Eine Busfahrt

Huancavelica, Samstagnachmittag.
Draussen regnet es. Und kalt isses auch – es hat gehagelt! Ausgerechnet als wir uns auf den Weg machten, die naechste Busverbindung zu erkunden. Abwarten und Teetrinken, in diesem Fall mal Anistee. Der dazu servierte Kuchen war so reichlich, dass der Hauptabnehmer ein Abendessen fuer heute in Zweifel zog. Man hat es nicht leicht.

Die naechste Busfahrt startet, wie sich herausstellte, morgens um 04:30 und wird allem Anschein nach mit Kind, Kegel, Moehrensack und Huehnerkaefig stattfinden. Wir werden es sehen.

Schon die letzte Fahrt dieser Art war ein Erlebnis – nicht nur, weil man die Landschaft zeitweise von ziemlich weit oben betrachten konnte. Um 10 Uhr morgens sollte es losgehen mit Ticllas Transportes in Huancayo – wir sind da ja nicht soo anspruchsvoll und rechnen immer mal mit ein bisschen mehr Zeit. Nicht so die Mitreisenden, die wohl nur auf dem Ueberlandbus Huancavelica sassen, weil der Zug (den wir auch benutzen wollten), bis irgendwann im Oktober nicht faehrt, sehr zum Leidwesen des alten Eisenbahn-Spaehers Andreas… Wir lungerten also ein  bisschen in und vor der Wartehalle rum, vertrieben uns die Zeit mit Raetselraten ueber die globalisierte Welt: Frauen in Tracht verkaufen 1€-Uhren aus China! Maenner auch und halten ein Schwaetzchen.. Und alle beteuern, dass unsere Reise ein wirklicher Traum sei…

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Nach einem ersten Tumult unter den Reisenden werden wir von einem Wachmann 4 Blocks weitergeschickt, wo der Bus auf einem Hof stehen soll – gluecklicherweise konnten wir die Rucksaecke auf ein Dreirad laden. Am Bushof wird tuechtig geladen, vor allem Reis- und andere Saecke und undefinierbares Gruenzeug.

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Der Bus ist nicht ganz voll, wir koennen einen Fensterplatz beziehen, und dann geht es los. 40 Minuten Verspaetung, nicht wiklich der Rede wert. Der Rede wert allerdings der Vortrag, den wir als erstes einmal kriegen – wie schnell man doch auf „no hablo español“ umsteigen kann ;). Ein krueckenbewehrter Mann steht im Gang und erhebt seine durchdringende Stimme: „Gesundheits-Prediger“ wuerde ich das nennen. Zunaechst mal wird einem die Hoelle heiss gemacht – Verstopfung, Nierenbeschwerden, Kopfschmerzen, Uebergewicht – und dann wird die Noni-Keule geschwungen. Kleine Probentuetchen machen die Runde (gluecklicherweise verzichtet Andreas mal auf seine Beteuerungen, dass die Señora Spanisch spricht 😉 ). Verkaufsveranstaltung mit Krankheits-Ablasshandel. Nur 14 Tage „Noni“ repariert alles, Prostata, Menstruationsbeschwerden, Appetitlosigkeit. Klasse! Wir kaufen nix. Spielverderber.

Zwischenzeitlich wird es auch schon mal unruhig – der Bus schraubt sich die Serpentinen am Ende des Mantarotales hinauf; nicht dass es irgendwie zu eng an den immerhin doch existierenden Leitplanken entlang ginge oder aehnliches – nein, ab und zu haelt der Bus, wie unverschaemt! Polizeikontrolle! Und schon geht das „vamos, vamos“-Geschreie der Mitreisenden los, es wird mit den Fuessen getrampelt und an die Scheiben geklopft. Im Verlaufe der Fahrt verstehen wir ploetzlich, warum die Fahrerkabinen in Peru abgeteilt sind – der Fahrer muss vor dem wuetenden Mob hinter sich geschuetzt werden.

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Vamos!  Es wird lautstark diskutiert, dass der „Tren Macho“ das besser kann und wann wir wohl ankommen. 4 Stunden Fahrzeit versprach die Busgesellschaft, tapfer. Die Mitreisenden tippen auf 6 oder 7 und dann wird ordentlich gekakelt. Derweilen schaukelt uns der Bus ueber ziemliche Hoehen, wir sehen karges Andenhochland, eine wundervolle Vielzahl an nett anzuschauenden Viechern, vor allem Esel aller Altersklassen und Schweine, dicke oder sportliche, junge, alte. Kuehe mit Kaelbern. Und die zugehoerige Besitzerschar, vor allem, fast ausschliesslich, moechte man sagen, Frauen. In Tracht natuerlich. An den Haltestellen – der Noni-Mann ist in Izcuchaca ausgestiegen – kriegen wir Besuch von anderen Verkaeuferinnen, die gern ein paar Kilometer mitfahren. „Chicarrones, chicharrones“, „chiclo von queso“. Zerknallte Koteletts, gebraten, Maiskolben mit Frischkaese, Brot, Saefte, und die unvermeidliche „Gelatina“, Wackelpudding im Plastikbecher. Neuer Aufruhr: eine Baeuerin will aussteigen und laesst sich das Gepaeck aushaendigen, das auf dem Dach sein sollte – der „vamos, vamos“-Aufstand geht nahtlos in allgemeines Klagen ueber, dass man der armen Baeuerin das Gepaeck nicht geben konnte: zu weit unter den ganzen Saecken vergraben. Da wird dann nach Entschaedigung gerufen. Eine Busfahrt, so viel steht fest, muss einfach unterhaltsam sein. Wir kringeln uns jedenfalls streckenweise. Ankunft ist dann nach 3 Stunden 50. Ploetzlich sind alle Rufe verstummt.

Das also ist Huancavelica. Altes spanisch-koloniales Staedtchen, dessen Reichtum aus dem Silber-, Quecksilber und Kupferabbau aber weitgehend verschwunden ist, und dazu liegt es im hintersten Taleseck. Da wo sich die Wolken fangen. Siehe oben. Wir treten die Flucht wohl rascher an als gedacht.

Total lecker…

…. war das Mittagessen gestern!

