frühstück sitzen, und überreichen Sorovake eine alte externe Festplatte mit dem WikiTaxi drauf, denn ich konnte Mrs. Said gestern außer mit unserer letzten Portion Buntstifte, Hefte und Zahnpasta mit Kenntnissen über den Palolowurm überraschen. Woher ich das wisse?! Na, aus dem WikiTaxi! Begeisterung brach aus, und so habe ich für die Schule eine Platte geleert.   Mal gucken, ob sie das hinkriegen, die beiden.  Voraussetzung ist, dass mal wieder eine generatorpflichtige Veranstaltung ausgerichtet wird, dann ist auch Strom für den Schulcomputer da.  „Habt Ihr noch einen Wunsch für die Schule?!“ Oh, ja, sagt Soro, wir leben auf einer kleinen abgeschiedenen Insel, und wir wollen den Kindern handwerkliches Arbeiten beibringen.  Holzwerkzeug aller Art wäre willkommen.  Neues AKKA-Projekt: Säge, Zange, Hobel. Von der nächsten AKKA-Station, aus Opua.  Wir fangen an aufs Wetter zu schauen und denken mit Spaß an unsere Feste in der Lau-Gruppe zurück.

Geografie am Strand. WO ist Europa?!

Immer Langusten

Langweilig?! Für Euch vielleicht, für die Schüler in Susui: Schulhof mit Aussicht!

Hidden Lagoon, Susui/Lau Group, Fiji 6.11.2012

Hidden Lagoon, die netzfreie Zone… Wer hätte gedacht, dass man auf Vanua Balavu an so vielen Stellen Internetzugang hat? Dies sind doch die „outer islands“! Wir hatten uns zwar mit einem Vodafone- und einem Telecom-Stick eingedeckt, aber nicht erwartet, dass man selbst auf der Insel Susui noch den Antennenturm von Lomaloma erreicht; aber so ist es. Dass wir hier liegen, hat nichts mit Netz oder nicht-Netz zu tun, sondern damit, dass heute nacht südlich von Fiji die erste tropische Bombe des Jahres aufploppt, ein Tief bildet sich und bringt ordentlich Wind in die Region, Bob der Wetterguru meinte sogar, dieser Sturm könnte der erste der Saison sein, der „sich einen Namen verdient“, Ihr wisst schon; aber ein „Sandy“ isses nicht. Wir sind zwar weit im Norden, aber dennoch haben wir versucht, ein Plätzchen zu finden, an dem man auch vor den zu erwartenden Winden aus dem Nord- und dem Westquadranten geschützt ist, et voilà ! Hier sind wir buchstäblich von allen Seiten geschützt, wunderbar, keine Welle, wenig Wind, ein paar Fallböen von den Hügeln, vielleicht. Leider sind wir auch geschützt vor dem Kontakt mit den Dörflern aus Susui, die uns erlaubt haben, an diesem abgeschiedenen Plätzchen zu ankern, aber die Kontakte werden wir dann übermorgen wieder aufleben lassen. Jacob, der gestern beim Sevusevu den Sprecher für den Chief gab, war nachmittags bei uns an Bord gewesen und hatte unsere „7 Bootswunder“ bestaunt. Ganz vorsichtig am Wasser genippt, dass ich ihm aus dem Wassermacher direkt ins Glas laufen ließ, rechts die Salzbrühe, links das Trinkwasser. Große Stauneaugen. Manchmal sind wir mit unseren Reichtümern an der Grenze zum Peinlichen in diesen Dörfern, und es scheint auch uns so zu sein, wie Panea es von unseren Yachten sagte: „… das ist kein Zuhause, das sind Hotelanlagen“. In Susui ist der Dorfgenerator seit 9 Monaten defekt – alle Reparaturversuche von Yachties haben nichts genützt, aber man hofft dennoch darauf, dass im Januar ein Segelfreund zurückkommt: der Texasknödler Kennedy von der FAR STAR, der vielleicht vielleicht Ersatzteile mitbringt. Und dann könnte man wieder Mobiltelefone aufladen, ohne damit nach Lomaloma reisen zu müssen (die Bäckerin, die hat Solarstrom, und da hängt man dann das Handy an…). Oder mal eine DVD anschauen. Seit 7 Monaten ist es hier nachcts dunkel. Aber ich glaube fast, dass auch der Blick in unser Mini-Bad mit Klo und Dusche so ein Bootswunder war. Und die LED-Beleuchtung. Die Nähmaschine. Kühlbox. Elektronische Seekarten! Es gab bei Melonenstücken und Kaffee viel zu erzählen. Das war noch vor dem Sevusevu, denn Besi, der Chief, war auf der anderen Seite der Insel in wichtiger Mission und kam erst spät, so dass wir gegen Abend an Land Gelegenheit hatten, Langusten zu erstehen und zu schauen, was Moke da flicht: kleine runde Palmkörbe, 20 x 40 cm. Wofür, und wofür in dieser Menge? Na, logo… morgen beginnt das letzte Viertel des Oktober/November-Mondes und da… schwärmen die Palolo-Würmer. Und zwar nur hier, nur an einer Stelle des Riffs. Also flicht das ganze Dorf Hunderte von kleinen Körben, in denen morgen dann die Würmer abtransportiert werden. genauer gesagt sind es nur abgeschnürte Hinterleibssegmente mit den Geschlechtsprodukten, und die bilden dann meterdicke Schichten an der Oberfläche, angeblich) . Sagt Elke aus Tonga, die es wissen muss, heute am Funk:“ … na dann guten Appetit. Lange glibberige Spaghetti…“ Klingt ja echt – örrgs. Wenn wir Pech haben geht dieser Palmblattkorb wetterbedingt an uns vorüber, aber Andreas spricht schon von „Wurmarschsuppe“. Man wird sehen, ob wir Glück oder Pech haben.

Vom Ende des Wurms ans Ende der Welt. Wo hatten wir eigentlich das letzte Mal aufgehört?! Bay of Islands?! Es folgten schöne Ausblicke von den Höhen des Bavatu Harbour, dann der Little Harbour, der so little gar nicht ist (und wo wir, pfui, kein Sevusevu gemacht haben, der Ankerplatz in Manavu war uns zu rollig; Schande auf unser Haupt). Und dann Lomaloma, die Metropole von Vanua Balavu. Während Michael von der Mariposa stracks ins Krankenhaus marschierte, um sich die Gegebenheiten rund um die Zahnmedizin anzuschauen (Diagnose: dünn!), knüpften wir Kontakt am Wegesrand: Lithia saß dort und hielt, wie jeden Mittag, ein Schulpicknick für ihren kleinen Bruder ab. Grüne Bele-Blätter (bäh! Spinathassen scheint ein globales Problem zu sein…), Maniok und Lolo, würzige Kokosmilch mit Zitronensaft und Zwiebelchen.

