…eee!

Opunohu Bay, Moorea, 27.8.2010

Ein Inselchen weiter, seit Freitag … Schön ist es hier, grüner Pflanzenpelz auf den Abhängen, schroffe Felsformationen und eine scharf gezeichnete, dramatische Bergkulisse. Der Mond beleuchtet in der Nacht den sandigen Ankergrund, so dass er türkis schillert  – das muss so sein wie im „Swimmingpool“ in den East Holandes Cays in den San Blas-Inseln. Wie Ihr sehen könnt, war ich nicht Augenzeugin, der Eigner hat nur betrachtet und bewundert, aber mich nicht geweckt…

Blog Tahiti SU Moorea… und da drüben liegt Moorea! So sah es 2 Wochen aus – jetzt sind wir da!

Wir liegen in der Lagune hinter dem Saumriff, das ist ja seit Tahiti auch eine neue Erfahrung. Ganz allein sind wir nicht, aber es ist ja auch Wochenende; als wir kamen, entdeckten wir sogar ein „deutsches Nest“, der deutsche Zahnarzt Michael mit zwei weiteren Katamaranen. 8 Yachten waren es zur Ankunft, nun sind wir gerade 20. Zu den meisten haben wir keinen Kontakt, aber gestern kam die GRYPHON ,Jeff und Raine, Amerikaner auf der zweiten Weltrunde und unsere Sundowner-Gastgeber aus Fakarava; und dann trafen wir noch LA FAMILA – Kleng und Anne und die kleine Liva aus Norwegen. Die müssen dringend nach Raiatea… ich würde auch nicht mehr lange warten mit der kurzen Nachtfahrt, wenn der nächste Geburtstermin in 3 ½ Wochen ist!

Wir werden hier ein paar Tage abhängen – angeblich gibt es hier Mantas, die man mit einem kleinen Vorrat Tunfisch aufsuchen soll und die sie einem dann um die Beine wickeln…

Tahiti haben wir nun hinter uns, und damit kommen wir zum Titel dieses Blogeintrages: DAS werde ich ein Weilchen vermissen! Eeee! Nicht laut, mehr verhalten, aber doch: „….eeee!“ Dazu gesellt sich ein mehr oder weniger vielfaches „Patsch, Patsch, Patsch….“ Seit wir in Hiva Oa die ersten Auslegerkanus sahen, fragten wir uns, was das ist – Sport?! Nutzfahrzeug?!? Spätestens in Papeete war es klar: SPORT! Auf der Fahrt durch die Lagune nach Punaauia kamen uns schon diverse Einer in die Quere, beim Einchecken in der Stadt fielen mir die vielen, vielen Autos mit „Dachlast“ auf:  gern Kleinwagenklasse, nach allen Seiten von Ausleger und endlos langen Rümpfen überragt. Gleich welcher Altersklasses oder wes Geschlechts, wer die Zeit erübrigen kann, geht in der Lagune trainieren, und wer nicht gerade einen Einer fährt, muss kommunizieren: „eee!“ Das ist das Zeichen zum Seitenwechsel für die Paddel. Zweier, Dreier, Sechser, Zwölfer, und auf allen gibt einer, meist die Frontfrau/der Frontmann das Zeichen: „….eeee!“ Alle 8 bis 10 Schläge. Wenn ich bloß wüsste, wie man mit Anstand einen Film einstellen kann – die Vorstellung ist nämlich schon beim Ansehen anstrengend.

Blog Tahiti Ausleger

Joggen?! Hier doch nicht… Ausleger fahren! Eeee!

Das Paket

Punaauia, 20.8.2010

Das war ein ziemliches Ding, die Paketstory.

Zunächst mal war meine Befürchtung mit dem Frachtziel Haiti unbegründet. Mittwoch gegen Mitternacht schwebte ein Flugzeug ein, wir konnten es hören – und das hatte unser Paket dabei, wie sich herausstellen sollte.

Der Rest war relativ einfach – der Airport Papeete Faaa ist ja recht kompakt,  also waren es vom ersten (Fehl-)Versuch – die Abfertigung für „Les Iles“; schön anzuschauen, was die Exil-Tuamotuaner oder die blumenbekränzte Marquesanerin alles  so auf  ihre Heimatinseln schicken! – bis zum eigentlichen Büro nur ein paar Schritte. Zunächst mal war die Frachtabwicklung zu bezahlen; kleiner Schwachpunkt: die Begleitpapiere fehlen, Rechnung oder Pro Forma Invoice hätten es etwas einfacher gemacht. Also springe ich auf den Bus, zurück zum Schiff, wo wir aus einer älteren Bestellbestätigung (eine aktuelle gibt es nicht… ts,ts…) eine solche Liste fertigen. Damit bewaffnet werde ich beim Zoll vorstellig – und die schicken mich nun doch zum Zollagenten; die Teilemenge, die da angeliefert wurde, ist ihnen zu viel für eine Schnellabfertigung.  Faaa Transit ist aber im Haus, und M. Jacques Peters kümmert sich nach einem kurzen Aufseufzer „…ah, c’est pour un bateau???!“ Ja, für eine Yacht in Transit, tut mir leid… Aber er macht’s, und es geht auch alles sehr schnell, wenn man von den paar Telefonaten absieht, die er zwischenzeitlich führen muss: der Opa will mit seinen Besuchern zu Mittag essen, und da gilt es zu klären, wieviele Tische und Gedecke man nun braucht. M.Peters ist nämlich ein SEHR großgewachsener Polynesier mit lediglich einem deutschen Nachnamen, und „die Familie ist uns wichtig!“, sagt er. Recht so.  Ich habe derweil Zeit mir schicke junge Männer – die Transportarbeiter – mit vielen schönen Tatoos auf den muskulösen Armen und Beinen anzuschauen (das, Ihr Lieben, ist mir neu: Tatoos haben tatsächlich was. WIRKLICH schön!).  Die Tatsache, dass die Ware damit abgefertigt ist und nicht weiter inspiziert wird, bezahle ich allerdings mit 10.800 PolynesischenFrancs, einem knappen Hunderter (oder war das der Eintrittspreis für die Tatoo-Show?!). Und dann trifft mich der Schlag – DAS Paket, das man aus dem Lager holt, sind ZWEI Pakete; niemand hat sich beim Lieferanten die Mühe gemacht, Ware wie von uns gewünscht in den Backofen zu stecken o.ä., alle Umkartons sind säuberlich erhalten. Echte  „Luftfracht“! Das kostet nämlich – 40 kg Ware, 88 kg sind zu bezahlen! Extrem ärgerlich.