MAn stelle sich das so vor  – um 10 Uhr nehmen wir ein voellig ueberteuertes Taxi zum Preis fuer dusselige Gringos, wobei uns 5 Euro fuer eine 45-minuetige Fahrzeit nach AKKA-Massstaeben nicht wirklich aus den Socken haut, und der Taxifahrer hatte auch schoen geheult, dass er doch Frau und Kinder hat und so fort.
Ziel war das Dorf Ingenio, ein bisschen oberhalb von Huancayo gelegen, und wir waren voller Skepsis: Alle Bilder zeigen eine Forellenfarm, alle Touren gehen irgendwie ueber eben dieses Ingenio – aber angesichts meiner abklingenden Bronchitis fiel uns gerade nichts Einfacheres ein; nur, nach einer Tour mit Alpakaverkauf und Selbstgetoepfertem stand uns auch nicht so der Sinn. Norma und Neil, die wir im Cafe  kennengelernt hatten, schwaermten allerdings. Also: Taxi eben. Wir schleichen hinter Kuhherden her, die vor uns hergetrieben werden, eine gefaellt uns besonders, mit 3 Eseln und netten Hunden sowie mit einem Quoten-Schaf. Die Hueterin natuerlich im klassischen Dress mit vielen Roecken und Hut und Zoepfen – das ist nun schon nichts Besonderes mehr, die ganze Stadt ist voll davon. Wobei ich Andreas mal gebeten habe, verschiedene Huete und Zoepfe auf die Speicherkarte zu bannen (Zelluloid war ja mal…). Sehr schoene Varianten gibt es da!
Das Tal ist voller junger Leute, ein Schulausflug aus H., wie wir spaeter feststellen, ist unterwegs, aber ein paar Hundert Meter ueber dem Dorf hoeren wir schon nur noch entferntes Schulmaedchengegacker und dann bald gar nichts mehr. Ich kriege ausreichend Luft, um auf einem Eselspfad ganz langsam den Berg raufzusteigen – die Hoehe ist es also nicht, die mich atemlos werden liess. Irgendwann schmeissen wir uns ins warme, trockene Gras, Bergbaeche rauschen aus der Ferne, und wir denken uns einfach, dass der Falke, der aufsteigt, ein Kondor ist. Wunderbar (ich will trotzdem noch einen echten sehen. Colca, wir kommen!). Noch eine laengere Pause an einem rauschenden, kalten Bergbach – das hatten wir lange nicht mehr.

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Auf dem Rueckweg liegt noch weit vor dem Orsteingang ein kleiner Bauernhof, „Los Rosales“. Bei den vielen Bergbaechen ringsum kann Forellenessen eigentlich kein Risiko bergen, und, tja, so frisch, wie hier… Rohe Forelle!? Wir trauen uns erstmalig an eine Cebiche de Trucha ran – und werden mehr als positiv ueberrascht. Ein Gedicht aus rohen Forellenstreifen in Limone und Chili und Cilantro, mit roten Zwiebeln. Zum Reinlegen! Und das ist nur die Vorspeise – fuer unsere Verhaeltnisse haette diese Portion, die wir uns schon geteilt haben, eigentlich gereicht, aber wir hatten unvorsichtigerweise noch Forelle vom Grill (boah…) und eine „Muellerin“ geordert; bei letzterer handelte es sich zwar um eine peruanische Muellerin, die sich in ein Kleidchen aus Sauce und Gemuese gehuellt hatte, wo doch der Gatte an Butter und Mandeln gedacht hatte, aber LECKER war es so oder so… Und augenscheinlich ermuedend!

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Falls mal jemand hier vorbeikommt 😉 … Unbedingt empfehlenswert.

Morgen geht es weiter mit dem Bus nach Huancavelica; bisschen hoeher gelegen und ziemlich ab vom Schuss, mitten auf dem Altiplano. Noch mehr Huete und Zoepfe. Und die ersten Lamas…

Bis denne!

Bekleidung aller Art

Huancayo.

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Hier ist es ein bisschen verwirrend, zumindest, was das Klima betrifft. Vorhin kommt Andreas vom Abendbummel zurueck und bemerkt: „… bisschen wie beim Weihnachtseinkauf in Hannover. Es regnet, die Leute mummeln sich in die Wattejacken, aber ein Riesentrubel auf den Strassen!“ Riesentrubel ist fast immer, nur das mit der Bekleidung stimmt so nicht durchgehend: es ist zwar Schluss mit den traegerlosen Tops aus dem Amazonasbecken, aber von T-Shirt bis Alpakamuetze mit Ohrenklappen geht alles.

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Es war nur eine mittelgute Idee, den Nachtbus hierher zu nehmen; ich habe die ganze Busladung mit meinem Gehuste unterhalten – das Geroechel, das mein Sitznachbar und Ehemann mir zuschrieb, kam allerdings von Diego Maradona, der (wahrscheinlich mit seiner bengalischen Schnorchelausruestung) hinter mir sass. Um 6 Uhr schlufften wir dann mit unseren Rucksaecken durch den kuehlen Sonntagmorgen und suchten uns ein „schoenes“ Hotel ;).

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Aber immerhin hat es wieder warme Dusche und liegt neben einem netten Café, so dass fuer das leibliche Wohl gesorgt ist. Coca-Tee hat sich zu meinem Lieblingsgetraenk entwickelt – ich hoffe, es hilft mir die Lungen freizublasen.

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Gestern gab es erst einmal die Sonntagsparade, von der Bilder folgen werden – so sehens- wie erschreckenswert… Viel Patriotismus, alle, vom Kindergartenkind bis zum Hochschullehrer im Stechschritt. Auf unsere Frage, ob das gestern etwas Besonderes gewesen sei, hiess es schlicht „“… nein – wir feiern viele patriotosche Tage und die Parade ist an jedem Sonntag…“ Dafuer muessen wir uns noch ein paar Antennen wachsen lassen.

hyo-parade1.JPG   Aufstellung zur Parade.

hyo-parade2.JPG  und ohne Polizei oder Militaer geht schon mal gar nix…

Schulen aller Kategorien haben sich neben dem Heer versammelt. Erst ist mal eine halbstuendige Flaggenparade angesagt, mit viel „Peeerrruuuuuu! Viva! Viva“ und ABsingen der Nationalhymne, und dann:

hyo-parade3.JPG  zackig am Buergermeister vorbei.

hyo-parade4.JPG  und wenn es der Karriere hilft, schmeissen auch die Lehrerinnen die Beine. Die an der rechten hinteren Ecke wird bestimmt bald befoerdert 😉

hyo-parade5.JPG  Die Kleinen sind aber auch nicht schlecht dressiert!