Maniok, Mbele, Lolo. Das Schulpicknick

Hinter uns tobt der ganz normale Schulhofwahnsinn, es gibt Gelegenheit, in Töpfe zu schauen und dumme Fragen zu stellen. Auf ein Trommelsignal hin beruhigt sich die Lage schlagartig, alles marschiert zu den Zisternen und putzt sich kollektiv die Zähne. Donnerwetter! Und da sich die Szene nach einem weiteren Signal leert und auch Lithias Bruder – in seinen Schulsulu gehüllt – in der Klasse verschwindet, dürfen wir auf der Picknickplane „Rest machen“. Na ja, Apete, seines Zeichens Bibelschullehrer und Methodistenpfarrer, kommt auch noch dazu, mit Joeli, der beiden Söhnchen. Es dauert eine Weile bis wir uns auf den weiteren Spaziergang machen können, und haben bis dahin ein längeres Gespräch über Hitler, Nationalsozialismus und allerlei Schuldfragen hinter uns. Das muss ein bewegendes Thema sein, das uns hier nicht zum letzten Mal begegnet sein. Auf der Dorfpost erkämpfe ich mir Briefmarken für einen Geburtstagsbrief nach Deutschland, auch so ein schönes „outer islands“-Erlebnis, immerhin wird nach Suva oder wer weiß wohin telefoniert, um das Porto festzustellen. Und dass der Brief erst mit dem nächsten Flugzeug, sprich: nach dem Geburtstag abgeht, macht ja nix. Wir haben doch Schwein, dass das wöchentliche Flugzeug die Post überhaupt mitnimmt, und nicht das Versorgungsboot, das einmal im Monat kommt. Oder auch nicht …

Gastgeber am Straßenrand: Lithia und Apete

Sonnabends unternehmen wir eine kleine Jagd auf „Frisches“. Der Handel mit Obst und Gemüse ist hier eher unüblich, man hat welches, oder man hat keines. Der Kaufladen bietet uns immerhin ein paar Kartoffeln, Zwiebeln und Knoblauch an, und ein samstägliches Ladenschlussangebot an Bok Choy, eine Riesenladung für 2 Fijidollar. Na, klasse! Bananen?! Papaya?! Nö. Äh, ja, doch, warte mal! Ein Mobiltelefon wird gezückt… „… auf die Berge zu laufen, das letzte Haus hat Bananen!“ Einen kleinen Fußmarsch später (inklusive zwei Attacken eines Hundes, der eindeutig Palangis hasst und voll Ingrimm in unsere Bok Choy-Tasche beißt) haben wir Bananen. Teuer?! Teuer, für Fiji-Verhätnisse: 2 Dollar für ein Bündel; aber wenn man die Behausung sieht und hofft, dass der Erlös vielleicht in Schulbücher oder Zahnbürsten fließt, ist es fein. Papaya?! Da sind doch welche am Baum auf dem Gelände des Post-Ladens; tja, die Poststellen betreiben hier Läden, die die jeweils bestbestückten auf den Inseln sein sollen. Ihr hättet mal die Nase in den Post-Laden-Kühler halten sollen… – was aber nicht heißen soll, dass die Papayas, die man uns nun aus luftiger Höhe herabstochert, nicht lecker wären, und kostenfrei waren sie dazu. Manche Dinge haben einfach keinen Preis, und darum verschenkt man sie dann. Nicht gerade geschenkt waren dafür die gefrorenen Kiwi-Hühner, die die Bäckerin verkauft. Aber sie rochen angenehm.

Lomaloma…

Während Obst und Gemüse im Dinghy schmoren, bringt der Gang am Ufer entlang die Begegnung mit John und Vakivaki. John döst im Schatten der zertrümmerten Ölmühle – Cyclon Thomas hat seine Spuren hinterlassen, einer der Gründe, warum das Krankenhaus so frisch renoviert aussieht! -, und Vaki winkt uns zu einer Trinknuss heran. John hebt ein Augenlid. „Germany? You know wonn Lackner?!“ Ja klar kennen wir den Grafen Luckner. Und schon sprudelt es aus dem ehemaligen Methodistenküster heraus, die ganze Story, wie Luckner hier, auf der verlassenen Insel Katafanga, einen Dankesbrief an den vermeintlich deutschen Besitzer hinterlassen hat für all die schönen Sachen, mit denen er sich und seinen Mannen auf seiner Reise ins Ungewisse verproviantiert hatte – er war ja auf der Suche nach einem zu kapernden Segler, mit dem er seine schiffbrüchige Mannschaft in Mopelia wieder aufnehmen wollte. Was er nicht wusste, war, dass hier gar nix mehr irgendwelchen Deutschen gehörte, und er mit dem Brief dem kurz darauf zurückkehrenden Herrn Woodworth, most british , eine Spur hinterlassen hatte, der man nun nur noch folgen musste. Luckner is around here. Endstation: Kriegsgefangenschaft No. 1 in Neuseeland. John lacht sich tot – und natürlich reden wir auch über’s moderne Deutschland (jou, Nationalsozialismus…) und über das Leben in Suva und warum man seinen Lebensabend auf den Inseln verbringt. Immer das Gleiche: es kostet nix. Oder kaum was – wenn das kein Grund ist, sich zu bescheiden. Und währenddessen kloppt uns Vaki Nüsse auf, zeigt uns, wie man aus der Basthülle einen Löffel schneidet, mit dem man das weiche Fleisch auslöffeln kann und weiht Andreas in zwei Geheimnisse ein: die Produktion von Palmwein-Homebrew (Alkoholvertrieb ist auf Vanua Balavu verboten!) und, dass man morgen in die Kirche gehen solle, in die vom Ortsteil Sawana. Wer teilnimmt kriegt hinterher was zu essen! Zoobesuch mal andersherum: die Gäste bitte füttern?! Für uns? Aber es wäre nett von uns und höflich, und überhaupt sind alle so freundlich hier. Also: Sonntagsprogramm Kirchgang ist beschlossen.

Das allpazifische Sonntagsprogramm

Kommt der Sonntag. Die Trommel schlägt, und schon bei der Annäherung an den Strand fallen uns die Gewänder auf: Ta’ovalas nach tonganischer Sitte. Kiekies. Und im Gottesdienst wird uns alles klar. Dies ist die Methodist Church of Tonga, besser: ein Methodisten-Kirchlein von Tonga auf einer abgelegenen Insel Fijis, und die Anwesenden sind überwiegend Tonganer. Ist ja auch nicht soo weit von hier entfernt. Zum Höhepunkt des Gottesdienstes, nach einem guten Stündchen, werden nach allen Regeln der tonganischen Druckmacher-Kunst die einzelnen Familien namentlich zur Spende aufgerufen und, nun haben wir es endlich gesehen, wie das abgeht, anschließend die Spenden – boah! – in Heller und Pfennig, Fiji-Dollar und -Cent verlesen. Echt… Der Gottesdienst zieht sich mit allerlei Gesängen, Geburtstagsbehudelungen, Lesungen dahin, ein Nachbar reicht uns eigens eine englische Bibel, damit wir den Hebräer-Text mitlesen können, irgendetwas Blutiges. Mit Gebeten, Kommunion etc. verstreicht ein weiteres Stündchen. Beeindruckend der Gesang insgesamt sowie eine Gesangssondereinlage des vielköpfigen Kirchenvorstandes, und nicht zu vergessen, dass manchmal eine vehemente Englisch-Passage ins Tonganische gestreut wird, um die dahindösenden Palangis aufzurütteln und noch ein paar andere Gäste, die Mariposa wurde nämlich von der „Zahnärztin“ hergeschleift plus 2 Kolleginnen aus der Gesundheitsverwaltung. Südpazifisches Sonntagsprogramm. Draußen spielen die Kinder, man geht auch mal raus und schnappt Luft, vor uns kichert ein gewaltiger Mensch (Tonga!) und bringt seinen Leib samt Kirchenbank zum Beben. Und dann isses um. Wir erheben uns mühsam, wanken nach draußen, reichen dem Pfarrer huldvoll die Hand. Der steht da mit seinem Kirchenvorstand und wiederholt, was es für ein Segen sei, uns dabei zu haben – wirklich nette Leute. Hinter uns schlufft jemand am allerfeinst ziselierten Stock heran, der unglaublich „noble“ aussieht. Tatsächlich, die ganze tonganische Gesellschaftsstruktur auf fijianischem Boden, Noble, nicht-ganz-so-Noble und Gemeine. Sagt der Noble zunächst mal: „… wenn Ihr das nächste Mal zur Kirche kommt, dann die Männer bitte im Tupenu!“ Ganz ernsthaft, der tonganische Rockwickel ist ein Muss, was für ein Glück, dass ich meinen Zeremonie-Sulu trug. Andreas hatte ein „feines“ Hemd an und knielange Bermudas, und Micha weiße Dreiviertelhosen mit Tüdelbändchen. Schwerer Formfehler.

