oder: eine Samstagnacht in Jacaré.
Es fing schon mit einer leisen Ahnung an, als am Freitag abend die LKWs mit Eisengestängen auf€™s benachbarte Grundstück des Jacaré Marina Clubs rollten. Eine Bühne. Und was für eine! Und was für Lautsprecher – richtige Roadies mit richtigen Kränen hievten und werkelten€¦ Und Marie-Therese von der Mabuhay hatte sich gerade bei mir über die Beschallung aus den Restaurants an den letzten beiden Abenden beklagt (die je nach Windrichtung auch wirklich lästig sein kann) und ich hatte meine Jacaré-Antwort gegeben: „Music happens€¦ and most of the time it stops early€¦€ Diesmal nicht, und diesmal auch nicht in den 500 m entfernten Restaurants sondern quasi vorm Lukendeckel – es wurde ein rechtes Happening. Die Musik, Pop-Forrà³ vom schlimmsten, ging ab 16:00 mit Soundchecks los, die übergangslos in die Hauptveranstaltung hinüberplätscherten. Die Jacaré-Dorfbewohner – alles brasilianische Lärmliebhaber – fanden€™s prima und versuchten, durch den eigens errichteten Sichtschutzzaun einen Blick auf die Bühne zu werfen. Noch waren auf dem Grundstück nur ein paar ausdauernde Frühankommer zu sichten, aber ab 23:00 rollte die PKW-Lawine zum Ort des Geschehens. Am Arm schicker Brasileiros staksten Scharen von durchgetakelten Brasilianerinnen durch den Sumpf vor der Tür, gehüllt in Kleidchen (man beachte die Verkleinerungsform und auf high heels mit Acrylabsätzen. Und dann ging sie ab, die Forrà³-Luzie. Alles nicht so schlimm, wenn nicht a. der Conferencier gewesen wäre, der endlose Lautsprechertiraden abhielt und b. nicht auch noch der Vollmond die Sandmücken vor die Tür gelockt hätte. So lagen wir denn in den Kojen, ausreichend beschallt und dazu belästigt von diesen miesen kleinen Viechern, die so winzig sind, dass sie durch die Maschen des extra dichten Moskitonetz krabbeln; nicht umsonst heißen sie im englischen Sprachgebrauch „no-see-ums€. Ich gestehe, ein etwas dickeres Fell zu haben – Gehörschutzkapseln auf und zugedeckt ist meine Devise. Nicht für Andreas: Gehörschutzkapsel ist weniger das Problem – die No-See-ums€¦ Es ist in der Tat gemein – jeder Biss eine Quaddel. Also: KSCCCCHHHT! Die Baygonsprühdose in Aktion. „Guck Dir das mal an! Alles voller Leichen!€ Bettuchwechsel um 2 Uhr. Ruheversuch. Wummer, wummer von draußen. KSSCCCHT! Klatsch! Als ich ein anklagendes € Schon wieder NEUNUNDVIERZIG!€ vernehme – Sandmückenzählen ist das genaue Gegenteil von Schäfchenzahlen! – ziehe ich mich ins Vorschiff zurück, während der Eigner überlegt, ob er bei Nachbar Keith klopft und sich den Autoschlüssel ausbittet. Um eine mückenfreie Zone zu gewinnen. Um vier gibt der Conferencier auf. Die Sandmücken auch. Ich auch – das Vorschiff ist bei geschlossenem Luk ein bisschen warm.
So sitzen wir dann am Sonntagnachmittag am Atlantikstrand ermattet auf einem abgehackten Palmstamm, hören dem Meeresrauschen zu und begucken die Surfer, die ihre Kunststückchen vorführen. A hard nights afternoon€¦ Sehr angenehm. Bis zum nächsten Forrà³-Termin. Die Plakate in Joao Pessoa lassen auf Feines schließen „Pop-Festival Jacaré€. 4. August. Aber vielleicht sind wir dann ja schon am Amazonas€¦ Anaconda statt Sandmücken – oder etwa „und Sandmücken€? Wir werden berichten.