In Gleitfahrt nach Hause

St. Georges, 21.8. 2009

Da war ja noch was Witziges und was Schönes nachzutragen. Hier ist es:

Dinghyfahrt in die  „Lagoon“ von St. Georges, das sind so ungefähr 10 Minuten, und Festmachen am Dinghydock von Island Waterworld. Der Eigner hat mich nach ein paar Kleinigkeiten geschickt, während er irgendwas bastelt, und dann brauchen wir noch  Lebensmittel. Damit wir in Kontakt bleiben, habe ich das Funkgerät am Hosenbund, es kann einem ja noch einfallen, dass ein Vorhängeschloss zu ersetzen ist, das ich kürzlich (genau hier!) versenkt habe.  Oder es ist noch ’ne Tafel Schokolade erwünscht. Schnell  ist die Mission beim Ausrüster erfüllt, weiter zum Foodland. Der neue Außenborder ist mein Freund, denn während der alte niemals anspringen wollte, muss man den neuen nur schwungvoll genug anreißen und er tuckert los – ich fühle mich jedenfalls deutlich sicherer mit dem Zweitakter als mit unserem alten, „modernen“ Viertakter. Dass der Zweitakter auch noch 8 PS hat, freut allerdings mehr den Eigner, der ab und zu einen Geschwindigkeitsrausch braucht. Eingestiegen, Einkäufe verstauen, Anreißleine – zack! Genau. Zack…  Ich habe gerade mit dem erforderlichen Schwung den Motor an- und das Funkgerät vom Hosenbund gerissen – eben nicht „zack“, sondern „platsch“. Mist, Mist Mist! Was nun? Der Motor läuft, ich lege ab, drehe mich zweimal im Kreis – muss ich jetzt für die trübe Lagune eine Schnorchelbrille holen?! Badezeug ist natürlich auch Fehlanzeige, und überhaupt, die ekelige Lagune, wo alle reinkacken. Lebensmittelkauf ist jedenfalls erst mal gestrichen. Mit dem dritten Kringel lege ich wieder an – Scheiß was auf die Maxitaxis, die hupend vorbeifahren, die Yachties sind Halbnackte sowieso gewöhnt: ich reiße mir die Klamotten vom Leib und gehe baden. Und im ersten Versuch ertaste ich das Gerät, wälze mich an Bord, und während die Fischer sich kringeln und winken, drehe ich den Motor erstmalig auf Vollgas – bloß weg hier. Meine erste Gleitfahrt. In Unterwäsche, oben dunkelbraune Spitze, unten blau geblümtes CALIDA. Sehr schick und wenig schicklich. Aber das Gleiten ist Klasse – zum einen, weil es Spaß macht, wie ich merke, zum anderen bin ich fast trockengefönt als ich an AKKA längsseits gehe. Das Funkgerät – der umsichtige Eigner hat ein wasserichtes Modell gewählt, und als solches hat es sich auch erwiesen – hat den Scherz überlebt, ich auch. Mittlerweile hat der Witz aber schon einen Bart – vor drei Tagen hatte ich mal wieder Gelegenheit. Gleicher Dresscode, andere Tauchstelle: dieses Mal war es das Dinghyschloss vor dem Grenada Yachtclub, als Zuschauertribüne diente die Bar-Terasse. Routine hin oder her- vielleicht sollte ich mir angewöhnen, in Badebekleidung einkaufen zu fahren.

Und wer wissen will, was „das Schöne“ war: das fing eigentlich sehr betrüblich an, mit einer Mail von IMAGINE, dass sie auf dem Weg zu den Testigos den Mast verloren haben; auch wenn „weiter nix passiert“ ist, eine wirtschaftliche Katastrophe, und zunächst sah es aus wie das Ende eines Seglertraumes. Auf mehreren Kanälen wurde aber bald nach Ersatz geforscht – wir übernahmen die Abteilung Grenada, denn Hurrikan Ivan hat vor ein paar Jahren einiges an möglicherweise verwertbarem „Kleinholz“ hier hinterlassen.  Wir wurden nicht fündig, aber in Trinidad lag geradezu ein Schnäppchen, quasi das Angebot, das man nicht ablehnen konnte. Das einzig verbleibende Problem ist, dass Albert und Jutta nun noch ein paar Wochen länger auf Trinidad verweilen müssen, das sie so „lieben“, aber die Reise geht weiter. Schön!