Going with nobles

Nach der Vergatterung kam dann ein ostentatives „“… you go with the nobles“. Neiennn, wir sind mit der Zahnärztin hie… „Ihr geht mit den Nobles!“ Gut. Gehen wir also mit den Nobles. Bis der „Tisch“ im kleinen Tonga-Dorfzentrum gedeckt ist, platzieren wir uns auf einer Matte, gucken ein bisschen verstohlen um uns, und dann sitzen wir auch schon mit mehr oder (ich) weniger gekreuzten Beinen auf dem Boden, vor uns eine lange Matte, auf der sich alle Köstlichkeiten der tonganischen Küche massieren: Fische, Bananen, Brotfrucht aus dem Umu, Taroblätter mit Kokosmilch, Ota Ika, unser geliebter roher Fisch… Melonenschnitze… Gurken… Nachtisch. Eine herrliche Fülle vor allem auch frischer Sachen.

Sonntagstafel tonganisch. In Fiji.

Während wir schmausen, halten die Gastgeber lange Reden, unverständlich zumeist, der Ober-Noble heißt uns nochmals willkkommen, der Pfarrer kann es nicht lassen und holt zu einem weiteren längeren englisch-tonganischen Sermon zu „Liebe Deinen Nächsten“ aus, klärt uns aber – „… wir müssen alles tun für dieses, unser Fiji!“ – auch auf, dass es eigentlich die Tonganer waren, die Fiji (fijianisch „viti“) den Namen gaben – sie sagten Fisi und die Engländer verstanden „Fidschi“. Here we are. Tonga vor, „wir“ waren schon immer tonangebend, die Lau-Inseln sowieso tonganisch und, ach, eigentlich ist Fiji Tonga!

Pastors Tochter darf die Fliegen wedeln!

Wir plauschen noch mit den Umsitzenden als sich plötzlich Unruhe breit macht: die zweite Schicht der Esser, die „Normalen“, will nachrücken. Und der arme Eigner hatte sich solche Mühe gegeben, alle Platten in seinem Umkreis blank zu essen. Formfehler 2 – erst kein Tupenu, nun das. Die Mittel- und Unterschicht wird damit abgespeist, was „wir Noblen“ übrig gelassen haben und machen nahtlos da weiter, wo wir aufgehört haben. Aber die Hausfrauen wird Andreas‘ Appetit gefreut haben. Übrigens gab es Langusten in Lolo, Kokosmilch mit Zitrone. War ja auch nicht schlecht.

Jetzt gleich gibt es in der Hidden Lagoon den Rest Langusten aus Susui. Als Salat, mit Lolo, weil`s so lecker ist. Immerzu Langusten…

Private Pool und Sevusevu

€¦ der erste (?!) Fall, dass mir das Winlink einen Blog nicht verschickt hat€¦ Also schnell nachgeschoben *.

 

Niedrigwasser in der Bay of Islands

Bay of Islands, Vanua Balavu, Lau Group/Fiji, 26.10.2012

Nicht mehr viele Schiffe in der Gegend. Sind da überhaupt noch welche?!
Die Spannung steigt an den Abfahrtsorten, wir hören es in den Funkrunden aus Tongatapu, Port Denerau, Lautoka, und alle, alle fragen sie, wann es denn losgehen kann nach Neuseeland. Ein großes Seglerbündel ist unterwegs nach Bundaberg/Australien, aber, ach je, kein Wind in der Gegend, wahlweise sehr widriger€¦
Insofern haben wir es in der Lau-Gruppe sehr gut getroffen: Unsere Bucht ist so eine Art privates Schlaf- und Schwimmzimmer zwischen steilen, überwachsenen Vulkanfelsen, die pilzförmig aus dem Wasser ragen, der Jahrtausende alte Zahn der Wasser-Zeit hat sie unten ausgehöhlt. Bei auf-oder ablaufendem Wasser schmatzt und plätschert es mächtig unter den Überhängen – was das „guh-guhugu-guh€ aus den Bäumen ist, weiß ich nicht nicht; vielleicht Tauben, obwohl das Geräusch mehr affenartig ist. Hmmh. Nur das kreischende Gezanke ist eindeutig: Flughunde.
Gestern hatten wir unser erstes Sevusevu. Was das ist?! Sagen wir mal: die Empfangszeremonie für Gäste in den fijianischen Inseln. Dazu muss man sich schon in Savusavu oder anderenorts (schwerlich€¦) Kava-Wurzeln besorgen, die in kleine Sträuße gebunden werden, so 300-400 g pro Bündel; unser Hauswirtschaftsraum riecht wie der fijianische Markt in der Kava-Ecke! Als wir in Rabi waren hatte uns die Guava Jelly schon ein bisschen über die Zeremonie aufgeklärt, aber gestern saßen wir dann doch recht dusselig da. Ankerwerfen im Geröll vor Daliconi, Sam winkt uns heran, als wir uns im Dinghy dem Ufer nähern; kleine Pause, denn nach achtern wird etwas zwischen die Häuser gerufen, man sieht wie ein älterer Herrn sich in den Zeremonie-Sulu schwingt. „€¦bitte sehr, tretet ein!€. Wir, auch „ordentlich € gewandet – selbst die gnädige Frau hat auf ihre ewigen Bermudas verzichtet und sich einen stickig warmen, langen Sulu angetan€¦ – sitzen rings um die Matte, auf der der Herr Platz genommen hat. Glücklicherweise ist Sam an Neulinge und Dussel gewöhnt und verlangt mir mit einem freundlichen Lächeln den Kava-Strauß ab. Er ist der Sprecher, der freundliche lachende (bis kichernde) Alte ist der Vertreter des Chiefs, der seinerseits gerade in Suva weilt. Sam hält eine längere Rede und dreht dabei den Strauß in der Hand – ich habe den Eindruck, dass er ihn kommentiert?! Lediglich ein „AKKA€ und mehrere „sevusevu€ kann ich in dem Redeschwall ausmachen – der Alte nickt dazu wohlwollend und ehrenvoll und brummt ab und zu. Dann kommt eine „typische Handbewegung€, die auch ein typisches Geräusch erzeugt: die Hände werden hohl zusammengeschlagen. Plop! (das hatten wir schon von der Guava Jelly gelernt – nur wann geploppt wird, hat uns noch nicht erschlossen€¦) Der Strauß wechselt zum Chief(vertreter) über. Sam macht „plop-plop-plop-plop€ mit den Händen, und nun beginnt der Alte mit seinem Teil der längeren, zeremoniellen Rede. Noch einmal „plop€ und plop-plop-plop€ und wir sind freundlich in der Dorfgemeinschaft willkommen geheißen. Um eine Spende für Dorfprojekte wird gebeten, und wir entscheiden uns für die Alt-Jung-Variante: ein paar Dollars für den Schulcomputer, ein paar für die Pflege der von Landkrabben unterwühlten Wege, damit der gesetztere Teil der Dorfbevölkerung unfallfrei zur Kirche und anderswohin schreiten kann. Nun dürfen wir „frei herumlaufen€, ankern, fischen, whatever.
Das lassen wir uns nicht lange sagen und drehen eine große Dorfrunde – Daliconi (phonetisch: „Dalithoni€, das „c€ wird gelispelt) ist eine recht aufgeräumte Siedlung mit schön gepflegten Grasflächen und -wegen. Von einem Papayabaum werden uns 4 große Früchte („Hausfrauenmischung€ in unterschiedlichen Reifegraden für die kommenden Tage) heruntergeworfen. Schüler kommen uns uber€™n Berg entgegen, und nicht nur irgendwelche, auch die Haute Volée: eine kurze, aufgeweckte „class captain€ und kurz drauf the „head girl€, man liest es an den kleinen Broschen an der Uniform. Wir quatschen, der Schwanz von Schülern, der hinter uns her trottet, gackert und kichert, wir haben Gelegenheit zur Schuhreparatur, denn an einem der unvermeidlichen Crocs-Imitate hat sich ein Riemen gelöst – das macht doch gleich den Kontakt intensiver und lockerer.

