Regenbogenland

Neukaledonien - immer ein Wolkendrama wert

Neukaledonien – immer für ein Wolkendrama gut

Ile des Pins, 25.7.2013

AKKA, Berge, Wolken

AKKA, Berge, Wolken

Der Himmel zieht sich gerade zu. „Ach, was ?!“, könnte man fragen. Haben wir jemals so viele Regenbögen gesehen?  Nee.  Nun ja, es ist halt Winter in Neukaledonien, und die Betonung liegt ziemlich eindeutig auf -kaledonien.  Der Herr Cook wird an seine kühle Heimat gedacht oder einen schottischen Seemann geehrt haben, bei dieser Namensgebeung, und man kann es durchaus nachvollziehen.  Wenn es regnet, dann sieht es so griesig grau aus, dass einen fröstelt.  Wie auch an den kühlen Winterabenden leichte Fleecebekleidung angesagt ist.  Vom tropenüblichen „Schlafen unterm Laken“ (oder ohne) ganz zu schweigen.

Mittlerweile sind wir auf der Ile des Pins gelandet, noch einmal 60 Meilen weiter im kühlen Süden. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: frau kann ins Wasser gehen und schwimmen, und ich bin eigens gerade auf die Badeplattform geklettert um das Milchschaumthermometer für eine Badetemperaturmessung zu zweckentfremden: 23 °..  Für mich läuft das unter „erfrischend“, für den Eigner unter „indiskutabel“. Nein, wenn, wie an den vergangenen 2 Tagen, das Wetter freundlich ist, macht Neukaledonien auch richtig (Sonnen-)Spaß.

Was man halt so braucht in den Tropen. Gekühlte Gesichtstücher...

Was man halt so braucht in den Tropen. Gekühlte Gesichtstücher…

Und für den nächsten Andenkenladen bilden wir eine schöne Schlange!

Und für den nächsten Andenkenladen bilden wir eine schöne Schlange!

Wie heute, als wir an Land waren um Touristen zu gucken. Zweimal pro Woche kommt der P&O-Cruiseliner aus Australien hier angeschippert, spuckt Hunderte oder gar Tausende von Passagieren aus, die sich über die weiß-pudrigen Strände verteilen, sich – schließlich ist in Australien „richtig“ Winter – in die Fluten stürzen um sich vor den hier allgegenwärtigen Seeschlangen zu gruseln.  Der Bevölkerung hier gefällt’s: es ergibt sich ein gutes, ein sehr gutes Zubrot. Untern den schönen, dichten Banyan-Bäumen am Ufer reihen sich diverse Zeltunterstände, die zum Beispiel „Free Bugna Tasting“ anbieten. Jill und Simon von nebenan freut’s: man schlendert im Cruiserliner-Outfit vorbei (das geht von wenig bis overdressed, also von knappe Shorts mit Bikini-Oberteil bis zur Glitzerbluse und schicken Goldsandalen…).  Die freundlichen Kanak-Damen freuen sich, einem eine ordentliche Portion Hühnchen mit Maniok, Taroscheiben, Papayagemüse auf’s Bananenblatt zu klacksen.  Lecker.  Erdofen „to go“.  Nicht dass jemand meint, wir Segler-Cruiser würden die lokale Bevölkerung abzocken – die Rechnung geht an P&O, wie wir uns erklären ließen.

Kiten an der Ile de Maitre

Kiten an der Ile de Maitre

Man könnte also sagen, wir sind hier quasi „schon wieder“ in der Zivilisation gelandet sind.  Eingeschoben nur ein bisschen semi-Zivilisation, an der Mooring vor der Ilot Maà®tre, um mal so richtig im Wochenend-Kitesurfbetrieb zu schwelgen – am Freitag 14, das fanden wir viel, und am Sonnabend  60+. Das fanden wir dann „voll“. Nicht zu vergessen, dass wir das Internet nutzen konnten, das uns das Hotel freundlicherweise für ein paar Stunden spendiert hat.  Der Sonntag dann kalt und nass und windig (siehe oben), und mit wenig Lust, sich so richtig zu verausgaben, also sind wir ein paar Stunden tapfer zur Ilot Bailly gekreuzt (Kitesurfer an der immer kleiner werdenden Ilot Maitre: 2… Weicheier!).

Ilot Casy / Baie de Prony - das verlassene Hotel. Und keine Menschenseela...

