Unterirdisch

Zum Gedächtnis an Thich Quan Duc - Betstätte im Verkehrsgewühl

Denkmal für Thich Quan Duc – viel genutzte Betstätte im Verkehrsgewühl

Hanoi, 26.2.2014

Ehe die Erinnerungen an Saigon gänzlich verblassen, schnell einen kurzen Rückblick auf Politik, auf Krieg, auf Museen und moderne Errungenschaften.
Viele erinnern sich sicher an die schrecklichen Bilder vom buddhistischen Mönch, der sich 1963 aus Protest selbst verbrannte? Sein Mahnmal hatten wir schon besucht – das Thema Vietnamkrieg begegnet einem in Saigon in vielen Formen.

Also gab es eine Exkursion in dieser Sache. Hatten wir gleich am Ankunftstag unsere 5-stündige Schnuppertour durch die Stadt auf Herrn Uts Moto hinter uns gebracht, ging es am Donnerstag mit gleicher Besetzung „auf’s Land“.  Herr Pham vom Hotel guckte ein bisschen zweifelnd, als wir ihm das Fahrtziel enthüllen, das der Normaltourist auf dem Mekong-Boot oder im Bus ansteuert: „… ganz schön weit dorthin!“.  Wir schwangen uns trotzdem zuversichtlich und mit Begeisterung auf die Moto-Rücksitze und entschwanden Richtung Cu Chi. Nach vielen und reichlich wilden Kilometern durch den morgendlichen Stadtverkehr beruhigte sich die Situation nach Abzweig Richtung Hoc Mon.

Spezialtransport

Spezialtransport

Viele schöne Szenen gab es zu sehen – meine Lieblings-Verkehrsteilnehmerin: eine Frau im „Ao Dai“, der traditionellen Bekleidung aus langer, seidener Flatterhose und hoch geschlitzem Schürzenkleid, natürlich mit dem kegeligen Reisstrohhut (oder sind es Palmblätter?).  Sie sitzt auf dem Fahrrad, hochelegant, undbalanciert  in der Linken ein riesiges Tablett mit (wahrscheinlich süßen) Kuchen.
Und so viele andere, „spezielle“ Transporte, von denen wir dann einige doch knipsen konnten.

Hinter Hoc Mon machen wir Pause, fläzen uns am Straßenrand in eine Hängematte, schlürfen vietnamesischen kalten Kaffee und geeisten Tee. Zeit uns einzustimmen. Dies ist Herrn Uts Land – er hatte schon am Vortag erzählt, dass er aus der Gegend zwischen Hoc Mon und Cu Chi stammt, auch, dass sein Onkel ein Kriegsheld sei.  Was für einer, konnten wir uns schon denken: Hoc Mon und Cu Chi waren Zentren der Vietcong-Aktivitäten.  Uts Erzählungen erstrecken sich von der Kinderzeit, wo er mit seiner Großmutter manchmal in genau dieses Straßenlokal gehen durfte, bis zu den elenden Hungertagen nach dem Krieg, wo über Jahre das Essen aus nicht enden wollenden Portionen Reis und Tapioca bestand. Mit nichts sonst. Sein Vater habe das – schon zuvor unterernährt – nicht mehr überlebt.
Ein bisschen gedankenschwer rattern wir weiter, Hoa kämpft zwischenzeitlich etwas mit dem Vergaser seines Motos, so dass Andreas und Herr Ut weit voraus entschwinden, aber nach gut 2 Stunden tut sich nach rechts ein großer Parkplatz auf. Cu Chi, Disneyland für Vietconggeschichte und ein Muss für alle Saigontouristen. Doch, wirklich ein Muss. Es ist ganz gleich, wie sehr man mit einem einleitenden Film ideologisch „eingestimmt“ wird auf die Untaten des imperialistischen Feindes, auf Teenager-Mädchen, die als Killerhelden ausgezeichnet werden, alles mit entsprechend heroischer Musikuntermalung …  In Cu Chi hat man Saigon Cu Chi Entrance 2

einfach ein Stück eines Tunnelsystems erhalten, das in den besten Zeiten 250 km lang war und das den Vietcong zu allem diente, was sie brauchten. Schutz, Unterstand, Unterkunft, Hospital, Munitionsfabrik.  Während unten, darauf ist man stolz, aus US-Munitionsschrott und Bombenhüllen Gewehre gebastelt werden, knödelt 20 m entfernt, oben drüber nämlich, Bob Hope zur GI-Weihnachtsfeier „White Christmas“. s