Egal… Jetzt ist er da, der Ofen. Noch ein bisschen Verwirrung, weil die Befestigungsteile (entgegen den Angaben in der Bedienungsanleitung) weder im Backofen noch sonstwie auffindbar sind, es fehlt auch einer der bestellten Anschlussschläuche, aber das Projekt „Neuer Herd“ nähert sich seinem Ende. Das alte Öfchen wurde gestern feierlich verabschiedet und dem Schrott zugesellt. Den einen oder anderen Tag werden wir noch auf unserem Ersatzkocher brutzeln, aber der „Neue“, ein ENO „Grand Large“, hängt schon in den vom Eigner schnell modifizierten alten Aufhängungsteilen. Schön schaut er aus und all den Ärger drum herum werden wir in Kürze vergessen haben…

Da ist er, der neue Herd!

Da ist er, der neue Herd!

Übrigens: der neue Herd wird aller Voraussicht nach das einzige AKKA-Crewmitglied sein, das jemals auf der Osterinsel war! Bremen – Santiago – Rapa Nui – Tahiti. Ein weitgereistes Teil. Wir sind ganz ehrfürchtig, alle miteinander …

Die ganze  Crew begrüßt den neuen Kollegen

Die ganze Crew begrüßt den neuen Kollegen

Kleiner Scherz

Punaauia, 18.8.2010

Die Geschichte mit dem Paket aus Deutschland ist zäher als erwartet. Beim letzten Mal, nach Trinidad, war doch alles ganz einfach, aber nun…

In der Morgendämmerung stehe ich auf und gucke gespannt in die Mails – wir warten seit Tagen auf eine Bestätigung. Endlich! Paket unterwegs, eine kryptische Inhaltsangabe, eine Kopie der Airway Bill; es scheint alles in Butter zu sein. Merkwürdig scheint mir zwar die Flugnummer – LAN Chile via Santiago, aber Spedition Hellmann wird es schon richten. Dann der Blick auf die Adresse, und der lässt mir die Haare zu Berge stehen: Alles richtig, bis auf: HT 13003 Punaauia, Papeete, HAITI. Ich falle fast um. Haiti – spätestens seit dem Erdbeben eine der ersten Adressen für Luftfrachtangelegenheiten, ich kann quasi unser Paket zwischen den UN-Hilfslieferungen stehen sehen. Nicht zustellbar…

Es ist gerade 6 Uhr , ich wecke Andreas – mir ist zwischen Lachen und Weinen. Der Versuch, beim Lieferanten anzurufen scheitert, ebenso wie der beim Luftfrachtbüro in Bremen – Ende der Geschäftszeit in Deutschland. Zum Trost teile ich den Witz des Tages erst mal dem Bruder und Postverwalter per Skype mit; das entspannt, der inzwischen bereitete Morgenkaffee belebt und wir ergoogeln die Flugnummer. LA 388. Die Internetseite baut sich zwar (Google Maps und den entsprechenden Datenmengen sei Dank) NICHT auf, aber was ich  sehen kann, ist der Hinweis „Isla de Pascua“. Haha! Rapa Nui, Chile. Das ist doch der Inbegriff des  Polynesischen, gleich hier um die Ecke, 1800 Meilen entfernt. Und dann, ehe das Netz zusammenbricht, erscheint noch eine kleine Textzeile: Airport Faaa, Papeete, Tahiti. Die Hoffnung keimt, dass die Flugnummer in die richtige Richtung weist; hoffentlich guckt sich niemand die Adresse genauer an. Wir werden heute mal zum Flughafen rollen und in Erfahrung bringen, was zu tun ist.

Morgenstund hatte heute Scherz im Mund. Oder eher Schock in den Gliedern…

Ach, noch was – nicht WIR suchen hier das Paradies, mein klienes Gemecker war vielleicht ein bisschen überzeichnet.  Es waren die Leser, die nach paradiesischen Um- und Zuständen hier auf Tahiti gefragt hatten. Nun kommen per Mail tröstende Worte, dass es bestimmt auch schöne Seiten habe, das „Paradies“. Ihr seid wirklich nett – vielen Dank. Unsere Suchfahrt hat gestern stattgefunden und so bestätigen wir: Tolle Landschaft, zwischen undurchdringlich (Tahiti Nui) und angenehm mit Landwirtschaftlichem durchsetzt (Tahiti Iti). Ein Pflanzenpelz auf den steilen Hängen, an dem man sich gar nicht satt sehen kann. Ein n­­­­ettes Gauguin-Museum, ein schöner Wassergarten, Surf-Meisterschaften in den Brandungswellen – und viele einladende Ankerplätze. Wirklich schön – ganz normal schön…

Das Paradies

Punaauia, 14.8.2010

Das Paradies ist … anderswo, sagt Vargas Llosa in seinem schönen Buch über Gauguin und seine Großmutter  – hatte ich bestimmt schon mal erwähnt, aber der Titel passt einfach gut zur Situation, zu Tahiti und den Fragen, die da per Mail kommen: „… wie isses denn nu€™?! Sag doch mal was – Tahiti, das ist doch Schönheit pur….“

Mal abgesehen davon, dass wir natürlich akkanautengemäß lahmarschig noch nichts wirklich gesehen oder betrachtet haben, scheinen zumindest Teile des Paradieses tatsächlich anderswo zu sein.

Wir sind hier an der Stelle, wo viele der Boote zunächst mal Zwangspause machen – nach der langen Pazifikstrecke dürfen Generatoren repariert, Riggdrähte ersetzt, Segel genäht werden, und einige wenige warten auf das Paket aus Deutschland, in dem der neue Herd ankommen soll… Das macht schon mal unter den Seglern eine merkwürdige Stimmung, ein Gemisch aus Ungeduld und Betriebsamkeit, denn wir liegen ja vor der wirklich beeindruckenden Kulisse der Insel Moorea, die sich 10 Meilen von hier in Wolken hüllt, wahlweise auch massive Regenschauer, aber sie bietet dennoch einen tollen Anblick und zieht einen mächtig an. Und jeder weiß dass es da drüben Sandstrand und hunderterlei Tauchgelegenheit gibt. Nix da – hier wird gewartet und geschuftet.

Wir sind hier auch an der Stelle, wo zumindest die Europäer gern die Krise kriegen, so meine Theorie: Entweder man erschrickt, dass die Weltumsegelung schon halb vorüber ist, oder man jammert, dass man immer noch erst die – gefühlte – Hälfte der Strecke geschafft hat. Dazu kommt: wir haben hier wieder „Wetter“ – jeder hofft auf steten Passat aus gleichmäßiger Richtung, aber den stören gerade in dieser Jahreszeit die dicken Südwinter-Druckgebiete. Wir kriegten es gerade heute die ganze Nacht lang dicke aus Süd, mit dem entsprechenden Chaos am Ankerplatz. So „stille“ ist der Stille Ozean halt nicht.