Ilot Casy / Baie de Prony – das verlassene Hotel. Und keine Menschenseela…

Danach wieder ein schöner Tag, hinein in die Baie de Prony.  Wieder eine Mooring, und von dem dortigen Dock werden wir schon vom Chef der Insel begrüßt. Wir nennen ihn „Old Shatterpaw“.  Wenn er so richtig auf seine Hauptaufgabe konzentriert ist, zittert das linke Hinterbein, un die Hauptaufgabe ist:  Fischegucken. Vom Dock aus.  Als Nebenjobs betreibt er noch Palmwedel totschütteln,  mit ganz großer Energie und außerdem Inselführungen für Segler.

Old Shatterpaw, der Hunde-Eremit von Ilot Casy

Old Shatterpaw, der Hunde-Eremit von Ilot Casy

Bei den Führungen bleibt er manchmal traumverloren am Strand stehen und blickt in die Ferne:  ob vielleicht doch sein Rudel auftaucht? Die Insel ist nämlich wahrlich verlassen. Außer den unregelmäßig anlandenden Seglern kommen noch gelegentlich die Walbeobachter vorbei, für ein paar Streicheleinheiten.  Wie, wundern wir uns, kann Old Shatterpaw so fit aussehen, als Eremit ohne Dosenöffner?  Na, klar – das Rudel kommt eben doch regelmäßig, am Wochenende, und bringt Futter für

Old Shatterpaw beim Fischfernsehen.

Old Shatterpaw beim Fischfernsehen.

eine Woche. Bissel traurig ist das schon, so ein einsamer Hund, und als am Abend ein Katamaran kurz zum Streicheln anhält, nur um gleich weiterzufahren, wirft er den Kopf in den Nacken und lässt den Wolf raus… Huhhh!  Haaawooooh!  Wuuuh-wuuuh-wuuuh! Ein Anfall von Einsamkeit – oder war’s doch nur der Vollmond?  Egal – eigentlich ist der Eremit ganz munter, die Segler sorgen für ausreichende Abwechslung, wohl auch im Fressnapf, und auf Casy allein zu leben ist soo schlecht dann auch nicht.

... was da leuchtet ist leider "King Harald".  AKKA, davor sucht den Wolkenschatten. Baie de Prony

… was da leuchtet ist leider „King Harald“. AKKA, davor sucht den Wolkenschatten. Baie de Prony

Der nächste trübe Tag führt uns weiter in die Baie de Prony hinein – weg von der großen hydrometallurgischen Nickelschmelze, die den Buchteingang mit einem fernen Wummern belegt, und hinein ins fjordartige Gebilde zwischen den – ehemals vollflächig bewaldeten – Hängen, die nun überall Schürfnarben zeigen.  Die Abholzung ist übrigens weniger eine Folge des Erzabbaus, sondern war schon anfang des 20. Jahrhunderts abgeschlossen – als eben kein Holz mehr zu schlagen war.  Die Natur versucht die Narben zu schließen, aber eine richtige Bewaldung wird es hier auf absehbare Zeit nicht geben.  Wir stolpern auf rutschigen Pfaden durchs Gehölz, begucken Erzgesteine und Wasserfälle und halten die Füße in wärmliche „heiße“ Quellen.

Der Wetterbericht sagt uns für Mittwoch variable Winde voraus – DIE Gelegenheit nach Süden vorzurücken, in die Richtung, aus der sonst unerbittlich der Südostpassat bläst.  Tschüss, Old Shatterpaw, wir müssen weiter!
Und was ist?  Die Winde sind nicht variabel, sondern nur leicht, kommen aus Nordost bis Nord, und unter herrlichem Sonnenschein – im Neukaledonienkalender bitte rot anstreichen! – motorsegeln die AKKAnauten zur Ile des Pins.
Von wegen Regenbogenland…

Genau. Sonnig und blau. Geht doch!

Genau. Sonnig und blau. Geht doch!