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Dies ist meine Lieblings-Gelatina-Verkaeuferin.  Leider weiss man nicht, wie sie die Loeffel sauber macht, so dass wir noch keine Gelatina gekauft haben. Vielleicht sollten wir ein Flaeschchen Sagrotan …? In dem Tuch ist uebrigens nicht der Wackelpuddingvorrat )der steht in einem Eimer irgenwo auf dem Platz, sondern der Nachwuchs, der sonst sehr nett und keck aus der Deckung lugt!

Jetzt geht die Husterin wieder in die Falle. Die Internetter ringsum gucken schon irritiert 😉
Morgen suchen wir mal ein Café mit einem adaequaten Bildbearbeitungsprogramm – hier gibt es alles und besonders viele Mobiltelefone, aber die Internet-Cafés haben meist weder Skype noch irfanView oder zumindest den Office-Bildbearbeiter. Und nur die verhelfen all den „gelatina“-Verkaeuferinnen, Coca-Baeuerinnen und Bueromaedels auf die Bildschirmoberflaeche…

Schon passiert!

La vida peruana „light“

Huánuco…

Es war kein „Strassenschaden“, der den Verkehr von Tingo Maria hierher zum Erliegen brachte! Empoerte Cocaleros hatten die Strasse mit Gesteinsbrocken belegt die Steine lagen auf langen Kilometern immer noch. Die Coca-Bauern marschierten heute hier durch die Stadt – leider konnten wir die Plakate nicht lesen, weil die mehr als Sonnenschutz missbraucht wurden, also werden wir nachher mal ein paar Fragen stellen. Das Leben in Peru scheint nicht so leicht zu sein, und die Cocaanbaufrage ist ja nicht nur hier ein heisses Thema.

Wir sind jedenfalls am Rande der Anden angekommen – ringsum schon ganz schoen hohe Berge – der Pass hierher war auf 2700 m und die naechstgelegenen hoeheren sind schon ueber 4000 m. Also schnaufen wir fein die Treppen rauf und gruseln uns vorm Rucksacktragen, zumal ich mir auch noch einen wunderbaren Husten eingefangen habe, noch im Amazonasbecken ausgebruetet und nun hier zu vollem Leben erwacht.

Da man auf solche einer Reise ja immer alles in die eigene Denkwelt einordnen muss („… ham wir in der Heide auch!“ 😉 ) ein Blick in unsere Denkschubladen… Gringos wie unsereines gibt es hier nicht so viele (3 bislang), dafuer eine lebendige Stadt: In der Mitte (in 98 % der Faelle „Plaza de Armas“) spanisch kolonial, aber wie schon in Pucallpa mit hypermoderner Kathedrale – da schiebt die katholische Kirche bestimmt den einen oder anderen Groschen durch die Gegend.

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Die Leute ganz gemischt – wir konnten es beim Fruehstueck betrachten; der Geschaeftsmann im Dreiteiler, die moderne Familie in Jeans, der alte Mann nicht ganz so adrett, die Grossmutter (? rein optisch…) aus den Bergen so wie man sie sich vorstellt. Viele Roecke, unter dem Hut lugen die beiden sorgfaeltig parallel geflochtenen Zoepfe hervor.

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Bei manchen ist der zopf aber auch nur noch single – und die Freizeitgewohnheiten ??

generation-stadtbesucher.JPG  Mutter und Tochter auf Stadtbesuch. Traditionell.

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Aber  nicht, dass es die Generation Nierenschaden nicht gaebe 😉 
Drumrum ein bisschen wie Griechenland, chaotische Bauweise, mit vielen Zeichen fuer Sicherheit im Falle von Erdbeben (wenn’s schee macht?! ;). Das Ganze umringt von braunen Berge, dto. Griechenland – nur viel hoeher als dort! Und eine sehr trockene Luft  Und da wir heute die Weiterfahrt nach Huancayo planen wollten, konnten wir auch die Hoefe der Busunternehmen mit unserem Erfahrungsschatz abgleichen: AFRIKA! Aber wir werden einen feinen Schlafbus nach Huancayo nehmen, der uns in der Nacht in luftige und wahrscheinlich noch trockenere Hoehen karren wird. Da ist dann erst mal Akklimatisierungspause.

Das peruanische Leben „light“ hat auch so schoene Pointen wie heute frueh bereit: das Hotel (fuer umgerechnet 10 Euro!) bot laut Reisefuehrer „heisses Wasser“ an, aber die Ansprueche sinken ja auf unserer Reise stetig. So gibt sich Andreas rasch mit dem kalten Gepladder zufrieden, wahrend ich noch ein bisschen hustend liegenbleibe. Ganz stolz isser, mein Eigner. „Kalt geduscht!“ Na dann, ich auch. Mein heisses Wasser kam nach vielleicht 5 Sekunden… Mehr als heiss – mmmh! Die erste warme Dusche seit AKKA. Andere Peruano-light-Varianten sind die Pizza, die es gestern gab, die erste „nicht-Huhn“-Mahlzeit seit Tagen.

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Aber frischer geht es ja wohl nicht, das Messer wird gerade gehoben 😉 – was ist also gegen Huhn einzuwenden? 

Von den 79 belegten Kanaelen auf dem Fernseher – auf der Suche nach internationalen Sendern faengt man ja von hinten an runterzuzappen! – war dann die Nummer 03 die Deutsche Welle. Und so kommen wir in den Genuss von Peter Struck, der die Kanzlerin „lobt“ und von Taufrischem zur Finanzkrise. Wie gut dass sich das alles dreisprachig wiederholt, man wird hier nicht zum Fernsehjunkie.

Eigentlich gefaellt es uns ganz gut hier – nur manchmal ist es ein bisschen erdrueckend zu sehen, wie wenig – im wirklichen peruanischen Leben – viele Leute haben und wie Ansprueche ganz wahrhaftig angepasst sind. Sagt ein markiger Spruch „agua para todos“, dann wird der Projektumfang auch gleich mit dargestellt – in Aguaytia sind „todos“ eben 13.000 Leute und nicht wirklich alle. „Mas salud para mas Peruanos“ fiel mir schon oefter auf – mehr Gesundheit fuer mehr Peruaner. Bescheidenheit? Vorsicht? Den Vergleich zur westlichen Jammergesellschaft will ich an dieser Stelle gar nicht anstellen, aber mehr geht einfach nicht. Aber gleich zur Verteidigung: an ein paar Stellen hat aber die Hilfe von den Jammerern auch was genutzt – es gibt diverse Anbieter von organisch angebauten Produkten, es gibt kleine alternative Kaffeelaeden oder Produzenten von Fair Trade Kaffee (http://www.huanucocoffee.com/). Mehr Kaffee- als Cocaanbau (siehe oben!), aber dann muessten wir eben auch Fair Trade Produkte kaufen…

Also los!

