Change of plans

oder: Entscheidungshilfen von JELIZE.

Seit ein paar Tagen ist ein bisschen mehr Leben am Ponton: Außer 3 Uruguayern auf dem Weg von Trinidad nach Hause haben Jean und Elizabeth aus Frankreich mit ihrer JELIZE gleich gegenüber festgemacht und daneben auch noch Mike und Eileen, Schottland, mit COOYA – für DIESES Schiff kann man nur ein Link einfügen !Guckt Euch das an!
Die Schotten wollen demnächst – mit einem deutschen Gast – nach Süden, die Franzosen kommen gerade daher und ich habe zu lange mit den Uruguayern über ihre Reise südwärts geschnackt – was also fällt uns Besseres ein, als schnell ein AKKA-Kaffetrinken am Sonntagnachmittag einzuberufen und uns von JELIZE begeistern zu lassen.

Und es gelingt ihnen trefflich: Gemeinsam tragen wir fleißig Empfehlungen in unseren Ceccone ein, das ist ein Segelführer namens „Sailing the Coast of Brazil€. Und was Jean da mit leuchtenden Augen vorträgt (€€¦ combien de temps vous àªtes étés à  Ilha Grande?€ „€¦trop court!€) lässt uns ahnen, dass Brasilien noch ein Weilchen dauern kann. Wasserfälle, Meereschildkröten, einsame Buchten. Wanderwege, Fischerdörer, hübsche Städte – VIELLEICHT ja auch Monstertrucks voller Riesenlautsprecher: Karneval in Salvador. Ich freu mich jedenfalls schon heute auf das Bamboo Café in Vità³ria. WiFi satt auf weichen Canapees, nein, keine essbaren. Aber es gibt „€¦les sandwiches – impeccable!€. Das werden wir uns gefallen lassen.
Jetzt haben wir erst einmal ein paar Wochen Zeit, uns das zu überlegen. Wir fahren wirklich fort, und zwar mit noch neueren als unseren pfuschneuen 35l-North-Face-Rucksäcken. Wer freitags abends im Internet liest, dass man spätestens am großen Salzsee in Bolivien einen Schlafsack braucht, fährt samstags ins Manaira Shopping Center und kehrt mit 68l-Säcken zurück. Viel mehr konnten wir gar nicht dazu packen – aber immerhin sind jetzt Penntüten dabei und zwei Bücher extra. Und ein Rock für die Gnädigste.
Morgen, spätestens Dienstag mit dem Bus nach Recife und dann mit GOL über€™s Amazonasbecken fliegen. Manaus. Iquitos. Was dann kommt weiß der Kondor. Nazca. Machu Picchu. Titcacasee. Kinderträume. Und wenn das nix wird, dann ändern wir unsere Pläne!

Mittlere Hektik

€¦ ist ausgebrochen auf der AKKA.

Die Rucksäcke sind zumindest mal probegepackt, Fahrräder und Dinghy in den Backskisten verstaut, aber es bleibt noch eine Menge zu tun, bevor wir das Schiff in Bälde für ein paar Wochen alleine lassen. Komisches Gefühl. AKKA ist unser Schneckenhaus – einzig die paar Sachen in dem mickrigen 35l-Rucksäckchen werden jetzt für eine Weile ein bisschen Heimatgefühl verbreiten können: die Hängematte (fur den Flussdampfer), Betttuch (zum über den Kopf ziehen). Fleecepullover (Wärmepolster für die Anden) und Moskitospray. Noch ein paar mehr, natürlich. Schlafsack und Zelt bleiben hier – kein Platz. Vielleicht müssen wir uns dann eine Lama-Indiodecke für die Nächte kaufen.
Zum Abschluss dieser ersten Jacaré -Phase haben wir heute Joao Pessoa noch einmal in vollen Zügen genossen. Ganz so voll war der Zug zwar nicht, aber dafür verspätet und außerdem hatte ich mich mit dem Abfahrtzeitpunkt ein bisschen vertan und das „Gambia-Revival€-Team für den falschen Zug an den Bahnsteig getrommelt. Falscher Zug plus Verspätung bedeutete dann, dass wir – je zweimal Petite Fleur, Present und AKKA – in Hektik zur Policia Federal sprinteten, die dann auch pünktlich um 12 Uhr „almoco€ essen gegangen war. Schön, dann um 14 Uhr, dauert ja nicht so lang€™€¦ Inzwischen kann ich ja mal schnell die neuen Pedale für€™s Fahrrad bezahlen – jahaaa! alle Beschaffungsqualen sind erledigt; es gibt Wasserfilter, Laptopbatterie und Pedale, alles via Brasil-Internet! Banco do Brasil gesucht – und sich als (ungelogen!) 42. in die Schlange eingereiht. Eine Stunde lang bin ich zentimeterweise Richtung Counter geschlurft und durfte miterleben, wie all das, was das Bändchen „Kulturschock Brasilien€ über Banken schreibt, sich vor meinen Augen vollzog. Mal abgesehen vom Brasilien-üblichen Bankraub. Gemecker am Ende der Schlange, gespanntes Schweigen, je näher man dem Ort der Tat kam. Gelächter und Gespaße zwischendrin. Dass ein junger Brasilianer im Bürooutfit und mit Laptopcase auf dem Boden sitzend einschlief, trug eigentlich nur zur allgemeinen Erheiterung bei. Er durfte sich später wieder einreihen. Kardinalfehler bei dieser Aktion war, dass es ja Mittagszeit ist, und während der trabt Brasiliens arbeitende Bevölkerung gern in die Bank, Geld holen€¦ Ist ja auch ganz unterhaltsam, ungefähr so wie ein deutsches Arzt-Wartezimmer, gelle, Heiner!?

Zurück zur Policia Federal. Mit Zwischenstation beim fliegenden Plastificador/Copidador. Fliegende Händler gibt es überall und mit allen Angeboten, Uhren, Raubkopien, Keilriemen, dieser flog weniger als dass er im Eingang der „Farmacia Permanente€ saß und uns uns für kleines Geld Passkopien „für jeden Tag€ einschweißte; in Südamerika herrscht ja allenthalben Ausweispflicht. Und gleichzeitig die Pflicht, nix Wertvolles mit sich rumzuschleppen, wegen der bösen Buben, also schon gar keinen Pass.

Endlich bei der Policia die nächste Bankaktion: 6 mal 67,50 Reais für die Verlängerung abdrücken; mir schwant Böses, aber hier sind wir die einzigen Kunden. Dafür dauert der Vorgang als solcher dann doch lang. länger als gedacht zumindest, schließlich muss berechnet werden, wann wir ausreisen müssen (ich am 6. November, Andreas am 20 Dezember. Räusper€¦) , und so sind wir dann am Abend ziemlich platt – die Gambia-Revivaltruppe musste dann auch noch im Angelladen nach Fischspeeren gucken (und Andreas wegen akuten, bekloppten Aussehens den Plan aufgeben, einen Moskito-Hut anzuschaffen – Motivation siehe letzter Eintrag). Noch schnell zm Hyper Bompreco, dem Monstersupermarkt, in Sachen Rucksackreise: Plastikgeschirr, Klopapier in Mini-Rucksack-freundlichen Gebinden. Rei in der Tube jedenfalls gibt es nicht. Aber DEET-Spray (Thema Moskitos. Siehe unten, oben, überall€¦)

Und dann noch das Schiff fertig machen- lassen wir das Sonnensegel oben? Bauen wir es ab? Deck salzen, Rumpf schrubben, Schraube einpacken€¦ Kann ein Seglerleben hektisch sein.