The Class Captain!

Zu dumm, dass wir schon los müssen, ein bisschen mehr Dorfkontakt wäre uns lieb – aber leider kann man an diesem gerölligen Ankerplatz nicht guten Gewissens liegen bleiben, schon gar nicht, wenn man nicht weiß, ob es nun gewittern wird oder nicht, ob ein Squall kommt€¦ Ach, die Wetterlage, die ungewisse. Wir kommen sicher noch einmal für einen längeren Besuch zurück, in den nächsten Tagen. Wir haben noch ein bisschen Zeit hier in Vanua Balavu, bevor auch wir in Suva sein müssen, zwecks demnächstiger Weiterreise. Aber, zugegeben, auch wir fangen schon an, auf€™s Wetter zu schauen. Wie sagte Bob McDavitt neulich: diese Jahreszeit ist die der „Wetter-Analysen-Paralyse des Minerva-Yachtclubs€. Man liegt im Minerva-Riff (und anderswo), jeder holt Wetterinformationen, gibt sie fleißig weiter, und aus dem Gemisch ergibt sich, dass jeder „bewegt€ ist, aber die meisten sich nicht fortbewegen mögen.
Stimmt – wir bleiben gern noch ein bisschen hier!

Jetzt wird das Sonnensegel aufgespannt, es ist – hallo Euro-Herbst! – warm. Wir werden den privaten Swimmingpool weidlich nutzen, die steuerbordsche Bordwand polieren (der Weg hierher war reine Motorsegelei, und das hinterlässt einen grauen Auspuffgasbelag). Und dann werden wir noch Gemüse vernichten. 2 Pools weiter hat sich der segelnde Zahnarzt eingenistet, wir sind also doch nicht allein, und Michael kann richtig kochen. Luxus pur – eigenes Schlafzimmer mit Pool und Haute Cuisine€¦

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* Das war eine Überraschung. Für alle WL2K-Nutzer:  Die Blog-Mail war „durch“, es fehlte nur die Sendebestätigung. Beim nächsten Connect war die Mail dann sofort bestätigt und danach wurde sie sofort veröffentlicht.

Zwischen Rabi und Matagi

Horseshoe Bay, Matagi/Fiji, 23.10.2012

Zurück in Matagi. Leider?! Leider…  Oder auch nicht, denn mörgen früh fahren wir nun endlich weiter in die Lau-Gruppe, und das soll ja noch einmal ein Highlight dieser auslaufenden Segelsaison werden.

Mit Panea, Terri und Mariana in Paneas Hütte

Unser Abschied aus der Albert Cove war nicht besonders dramatisch, aber doch anrührend.  Wir hatten noch einen ganzen Tag an Land verbracht, mit Thoralf „Wigwam“ bei Panea einen kleinen LED-Strip montiert, und es war erfreulich zu sehen, dass am Abend dann schon ein kleiner Leuchtstreifen aus Paneas Hütte auf den Sand fiel.  Michael, der Zahnarzt sorgte dafür, dass Terri nun „minus 2 Zähne“ herumläuft, Assistenz ebenfalls von der Wigwam, das konnte sich Gundula nicht nehmen lassen. Es wurden auch noch kosmetische Korrekturen gemacht, so dass Petete nun ein noch strahlenderes Lächeln hat.
Bill hat sein neues Messer und dazu meinen alten IKEA-Wetzstahl, samt einem Kurs in Wetzstahlnutzung dazu. Wir hocken neben Mariana am Kokos-Bastfeuerchen (gegen die Nonos) und führen lange Gespräche, über die Kulturunterschiede zwischen den Fijianern und den Banabans auf Rabi. Über Familie. Über Schulangelegenheiten – als älteste und einzige von 8 Geschwistern hat sie selbst keine Ausbildung genossen, aber alle ihre Kinder sehr wohl. „… das ist wichtig, und deshalb bauen Teri und ich hier Kava an. Alles Geld aus dem „Grog“ geht in unseren Schultopf“.  Wenn das so ist, werden wir öfter mal eine Schale heben.

Am Donnerstagmorgen noch ein letzter Landgang, Besichtigung des wehen Knies (nun mit AKKA-Band-Aid-Strips und schon sehr schön abgeheilt!); von Panea in den Sand gezeichnete Anweisungen, wie man durch das Texas Reef nach draußen kommt. Noch eine kleine Inspektionsrunde um das chinesische Fischerboot, das seit Monaten verwaist (und mit einem klitzekleinen Loch im Bug) nahe seiner Hütte liegt. Wir geben vorsichtige Tipps, wie und was man da machen kann – und mutmaßen ein bisschen herum, ob die Herren Seegurkenfischer das Boot abgeschrieben haben oder doch wieder auftauchen.   Wir hoffen mal für die Albert-Cover, dass dem nicht so ist – ein Boot wäre nicht schlecht. und besser allerdings noch eines mit Außenborder.
Nach dem Abschied hieß es „ankerauf“ – nicht sehr lang allerdings, vielleicht für 2, 3 m Kette, dann geht die die Windendrehzahl in die Knie.  Wir wussten ja, wo wir lagen, aber 15 m Tiefe und eine eindeutig in den Korallen verhakte Ankerkette… nicht gut.  Wir fangen an herumzuprobieren – es ist eigentlich das erste Mal auf der gesamten Reise, dass wir uns derartig „festgefahren“ haben. Während wir mit dem Bugstrahlruder experimentieren – „zu welcher Seite kommt die Kette schneller fest?!“ – sehen wir schon den stets hilfreichen Zahnarzt sein Dinghy zu Wasser lassen, in der Hand etwas, was aussieht wie eine Flüstertüte – aber es ist eher eine Blinzeltüte, eine Unterwasserguckapparatur. So was könnten wir auch gebrauchen: man drückte die Tüte mit dem Glasboden unter Wasser und versucht, bei aller Unsichtigkeit den Grund zu erahnen. Immerhin besser, als ich es mit meinem Schnorchel gekonnt hätte, und tatsächlich, Michael hat einen Tipp, wohin wir vielleicht manövrieren können – mal hierhin, mal dort, und – klack! – die Kette kommt lose, hurray!  Andreas meint von achtern: „… dieses war der erste Streich…“, denn wir hatten die Kette ja nun 2 Tage am Grund rumpeln hören, und so ganz unrecht hat er denn nicht mit seiner Skepsis. Mühsames Ankermanöver, das… Noch ein weiteres größeres Hindernis, und steht noch ein weiterer Helfer auf dem Plan – oder besser: er schwimmt auf uns zu. Panea, hat sich seine Schnorchelsachen gegriffen.  Free-Diving, 20 m?!  Kein Problem, hatte er uns erzählt.  Kurz bevor er die AKKA erreicht, und wir seine Dienste doch noch in Anspruch nehmen müssen, sind wir frei. Wir winken dankbar zurück.