Und mir persönlich scheint das Paradies auch nicht in Papeete zu liegen, ich war nämlich zum Einklarieren dort. Du liebe Güte – Flüchtig hingeguckt war das eine einzige lange Autoschlange entlang der unzähligen Perlengeschäfte.

Vom Anbkerplatz aus liegt das nächste Stück Paradies 10 Minuten Dinghyfahrt und ein paar hundert Meter Fußweg an der Einfallstraße nach Papeete*. CARREFOUR, das bekannte, internationale Handelsmonster, das uns seit Frankreich in schönen Abständen wieder einholt. Ich gestehe, dass ich mit offenem Mund vor den Reihen von Foie Gras-Gläsern gestanden habe und all den anderen französischen Leckereien. Der Franzmann halt; keine US-Importe mehr, wie allüberall in Panama und Kolumbien und der übrigen Karibik. Pain de Campagne, Brie, Morbier und Comté bis der Arzt kommt. Wildschweinpastete. Nicht zu vergessen Fromage Blanc für die Quarkliebhaberin. Ich find€™s super, aber was die Stimmung im Paradies trübt, sind die französischen Nukleartests in den Tuamotus. Die wurden zwar nicht wieder aufgenommen, aber die Franzosen zahlen noch immer so viel Entschädigung in diesen Teil ihrer Grande Nation und halten den Lebensstandard in derart schwindelnden Höhen, dass die Preise zumindest zum Schlucken gereichen. Ich finde es nicht derartig schlimm – wir sind verwöhnt von langen Zeiten in Südamerika, und viele der langgesichtigen Kiwis und Kanadier, die durch die Regalreihen schreiten und sich das Honigkaufen o.ä. verkneifen, vergessen einfach, dass wir hier auf einer doch relativ kleinen Insel sind, fern von allen Möglichkeiten, den gewünschten Luxus kostengünstig zu importieren, wenn man ihn schon nicht hier produzieren kann. Und dass da auch noch ein bisschen Politik im Spiel ist. Wer einkaufen will, muss es halt, wie es viele machen, in Panama tun, nach Amerikanisch-Samoa weiterreisen oder auf Neuseeland warten. Oder man geht eben nichts ins CARREFOUR, sondern guckt in den kleineren Läden Richtung Stadt, kauft Obst und Gemüse vom Straßenstand – und keine Braeburn aus Kiwiland, sondern Brotfrucht und Melone aus den Bergen.

Da fällt mir was ein: Der Hafen in Papeete. Die Einklarierungsprozedur. Die Herren von der Police d*Immigration spielten – es war kurz nach der Mittagspause, oder auch mittendrin, denn der Immigration Officer erwähnte mit einem Augenzwinkern, sie hätten Pause bis 17 Uhr… –  dem Hafenkapitän Ukulelen- und Gitarrenständchen, während AKKAs Schiffsdaten unter feierlichem polynesischem Gesang in den Computer gefüttert wurden?? Schon besser. Der „Edle Wilde“ bei der Arbeit? Eine Konzertprobe?!

Wenn man sich Mühe gibt, sieht man vom Ankerplatz aus die Berge – über 2.000 m hoch, grün und feucht und – paradiesisch?!

Wir werden uns dieser Tage den Luxus eines Leihautos erlauben und mal suchen gehen. Irgendwo hier muss, es sein, das Paradies.

*… ich muss einfach mal was zu den polynesischen Sprachen sagen: ich finde sie faszinierend. Dass Papeete nicht Papehte oder schon gar nicht Päpiedie gesprochen wird, sagte ich ja schon, aber diese endlose Abfolge von einzelnen Vokalen ist was Tolles. Ab und zu ist auch ein Knacklaut dazwischen, und ich höre gern zu, wenn sich Polynesier unterhalten. Nicht dass ich ein Wort verstünde.

Ia ino ana€™eta oe pute, e tauihia mai te hoઠpute apà®ma te tamoni ore i roto i to mau fare toa atoa i tapaohia i te titiro o teie ne faanahoraa€¦ Das heißt ungefähr „Recyclebare Tüten, die nach Gebrauch von den beteilligten Händlern kostenlos zurückgenommen werden“. Steht auf der CARREFOUR-Tüte und klingt… umwerfend.

Von Motu zu Motu

Fakarava, 8.8.2010

Freundlich und ruhig lächelt er mich an, der große Mann unter dem Brotfruchtbaum, vielleicht ein klein bisschen amüsiert. „… könnte ich bei Ihnen Fisch kaufen?“. „Il y a des muraines…“. Muränen?! Ehe ich meinem Zweifel Ausdruck geben kann, beendet er seinen Satz ziemlich trocken: „… là bas!“ und deutet mit dem langen Messer nach unten. Ich ziehe die Beine an – was uns nämlich trennt, ist die Hafenbefestigung von Rotoava/Fakarava, er steht oben drauf, ich schwimme im brusttiefen Wasser davor und wollte gerade meine Füße auf den Korallengrund setzen. Er lacht und zieht einen großen Bonito aus der Kühlkiste zu seinen Füßen. Gekauft. Transport und Bezahlung durch den Eigner, der das Geschehen von der Hafenmole aus beobachtet hatte und gerade mit dem Dinghy um die Ecke kommt. Bonitos sind (meist, und hoffentlich dieses Mal auch) Ciguatera-frei, weil sie im tiefen Wasser zwischen den Atollen leben, und manchmal vermissen wir den frischen Fisch doch. Aber der Bonito muss noch einen Tag in der unserer Kühlbox warten – wir nutzen die Hauptstadt-Vorzüge von Rotoava und lassen uns am Abend „poisson cru“ servieren, in der Snackbar am Hafen, direkt neben meiner „Fischstation“. Das von der MOMO heiß empfohlene Restaurant („… reißt ein Loch in die Bordkasse, aber guuut!“) haben wir trotz mehrerer Suchgänge und -fahrten nicht ausmachen können, dafür saßen wir dann mit der Dorfbevölkerung von Rotoava zusammen, tranken unser erstes HINANO-Bier, das Tahitibier mit der Südseeschönheit auf dem Etikett, und genossen das Freitagabend-Kino: umherflitzende Kinder, mehr oder weniger räudige Hunde, die unverbindlich auf der Suche nach Essensresten vorbeischauen, Oma und Opa füttern die Enkel mit Pommes, Steak Frites und eben Poisson Cru, es gibt „Take Away“-Abholer, Kaugummikäufer, Softeis-Esser. Das Loch in der Bordkasse ist dann auch nicht gar so groß, und es war so lecker wie lustig.