Bill und andere Geschichten

St. Georges, Grenada, 17.8.2009

Schon wieder eine Woche um, und der aufmerksame Leser fragt sich mal wieder: „… was machen die da eigentlich?!“ War ja schon öfter so.

Also, wir sind in Grenada hängengeblieben und warten. Warten auf ein Päckchen aus den USA, das leider mit normaler Post aus Kalifornien abging und einen neuen Monitor für unser Echolot enthält. So was Schönes, wie wir es hatten, gibt es leider nicht mehr: Brookes und Gatehouse aus den frühen 80ern, und da Andreas nicht die ganze Kabelage neu machen möchte, und wir auch nicht schon wieder aus dem Wasser, gibt es jetzt Ersatz, der nur 20 und nicht 25 Jahre alt ist – es lebe der amerikanische Elektronikbastler! Aber wie gesagt, das Päckchen reist und reist…

Inzwischen haben wir, man sieht es im letzten Blog, den Karneval abgefeiert, die Dame am Schluss des Eintrages hat Andreas am Sonnabend abgelichtet, neben vielen anderen, mehr oder weniger jugendfrei. Und dass die Bandparade am Sonnabend stattfand und nicht am „Karnevals-Dienstag“, lag wiederum am Wetter: die Parade fiel schlicht ins Wasser. Lange Gesichter bei den tanzenden Ladies, viele strahlende Gesichter im Ankerfeld: alle Tanks voll bei den Regenwasser-Sammlern, so viel Wasser auf einmal hat es schon lange nicht mehr gegeben. Viel wichtiger aber: am bewussten Dienstag zeigte sich im fernen Afrika erstmals eine tropical wave, die „besonders“ schien. Merkwürdige Modellrechnungen wurden drauf verwendet, neue Parameter erschienen in den Vorhersagen und: „… this system has a high chance to develop into a  tropical cyclone…“ . So war’s  – Jonathan von Island Water World sagt trocken: „… here we go!!“ Wir gucken ein paar Tage gespannt in die Vorhersagen und erhöhen die Abruffrequenz, am Wochenende, während die Parade sich durch die „Carenage“ in St. Georges wälzt und der Eigner sich auf nackte Haut konzentriert, sitze ich im Hafenbecken im Dinghy  (inmitten von dümpelnden Bierflaschen und Trinkbechern…)  und suche mir zwischen den Regenschauern Internet-Access Points. Die anderen whinen, und weil ich’s eher zum Weinen finde, habe ich Zeit, dem ersten zuünftigen Hurrikan der Saison nachzuforschen, noch nennt er sich „tropical depression 3“.

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Bill Auge

Während tropical storm Ana, ehemals tropical depression 2 für Unruhe auf Dominica sorgt,  hört diese  nächste, bemerkenswerte wave mittlerweile auf den Namen „Bill“ – immer schön nach dem Alphabet, und es ist wirklich spannend, das zu beobachten. Wer will kann sich das hier anschauen. Sollte Bill sich an die Vorhersagen des National Hurricane Center in Miami halten, gibt es demnächst ein bisschen Wirbel im nördlichen Atlantik, aber die Antillen bleiben wohl verschont, wenn man mal vom Schwell absieht, der auf uns zulaufen wird. So richtig oft muss man das nicht haben, aber der eine oder andere Schrecken dieser Art wird wohl noch auftauchen.

