Matautu Bay, Savaii/Samoa, 14.8.2012
Handschlag, knapper Diener: „Keil!€ sagt der Mann, „Hans Keil!€
Wir gucken in ein irgendwie samoanisches Gesicht, aber wir müssen ein bisschen nach oben gucken: lang aufgeschossen, hager ist Hans Keil – und so wie das Gesicht irgendwie samoanisch ist, ist die Geamterscheinung „irgendwie€ unsamoanisch. „Hans-Joachim€¦ € setzt er noch dazu, und schon sind wir auf der Reise in die Vergangenheit. Sein Großvater war Hans-Joachim Keil, und der war in den späten 1890ern auf einer Offiziersschule in Hannover. Und dann wohl mit Kaisers Armee in Samoa gelandet. Heute stehen wir mit Hans Keil im „German Courthouse€, dem deutschen Gerichtsgebäude an der Beach Road in Apia und schwatzen über Kaisers Zeiten, Deutsche in Samoa, damals und heute, die bedingungslose Kapitulation zu Kriegsbeginn 1914. Und natürlich über den „German Courthouse Trust€. Eine kleine Gruppe von Samoanern und Deutschen möchten gern dieses alte Holzgebäude erhalten, das grau-weiß an der Strandstraße Apias steht, gleich neben der Polizei, und es ist eines der wenigen, das noch ein bisschen geschichtsträchtig in Apia vor sich hin gammelt. Wenn man sich das schöne Stevenson-Museum anschaut, dann wäre das bestimmt eine Attraktion für die kleine Stadt, und die Pläne sind vielfältig bis groß: Kulturzentrum, „fine dining“, Café (das fehlt am Stevenson!), Büros. Shops und Galerie dürfen nicht fehlen€¦ Fragt sich nur: wer soll die Restaurierung bezahlen?! Das Land Samoa hat mit Sicherheit nicht das Geld dafür. Die Rettung solcher Gebäude geht sicherlich über ein paar Leichen – wirtschaftliche Interessen vornehmlich: das schöne alte Haus diente bis Anfang der 2000er tatsächlich noch als Gerichtsgebäude bis man in einen Beton-Prachtbau auf die Halbinsel hinaus zog – und dann geriet es in die Finger des Ministeriums für Finanzen und Umsätze. Nomen est omen. Und die Konstellation „Beach Road€, großes Grundstück mit einem deutlich alternden Gebäude – damit ließe sich Umsatz machen! Marke: „€¦verkaufen wir€™s an die Chinesen, die setzen da einen schicken Betonturm hin!€ Es wäre schade drum, also kakeln wir eine Weile mit Hans, dem Kopf des Trusts, und dem deutschen Honorarkonsul, der sich ebenso für das Projekt einsetzt. Für ein paar Tage gab es eine kleine Ausstellung im alten Gerichtssaal, der die Historie und die (architektionischen) Zukunftspläne für „The German Courthouse€ darstellt, aber in wirtschaftlich schweren Zeiten, fürchten wir, wird das Ministerium für Umsätze am längeren Hebel sitzen.
Es kann ja nicht anders sein, als dass uns Hans Keil dann noch diverse Ziele in Apia aufzählt, die wir unbedingt noch aufsuchen müssen – die meisten hatten wir zu seiner Begeisterung schon inhaliert. Friedhof, German Memorial und so fort. Was leider nicht mehr passierte, war ein Besuch bei den Kruses. Die Kruses entstammen dem legendären Fritz Kruse, einem Lotsensohn von der Insel Fehmarn, der als einziges Familienmitglied einen schweren Sturm überlebte, sich dann als Schiffsjunge verdingte und in Samoa hängenblieb. Nicht nur der Friedhof verzeichnet zahlreiche Kruses – Adele Kruse leitet heute noch ein (recht modern-nüchtern ausschauendes) Hotel, aber bis auf den Namen ist da nicht viel Deutsches geblieben – Andreas€™ Wunsch nach einer Schwarzwälder Kirschtorte wäre jedenfalls nicht entsprochen worden; dafür aber sind die „Surf&Turf€ Nights berühmt, Steak und Hummer, und natürlich, unentbehrlich auf dem Wochenplan, ein „Fia Fia€ mit Buffet. Oka bis der Arzt kommt – das wäre ohnehin meine Wahl, der rohe Fisch in Zitrone und Kokosmilch (ich könnte drin baden!). Dennoch – nicht nur „Adele Kruse€ klingt deutsch, auch der Hotelname. Dreimal dürft Ihr raten€¦ „€¦oh, Insell Föhmorn€ sagt der Taxifahrer€¦
Was noch?! Ach ja, der Gang zu Stevensons Grab stand ja noch aus, und der fand planmäßig statt. Fast, fast, fast hätten Louis und Fanny vom Grab aus die AKKA sehen können, aber ein bisschen zugewachsen ist die schöne Aussicht – wir hätten 2, 3 Stege weiter außen festmachen müssen. Während unsere Sportskanonen von der MAHINA TIARE gemient hatten „€¦ you jump up the hill in 5 minutes€ (haha!), hatte eines ihrer Crewmitglieder berichtet, es sei ein „Todesmarsch von 30 Minuten€ gewesen, und dieser junge Kanadier war schon etwas näher an der Wahrheit. Ein schmaler, holperiger Weg immer führt bergauf – wir hatten die lange Variante für den Anstieg gewählt, und das war schon steil genug. Selbst bergab auf der „Direttissima€ dauerte es noch 20 Minuten zurück bis zum Museum. ; die Samoaner mit dem Sarg hatten damals fast den ganzen Tag gebraucht, insofern waren wir schnell. Wir hatten allerdings außer der Trinkflasche auch nichts zu schleppen.