Wenn man von Süden kommend das Atoll hochfährt – immerhin sind es von Pass zu Pass 30 Seemeilen! – verdichtet sich die Bebauung auf den letzten 10 Meilen: unter den Palmen wechseln sich Privat- und Ferienhäuser und unauffällige Hotelanlagen ab, wir wurschteln uns an den Bojen einer Handvoll Perlfarmen entlang, die ziemlich dicht ans Fahrwasser grenzen, am Strand entsprechend nüchtern-funktionsgerechte Nutzbauten. Ein ziemlicher Kontrast zum (fast) unbesiedelten Süden; wir hatten auf halbem Weg für einige Tage geankert, wo einfach gar nichts war außer Brandungsrauschen, Korallenschutt und Palmen.
Rotoava besteht aus weitläufig in den Palmenhainen verstreuten Häusern, auf der einen Seite das stille, türkisfarbene Atoll, in dem AKKA schwimmt, nur wenige Meter entfernt das Außenriff, so dass man, wo auch immer man ist, die Brandung tosen hört. Der Gang durch den Ort erinnert wieder mal an die Feriensiedlung meiner Kindheit an der Ostsee, alles sehr friedlich und ruhig, und gleichzeitig sehr zivilisiert. Die Hafenanlage ist weitläufig, aber schon ein bisschen dem Verfall durch Wind und Salzluft preisgegeben. Eine Bäckerei mit perfekten Baguettes und einem englisch sprechenden Bäcker – das hat seinen Grund: Frau Bäckerin lernen wir kennen, als wir die Baguettes für den Folgetag bestellen wollten, und die ist eine Neuseeländerin im polynesischen Off! Ein feines Ziel – für ein Schwätzchen mit Bäcker oder Frau, eine Rosinenschnecke mit Pudding oder ein Panino auf die Faust – noch dazu bietet der Bäcker eine kleine Auswahl an Lebensmitteln, die kostengünstiger sind als die im Kaufmannsladen. Der wieder ist ein erstaunlich gut sortiertes Stück Rumpelbude, wieder ein bisschen wie damals an der Ostsee… Eine Französin sitzt in ihrem Gärtchen und handarbeitet, während sie ihre Gemüseauslagen bewacht – nicht nur, dass das Versorgungsschiff gerade da war und man von Brokkoli bis Zwiebel alles bekommt; nein, wir werden später sehen, dass es unter den Palmen viele Gemüsegärten gibt, wo auch der grüne Salat gezogen wird, den wir dem Bäcker abgekauft hatten. Die Schule wird gerade erweitert – sicher nicht ohne Grund, wir sehen überraschend viele und überraschend neuwertige Autos (vielleicht 2 Dutzend?!) mit noch mehr Kindern drin (oder drauf, im Falle der allgegenwärtigen Pickups). Eine schicke Bürgermeisterei, ein pico-bello Postamt, mit behindertengerechter Auffahrtrampe. Dass die an einer ca. 30 cm hohen Fundamentkante zur unbefestigten Straße endet, tut dem Gesamteindruck wenig Abbruch; schließlich führt der Pflasterweg auch nur FAST bis zur vollverglasten Telefonzelle… Vielleicht sind das ja genormte Behördenbauten für alle Überseegebiete?! Die Fliesen auf dem Gehweg jedenfalls sind cremefarbig mit der französischen Lilie; sehr ähnlich zur neuen Polizeistation in Hiva Oa…
Das Motu im Nordosten des Atolls ist so lang, dass wir die Fahrräder ausgepackt hatten, endlich mal wieder; es dauerte ein Weilchen, bis das Tretlage an Andreas‘ Rad es wieder tat – Nachwirkung des Salzwasserbades in Bonaire, so lange haben die beiden DAHONs in der Backskiste geschmort! Dann diverse Kilometer gegen den Passat auf perfekt asphaltierter Straße – Endergebnis: eine Einladung zu einer grünen Trinknuss mit der xten Vorführung des Kokosnussknackens (hier: die Nuss wird auf einem „Dreibein“ aufgeklopft, das sich als Kfz-Achsteil herausstellt. Praktisch!) Ein Picknick auf trockengefallenen Korallen, Besuch einer (leider geschlossenen) Perlfarm, Besteigung einer Kokosplame (horizontal…), ein dickes Knie (der Eigner) und der Wunsch nach einem komfortableren Sattel (die gnädige Frau). Und das gute Gefühl, sich mal wieder fleißig bewegt zu haben.
Nur das mit dem Einstellen von Bildern war nichts: Internet ja, aber nur sehr langsam. Und seit gestern sind wir wieder im Süden, neues Motu: Hirifa. Zum Abend gab es Bonito, ciguaterafrei. Ansonsten: schwimmen hinter dem Riff, bis uns das Wetter für die Fahrt nach Tahiti günstig scheint.

Poe Ite Ite …

Fakarava, 30.7.2010

Tetamanu, das ist das Inselchen am Südpass von Fakarava und der frühere Hauptort des Atolls, das übrigens mal „Wittgenstein“ hieß, der baltische Entdecker Fabian von Bellingshausen wollte es so. Mittlerweile sind im Dorf nur noch 2 bewohnte Häuser zu sehen, an grasüberwachsenen breiten Wegen aus alten Zeiten; eine Kirche und der Friedhof, ein paar Steinhausruinen, alles verstreut unter Kokospalmen. Als es auf der Insel zu eng wurde, zog die ganze Bevölkerung 30 Meilen nach Norden, nach Rotoava am anderen Atollende, und hier kehrte die Ruhe ein, die wir jetzt genießen.

Wir waren „Drift-Schnorcheln“, zum wiederholten Mal, das Dinghy an der langen Leine und haben uns mit der Flut an der Riffkante entlang zurück ins Atoll tragen lassen, angefangen im Tiefblauen, wo man unter sich die Ammenhaie auf dem Grund schlummern sieht, ab und zu zieht auch ein grauer Riffhai dort unten vorbei. Wo es heller und grüner wird, steht ein freundlicher Riese, der große Napoleon, der uns mit seinen dicken Lippen (drum ist es ja auch ein Lippfisch!) anlächelt; täglich neu eine Sensation. Trompetenfische – eher unscheinbar oder knallig gelb. Königsblaue Schwärme von kleinen Riffbarschen. Eine Putzstation von Putzerlippfischen. Und überall Langnasen-Doktorfische, mit „Nasen“ in allen vorstellbaren Längen – die Alten kann man gut erkennen, dann werden Höcker auf dem Oberkopf so lang, dass das Abweiden von Algenrasen leider nicht mehr möglich ist; ein Diätwechsel muss sein: wir stellen um auf Plankton! Eine große Muräne, für die ich mir eigens nochmal die Kamera hatte reichen lassen, wird nicht abgelichtet. Ich gestehe, so groß, so ein zahnbewehrtes Maul in Greifdistanz und dieser unverwandte Blick – ich mochte einfach die Hand mit der Kamera nicht ausstrecken. Feigling!