PS: Noch schnell gemeckert: Wir vermuten, dass „huanuco“ das Wort der Inkas fuer Sandfliegen ist… Der Rio Huallaga sorgt fuer Wolken der kleinen Mistviecher. Kann nur besser werden – wir sind gespannt was uns in 3200 m Hiehe erwartet 😉 

Coca und so…

Hier ist Tingo Maria! Wir sind vorbeigeflogen an der Drogenpolizei und den Stellen, an denen gern Busse mal „abkassiert“ werden, vorbei an ueblen Bergrutschen und dann noch durch die Kaelte auf dem Pass. Kam uns gar nicht so hoch vor, die Cordillera Azul, aber da wir nach Tingo Maria – auf 650 m Hoehe – tuechtig bergab fuhren, gab es wohl schon einen Grund fuer die Kaelte.  Die Hoehe vermerke ich nicht von ungefaehr: Der Amazonas ist so um die 6.500 km lang. Kann man sich vorstellen, dass man in Iquitos (bei schlappen 4000 km von der Muendung!) noch auf 100 m und in Pucallpa auf 155 m ueber dem Meeresspiegel ist?! Wat n Gefaelle…
Hier ist es nun wieder recht warm, wenn es heute Nacht auch ziemlich geregnet hat. Der Urwald setzt sich fort, nur dass man ihn hier hochkant gestellt hat ;). Aber ab morgen, uebermorgen ist es damit wohl vorbei – Huancayo, unser naechstes Ziel liegt schon am Rande des Andenhochlandes. Lamas – wir kommen.

Berichtenswert von der Fahrt mit dem Collectivo – man soll Sammeltaxi fahren, weil eher Busse Opfer fuer Ueberfaelle sind, lohnt sich ja gewissermassen auch mehr 😉 – war eigentlich nur eines: Wir waren planmaessig 4 Fahrgaeste, der zur rechten von Andreas richtete ein paar Worte an uns und schaltete nach den ersten Rueckfragen um auf Gebaerdensprache – „Auslaenderidioten, verstehen mich nicht“. Halsabschneidergesten, Pistolenschuesse, Banditenmasken, zackige Militaergruesse, wenn man an einer Polizeistation vorbeifuhr.  Andreas („… ob das noch schlimmer wird?!“) dachte schon, der hat einen echten Schaden, aber es war eine Vorstellung allein fuer uns; nur dass wir das Ganze viel weniger verstanden, als wenn er mal ein Woertchen eingestreut haette. Und dabei war er wirklich mitteilungsbeduerftig. Merkwuerdig. Gut dass er in Aguaytía ausstieg.

Morgen geht es weiter – heute waere eh nix gegangen, denn die Strasse nach Huánuco war wegen Strassenschadens gesperrt. Wir ahnen, wie das ausgesehen hat. Das muss nicht Strassenschaden heissen, sondern „nicht vorhandene Strasse“!

Die Fleecesachen sind jedenfalls ausgepackt!

 

Tschuess, Amazonia

… sagen wir!

Morgen geht es endgueltig ab in die Berge!

In den beiden vorherigen Beitraegen gibt es neue Bilder – also angucken!

Und wir freuen uns jetzt auf die Kaelte und die Lamas und Kondore!

Bis dann!

Iquitos-Pucallpa

Das schrieb ich vor der Abreise und unten geht es dann weiter…Nach 5 Tagen Rio Yarapa geht es heute weiter von Iquitos nach Pucallpa, und weil das Internet-Café nicht so will wie wir, machen wir es kurz.Nur so viel: wir haben gerade Flipflops fuer das Schiff gekauft, das heute abend um 17:30 abfahren soll (noch keines der Henry-Schiffe, die wir gesehen haben, hat sich an derartige froehlichen Voraussagen gehalten 😉 ), Flipflops also fuer die Dusche, und dann werden wir reichlich Wasser mitnehmen und Trockenfutter und Obst… Wir haben das Prachtstueck naemlich schon gesehen. Es ist nicht die Henry5, von der die Bluesongs geschwaermt hatten (eigenes Klo!!), es heisst nicht mal Henry, sondern Don Segundo (die Passagier-Version von Henry2), wir haben die Fracht gesehen (Schrott und Muell!) und mal in eine Kammer geschaut (bruell!). Aber immerhin koennen wir die Rucksaecke dort einschliessen, wenn wir vielleicht auch lieber mit den anderen Passagieren in den Haengematten schaukeln werden. Mal schauen.

Der Dschungel war wieder schoen und wenn wir in Pucallpa sind gibt es noch ein paar Bildchen und Geschichten, zum Beispiel von Falken und Moskitos, „falsch rummen“ T-Shirts, Affen in der Loge und Korallenschlangen.
Positive Schaetzungen, auf die wir einfach mal hoffen, sagen  eine Ankunft schon fuer  Donnerstag voraus. Manchmal muessen Henries  ja auch puenktlich sein 😉

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Wie soll ich nur fortfahren…  Schoen war die Fahrt. Ein bisschen Verspaetung hatten wir. Ankunft am Sonnabendmorgen. Die Reisezeit waere sicher leicht einzuhalten gewesen, waere da nicht das stoerrische Viehzeug gewesen, und die vielen Anhalter und die Reissaecke und, und und… . Ehrlich, schoen war es, aber auch – irgendwie anders ;). Erzaehlen wir es so: Im in Manaus ergatterten SPIEGEL hatten wir einen Artikel ueber den Einbuergerungstest gelesen und auch Alternativvorschlaege zu einem typisch deutschen Satz gefunden (ich schwanke uebrigens zwischen <20%aufallesaussertiernahrung> und <... ist der Kaffee fuer hier oder to go...>). Nun haben wir einen Kandidaten fuer einen typisch peruanischen Satz gefunden…
Wir kamen mit den schweren Rucksaecken ueber die repraesentative Rampe des Anlegers fuer die Henry-Boote an Bord.