Und dann noch Einkaufen (für das angeblich sauteure Wallis), Stoffe shoppen – ich kann einfach nicht die Finger davon lassen! – auschecken, die ganze Litanei: Immigration (immer wieder wunderbar inmitten eines Haufens einheimischer Passbeantrager zu sitzen und zu scherzen), Zoll, Hafenbehörde. Dieses Mal mit der besonderen Maßgabe, dass wir zwar Apia verlassen, nicht aber Samoa: Für die Insel Savaii, die fest in der Hand autonomer Matais ist, benötigt man zunächst eine sehr einfach zu bekommenden Sondergenehmigung. Dazu radelt die Schipperin zu Lolo, die mit ihre ganzen, sympathischen samoanischen Fülle im 5. Stock des Government Buildings residiert. Ich war zunächst etwas irritiert, denn diese Etage ist dem Büro des Premierministers vorbehalten – bis eben auf ein kleines Büro, dass sich mit Einwanderungsbelangen beschäftigt und damit auch Lolo beherbergt. An der Wand 6 Blatt mit sachlichen Informationen zu Vorgangs-Gebühren (Arbeitsvisa, Aufenthaltsgenehmigung, in dieser Art) umrahmt von einer Vielzahl gottesfürchtiger Sinnsprüche. Allein diese Sammlung war den Weg in den 5. Stock wert (es geht mit dem Fahrstuhl, natürlich). Lolo macht das sehr nett und sehr effektiv – sie weiß Bescheid, dass Segler nicht sagen können, wann genau sie abfahren: „€¦ weather allowing€¦€ sagt sie. Stimmt. Ich kann mich an solchen Vorgängen immer freuen – es sitzen ja auch noch ein paar andere Leute da, man tauscht aus, warum man hier sitzt, man witzelt hin und her und kriegt noch 20 gute Wünsche auf den Weg, wenn man fertig ist. Ich mag€™s.
Die Immigration braucht mit dieser Konstellation natürlich etwas länger, als wenn man einfach das Land verlässt, aber auch das ist in 30 Minuten geschafft*. Beim Hafenkapitän wird€™s dann lustig – unser Abrechner zählt die Tage: „one, two, three, four, five, six, seven, eight, ten€. Diese Zählweise hatten wir 3mal hintereinander und kamen entsprechend auf 31 Tage Aufenthalt – wir haben dann mit Fingern und Kalenderhilfe nachgezählt und so lange rumgelacht, dass wir im Endeffekt einen Tag weniger bezahlt haben als notwendig. Was sich am Sonntag herausstellte – unsere Abfahrt war einen Tag vorverlegt worden, richtig gezählt! Um den Fehler zu korrigieren komme ich nebenbei noch einmal in den Genuss eine samoanische Brotzzeittüte zu begutachten: der Port-Authority-Mann, der am Gate in den Handelshafen für „schwierige Fälle€ bestimmt wurde, kommt gerade mit dem Taxi vorgefahren, noch weiß gekleidet, also frisch aus der Kirche. Und hat in der Hand€¦ Das Essen für eine ganze Familie?! Nein, sein Lunchpaket, sagt er. Sandwich?! Das reicht wohl nicht: Ein ganzes Weißbrot, Früchte, eine große Schale mit irgendwas€¦ Es lässt sich aber auch schwer auf den Stuhl fallen und schleudert die plattgetretenen Flipflops von den Füßen. Von nüscht kommt nüscht, ich werde es mir merken. Immerhin telefoniert er mit seinem Vorgesetzten (bestimmt in der Kirche!) und richtet uns aus, dass am Montag um 8 jemand zum Kassieren kommt. Prima!
Der Rechenfehler ging übrigens „auf€™s Haus€, wie sich herausstellen sollte.
Dann noch Ablegen, kurzes Winken in die Runde, 45 Meilen nach West-Nordwest – und schon sind wir hier.
Savaii. Die „richtig samoanische€ Insel. Wir sind gespannt.
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Kleine Sachinformation:
Immigration ist im Gebäude neben dem Kino in der Stadt. Man zieht eine Nummer, erbittet eine Departure Card, die man schon mal ausfüllt. Pässe mit Departure Cards bei Aufruf abgeben, muss ggf. die Genehmigung für Savaii vorlegen, man erhält 3 weitere Formulare zum Ausfüllen; nochmals kurz anstehen, danach werden die Pässe gestempelt. Fertig.
Zoll – einfacher Vorgang, zwischen Marina und Hafenbehörde hinter der Einfahrt ins Handelshafengelände
Marina – im Ports Authorities Gebäude. Claire ist „klasse€