Der gesamte Besuch auf Rambi war anrührend, und während wir aus der Bucht dampfen, überlegen wir schon, dass wir vielleicht ein Ziel für’s nächste Jahr haben. Dann aber mit Tabak…  Bis dahin hoffen wir, dass ein paar von den Savusavu-Übersommerern unsere Lücke füllen.

Um die Ecke gebracht

Gefährlicher Legeplatz… Immerhin war die Sonntagsausbeute 10 Eier!

Albert Cove, Rabi Island, 15.10.2012

… das ist mal eine wirklich interessante Insel, und sie fordert zu täglichen Taxifahrten heraus. Die Insel ist Rabi (=Rambi) und das Taxi natürlich das WikiTaxi, denn zumindest hier in Albert Cove reicht die freie Fläche mal knapp für Hunde-Trampelpfade durch den Busch, und das Netz, das ist weit, weit entfernt. Dafür haben wir aber schon einen um die Ecke gebracht.

Nachdem wir zwei Tage in Matagis Horseshoe Bay geankert hatten – ganz schön, wenn man auch wissen sollte, dass diese Bucht die „Honeymooners Hut“ des Matagi Resort beherbergt und daher täglich ein Abgeschiedenheit suchendes Paar zu uns herüber geschippert wurde, für ein „very private picnic“, das man tunlichst nicht stören solle, wie uns die Bootsführer bedeuteten. Aber wir finden, dass der Anblick einer AKKA in der Bucht ein äußerst romantisches Beiwerk ist, und obwohl es verlockend war, mal in die Picknickkörbe zu gucken, haben wir uns natürlich zurückgehalten. Die Wetten lauten auf Lobsterhäppchen und Champagner…

Der folgende Abstecher ins Budd Reef zu den Ringold Islands war dagegen ein schwierigerer Fall: wir hatten uns in die School Bay von Yanuca gelegt, wunderschön anzuschauen, Pausenklingel und Kindergeschrei unter Palmen, dazu blauestes Wasser, im Hintergrund der Kegel von Cobia – aber es lief ein äußerst unangenehmer Schwell in die Bucht. Die Fischersleute, die uns besuchen kamen, meinten, dass der nach Süden gelegene Ankerplatz noch viel schlimmer sei – man kann es sich vorstellen: voll dem Wind ausgesetzt und dann noch mehr oder weniger auf Legerwall. Nö. Letzte Alternative: ein ruhiger Ankerplatz vor der westlichsten Insel, den wir auf dem Weg durch den Pass begutachtet hatten – aber der ist so weit ab vom Schuss, dass uns wir nicht ausdenken mögen, wie nass wir mit unserem 3 PS-Kurzdinghy im Dorf angekommen wären. Sind mehrere Schiffe da, holt der Sohn vom Chief die Crews gern mit dem Dorfboot ab, zeigt einem die Inseln und lässt einen auf Cobia herumklettern, aber eine AKKA macht noch keine große Landpartie. Budd Reef: ein Fall für wirklich ruhiges Wetter.

Paneas Haus – Kücheneingang!

Und nun sind wir auf Rabi. Es ist eine schöne, grüne Insel, groß, mit steilen, felsigen Küsten und dicht bewaldet. Unter den Palmen am Ufer der Albert Cove – Strand gibt es nur bei Niedrigwasser – ducken sich 4 oder 5 Hütten schlichtester Bauart, nämlich aus Bambusrohr und Palmblatt, drumherum ein paar Nutzpflanzen wie Banane, Papaya, Maniok. Es ist die Lebenssituation, wie wir sie in diesem Jahr schon öfter gesehen haben, in Samoa oder Wallis: die Natur gibt einem das Notwendigste. Auf dem ersten Landgang lernen wir gleich Panea, Mariana und Terri kennen – wir hatten schon von Panea gelesen, ein älterer Fischer, der vor Jahren einen Schlaganfall erlitten hat und seitdem gehbehindert ist (so sehr, dass er bei Hurrikan in seiner Hütte sitzen bleibt, bzw. eine nahegelegene Höhle aufsucht, wenn es gar zu schlimm wird!); aber seine muskulösen Arme verraten, dass er das Schwimmen und Tauchen sowie das Schwingen seines Unterwasserspeeres hervorragend meistert. Seine Beute sind wahlweise Fisch, große Tridacna-Muscheln, Oktopus. Heute sitzt er aber ein bisschen bedröppelt da – letzte Woche hat er sich an einer Koralle verletzt und hat ein dick geschwollenes Knie mit einer eitrigen Wunde. Die üblich-scheußliche Tropeninfektion – also beschränkt sich das Menu ein paar Tage auf Vegetarisches. Panea ist ein absolut witziger, heller Kopf, es macht Spaß, sich zu ihm auf die Matte zu hocken. Die Stimmung ist insgesamt ruhig, sehr ruhig… während wir mit Panea schwätzen, demonstriert Terri, was es mit dem Kavatrinken auf sich hat – man hat schon ein paar Bilos, halbe Kokosschalen, geleert und er scheint ganz schön weit weg zu sein und SEHR entspannt. Gut dass wir erst nach der „Kava Bowl“ eingetroffen sind (wir hatten große Handwäsche und das nachfolgende Wäschetrocknen abzuwarten…). Währenddessen wickelt Mariana ihre kleine Enkeltochter Pria – und das fordert dazu heraus, von Gesicht zu Gesicht zu schauen: Pria ist ein braunes, kulleräugiges Baby, aber so gar nicht fijianisch, auch nicht polynesisch?! Panea, Mariana und Terri haben breite, fast asiatisch anmutende Gesichter, jedenfalls keine melanesichen, und es ist so: Panea ist aus Kioa, der Insel südlich von Rabi, wo man 1946 Leute aus Paneas Heimatarchipel Tuvalu angesiedelt hat, um den Bevölkerungsdruck dort zu mindern; little Prias Mutter wiederum hat einen jungen Inder aus Nadi geheiratet, und darum ist Pria eine winzige „brown indian“, wie Mariana sagt „and that’s very Fijian!“. Und sie selbst: halb Banaba, halb Fiji – in gewisser Weise steht Mariana für eine komplizierte (Um)siedlungsgeschichte, die sich vor uns entfaltet: so wie die Leute von Kioa aus Tuvalu („Ellice Islands“, wie Panea sagt) kommen, sind die von Rabi aus Banaba, ehemals „Ocean Island“, einer Insel aus dem Gilberts-Archipel, 1100 Seemeilen nordwestlich von hier, der einzigen Insel des heutigen Kiribati* übrigens, die nicht dem Global Warming-Untergang geweiht ist, da bergig. Dennoch: kaputt ist Banaba heute schon, denn wie auf Nauru wurde bis in die späten 70er hinein mineralisches Phosphat abgebaut, was nicht nur eine Steinwüste hinterließ, sondern auch landlose Menschen. Also kam man seitens der britischen Regierung bzw. der British Phosphate Commission auf eine „brillante Idee“ – man nahm die den Insulanern zugedachten Förderabgaben (so genannte „royalties“, was nur etymologisch mit der königlichen Familie zu tun hat), kaufte dafür eine Insel in Fiji (vielleicht erwähnenswert, dass – Umsiedlung! – die Ur-Rabianer nun auf Taveuni leben…), und holte ab 1945 die Leute von Ocean Island her; in zwei weiteren (nicht ganz legalen) Wellen kamen dann nochmals Banabans nach, die nun heute die Bevölkerung der Insel ausmachen – in einem interessanten politischen Mix: sie sind Fijianer, entsenden aber einen Abgeordneten ins Kiribati-Parlament, und alle Rabianer Fijis wählen den Gemeinderat von Banaba (zur Erinnerung: Gilbert Islands, Kiribati!), der seinen Sitz (kommt Ihr noch mit?!) in Suva hat… Wild. Ab 1965 gab es einen Rechtsstreit der Banabans um die Abfindungen, der nach 10 Jahren mit einer symbolischen Summe zugunsten der Banabans entscheiden wurde, es wurde ihnen nämlich 1 Pfund Sterling zuerkannt. Gerichtskosten zu Lasten der KLÄGER – zur Teil-Ehrenrettung der Gegner: die Australier und Neuseeländer, die ebenso wie die Briten an der British Phosphate Commission beteiligt waren, boten 780.000 AUS$ Entschädigung, so dass am Ende ein bisschen was übrig blieb… Aber nicht, dass damit die Streitigkeiten um Banaba beendet wären: heute fetzt sich der „Rabi Council of Elders and Leaders“ mit Kiribati, die die Insel nicht abgeben wollen, denn man will das Phosphate Mining wieder aufnehmen, und noch wichtiger, man streicht auch immer noch die Profite aus dem alten millionenschweren Phosphat Trust ein (ohne davon etwas an die ins Exil gewzungenen Banabans weiter zu reichen, klaro, sind ja „Fijianer“ !). Nun haben die Rabi-Banabans vorgeschlagen, dass die Insel Fiji zuerkannt wird, schließlich sitzen ja die rechtmäßigen Besitzer auf Rabi und sind Fi… … . Oh, menno.