Ansonsten wird halt gewartet.  Nachdem wir tagelang Grenada nach einem Simmering und einem Innenseegering abgeklappert haben, reichte ein kurzer Anruf bei unserem alten Werkstattmeister Rico in Hannover, um einen Brief zu einer Grenada-Rückehrerin aufzugeben, einfacher geht’s nicht. Als nicht ganz so einfach gestaltet sich allerdings die Frage, wie wir jetzt Rico noch dazu bringen, uns die Kosten zu nennen – wir haben doch ein Recht, ihn zu bezahlen, oder?! Andere Rückehrer, nämlich die von der „Soleil“, bringen unsere Post aus Aurich mit. Irgendwie haben wir  bei diese Aktionen auf  Zuruf gar nicht so gern, aber es funktioniert wirklich hervorragend, und drum: vielen Dank allen Zulieferern!

Bill VaporInternet ist ganz schlecht – hat wahrscheinlich der Bill in Beschlag, also weg mit dem Beitrag, der nun schon den dritten Tag schmort… Anbei noch ein schönes Bild vom Bill und dem Wasserdampf!

Bis balde mal!

Oooooch …

St. Georges / Grenada, 10.8.2009

Nicht gebloggt letzte Woche, wie gemein! Und dabei gab es doch Witziges zu erzählen und Schönes auch… Holen wir nach!

Aber gerade mal schnell zum heutige Tag – heute früh kamen die Segler alle aus ihren Löchern. Seit 2 Tagen füllte sich der Ankerplatz zunehmend, wir (ich!) sehen das mit der leicht erhobenen Nase der „Langansässigen“, der Platzhirschkuh eben. Touristen halt, aus Carriacou und  sogar aus Grenadas Ankerbuchten. Ts, ts, was die alle hier wollen!? Heute früh fehlte bei der benachbarten Present (es gibt ja immer auch Touristen, über deren Anwesenheit man sich freut!) das Dinghy – um 05:30, wo sind sie bloß?

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Na, dort, wo es wummert und hämmert. Es ist, haltet Euch fest, KARNEVAL in GRENADA, genannt „SPICEMAS“. Und heute dann der klassische, ostkaribische „J’ouvert“. In aller Herrgottsfrühe sammeln sich die übernächtigten Partybesucher und di, die entsprechend frühzeitig aus der Koe kriechen um Trucks mit 10 bis 20 kW Generatoren, die Soundmachine wird angeschmissen und – patsch! – hat man schon irgendwelche Farbflatschen an Kleidung und Gesicht kleben. Die Einheimischen sehen finsterst aus, in Ocker, Rot oder schrillem Grün, alle haben die ältesten Klamotten an die man finden kann – wegen der Farbschweinerei.Und dann trottet und whinet die Karawane hinter der Musik her. Als die Presents zum Frühstück zurückkamen, machten wir uns gerade fertig, die Bescherung angucken zu fahren. Die beiden nahmen erst einmal ein ausgiebiges Bad. Erfolgreich! Feige wie wir sind gesellten wir uns zu diversen anderen Dinghys, die in der Carenage dümpelten. In sicherer Entfernung eben.  Ein Höllenlärm – und ehrlich gesagt wenig Spaß. Mitreißend finde nicht nur ich diese Musik nicht, die wir ja schon in Trinidad zur gleichen Gelegenheit genossen hatten  – es gab auffällig wenige fröhliche Gesichter zu sehen in der „J’ouvert“-Parade oder, wie man auch sagt, im „JabJab“. Die Website bewirbt das Ereignis mit enthusiastischen Worten, Feier der Befreiung von der Sklaverei und so, diabolische Figuren… Aus Sicht einer norddeutschen Spaßbremse stellt sich das so dar: Pflichtveranstaltung. Hinter einem Sound-Truck hertrotten, whinen und sich dabei ein bisschen die Ohren zu verderben.  Wir trafen auch die leicht desillusionierte die Crew der süafrikanische MILA: „… we thought they were nicely dressed! This is disgusting and we hate the music!?!“. Nee, „hübsch gekleidet“ gibt es gar nicht. „Hübsch unbekleidet“, das ist dann morgen, Spicemas Band Parade. Bilder folgen…