Zum Schluss binden wir das Dinghy am Steg von TETAMANU Diving an. Glasklares, knöcheltiefes Wasser – so klar, dass es mir scheint, als flöge ein kleiner, knallig blauer Papageienfisch über trockenen Sand; da wo es wadentief ist, dreht ein Schwarzspitzenhai seine Runden – ich bin gerade an ihm vorbeigeschwommen, ein bisschen neugierig ist der Kerl, aber freundlich. Ein Bohlensteg, unter dem die Flut ins Atoll hereindrückt, führt zum Restaurant- und Kochhaus, das auf Stelzen im Wasser steht.
Jemand schlägt eine kleine Schiffsglocke an – Zeit für’s Mittagessen für die Taucher, und da heute nur ein Gast da ist – die anderen sind vor ein paar Stunden zum Flughafen abgereist – dürfen wir uns als Mitesser an den langen Tisch der Tauchbasis setzen, unter’s Palmblatt-Dach. Aus einem Lautsprecher dudelt Südseemusik; die gibt es abends sicher auch life, denn auf einem der Sofas lehnen drei Ukulelen. An die Dachstützen ist eine besondere Art der Pflanzendeko gebunden, Palmschösslinge „natur“, direkt aus der Kokosnuss, die man schlicht auf die Bodenbretter gelegt hat, und zwischen den Bohlen blitzt die blaue Tiefe herauf, mit all den blauen und violetten und cremefarbenen Korallen und dem ganzen bunten Fischreichtum, inklusive Schwarzspitzenhaien und anderen, die sich schon auf Fischgräten vom Mittagstisch freuen.
Dass Annabelle heute selbst kochen würde, hatte sie uns schon verraten. Hausmannskost – sind ja keine Gäste da, nur die Handvoll Mitarbeiter der Station. „Pure motu“, sagt sie, die wie ihr Mann Sane von einer der Nachbarinseln im Atoll kommt, „… vom nächsten Motu… “ wie sie sagt, und rattert los in ihrem schnellen, polynesisch gefärbten Französisch. Kokoswasser, Kokosmilch von der grünen Kokosnuss, Fisch – „… Kokosraspel und ein bisschen Mehl, etwas Zucker. Du formst Bällchen und kochst es in Kokosmilch – et voilà… Zu den Klösschen etwas gedünsteten Fisch, und jetzt nimmst Du etwas Salz, gießt etwas von der warmen Kokossuppe drüber und dann…“ – sie führt die Finger zum Mund und schlürft. „Muss man genau so probieren, mit den Fingern – das ist poe ite ite! Pure motu…“ Verschwiegen habe ich, dass es dazu eine große Schüssel „poisson cru“ gibt. Roher Fisch in Zitrone und Kokosmilch eingelegt. Unser Segelführer sagt, dass zu viel Kokosmilch abführende Wirkung hat (und dass man als Antidot vielleicht eine ordentliche Portion Guaven essen soll, das stopft dagegen…) Wir können das so nicht bestätigen – vielleicht sind wir schon dran gewöhnt. Hausmannskost à la motu.
Hinterher sitzt man auf den Brettern und lässt die Beine über diesem unbeschreiblich klaren Wasser baumeln. Unten Aquarium, am Horizont türkis und grün schillernde Untiefen, Sonne von oben. Und poe ite ite… Mehr von all dem!

Intuition gegen Mathematik

Fakarava, 26.7.2010

Es war ja versprochen: das neue Wochenrätsel. Ein bisschen peinlich, dass wir das hier unten im Pazifik immer noch nicht begriffen haben. Wir hoffen allerdings, dass die versammelten Schlauberger, zum Beispiel unsere frisch gebackenen Yachtmaster von der VIGO, vielleicht einen Hinweis, eine Lösung oder wenigstens einen Literaturtipp für uns haben könnten. Unsere Funkrunde sagt eher Sachen wie: „… ach, das muss ich gar nicht so genau wissen …“

Genug der Vorrede: Es ging um Tidennavigation, besser noch: Tidentheorie. Aufgabenstellung (für die Lösung haben wir eine EINS gekriegt!): Pass Süd Fakarava so zu treffen, dass einen weder die Flut mit 8 Knoten ins Atoll zieht, noch die Wind-gegen-Strom-Brecher vor dem Pass einen an der Einfahrt hindern; wir wussten ja, noch halb in den Marquesas, nicht, dass Fakarava Süd nicht nur auf dem Papier, sondern auch in Wirklichkeit perfekt betonnt, nicht so grauenhaft eng und insgesamt easy-peasy ist.
Als Ostseesegler hat man von Tidennavigation nur einen fernen Dunst, bis man in Brunsbüttel aus der Schleuse guckt, bei AKKA hieß das: Learning by doing. Zur Bewältigung des Problems hat man außer der persönlichen Erfahrung verschiedene Hilfsmittel: Tidentabellen, in unserem speziellen Fall die „Tide Tables 2010, Central and Western Pacific and Indian Ocean“ und diverses elektronisches Rüstzeug, kleine Tidenprogramme wie „WXTide“, leider kein „Total Tide“ (das steht auf der Ausrüstungsliste, falls es sich denn im Vergleich als wirklich fähiger erweist), und last but not least der Kartenplotter mit der Datenquelle von Navionics; und mit all dem sind wir ja auch weit gekommen. Die BR- und BK-Scheininhaber werden sich erinnern, dass man in die Tidentabellen geht, sich die Zeiten und Höhen von einem „Bezugsort“ oder Standard Port sucht, den eigenen Ort über eine – sehr fein gestaffelte – Liste der Anschlussorte sucht, alle paar Meilen einer, und daraus eigentlich minutengenau den jeweiligen Wasserstand ermitteln kann. Jedenfalls ist das so in der Nordsee und angrenzenden Ozeanen, à la „Harlesiel, Buhne A“. UNSER Standard Port ist Apia/Samoa, 1.500 Seemeilen entfernt, und der nächst gelegene Anschlussort ist das Atoll Rangiroa, 150 Meilen, der nächstweitere schon 300 Meilen nach Osten. Da heißt es „interpolieren“… und dann sieht man plötzlich, dass die Angaben der einzelnen Quellen weit auseinander gehen, das Atoll Ahé aus der Reihe der Tidendaten völlig herausfällt! Kann das sein – ist da was falsch?! Wann ist denn nun Hochwasser in Fakarava? So verfielen wir in tagelanges Grübeln über die schiere Theorie, Fliehkräfte, Gravitation, Systemschwerpunkt; von wo nach wo die Tide läuft, was die lokalen Unterschiede erzeugt, was der Mond denn nun wirklich damit zu tun hat. Und WikiTaxi fasst das in einem schönen Satz zusammen: „… somit erklären sich die Gezeiten allein durch die Kombination von inhomogenem Mondgravitationsfeld und konstanter Fliehkraft durch Revolution um den Systemschwerpunkt…“ Wir machen die Fragezeichen dazu…