Mariana baut einen Teller für’s Mittagessen!

Da geht es hier in Albert Cove schon einfacher zu, und von deren Leuten haben wir einen gestern um die Ecke gebracht. Die Albert Cove ist völlig abgeschieden, es gibt nicht einmal ein funktionierendes Boot. Beim sonntäglichen Kava-Trinken (! es ist nicht so schlimm wie gedacht!) kamen wir auf die Kopraproduktion und damit auf kleinere Transportschwierigkeiten, denn Rupesh (mit einer Tüte Milchpulver für Töchterchen Pria aus dem 2,5 Stunden entfernten Nuku herbeigeeilt, zu Fuß, natürlich) erzählte, dass es vorerst mal keinen Sprit auf Rabi gibt, also kein Boot in die Albert Cove, also kein Geld für die abholbereiten Koprasäcke… Im Nebensatz erwähnten wir, dass wir ja auch eine Art Boot haben, man könnte ja mal drüber nachdenken…

Have a bowl with us! Die Einladung zum Kavatrinken…

Man leert ein weiteres Schälchen Kava und dreht sich eine Zigarette. 3 mm stark aber laaang! 3 Fädchen teurer Tabak in einem Stück Zeitungspapier („… unbedrucktes schmeckt besser!“). Als wir gestern die Säcke in bester Absicht beguckten, kamen uns allerdings Zweifel an der Aktion „AKKA the Copra Carrier“. Sauschwere Dinger, es wäre ein unglaubliches Geaste, hin und her mit dem Dinghy, x Fahrten; alternativ dachten wir, mit Diesel auszuhelfen?! Aber da brachte Rupesh schon die gute Nachricht, dass der Council (siehe oben) vielleicht doch noch ein Schlückchen Diesel hätte – ob wir ihn vielleicht mit dem Dinghy am Ende der Straße absetzen könnten: „… it is just around the corner!“. Ihr hättet Andreas‘ Gesicht sehen sollen, als wir gestern im auffrischenden Wind „umme Ecke“ bogen, und sahen, welche der vielen Ecken Rupesh meinte, besser gesagt, wir konnten die „gleich-um-die-Ecke“-Ecke erst einmal gar nicht ausmachen… Unser Dinghylein allein auf hoher See, 3 PS, 2 AKKAnauten, 1 Rupesh samt Töchterchen Pria, die heute einem Impftermin à­n der Gesundheitsstation (wahrscheinlich wenig fröhlich) entgegen sieht. Das um die Ecke bringen zog sich entsprechend – aber der Mercury hat’s bis in die Elizabeth Cove geschafft, wir hatten wohlweislich auch Benzin mitgenommen, waren aber dennoch froh, als wir diese fast 2 Stunden Tuckerfahrt hinter uns hatten. AKKAscouten nennen wir uns jetzt, denn Pfadfinder tun jeden Tag eine gute Tat. Doch, doch – ehrlich, es freut uns, und hier kann man anderen allerlei kleine Freuden bereiten… Marianas Wäsche hängt auch im Wind – AKKAnauten-Waschmittel macht’s möglich. Außerdem haben wir den segelnden Zahnarzt aus Deutschland hergelockt, der heute eintrifft, Paneas Knie wird schon besser, mit Fucidinesalbe von AKKA und oralem Antibiotikum von der GUAVA JELLY. Und der nicht gar so alte, aber umso zahlnlosere Bill kann mit unserem alten, frisch geschärften Küchenmesser Toddy schneiden, dass es nur so spritzt. Hoffentlich müssen wir den Toddy (Palmwein in spe… hui!) nicht auch noch probieren.

Bis denne.

Devotionalien „Panea style“. In der Mitte die AKKA.Postkarte, im Vordergrund die FOBAN-Salbe…

2 Flaschen, 1 Scherz und 1 Dugong

Matagi, 9.10.2012

Das Leben hat immer Scherze bereit. Unser letzter war gestern, und die Flaschen aus dem Titel sind wir…
Wegen angekündigten (aber im Endeffekt nicht eintreffenden) Windes hatten wir uns am Freitag in die nächstgelegene Bay an der Westküste verholt und der Sonnabend, der verregnete, brachte eine Fahrt nach Somosomo, im Teil-Taxi (da kostet es dann nur 6 $, sehr nett, und gleich mit Familienanschluss).  Wir brauchten Geld, und ATMs* gibt es nicht gerade häufig auf Taveuni, genauer gesagt nur einen, in Somosomo, Ortsteil Nagara – da wo man auch Gemüse und Obst an der Straße kaufen kann.  Am Automaten steht schon eine Fiji-Dame, steckt ihre BSP-Bankkarte hinein, tippt die PIN ein und… jepp! Geld!  Das berechtigt zu den schönsten Hoffnungen.  Nun denn, DKB-VISA-Card gezückt, PIN eingeben, Geldauszahlung wählen und… Blue Screen (eher ein Grey Screen mit einem unverständlichen Prompt am oberen Bildrand).  Hm. Nächste Karte – gleiches Ergebnis. Kein Geld!** Nu‘ wird’s knapp mit der Kohle über’s Wochenende. Auf dem regenfeuchten Weg zum MH-Supermarkt klettern ein paar Kinder für uns in einen riesenhaften Mangobaum über dem Fluss und holen uns eine Tüte Früchte herunter, die wir – wahrscheinlich fürstlich – mit einem Dollar bezahlen.  Die MH-Auswahl ist taveunimäßig prima, wie wir finden; Frischfleisch nicht so dolle, aber sonst ist fast alles da.  Nur der groß angekündigte „Food Court“ ist schon um 12 Uhr bis auf eine Schale bräunliches Dhal abgefressen.  Taxi – diesmal ungeteilt, daher 14 Dollar –  zum Coconut Grove, einem niedlichen Resort in Matei, dem Ort vor dem wir die letzten Tage gelegen hatten, und die wundervolle Fruchtsäfte und Salate bieten.  Im Vorbeifliegen fällt uns das nahe am Ankerplatz gelegene Restaurant „Tramonto“ auf, Planänderung. Stopp!  Sehr nette junge Frauen, die das kleine Restaurant betreiben, und wir haben AKKA-Blick. So romantic!  Und so lecker, dass wir, nun wirklich aller Fijidollars ledig, verabreden am Folgetag mit US-Dollars wiederkommen zu dürfen. Zum Sackenlassen von Stir Fry und Fish&Chips unternehmen wir ein paar Schritte – und landen, diese Küste ist ein (sehr ruhiger) Touristen-Strip, bei Taveuni Ocean Sports. Ein PADI-Tauchzentrum, und eingedenk meiner vagen Pläne ein „gefährlicher“ Stopp. Palaver, palaver – o.k., wir denken über das Angebot nach und kommen morgen wieder.  Nun ist die Saat endgültig gesät, denn TOS wurde von einigen Seglern gelobt, die Besitzerin Julie sei ein toller Dive Guide etc…
Und wirklich, nach dem Sonntagsspaziergang (hm, ja, das Restaurant Tramonto hatte zwar offen, alle Beschäftigten waren auch versammelt, aber ohne die Frau mit dem Schlüssel wird das nix mit der Bewirtung…) machen wir es fix:  das Wetter stimmt einigermaßen, und wenn wir tauchen wollen, dann hier in der „Welthauptstadt der Weichkorallen“.  Wir hinterlassen, dass wir bis auf die Tauchgänge zum Erwerb des Brevets keinerlei Erfahrung haben. „… ja, natürlich, Ihr habt keine Erfahrung, da richten wir uns drauf kein, keine großen Tiefen etc.pp.“
Wir hoffen auf das Beste, und freuen uns auf einen Softtauchgang zu weichen Korallen.