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in freundlicher Helfer schloss uns eine Kabine auf, hob die Rechte und brachte mit einem kurzen „pffft“ aus der Spruehdose die Kammer in Ordnung. Und Andreas bemerkt: <... fuer Ordnung und Sauberkeit ist gesorgt!>. Stimmt. Da stand es an unserer Kabinenwand: 

 

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Der Chef bezieht tapfer sein Bett und wird dann in seinem Tagebuechlein vermerken: <... Andrea weigert sich, hier einzuziehen, aber ich will wenigstens eine Nacht probieren!>.

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Was ich hier hochhalte (Nachtrag aus Tingo Maria!, das Bild ist einfach schelcht!) ist das Buch „Kulturschock“, eigentlich das fuer Brasilien, aber ein bisschen so war es…

So geschieht es – ich verbringe die Naechte in meiner Haengematte, inmitten der anderen Reisenden. My hammock is my castle, und ich weiss wenigstens, wer da alles schon reingepupst hat, und REINGEPINKELT hat noch definitiv keine(r) ;). Auf dem Haengemattendeck ist es luftig und mit ein bisschen Ohrstoepseln uebersteht man auch leicht die Lautsprecherattacken, die sich entwickeln, als ein schlauer Kopf den Fernseher in Gang zu bringen versteht. Es nuetzt auch nichts, dass ab und zu mal die Lautsprecherkabel abgeknipst erscheinen… Druesel, druesel, und schon schallt der Peru-Pop wieder bis zur brasilianischen Grenze.

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Wir werden gut gefuettert, als Kabinengaeste kriegen wir unseren Anteil an Reis und Kochbanane mit Huehnchen drei Mal am Tag ans Bett gebracht. Alternativfrei, bis auf den Fisch zum Fruehstueck, den allerdings substituieren wir dann durch selbst geschmierte Marmeladentoastbrote. Ach ja, doch, es gab einmal Nudelsuppe, als die Huehnervorraete sich deutlich dem Ende zuneigten und die Huehnchenspuren immer undefinierbarer wurden (siehe: Verspaetung).

Die Tage vergehen wie im Flug oder wie auf dem Ucayali halt, mit Gucken und Doesen und Schnacken und Lesen in dem Haengematten

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Wir sahen viele verschiedene Leute an Bord kommen und gehen, wir erlebten, dass das Schiff ploetzlich Fahrt verlor – naemlich auflief! – oder fast ebenso ploetzlich aufstoppte, naemlich  um stumpf gegen die steile Uferboeschung zu fahren. Zong. Mitten in der Nacht. Und dann tut sich oben, zwischen den Bananenpflanzen, eine Luecke auf, und jemand nimmt in the middle of nowhere 2 grosse Pakete und einen Sack entgegen.

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Abfahrt – naechster Stopp in 20 Minuten. Bei der Reisbaeuerin. Die um 3 Uhr morgens mal schnell 40 Zentnersaecke verladen haben moechte. Wir fragen uns, wo das in unserem Schiffsbauch alles hinpasst – aber es passt und das wegen Ueberladung (mitsamt 60 Passagieren!) abgesoffene Schiff war von einer anderen Gesellschaft.

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Baustein trifft Babywindel! Wie bei den Blattschneiderameisen im Wald nimmt sich das Ganze aus (wobei die die Fracht in einer Richtung schleppen, nicht in beiden!)!

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An den grossen Anlegestellen kommen un dem ganzen Ladegewusel auch Verkaeufer an Bord: „Hay sandía, hay kekes!“, und wir kaufen besonders den Kindern gern eine „sandía“ = Wassermelone ab.

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Schaendlich – fuer 50 Centesimos. Nicht mal 15 Cent! Und wir kriegen immer mehr Fracht: Huehner, Papageien, Schildkroeten, Rinder, Schafe, ein Schwein. Ausser dem Schrott. Und dem Motokarro, das eine Weile auf dem Dach des ThermoKing mitfahert um dann irgendwann ebenfalls in der Nacht zu verschwinden, an irgendeiner Bananen- oder sonstigen Plantage.

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Und dann die Leute.

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Fabio, der gern die Kabinenschluessel ueber Bord wirft – die Handys koennen wir ihm jeweils in letzter Sekunde entringen; und der auch bald das Raetsel loest warum so ausdruecklich auf die Pinkelgewohnheiten verwiesen wird: seine Mutter fordert ihn, der an der Kabinentuer steht, mit einem froehlichen „Orina! Orina! pscchhht – pscchhht!“  dazu auf. Frueh uebt sich… Das ist die gleiche Soyla, die sich ueber unser Spanisch totlacht und ueber alles Moegliche mit mir quatscht. José, den Thermokingfahrer, der mit Speiseeis aus Lima nach Iquitos reist. Nai und Jimmy und wie sie alle heissen, die sich immer wieder mit uns unterhalten wollen und Loecher in den Bauch fragen. Der Kapitaen, der uns auf der Bruecke mitfahren und sich von AKKA erzaehlen laesst; und seine Instrumente vorfuehrt: naemlich gar keine. Unglaublich:  die fahren das alles nach Gefuehl – 1000 Flusskilometer!

 

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 Na, doch, ein Instrument ist da: die Pratenabwehrflinte, von der es 2 gibt.

Fast ist es schade, als in der Samstagmorgensonne eine Stadt in Sicht kommt – wir sind da, im heissen, staubigen Pucallpa.

 

 

Im Rio Yarapa oder: ¡ Hola, Falcon!