Glücklicher- wie tröstlicherweise stand in einem der Cruising Guides für den Pazifik, dass es wenigen Leuten bekannt sei, dass man den Zeitpunkt des Stillwassers – also unseren idealen Einfahrtpunkt in Fakarava – ermitteln kann, indem man dem Monduntergangs- bzw. Mondaufgangszeitpunkt feststellt, und dann heißt es: Slack Water 4 Stunden vor Mondaufgang (oder auch nur eine!), dann einlaufendes Wasser, 5 Stunden nach Mondaufgang Slack Water und ablaufendes Wasser usf. Wie man sieht, gibt es auch dafür 2 ziemlich unterschiedliche Rechenmodelle. Aber ein bisschen Spaß muss bekanntlich sein, und es sind ja nur 2 Modelle.
Und: Wir waren absolut pünktlich, die Einfahrt ein Kinderspiel.

Und heute? GANZ was Neues: Ermittlung Stillwasser im Pass Fakarava Süd! Wir wollen mit dem Dinghy raus, uns ins Wasser fallen lassen und mit der einlaufenden Flut an der Riffkante entlangschnorcheln. Und sitzen schon wieder über dem WIKITAXI und Tidentabellen, dieses mal wegen der Tidenverspätung. Warum tritt manchmal die Flut mal nur eine halbe Stunde verspätet auf und dann wieder die planmäßigen 55 Minuten – na klar, Nippzeit und Springzeit sind die Stichworte. Aber jetzt können wir einfach ins Wasser gucken, Empirik heißt so was.
Unser Schnorcheltour war toll, und wir waren schon wieder pünktlich. Morgen machen wir das Gleiche noch einmal, es ist einfach zu schön, Korallen, Haie, bunte Fische. Und Annabelle, die seit vielen Jahren am Pass die Tauchstationsidylle TETAMANU betreibt (ob das zu finden ist bei Google!?) sagt auf Befragen zum Wochenrätsel: „Attend!“ und nimmt die Finger: „Un, deux, trois… à 16 heures!“. Von wegen Tidenverspätung und Mond und Gravitation und Rechenmodelle…
Genau wie WikiTaxi sagt: Intuition vor Mathematik!

Suppe vom Huhn – mit Kokos und Tun

Fakarava, 24.7.2010

Der Titel reimt sich übrigens… So eine Wochenrückschau könnte auch „Ein Kessel Buntes“ heißen, aber eine Kokos-Hühnersuppe mit Tunfisch ist ja auch eine wilde Mischung, und die gibt es jetzt.
Wir sind in den Tuamotus gelandet, auf Fakarava, und haben damit unseren ersten Pass in ein Atoll geschafft – aber davon später mal mehr.

Chronologisch gesehen war die Woche so:
Sonntag: Lösung des Elektrowunder-Rätsels. 5 mal durfte ich den Eigner ins Masttopp befördern, zu mehreren Testzwecken und dann zur feierlichen Einsetzung eines neuen Leuchtmittels, das auch dort oben leuchten würde. Für die, die es interessiert: Wir hatten beabsichtigt, die Lampe noch besser zu machen als zuvor, aber nun leuchtet dort oben wieder eine LED-Leuchte des gleichen Typs wie vorher. Der neue Birnentyp wäre zwar heller gewesen, aber leider ist er falsch, oder besser: anders herum gepolt; mal abgesehen davon, dass es ein Weilchen gedauert hat, bis wir das gemerkt haben, ließ sich weder lampen- noch leuchtmittelseitig daran irgendwas ändern. Aber Masttoppwinschen ist gut für die Kondition der Schipperin und deren Ärmchen (und gut gegen „allit“, wie die Finnen sagen*).
Montag: AKKA als Kauffahrteischiff. SANNY hatte aus dem Tahuatas Inseldorf gemeldet, dass buchstäblich NICHTS zu kaufen sei, drum nahmen wir Bestellungen auf und machten wir uns auf den Weg nach Hiva Oa, der dann so beschwerlich gar nicht war. Nach zwei Stunden Segeln und Bolzen waren wir in Atuona. Anker schmeißen im deutlich geleerten Ankerfeld, Andreas bleibt an Bord, und ich unternehme eine Eilfahrt in den Ort; schließlich ist es schon fast 11 Uhr, und auf den Marquesas wird die Mittagsruhe streng gehandhabt. Hitchhiking mit französischen Beamtenfrauen bergauf, das kostete mich nur ein paar in den Bauch gefragte Löcher – was eine gelangweilte Expat-Frau eben eine „Abenteurerin“ so fragt, sehr nett. Aufkaufen, was die Gemüsefrau noch anzubieten hat, Pak Choy und Kohl, Gurken und Tomaten, Salat, na alles halt, was AKKAnauten auf den eher unterversorgten Tuamotus brauchen könnten, und die ENOLANER auf ihrer Reise zu den nördlichen Marquesas. Nach mir die S…ervicewüste: Pampelmusen – ausverkauft. Gurken: ausverkauft, dito Auberginen und grüne Bohnen. Von der Fischfrau im Truck nebenan 3 kg Tun und Maki=Schwertfisch. Glückstag! Ich deponiere die schweren Taschen und Rucksäcke gleich am Platz und eile weiter zum Supermarkt: Buying wild, Käse, Wurst, Sahne, Terrine de Campagne, Zwiebeln, Kekse, Kartoffeln, Butter – nicht zu vergessen Eier für das halbe Ankerfeld in Tahuata. Es ist VIEL, eindeutig und es kostet… Taxi suchen: Fehlanzeige! Es ist 12 Uhr, der Marktbesitzer scheppert schon mit dem Schlüssel, ich schleppe mich (und meine Taschen) zurück zum Gemüse- und Fischberg, mit all dem Supermarkt-Gerödel. Was finde ich?! Gemüse ja – Fisch: nein! Truck weg, mein Fisch auch… Mist, und ganz billig war der nicht. Aber die Polynesier SIND nett und gastfreundlich, kaum einer, der nicht sofort das Handy zücken würde, um schnell ein Taxi herbeizurufen (oder einen Freund, der schnell mal zum Taxifahrer mutiert…), und so klärt sich die Situation: der Standplatz neben dem Gemüsetruck an der Police Municipale ist nur ein Marketing-Gag, die Leute betreiben in Laufentfernung in ihrer Garage (siehe Fatu Hiva, ungefähr so…) einen richtigen Fischladen und wollten meinen Fisch nicht ungekühlt im Schatten des großen Mangobaumes stehen lassen. Umsichtig. Fehlt noch was?! Brot. Das allerdings gab es heute leider nicht, pas de baguette… Die Gemüsefrau hat, während ich dem Fisch hinterher renne, eine Bäuerin überzeugt, dass auf ihrer Ladefläche Platz für meine Einkäufe ist, und so schmeißt mich nach erstaunlichen 80 Minuten die freundliche Dame wieder am Anleger raus. Nicht unentgeltlich. 1000 Francs waren fällig – ob die mit ihrem LKW eine Taxilizenz hatte?! BESTIMMMT!