Der Rückwärts-Schipper

Nouméa, 14.7.2013

… allem voran heute: Vive la France! Gestern abend, wir dachten uns an diesem 13.7. nichts Böses, gab es um 20 Uhr ordentlich was auf die Ohren – von der nicht weit entfernt gelegenen Mairie stiegen leuchtende Fontänen auf, es böllerte und krachte. Blau, weiß und rot, natürlich, mit einem gerüttelt Maß an Grün, schließlich müssen die Kanak auch bedacht werden am französischen Nationalfeiertag. 14. Juli – der Sturm auf die Bastille. Kaum hatte ich nach viel „oh!“ und „ah!“ die Kamera hervorgeholt, tat es einen letzten Böllerschlag. Also behalten wir die Bilder vom neukaledonischen Nationaltags-Feuerwerk in unseren Herzen und ganz für uns…

Heute früh ging es dann gleich weiter, während die Schipperin in der zu reinigenden Kühlbox wühlte, machte der Eigner einen „just-in-time“-Ausflug zum nahe gelegenen Paradeplatz und konnte noch ein paar australische Veteranen beäugen und belauschen, die ordentlichen Krach auf ihren Dudelsäcken machten. Die Parade-Pferde wurden aber schon verladen, also war der kleine Ausflug mehr „auf der letzten Rille rechtzeitig“.
Danach war in Neukaledonien Familiensonntag angesagt, der Kaldosch-Spaziergänger mischte sich hier in der Marina mit staunenden Japanern und Chinesen, die der dicke P&O-Cruiseliner ausgespuckt hatte, der Nouméa im Wochenrhythmus (und öfter) heimsucht. Bei uns Teakdeckscheuern und Keilriemenspannen bis zum Mittag … der brachte poisson cru auf dem wunderbaren, frischen, grünen Salat! Man kann hier berechtigterweise ganztägig über die horrenden Preise meckern, aber frischester Thunfisch gehört zu den erschwinglicheren Dingen, das Kilo für vielleicht 12-15 Euro, und so schönen (teuren) Salat finden wir in den Tropen wohl so schnell nicht wieder. Und in Ozzie- und Kiwiland auch nur vom Biobauern (wo nur, wo?) Ein bisschen Genuss also, und danach warfen wir uns Quatorze Juillet-Gewühl.
Endpunkt: Kitesurfen an der Anse Vata – das geht vielleicht in die Beine! Also, der Fußweg dorthin und das auf den warmen Steinen sitzen und staunen, natürlich. Oh! Ah! Sieht gar nicht so schwierig aus!

Oh! und Ah! gab es aber schon vorher in dieser Woche, zu unserer Rückkunft in Nouméa nämlich. Am Donnerstag, es schien gerade mal günstig wenig Wind zu wehen (wir haben hier seit Wochen durchgehenden Passat, so um die 20 Knoten und mehr, und das ist nicht nur windig, sonder auch … kalt. Punkt.), lupften wir den Anker in der Baie de Maa, um uns auf den Rückweg zu machen. Lange Passage – 6 Meilen, die mussten wir natürlich in 2 Teile teilen und die Nacht zum Freitag noch in der Baie de Kuendu verbringen; ein kleiner Squall trieb uns mittags dort hinein und danach waren wir zu faul, weiterzufahren. Dumme Entscheidung, nebenbei gesagt, denn am Freitag blies der gute alte Passat wieder, was das Zeug hielt, und das hieß ‚motorsegeln gegenan‘. 3 Meilen, 1 1/2 Stunden, und dann an die Tankstelle, unsere auf der Neuseelandstrecke etwas dezimierten Kraftstoffvorräte wollten nachgefüllt werden. Wie gesagt, es blies und nicht nur das, es strömte auch noch, so dass sich folgendes Bild ergab: der Tankwart steht an Land mit den Leinen, ich steh‘ ihm (3 m entfernt) gegenüber und lache, der Eigner steht am Ruder, und die AKKA „steht“ sich langsam, ganz langsam an die Pier. Gut! Nach dem Tanken die Frage: Mann, wie kommen wir hier wieder weg? Antwort: Na, vorschriftsmäßig – eindampfen in die Vorspring und rückwärts von der Pier wegziehen; haben wir allenthalben so gelernt, vor 100 Jahren und bei Hilmars Manövertraining im Besonderen… Das gab das erste „oh – trà¨s bien“, vom Tankwart nämlich. Schon ruft die Marina – sie haben zunächst mal nur einen temporären Platz, längsseits vorm Büro. Na jut. Wir biegen um die Ecke, und dem Schipper wird’s ein bisschen mulmig, denn nach viel Platz sieht das nicht aus: rechts zwei Katamarane, links ein Ausflugsdampfer. Hm… lieber wieder raus und draußen warten? Wie sagte er hinterher: „… man muss sich auch mal was trauen!“. Als ganz so gering erwies sich der Platz dann doch nicht und Strom setzt in der Ecke sowieso nicht – sonst würde es da zwischen Fischmarkt und Abwasserkanal nicht so erbärmlich stinken. Blieb also nur der ablandige Wind. Der Eigner fährt einen feinen Bogen – ein bisschen vorwärts Ausrichten inklusive – und legt die AKKA suutsche rücklings an die Mole. Mein Rückwärtsschipper – und die AKKA, die in dieser Disziplin sonst immer leichte Abzüge in der B-Note kriegt. Fein haben sie das gemacht. Ich habe nur beiläufig die Leinen an Land gereicht. Voila!