Hier kommt nun der Nachtrag zum unserem zweiten Wald-Aufenthalt, den ich ja schon angekuendigt hatte…

„Der Dschungel war wieder schoen und wenn wir in Pucallpa sind gibt es noch ein paar Bildchen und Geschichten, zum Beispiel von Falken und Moskitos, „falsch rummen“ T-Shirts, Affen in der Loge und Korallenschlangen.“

Wir fahren an einem kuehlen Dienstagmorgen in Iquitos los – Alex von den „Ecological Jungle Tours“ holt uns um kurz vor 6 am Hotel ab, das Collectivo-Taxi saust mit uns die 120 Strassenkilometer hinunter nach Nauta am Rio Maranon – der einzigen Strasse, die ein bisschen weiterfuehrt als nur bis zum Amazonasufer…

Fruehstueck bei Rosita, und dann kommt er, unser Fuehrer fuer die naechsten Tagen. Er sagt: „Falcon!“ und ich erwidere: „Wilver“! Traudl und Jochen hatten uns ja in jeder Hinsicht gewarnt vor dem „Delfin-Camp“, das sie gern in Mosquito-Camp umgetauft haetten, wo das Essen maessig sei, freundlich gesprochen, und dann die Plumpsklos… Aber sie hatten gesagt, dass „Wilver (also known as Falcon)“ der beste Guide sei, den man kriegen koennen, und wir kriegten ihn – hier ist er: 

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Zunaechst mal ging es mit dem Peke-Peke, dem tuckerigen Langboot mit einem Dach aus Palmblaettern und dem Hondamotor samt der langen Antriebswelle zur Lodge, Gelegenheit, den kurzen Nachtschlaf noch ein bisschen auszudehnen, obschon doch einiges zu sehen war. Der Zusammenfluss des (wasserreichen, dicken) Maranon und des (schmaleren aber unglaublich langen!) Ucayali zum Beispiel, der den Beginn des eigentlichen Amazonas kennzeichnet.

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Umsteigen im Dorf La Libertad, wir buckeln die Rucksaecke ueber eine Landenge und steigen in ein handgetriebenes Kanu, wobie wir auch noch die Koechin aufsammeln muessen, aber nach 15 Minuten Paddeln sind wir da. yarapa-4-lodge.JPG

Die Lodge empfaengt uns freundlich, wir breiten unsere Sachen auf den Matratzen aus, die unter dichten Moskitonetzen liegen, und Koechin Daisy schmeisst gleich mal den „Gasofen fuer Indiander“ an, wie Falcon sagt:

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ein grosser Holzherd, der dank oeligem „Firewood“ ganz schnell das erste, leckere Mittagessen fuer uns gart – Jochen, Traudl, wer hat bloss fuer Euch gekocht?? Es gibt das unvermeidliche Huhn in allen Variationen, aber auch Fisch, dicke Pfannkuchen zum Fruehstueck – alles andere als „maessig“… Und dazu schallt aus der Kueche ein kaum zu stoppendes Lachkonzert – Jerson, der Assisitent, Daisy, Falcon – alles gackert dauernd, dazu die Kinder, die „amiga, amiga“ rufen, Fussballspielen oder einfach nur ein bisschen rumgeschleudert werden wollen oder englische Zahlen lernen. Unten zu sehen: Daisy mit Rebecca und Flavia. Es fehlt nur die kleine Ingrid – ich glaube, die Namenspaten waren alles Gaeste zum jeweiligen Geburtstermin ;)…

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Und dann geht nach der Siesta die Serie der Waldgaenge los. Falcon zeigt uns alles, was zu finden ist, Magenmedizin und Vogelspinnenkinder, Aras im Flug und Delfine. Er geht so zielsicher vor uns her – wie macht er das bloss? Mit der Machete haut er Loecher in den Unterwuchs, oder…?? Ich denke, er markiert auch den Weg. Schon beim ersten Gang, der im tropischen Nachmittaagsregen endet, waeren wir hoffnungslos verloren gewesen. Und als wir in Iquitos dann spaeter Randy (aus Manaus) wiedertreffen, gibt es dazu eine schoene Geschichte: Randy und Ying waren 15 Tage mit Fuehrer und Kanu im Wald am Solimoes. Und schon am ersten Tag trifft sie der Schlag – um 15 Uhr soll Richtung Zeltlager umgedreht werden, dahin, wo die Rucksaecke stehen, die Klamotten, das Essen fuer 2 Wochen, die Paesse. Der Leser ahnt es schon: Der Fuehrer dort findet den richtigen „Kanal“ nicht wieder. Erst werden unsere beiden Freunde unruhig, nach 2 Stunden steht dem Fuehrer der Angstschweiss auf der Stirn – die Dunkelheit naht. und dann die Bitte: „… wir ziehen jetzt alle drei unsere T-Shirts falsch herum an!“ Randy und Ying sind schon so verzweifelt, dass sie alles tun wuerden – und kaum ist es getan, ist der Kanal gefunden. Die Moral der Geschicht? Altes Indianerrezept, seit Jahrhunderten erproobt – wer den Weg nicht mehr findet, dreht das T-Shirt…

Das alles haben wir nicht noetig, obwohl wir auch eine klitzekleine Kostprobe von solchen „Uebungen“ kriegen, im wahrsten Sinne des Wortes: Falcon laesst bei unserem letzten Spaziergang mal Jerson vorgehen. Und hat Grund, zwei, drei Mal von hinten leise „ts, ts“ oder aehnliches zu sagen, was dann auch gleich zu einem kleinen Kurswechsel im Dickicht fuehrt. Es ist eben NICHT so einfach mit der Orientierung im Wald. Wir haben echte Hochachtung!

Die „Freizeit“ verbringen wir mit Lesen bei Petroleumschein, Schwimmen im Amazonas, der hier ja eigentlich noch Ucayali heisst (mit den rosafarbenen Delfinen in Achtungsabstand… – die sind nicht so wie die, die wir vom Meer her kennen!) und spaerlicher Koerperpflege am Anleger oder blicken gedankenverloren dem „Querverkehr “ nach…

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Falcon weiss aber auch ein paar Highlights ausfindig zu mnachen. yarapa-riese.JPG

So ganz beilaeufig und im Halbdunkel deutet er in einen hohen Baum. Ich sehe NIX! ER hat im Voruebergehen in vielleicht 6 m Hoehe einen gruenen Leguan erspaeht. Falkenaugen eben. Ein Auge, das bei der Nachtwanderung an einem Urwaldriesen vorbeistreicht – wohlgemerkt, es ist stockduster! – und „… come, come!“ fluestert. Eine Korallenschlange, so giftig wie duenn schlaengelt sich stammabwaerts. An anderer Stelle steigt er aus und verschwindet kurz im Wald, um uns kurz danach herbeizurufen. Es ist der Hit! In einer Astgabel vielleicht 10 m ueber uns plieren 5 Augenpaare auf uns herab – 3 kleinere und 2 groessere. Eine Bruellaffenfamilie schaut sich aus ihrer Loge das „Menschentheater“ am Boden an. Wunderbar.