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Wieder unten

St. George/Grenada, 2.8.2009

Nach so einem idyllischen Höhenflug  muss ja zwangsläufig der Boden der Tatsachen kommen. Am letzten Sonntag ging der Anker hoch, nach knapp 10 Tagen relativer Abgeschiedenheit in den den Tobago Cays, um uns bei Ekelwetter auf den Rückweg nach Clifton Harbour zu machen. SCHWERE Riffpassage (Meilen breit!) – ich bin doch ein elender Ängstling, aber immerhin habe ich schon mal ausprobiert, wie sich die Sicht auf so eine Korallenunterwasserwelt aus luftiger Höhe, nämlich von den Maststufen des Besan herab macht. Gut macht sie sich, also lassen wir die richtigen Pässe mal auf uns zukommen… Und dann Union Island: Keine Schildkröten mehr, keine Rochen, wie noch am letzten Abend in den Cays.  Trübe, trübe – der „Sommerurlaub“, endgültig vorbei.

Der Montag erst einmal voller action – die schmutzige Wäsche türmte sich seit der Abreise aus Grenada, und da wir nicht damit rechnen mussten, dass der Wind abnehmen und damit die Stromversorgung zusammenbrechen würde, wurde mal wieder das Waschmaschinchen an Deck geholt, der Wassermacher angeschmissen und gewaschen, gespült und gewrungen bis der Rücken bricht. Das Schlimmste war ja nicht mal das Waschen und Wringen und Spülen und Wringen und Spülen und so fort, sondern dass der Wind hinter dem Newman Reef in Clifton völlig ungebrochen aufs Vorschiff bläst: das Aufhängen war filmreif. Der Passat schiebt alles, was nicht sturmfest geklammert ist, an einem Punkt der Leine zusammen, man hat mindestens immer zwei Klammern im Mund und zwei in der Hand und  versucht dabei mit Armen UND Beinen die nassen Wäschestücke festzuhalten. Hemden und T-Shirts kriegen eine zweite Leine, durch die Ärmel gefädelt, damit im Falle einer allzu heftigen Böe nicht die ganze Garderobe über Bord geht. Und während man klammert, haut der besagte Passat einem die nassen Handtücher und Hemden um die Ohren. Alles eine schlechte Idee – zumal ja auch noch Squalls durchgehen, die sämtliche Trockenbemühungen zunichte machen. Währenddessen wechselt Andreas „mal schnell“ das Getriebeöl. Nicht wirklich der Rede wert, wenn da nicht die tropfende Stelle am Wärmetauscher des Ölkühlers gewesen wäre. „… das mache ich auch gleich mit!“ Oh, Mann… Was folgte, war eine Arie von Abbaumaßnahmen. Lichtmaschine, Schläuche, Leitungen, alles im Weg. Um 21 Uhr entsteigt der ölverschmierte Eigner dem Tatort und betastet seine gequetschten Rippen : „… ein begehbarer Motorraum wäre auch nicht schlecht…“. Vorbei, der Urlaub, unbestreitbar.

Tags drauf  kriegt Erika’s Marine Service ein Täschchen mit Bettwäsche in die Hand gedrückt. Schon besser – getrocknet und gefaltet abzuholen und dann auch noch sauber.  Sheenas Green Garden verkauft uns zu Hammerpreisen die schon einige Zeit vermissten Kartoffeln und Zwiebeln, Salat und Früchte. Ich hatte es geahnt – ein Amok-Kauf von Gemüse auf einer Karibikinsel macht eine ordentliche Rechnung. Aber Sheena lacht sich über uns tot und räumt uns doch einen beträchtlichen Rabatt in Naturalien ein, einen Beutel Muskatnüsse, Ananas, zwei „Hände“ Bananen. Als wir am Abend mit ein paar Franzosen zum Fruit Punch bei Jonte aufschlagen, sagt der : „… I watched you doing the laundry yesterday. That must have been FUN!“ Mittlerweile schmerzt der Rücken auch schon nicht mehr so, Fruit Punch und vor allem die Rhum Punches sind ohnehin schon mehr „fun“, Chantal kriegte Unterricht im Whining: die Stimmung hob sich wieder deutlich über Bodenniveau.

Eigentlich ist doch Clifton ganz idyllisch…