Montag, 07:45.  Sosi (George auf Fidjianisch) ist wieder da, heißt uns freundlich willkommen – und kurz drauf rollen wir mit Julie Richtung Somosomo.  Nach einem Small Talk über gutes Essen frage ich, was mir die ganze Zeit auf den Nägeln brennt:  „… you heard that we are unexperienced divers?!“  Nö, sagt Julie, wieso unerfahren? Aber ehe wir es ganz erklären können, sind wir auch schon da, Nadja, unser Tauchguide nimmt uns Empfang – „… lasst uns mal den Papierkram erledigen!“  Das haben wir doch schon, gestern, hat Sosi das nicht weitergegeben? Sag mal, weißt Du etwa auch nicht, dass wir völlig unerfahren…?!  Oops?! Nein.  Aber macht nichts, das kriegen wir schon hin. Sie prüft unsere Tauchausweise – „… und der letzte Tauchgang!?“  Oh, Mann – jahhaaa, zum Zeitpunkt der Prüfung, 2007.  Leichtes Augenbrauenheben auf der Gegenseite.
Aber dann rückt auch Barbara an, unsere Mittaucherin – mir schwant schon was: Barbara ist eine geradezu fanatische Taucherin im PADI Scuba Dive Master-Rang und ´absolviert heute die letzten beiden Tauchgänge ihres Urlaubs. Mit uns zwei Flaschen…  da hat sie ja richtig Glück gehabt.
Ich komme mir vor wie beim Gang auf’s Schafott, als wir zum Boot traben. Das Diveboot hat all unsere Sachen bereit, wir kleiden uns an, Nadja, die wirklich sehr freundlich und kompetent ist, brieft uns, mittlerweile hat sie unsere Erfahrungslücken verinnerlicht.  Mittlere Tauchtiefe 15-20 m und bitte rasch abtauchen, wir haben hier viel Strömung. Sie guckt mich an: „… Du siehst besorgt aus?!“  Ja, bin ich – das ist schließlich das erste Mal seit 5 Jahren. 15 bis 20 m. Wir überlegen noch kurz, ob wir was ummodeln sollen, aber dann sitze ich schon auf der Backbordseite, halte die Brille und den Lungenautomaten fest, auf „3“ soll ich abkippen. „… one, two… splash!“.  Der Frühstart ist nur ein Schönheitsfehler. Ich gebe mein o.k.-Zeichen und dümpele an der Oberfläche, das Tarierjacket wohl gefüllt.  Dann kommt Andreas mit Barbara, alles o.k. – und das Zeichen: „Abwärts!“  Gesagt, getaucht. Nun folgt der Scherz… Die Somosomo Strait hat volle Strömung, daher ist das Wasser voller leckerer Korallennahrung,  und man sieht zwar ganz gut, aber nicht besonders. Ich tauche ab, getreu dem Motto „rasch“. Hinter mir irgendwelche Flossen, yeah!, auf geht’s, oder besser: ab geht’s. Ruhig atmen, nicht die Luft anhalten, immer schön blubbern und steter Druckausgleich – jaa, gut so, Frau Fuchs, Konzentration, wozu haben wir uns am Vorabend noch einmal die ganze PADI-CD angetan. Geht doch! Nach einer Weile kommt der Boden in Sicht – prima, da hat frau was zum Orientieren. Ich schaue nach oben:  ganz schön allein hier… Hm, mir geht’s gut, und die anderen werden schon kommen. Ich tariere ein bisschen rum mit der Weste, der Fuchs-Stein schwebt nicht gerade über dem Korallensand.  Ah, ja, jetzt hebt sie sich leicht und senkt sich beim Austamen. Ich klopfe mir selbst auf die Schulter. Flossen erscheinen im Augenwinkel: der Rest der Truppe. Jemand tippt mir auf den Arm und deutet auf meinen Computer: guck mal… 22,5 m! Ich sehe die andere Taucherin deuten – deine Leute sind da oben! Also, der Stein war wohl ein bisschen weit gesunken – nicht zu schnell, aber ungeplant. Barbara hatte mich, die ich in voller Konzentration auf den Tauchvorgang die Umwelt völlig vergessen hatte,  im Auge behalten, aber es war Julie, die mit einer anderen Gruppe an der gleichen Stelle abtauchte, die mich auf den Rückweg nach oben schickte. Ich hole Barbara ein, wir tauchen weiter und weiter auf – wo waren bloß Eigner und Nadja, the Dive Guide?!  Na, die beiden strampeln an der Oberfläche. Ich, die ewige Floaterin (Andreas‘ Standardspruch beim Schnorcheln: „Wie machst Du das? Ich gehe immer unter!“)  tauche ab wie nix, und der, der ewig untergeht, vermag keine 2 m abzutauchen.  Kleines Palaver an der Oberfläche – wir wechseln das Revier, und Andreas, der Frostbeutel im dicken Tauchanzug, kriegt mehr Bleiballast.
Die erste Flasche für die beiden Flaschen wird dann in moderaten Tiefen so um die 12-14 m geleert – davon bekomme ich so gut wie nichts mit, so sehr bin ich auf „Tauchen, Tarieren, Atmen“ konzentriert.  Ich merke nicht mal, wenn ich zurückfalle, ein, zweimal muss Nadja mich einsammeln oder auch wieder hinab“komplimentieren“, mit Armeskraft.  Aber erleuchtend war es schon: Flache Tauchtiefen sind viel schwerer auszutarieren als die tiefen.