Geschwinde Rückreise nach Tahuata, die Besteller warteten schließlich schon. Und weil Andreas während meiner Einkaufstour eMails geladen hatte, gab es einen Grund, den Tag feierlich zu beschließen: Gute Familiennachrichten – eine Hochzeit wurde in Aussicht gestellt. Wenn das kein Grund ist, eine Suppe vom Huhn aufzusetzen, mit Kokos und Tun. Das ist nämlich nicht nur eine wilde Mischung, sondern unsere traditionelle Festtagsspeise, Fischfondue AKKA. Auf Euch, Ihr Berliner!

Dienstag bis Samstag: Seestrecke zu den Tuamotus. Was dieses Mal das Rätsel der Woche war, erfahrt Ihr in der nächsten Folge. Ich sag nur: Tidennavigation…

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*Die meisten Finnen wissen angeblich nicht mehr, warum die schlaffen Trizepse älterer Mädchen „allit“ heißen. Allit, das ist das, was wir Fledermausärmel nennen oder die Amerikaner „bingo wings“, und Alli war die Frau vom Präsidenten Paasikivi in den 50er Jahren, und die trug mit ihren 80 Jahren die gewagtesten Ballkleider. Und eben berühmt-berüchtigte „bingo wings“ zur Schau… Ist es nicht toll, was man in der internationalen Gemeinschaft der Segler alles lernt?!

Tahuata

Hana Mae Noa, Tahuata, 18.7.2010

Immer noch… Eben kam eine Mail: „Ob es Euch gut geht? Aus dem Blog lesen wir nichts Gegenteiliges…“ Das sollte wohl ursrünglich „… lesen wir NICHTS…“ heißen. Tut uns leid, und tatsächlich, dem Eigner tatsächlich wird es langsam fad‘. Aber es kann nicht mehr so lange dauern mit der Abreise von den Marquesas, der Schwund an Frischsachen zwingt uns zumindest zu einem baldigen Standortwechsel, vielleicht noch einmal nach Atuona, und die Bummelei im Allgemeinen und die Paketsendung in Papeete im Besonderen erfordern die Abreise Richtung Tuamotus und Gesellschaftsinseln – wir haben, Schande auf unser Haupt, das Marquesas-Kurzprogramm gebucht, „an (3) ausgewählten Ankerplätzen“. Nuku Hiva lassen wir aus, obwohl es sehr schön sein soll, von abgelegenen Plätzen wie Ua Huka ganz zu schweigen; dafür haben wir die Zeit hier besonders genossen. Geschwommen, Kokosnüsse gesammelt, Limonen geklaut. Genäht, geschraubt, gebastelt. Computerprobleme (nicht) gelöst, umhergefunkt, Postsendungen arrangiert. Das Ankerfeld hatte sich schon am vergangenen Sonntag auf 2 bis 3 verdünnt, SANNY, ENOLA, AKKA. Alles sehr geruhsam.

Heute steht nochmals „action“ auf dem Programm – nachdem ich Andreas gestern schon zweimal ins Masttopp gewinscht hatte, geht es heute nochmals hinauf, ein weiteres Rätsel aus der Reihe „Elektrowunder der Erde“ ist zu lösen. Die Ankerlaterne scheint höhenkrank zu sein – hier unten leuchtet sie, im Mast nicht. Und ja, Ihr Schlauberger, Strom kommt oben an, außerdem tun es Blitzleuchte und Dreifarbenlaterne ja auch. Bei dieser Mastfahrt konnten wir auch gleich kontrollieren, was sich während der langen Passage am Rigg getan hat: gar nichts, sehr fein. Ganz im Gegensatz zu vielen anderen Seglern, bei denen unterwegs reihenweise die Fallen durchgescheuert waren oder die Verstagung nachgegeben hatte.

An die Arbeit!und dann demnächst Weiteres von den Tuamotus.