 
Wir campen im Wald, Jerson und Falcon bauen die „Moebel“ und kochen, waehrend wir ausgiebig Repellent verspruehen 😉

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Ein unvergesslicher, nebeliger  Morgenspaziergang endet ueber den Wipfeln der Dschungelbaeume – Falcon fuehrt uns zu einem aufgelassenen „Turm“ in einem Urwaldriesen, den wir ueber Stiegen und Leitern erklimmen.

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Wollaffen bei der Obstmahlzeit sind ebenso Programm

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wie das abendliche Fussballspiel in La Libertad, und noch besser waren vielleicht die viel zu wenigen Unterhaltungen mit Falcon, in denen er uns von seiner Familie, von Vater und Grossvater erzaehlt, die ihm all die Kenntnisse ueber das Dschungelleben auf vielen, vielen Wanderungen vermittelt haben. Ueber das Leben im entlegenen Dorf. Ueber das Kochen von Pango (Fisch und Banane), das er uns mit den selbst gefangenen Piranhas und Welsen vorfuehrt, als wir im Wald campen.  Er geht auf einen Baum zu, piekt in den anhaftenden Termitengang und reibt sich mit den aufgebrachten Viechern die Haut ein! Ein wirksames indianisches Repellent gegen die Stechmuecken – die uns uebrigens in der Lodge fast gar nicht plagen, nur in der Nacht im Wald! Wir haetten noch Tage und Wochen mit Falcon gehen koennen, und wir waeren gern auch in Iquitos noch ein Weilchen mit ihm durch das ganz normale Leben als Wald-Staedter gelaufen und haetten uns dann doch noch an die Kaefermaden-Spiesse herangetraut. Aber statt der erhofften Zeit mit seiner kleinen eigenen Familie, die wir in Iquitos noch kennenlernen, geht er am naechsten Tag wieder raus an den Yarapa. Ein Finnisches Paar braucht vielleicht ein idniansiches Repellent fuer skandinavische Mueckenplagen? In jedem Fall braucht es eines: Falcons Falkenaugen.

In Peru…

… ist vieles anders und manches doch ganz aehnlich wie in Amazonia/Brasil.

Den Mittwoch in Tabatinga – es regnete zunaechst mal tuechtig! –

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verbrachten wir mit Passangelegenheiten und und Internet und anderen Formalitaeten, zum Beispiel stoerten wir eine Familie beim Mittagessen, die uns dann aber doch eine Passage nach Iquitos fuer den Folgetag verkaufte. Das englisch sprechende Familienoberhaupt hielt sich bis zum Ciao-Sagen fein im Hintergrund und liess uns auf  portagnol verhandeln. Aber wir gingen mit der Massgabe vondannen, um 4 Uhr frueh am Faehrboetchen nach Santa Rosa zu sein, 5 Minuten Fahrt zur Passkontrolle, dann geschehe alles Weitere von selbst. Gut.

Es klart auf und wir nehmen noch ein Abendessen zu uns

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– etwa wie abgebildet, nur ein bisschen dunkler war’s und SEHR interessant, denn der Ort des Essgeschehens lag auf dem Buergersteig vor dem oertlichen Friseur, dessen Angestellte alle fuer den naechsten Dragqueen-Wettbewerb uebten ;), und dann stiegen wir frueh in die Koje, nicht ohne noch ein Taxi bestellt zu haben, fuer 3:45 h. Mit Schlafen war es leicht mau, erstens schlaeft es sich schlecht, wenn man ein Schnellboot nach Tabatinga zu verpassen droht, das eben nicht jeden Tag geht, und ausserdem kam um 2 Uhr auch noch ein Zimmernachbar an, der erst einmal seinen Rechner anschmiss: „Tabatadangg!“ Ah! Windows XP in Zimmer 4! Bis ich dann auch noch „tadimm“ vernahm (fuer XP-Laien: „…es wurde ein Stecker gesteckt!“) Fein, der Kopfhoerer ist endlich drin; aber da war es dann auch schon Aufstehzeit.
Wie erwartet kam das Taxi nicht, um 10 vor 4 machten wir uns auf Schusters Rappen auf zum Hafen (déjà vue: ich zitiere mal Jochen von der Bluesong „… das bestellte Taxi kam nicht und auch kein anderes…“), bissel unheimlich in dieser Drogen-belasteten Gegend, vorbei an den ganzen, mitten auf der Strasse schlafenden Hunden, aber schnell waren wir da, sassen im kleinen Taxiboot und stocherten uns ein Viertelstuendchen voran nach Santa Rosa, inklusive Rumleuchten und Auflaufen und Paddeln. Gesamteindruck: Hat er das schon mal gemacht?? Es ist stockduster, kein Mensch versteht was anderes als Portugiesisch oder Spanisch, aber irgendwie kommen wir irgendwo an, wo auch kein Licht ist und nur ein „Waechter“ in der Haengematte schnarcht. Doch, es dann doch mal kurz Licht, aber erst ging der Generator nicht und dann pustete er eine Stromsparlampe nach der anderen aus. Passkontrolle im Dunklen, waere nicht meine Kopflampe gewesen. ABER: Wir sind in Peru!

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Das Boot – es fahren zwei à 20 Passagiere, die Challenger, und unseres mit dem hoffnungsfroh stimmenden Namen „Jehova1“, macht einen recht zwielichtigen Eindruck, und wegen des flachen Wasserstandes muessen wir nochmals mit unserem Pannenruderer zurueck zu einem einsamen Anleger im schwarzen Nirgendwo. Merkwuerdig, merkwuerdig… Wir warten…

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und dann kommt die Kiste angeklappert. Man beachte die Benzinfaesser, die spielen nachher noch eine uebergeordnete Rolle 😉

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Im Scheine eines Handscheinwerfers, der Chef lenkt mit der rechten Hand schraeg hinter sich, der Bootsmann betaetigt den Gaszug des 250 PS-Motors (!!), fahren wir schwungvoll los. Nicht wirklich weit, bis wir mit einem Riesenknall auf einem treibenden Urwaldstamm landen. Arrgh!, wenn das mal gut geht. Aber es geht. Ein paar mal muss der Chef

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die „Fluggeschwindigkeit“ reduzieren, weil es durch unuiebersichtliches Treibgut zu navigieren gilt, das hinterlaesst dann schon mal den Eindruck verzweifelter Suche nach dem rechten Weg (aber es muss, ja. Jehova1 😉 ) und diverse Male reduziert sich die Geschwindigkeit von selbst, weil der Bootsmann mit dem Nachkippen des Sprits nicht nachkommt