Nach der ersten Flasche kommt eine Pause, ich bin schon ein bisschen müde. Soll ich überhaupt noch mal?!  Aber die Stunde Unterbrechung geht mit heißem Tee dahin, mit Fischbuch-Gucken, Tauchtheorie von Nadja, Schokokuchenhäppchen und Papayastücken. Und schon sitze ich wieder auf der Kante, neue Flasche, neues Glück, Du Flasche…  Splash pünktlich auf drei, abwärts geht es zum „Ledge“ einem schönen, alten Seamount, mit vielen Korallen bewachsen und mächtigen Überhängen.  15 m – das scheint eine gute Tiefe zu sein. Wir drehen unseren Kreis, bewundern den besonders hübschen Fiji-Nemo, der sich dunkel-orangefarben und mit einem Streifen in den rieseigen Seeanemonen versteckt.  Nadja fragt gelegentlich den Flaschendruck ab und zeigt mir niedlichste kleine Nacktschnecken, kleine Porzellanfleckchen in weiß mit blauen Zipfeln drauf.  Die Nase an die wunderbaren Federseesterne halten, oder dem schönen, petrol-roten Papageienfisch folgen, der ungerührt vor mir her trödelt. Alles friedlich, alles „normal“, und die Tauchzeit vergeht wie im Flug.  Ein bisschen Kampf mit der 5 m-Tiefe beim Auftauchen, aber da weiß ich ja nun Bescheid: meine Jacke ist leer, also muss ich mich aktiv bemühen, nicht aufzutauchen – anstrengend. Und dann: schon vorbei.
Die weichen Knie stellen sich erst später ein – um es genau zu sagen: zurück auf der AKKA bin ich absolut platt.
Ich hab nicht mal mehr Zeit und Lust, Ausschau nach unserem Besuch vom Vortag zu halten. Da kam nämlich eine Art Koprasack vorbeigeschwommen. Dick und ohne Flossen, ohne Fluken, dafür mit einer gummeligen Nase und bräunlich in der Farbe. Ich hatte Nadja das beschrieben, denn wir hatten einen Verdacht, und sie sagt prompt: „… hab‘ noch nicht gehört, dass die hier heimisch sind, aber das kann nur ein Dugong gewesen sein!“  Genau – hatten wir auch gedacht. Eine verirrte Seekuh oder ein Seebulle, vielleicht aus Vanuatu. Und keiner außer uns beiden Flaschen hat’s gesehen.

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* Automatic Teller Machine, der Geldautomat

** PS: das Rätsel des Automaten wurde am Montag nach unserem Tauchgang gelöst.  Nachdem wir uns für eine Weile in die (lange!) Schlange der Bankkunden eingereiht hatten, kam einer der Angestellten und bediente die Maschine von hinten, aus dem Bankraum heraus, was für uns das Zeichen war, dass man auf die Fehlleistung hinweisen könnte.  Und nach wenigen Sekunden hatten wir unser Geld in der Hand. Hätten wir auch selbst drauf kommen können: es gibt zwar diesen informationsfreien grey screen, aber man muss einfach den am meisten abgegrabbelten Knopf drücken, um im nicht sichtbaren Menu weiterzurücken.  Mal wieder ein Rezept für’s Leben!

The Sixties

Taveuni, 2.10.2012

Kleine Blogpflichtveranstaltung aus Taveuni…  wir wollen ja nicht, dass die etwaige Leserschaft ins Schnarchen gerät.

Nach 2 völlig und mehreren fast verregneten Tagen vor „Cousteau“ haben wir uns am Sonntagmorgen angeguckt und…  „… es regnet gerade nicht, und überhaupt sieht es doch ganz gut aus?!“. So gut nun auch nicht, Regenbögen, dicke Wolken, Regenschleier über den Bergen, und der Wetterbericht verhieß nur Erleichterung, kein Ende der Schlechtwetterzeit, aber wat mutt, dat mutt. Los. Wir gucken als Tagesziel die Dakuniba-Bay aus, ein kleines Hurricane Hole, ungefähr 3/4 des Weges zu Vanua Levus Ostkküste.  Interessant der Seegang, der vor dem Riff südlich von Vanua Levu stand: wir hatten mehrere Tage keinerlei Wind, aber es stand ein fieser, alter Schwell genau gegenan.  In Dakuniba niemand weit und breit, nur Vogelgebrüll aus den Mangroven, das später von dem immer wieder herrlichen Gezanke der Flughunde um den besten Abhänge – und Schlafplätze abgelöst wird. Ein schöner Flughundwitz soll hier nicht verschwiegen werden:  Es hängen zwei nebeneinander… „Weißt Du, wovor ich im Alter am meisten Angst habe?!“  „Nee…“  „… vor…  Inkontinenz!“  Pfui.  Dieser Scherz leitet nahtlos zum 1. 10. über, der mein 60. Geburtstag werden sollte, und mit einer wirklich fantastischen Durchfahrt durch’s Innenriff zwischen Dakuniba und Viani begangen wurde, die Schipperin und Jubilarin auf dem Besanbaum balancierend und zeitweise, der besseren Sicht zuliebe,  auch ein Stück mastaufwärts (das üben wir noch mal – auf einem bewegten Schiff in den Mast, und sei er noch so niedrig; kommt nicht so häufig vor bei uns, und wenn, dann ist es der Eigner. Ich hebe den Hut vor allen Riggern, die bei Wind, Wetter und, puuh, unter Regattabedingungen da oben arbeiten).  Jedenfalls war es windig und sonnig, mit blauem Himmel, grüner Insel zur Linken, das ebenso grüne Taveuni voraus – und türkis-türkis-türkis ringsum. Ein echtes Geschenk – leider trug ich kein goldenes Krönchen mit einer 60 im Haar.

Die letzte Woche, das sei noch gesagt, haben wir natürlich nicht völlig untätig verbracht – und ich pflege noch immer Blasen an den Füßen und den Händen, die ich mir bei stundenlangen Tauchgängen am Rumpf zugezogen habe, genauer: 2 x 2 Stunden, mehr ist weder meinen Schrubberarmen noch dem Kompressor zuträglich, aber nun ist die Kielsohle endlich frei von der verbliebenen Schicht Seepocken, die wir nach Abtragen der Austern aus Neuseeland noch übrig gelassen hatten.  Ein mühsames Geschäft – und gleichzeitig ist es der Beweis, wie gut doch unser Coppershield-Antifouling funktioniert, denn das fehlt auf der Kielsohle (da steht die AKKA nämlich drauf, wenn man sie an Land stellt…).  Und während die eine taucht, repariert der andere den Schnitt, den wir uns in Halalo/Wallis am Dinghy zugezogen haben. Und vielerlei schöne Dinge.
Zwei Scherze hatten die Tauchgänge auch bereit: am Tag 1 rumpelte ich beim Aussteigen unseren „Pümpel“ über Bord, der auch gemütlich abwärts trudelte, und so schnell hatte ich die Brille nicht wieder vor der Nase, dass ich ihn noch erwischen konnte.  Also: Tauchkompressor wieder an und ein Tieftauchgang, bitteschön. 10 m, das mache ich auch nicht jeden Tag.  Hat auch schön geknirscht im Ohr, dabei war Ehrgeiz gar nicht angesagt, der Pümpel war schließlich nicht in Lebensgefahr.  Und dann Tag 2:  „… ach, reich‘ mir doch bitte noch einen Schraubendreher, in einem Seeventil sitzt eine große Muschel…“  Und warum auch immer, der Schraubendreher kommt geflogen, landet natürlich nicht auf der Badeplattform, sondern säuft noch schneller ab als der Pümpel.  Tieftauchgang zwei – aber mit der Erfahrung vom Vortag mache ich langsam, kann es geradezu genießen, schau‘ mich am Boden um – schöne Fische!  Mit dem kostbaren Schraubendreher tauche ich auf, und mit dem Plan, vielleicht doch noch einmal einen Tauchgang mit Flasche irgendwo zu buchen. Die Gelegenheit ist da – hier an der Somosomo Strait taucht’s gewaltig. Und wenn Leni Riefenstahl das mit 90 konnte, werden sie ja wohl nichts gegen „The Sixties“ haben.