Jammern auf den Marquesas

Hana Mae Noa/Tahuata, 10.7.2010

Puh. Blauwasser! Endlich mal wieder – keine dunkelgrüne, abgrundtiefe Bucht wie in Fatu Hiva, kein grünlich-schlammiges Hafenbecken wie in Atuona. Obwohl heute das große Tanzfest auf Hiva Oa stattfindet, haben wir die Flucht ergriffen, und die Flucht hatte ihren Grund. 4 Tage haben wir uns gewundert, warum der ZENITUDE-Oscar geschrieben hatte: „… the anchorage is horrible…“. Naja, man kann halt nicht schwimmen, der Haie wegen und weil es auch nicht soo sauber erschien. Und dann lag man auch recht gedrängt, vor Bug- und Heckanker, aber eigentlich war es doch auch ganz nett, freundliche Segler ringsum, Infrastruktur von Butter bis Internet. Toll. Weiteres siehe unten.
Der Gang zum Einchecken ein bisschen länglich, zumal es Bindfäden regnete – der Eigner hatte sich für einen Bastel-Morgen entschieden, und ich versuchte derweil auf dem halbstündigen Weg bergauf eines der regelmäßig vorbeipatschenden Allradautos zum Anhalte(r)n zu bewegen. Vergeblich – die sprichwörtliche Gastfreundschaft der Marquesaner scheint etwas abgenutzt, zumindest wenn es sich um pudelnasse Seglerinnen handelt. Kurz vor Toresschluss kann ich bei Simon, dem jungen Polizisten auf der Gendarmerie, unsere Aufwartung machen. Ziemlich easy für uns Europäer mittlerweile, keine Kaution, kein Agent, auch kene Frage, woher wir kommen (Galapagos halt, nix Fatu Hiva…) – wir können 2 Jahre bleiben, einfach so. So autark Französisch-Polynesien auch sein mag, man hat sich Europa ein bisschen genähert, und das macht es für arme wie reiche Segler aus der EU etwas einfacher – die Kollegen US- und Kanada-Yachties müssen sich schon ein bisschen mehr bemühen nachzuweisen, dass sie keine armen Schlucker sind, die sich hier samt ihrem Seelenverkäufer das Gnadenbrot geben wollen; und mehr als 90 Tage bekommen sie zunächst sowieso nicht. Allerdings: Nachweis von ausreichenden Barmitteln für den Lebensunterhalt ist trotzdem manchmal von allen gefordert: zum Beispiel VOR dem Bestellen des Dinners im Restaurant Moehau. Schlechte Erfahrungen mit nicht zahlungskräftigen Seglern… Peinlich.
Als ich fertig bin mit dem Gendarmen Simon und auch genügend Artigkeiten über Fussballmannschaften ausgetauscht habe (es ist ja noch VOR dem Spanienspiel!), guck‘ ich mich mal vorsichtig um, was man denn käuflich erwerben kann – was bedeutet, dass ich in einen kleinen Supermarkt und damit DIE Seglerfalle trete, die bekanntlich kaum jemand auslässt: frisches Baguette, französischer Käse, Paté de Campagne und Saucisson. Und ein paar hausgemachte Frühlingsrollen dazu. Aaaaaah! Lecker! Und da die Baguettes hier in (biologisch abbaubares…) Plastik gehüllt werden, kommen sie sogar noch einigermaßen knusprig auf AKKA an.
So nehmen die Tage auf Hiva Oa ihren Lauf. Das Spanienspiel sehen wir im Eisenwarenladen, zwischen Espace Jacques Brel und Gauguin-Museum, wir entdecken auch den Pickup vor der Police Municipal, von dem aus eine Bäuerin Gemüse verkauft, und dazu einen „richtigen“ Supermarkt, der den Bedarf für den französichen Postbeamten oder seine Kollegen vom Militär abdeckt. Confit de Canard, Rotwein, süße Butter, dunkle Schokolade. „Kolonialwaren“ andersrum, und all das macht samt dem Bezahl-Internet eine erfreuliche Ankersituation. Wir treffen auch Marie-Jo, Marquesanerin von Fatu Hiva, die Taxi fährt, unsere Wäsche wäscht und uns zu guter Letzt rund um die Insel karrt und mit Informationen über die Marquesas füllt – eine nicht ganz billige Tagestour, für die freundlicherweise der Regenzeit-Gott ein paar Stunden die Luft anhält, so dass wir uns auf dem Mae von Puamau vor großen Stein-Tikis die Beine zerstechen lassen, unter Pinien am Meer ein Picknick genießen und die atemberaubende Berglandschaft bewundern können; mir haben es die Fargata angetan, Schirmakazien, deren platte Wipfel die Berge überragen und die Grate mit einer Art Spitzenbesatz versehen. Ein wirklich schöner Tag. Sehr häufig lassen wir AKKA ja nicht lange allein, und bei der Rückkehr sitzen wir noch ein bisschen verträumt auf dem Dock, bis wir Alex von der ARTEMO wild winken sehen. Ach, die wollen ja los, wir fahren mal helfen, Heckanker ziehen… Als wir näher kommen – ich habe noch immer meinen duftenen Blütenkranz, den Lei, um den Hals hängen, den Marie-Jo mir geschenkt hat – deuten die ARTEMOs allerdings auf die AKKA. Oh, alte Gans… Man kann Dich nicht alleine lassen. 4 Tage ist Ruhe, dann geht der Heckanker auf Slip – und AKKA kuschelt mit der australischen MISTRAL. Lei ab, mittlere Hektik; ich versuche, das Heck dank Radeffekt von Mistrals Ankerkette freizuziehen, was nicht funktioniert. 1 Sekunde, bevor unsere Windsteueranlage „Kontakt“ macht, sagt Andreas in diesem ganz bestimmten Tonfall:“… vorwärts…“ Hebel auf den (nicht vorhandenen) Tisch, blaue Rauchwolke. Geschafft… So was brauchen wir wirklich nicht. John von der KEHUALANI hilft uns, den Heckanker neu auszubringen – irgendwie brauchen wir uns alle gegenseitig hier. Ian kommt von der MISTRAL rüber und macht sich Sorgen um sein Unterwant, an dem unser Solarpanel gescheuert hat (wir machen uns – Edelstahl gegen Alurahmen! – umgekehrt Gedanken um unser Panel…) – , und wir wundern uns immer noch was eigentlich passiert ist. Hat jemand beim Manövrieren unseren Heckanker versehentlich aufgefischt? Gut gegangen, einigermaßen jedenfalls, und abhaken, das Ganze. Nachtruhe. Um 2 geht Andreas mal raus… Waaah! Ich weiß nicht warum ich auch aufwache, es ist ein bisschen rollig geworden, vielleicht drum, und irgendwas zieht mich auch an Deck – irgendwas?! AKKA liegt friedlich am Platz, mit der KEHAULANI auf 20 cm Abstand. Der Eigner knallt schon mit dem Bootshaken auf deren Deck herum: „Kehualani! John! Wake up!“ Das dauert… Und es dauert auch, bis sie begriffen haben, dass ihre Heckankerleine durchgescheuert ist, dass sie ankerauf gehen müssen – von 0 auf 100 um 2 Uhr nachts… Uns ginge es nicht anders. Leider liegt ADAMAS ziemlich unglücklich vor uns beiden, also dauert das Manöver noch länger, so kommt auch schon der nächtliche Squall rechtzeitig; wir tragen Fender durch die Gegend sind klatschnass, und als die Amerikaner schließlich frei sind, kommt ADAMAS uns auf 3 Meter nahe. Wir geben auf. Geben Kette auf dem Buganker und verholen uns mit dem Heckanker nach achtern. Und das bedeutet: Ankerwache… Am Morgen pisst es immer noch, ich eile ins Dorf, um Gemüse zu kaufen – und dann: bloß weg hier! The anchorage IS horrible! 2 Stunden Motorsegeln und hohe Wellen später fällt der Anker in den Sand. Die ENOLA strahlt uns vanillegelb auf türkisem Grund an, Sabine und Frank winken und freuen sich auf’s mitgebrachte Gemüse. Funkruf ARTEMO: „…we are glad you made it here – come over to the beach and bring something to eat…“ Blauwasser. Alles völlig easy. Alles vergessen. X Kinder von vier „kids boats“ wuseln durch weißen Sand und lassen sich von den Wellen auf den Strand tragen – wie quietschendes Treibgut. Ein Feuerchen kokelt, auf einem ausgebreitetn Pareo lächeln aus den Tupperschüsseln allerlei Leckereien. Bei Kartoffelsalat und (ihh! Nicht für uns, Ciguateragefahr!) gegrilltem Grouper erzählen wir unsere Abenteuergeschichten.

Jacques Brel sagt: „Gêmir n’est pas de mise aux Marquises!“ Jammern ist auf den Marquesas nicht angesagt. Gestern dachte ich noch anders – aber er hat Recht…