The easy way, the hard way…

Baie de Maa, 7.7.2013 Manche mögen’s hart. Wir nicht so sehr. Wer hat da „…ach was!?“ gerufen? Frechheit. Nach 3 Wochen sind wir raus aus Nouméa, das zwar teuer ist, aber auch eingies zu bieten hat. Das Aquarium hatte es mir letztes Wochendende sehr angetan – einen Anomalops-Schwarm hatte ich noch nicht „glühen“ sehen im Dunklen, und dann gab es auch noch einen zyllindrischen Tank, in dem richtie Nautilus ihre Runden drehten. Wirklich ein Erlebnis, absolut empfehlenswert. Auch das städtische Museum ist den Blick in die Geschichte wert – und dieses Mal auch wirklich nicht teuer: wir gehen mangels Kleingeld als Kinder durch, für 200 Francs. Na, bitte, wer meckert da noch über die hohen Lebenshaltungskosten? Der Keller des museums wartet nicht nur mit den erhofften Informationen zur Nickelindustrie auf, sondern auch mit einer schwerst beeindruckenden Ausstellung zum 1. Weltkrieg, der „Grande Guerre“. Da schleicht man sich dann etwas beklommen aus dem Haus und muss erst mal einen tiefen blick in die französische Kaffeetasse tun. Solchermaßen zur Besinnung gekommen haben wir dann unsere Entscheidung getroffen, was die Weiterreise betrifft. Eigentlich war es uns schon länger klar, aber nu‘ kann es raus: wir bleiben in dieser Saison noch in der Region. Noch eine Weile in Neukaledonien, danach Vanuatu, und zum 1. Dezember haben wir eine Bestätigung für einen Liegeplatz in Scarborough/Queensland, in unmittelbarer Nähe von Brisbane. Danach werden wir im kommenden Jahr, ab Mai vielleicht, das Great Barrier Reef hinauf segeln, und vielleicht wird mein Wunsch doch noch wahr, und wir drehen die Kurve über Darwin. Damit wir in den Nordwesten von Australien schauen können. Rick, ein australischer Segler aus der „Nachbarschaft“ in Nouméa, fasste meine begeisterten Erzählungen von unseren Ozzie-Landreisen mit den Worten zusammen: „… then you MUST go to the Kimberleys!“ Das wäre schön. Was heißt, dass wir die Louisaden und Solomonen auslassen würden. Bahnt sich da schon wieder eine schwierige Entscheidung a n? Es bahnt sich jedenfalls jede Menge Hausputz an – die Australier sind nämlich recht niffelig, was den Zustand der Schiffe betrifft und heben gern zum Willkomm‘ jedes Bodenbrett hoch. Wir fangen schon mal an mit dem Putzen… Während ich schreibe – wir hängen am Anker ein paar Meilen nördlich von Nouméa – konnte ich erstmalig nach Verlassen des 3-Wochen-Funkloches namens Port Moselle wieder die übliche Funkrunde besuchen, wo wir gleich eine Serie von Tipps kriegten, für New Cal, wie der Kiwi locker sagt, und vor allem von der LOP TO, die wir doch eigentlich auf ihrem eiligen Weg nach Indonesien begleiten sollten. Die waren gerade eine offentsichtlich wunderbare Woche im Huon Reef, das auf dem Weg von Vanuatu nach Autralien so genau auf der Route liegt, dass man schon einen Bogen drum herum fahren müsste. Also… Wir müssen es nur so timen, dass wir im Oktober zusammen mit den Schildkröten dort sind. Bis dahin versuchen wir hier ein paar Wale zu fangen, ist ja auch eine schöne Beschäftigung. Noch waren keine in Sicht, aber es kann nicht mehr lange dauern – wir halten den Kescher bereit.