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Ich fuehre mit dem koreanischen Nachbarn einen kleinen Ellbogenfight aus. Ich ruecke zwar schon ganz nach aussen, soweit mir das die scharfe Alukante an meinem rechten Arm erlaubt. Den Sitz neben Andreas hatte ich fuer mich abgewaehlt, weil der nur in Liegestellung zu benutzen war (aber keine Angst, ab Caballo Cocha sass dann fuer die verbleibenden 10 Stunden doch noch jemand dort 😉 ). Ab und zu winkt es mal hektisch aus einem Kanu (hier nehmen jetzt bootsbaulich die echten Einbaeume zu!) und es werden weisse Tuecher geschwenkt, nicht aus Kapitulationsgruenden, sondern weil jemand mitfahren moechte oder auch nur Post nach Iqitos mitgeben. Nachtanken an diversen Indio-Tankstellen war natuerlich inklusive. Samt Fruehstueck (Andreas: „LSG Skychef Peru!“ 😉 ) und Mittag aus der Styroporkiste, was aber wirklich nicht schlecht war, vor allem gab es mal statt Bohnen und Reis Linsen und Reis…

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Und dann Iquitos. Erster ueberwaeltigender Eindruck (nach viel viel Platz am abgeholzten Ufer!) der Verkehr…

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José, der Motokarrofahrer, fahert uns fuer einen schlappen Euro auch noch zum Geldautomaten, kippt uns aber am von IHM, nicht von uns favoristierten Hotel ab, dem El Colibri, aber wir sind es zufrieden. Neu, sauber, grosse (kalte) Dusche und kostet 12 € pro Nacht. Nicht schlecht fuer den Peru-Anfang.

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Wir sind schnell fasziniert (unter anderem vom Bierangebot 😉 ) – Iquitos ist die groesste Stadt mitten auf einem Kontinent, zu der es keine Strassenverbindung gibt, nur den Weg ueber den Amazonas; es quirlt von Leben, strahlt an manchen Stellen noch den Charme der Gummiboomzeit aus. Gleichzeitig gibt es statt der vielen Indianergesichter aus den letzten Tagen und Wochen viel „Peruanisches“ zu sehen, die ganze bunte Mischungi3-reparatur.JPG.

Motokarro-Reparatur ist uebrigens leicht gemacht – hoffentlich kippen die Dinger nicht so schnell um, wenn Passagiere drauf sitzen. Den ganzen Tag hat man das Gefuehl, dass das Starterfeld des 24-Stundenrennens am Nuerburgring vorbeibrettert. Nur nicht am Samstag und am Sonntag – da ist dann schon mal Pause an der Plaza de Armas:

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Eine Prozession der Polizei zu Ehren ihrer Schutzheiligen, der Santa Rosa de Lima (die wurde auch schon am Donnerstagabend von der Schuelern mit einer Prozession geehrt, bei der man durchaus quackeln und mit dem Handy fuchteln und Schlimmeres darf, stellt da der Religionspurist aus Deutschland fest 😉 ). Sonntags dann die allsonntaegliche Parade des Militaers. Marschmusik statt Mopedgeknaeter. Auch mal nicht schlecht.

Spaziergang nach Bélen. Markt am fruehen Morgen. Nicht fuer Touristen, definitiv, wir sind die einzigen unseresgleichen und werden dann irgendwann von der Seguridad auch aufgefordert, nicht weiter in die Pfahlbausiedlung hinein zu gehen, die unterhalb des Marktes liegt und in denen die Mehrzahl der Iquitenos lebt, 600.000 an der Zahl.

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Es gibt leckere Sachen –

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Kaffee von der netten Frau, gleich neben den „Punche“-Schlaegerinnen, die ihren Eierschaum in Bierglaesern ausschenken, und an denen sich die Iquitener reihenweise zum Fruehstueck guetlich tun.
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Andere Sachen gibt es auch, die man sich ja noch vorstellen kann, und was ich mir gar nicht vorstellen kann ist die Herkunft der ganzen Schildkroeteneier, Kaimansteaks und der Schildkroetensuppe. Des Aromas wegen im Panzer zubereitet.
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Artenschutz leicht gemacht: Er scheint nicht zu existieren…
Aber uns zieht es raus, zunaechst mal nach Pilpintuwasi, dem Schmetterlingshaus, dem wirklich beeindruckenden. Nicht nur die Schmetterlinge, die einem in allen Entwicklungszustaenden vorgefuehrt werden, sondern die wahre Attraktion waren natuerlich die Tierwaisen, die dort aufgenommen werden; nicht alle wirklich freiwillig, der Jaguar zum Beispiel ist echt ein armes „Schwein“, sagt auch die Besitzerin der Anlage, aber was will man tun, wenn einem die Tiere einfach so vor die Tuere gestellt werden. Der halbwuechsige Tapir war klasse auf´s Leder zu taetscheln, die Bruellaffen taten das, was sie am liebsten tun, naemlich sonor und vernehmlich bruellen, der Ameisenbaer schlotzte ein bisschen Haferschleim,

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der rote Huacary wollte gelaust werden und lauste energisch zurueck und dann waren da noch die Kapuzineraffen…

Es dauerte eine Weile, bis sich Tonz an mich ranmachte – zuerst war Andreas der Favorit, weil ich ihn – alte Biologin – angewiesen hatte; ich fand es einfach unangebracht, den direkten persoenlichen Kontakt zu erlauben, aber bei diesen Schlawinern ist sowieso alles zu spaet. Nachdem wir eine Weile noch die Rangordnung klaeren mussten, ende ich damit, diesen weichen, pelzigen Kerl durch die halbe Anlage zu schleppen, er sitzt mir im wahrsten Sinne des Wortes im Nacken, versucht in alle Taschen zu lugen, oeffnet einem die Klett- und Reissverschluesse. Nicht ein „pain in the neck“ mehr ein „big fun in the neck“.

Am Abend sind wir geschafft. Wir machen noch schnell eine weitere Dschungelrunde fest, 5 Tage im Nirgendwo, drehen eine Runde ueber den naechtlicheni-14-nachtleben.JPG, prall mit Leben gefuellten Boulevard ueber dem Amazonasufer und dann… Schnarch!

Morgen geht es raus, 5 Tage ohne Netz – bis dahin also!