Einstieg ins Tunnelsystem

Einstieg ins Tunnelsystem

Es ist faszinierend, die Tunnel  anzuschauen, zu erfahren, dass hier nur einmal am Tag gekocht wurde, im Morgendunst nämlich. Rauchschwaden mussten natürlich verborgen bleiben und so leitete man sie viele Meter weit vom Tunnel weg in Laubhaufen, wo sie sich mit dem Nebel mischten.  Grauenhafte Mechanismen für Bodenfallen werden gezeigt. Man war sich bewusst, dass diese nicht unbedingt sofort tödlich wirkten, aber doch scheußliche Verletzungen hervorriefen. Das bereitete den GIs schwere Sorgen: ein gefangener,

Rollen-Falle.  Grrr.

Rollen-Falle. Grrr.

verletzter Amerikaner brauchte mindestens 3 oder 4 weitere, um den Mechanismus ausser Kraft zu setzen und ihn zu befreien, wohl wissend, dass hier mehr Fallen lauern, oder auch selbst gebaute Minen – eine äußerst wirksame Aufhaltetaktik. Natürlich hat man genau hier die Amerikaner „besiegt“ und rühmt sich, der einzige Gegner zu sein, dem das je gelungen ist Kein Wort von Tet- oder anderen Offensiven, keines über die nordvietnamesische Armee, auch kein Wort natürlich über

Westtourist im Vietcong-Tunnel

Westtourist im Vietcong-Tunnel

die Südvietnamesen auf der Gegenseite. Wir kriechen durch (für Touristenleiber erweiterte) Tunnelgänge und probieren die Klaustrophobie erzeugenden Einstiege. Unser netter, junger Führer – der mit seinen 20 Jahren klingt wie ein stolzer Vietcong-Veteran – erklärt auch etwas dazu, was wir als endgültige Perversion empfinden:  die Atmosphäre wird untermalt Schüssen, denn hier konnen Touristen Maschinengewhre und anderes ausprobieren. Dafür bezahlt „man“ einen (Material)preis, der eine Familie in der Gegend für einen Monat mit Reis versorgen würde, ungefähr eine halbe Million Dong. Die Ballerei wird mit großer Begeisterung von „Helden“ aller Länder genutzt. Und es werden auch reichlich Aschenbecher und Brieföffner aus Patronenhülsen verkauft…
Ein gemeinsamer Tee aus Ananasblättern (nicht die Ananas, sondern eine Pflanze gleichen Namens) serviert mit Tapiokastücken gedippt in Erdnussstückchen mit Salz und Chili –  die kleine klassische Vietcong-Mahlzeit sorgt für einen versöhnlichen Abschluss.

Rückweg. Kurz vor Hoc Mon biegen wir von der Straßen ab, Herr Ut lädt uns auf einen Tee zu seiner Familie ein, die mittlerweile eine bescheidene Milchfarm betreibt; die Milch wird nach dem Melken auf dem Motoanhänger nach Hoc Mon auf den Markt gefahren, beschwerlich, aber für hiesige Verhältnisse recht einträglich. Wir schauen ein Bombenloch von 1972 an, lassen uns erzählen, wie nervenzehrend es war, die Männer im Widerstand zu wissen, sich vor Bombenangriffen schützen zu müssen und anzusehen, wie die fruchtbare Umgebung peu à  peu dem Erdboden gleich gemacht wurde.  Herr Ut zeigt uns das alles stolz und im Bewusstsein, dass das alles vorbei und nun alles gut ist.  Wir fahren zurück; wir sind auch wirklich platt.

Abends – Entspannung ist angesagt und wir schauen uns erst einmal eine Runde Fuß-Federball an! – geht es übrigens ins Tu Bi, mit einem Berliner Schwesterlokal quasi eine Vietnamesen“kette“. Fast hätte uns die deutsche Speisekarte abgeschreckt, aber das wäre ein Fehler gewesen… Ihr Berliner, guckt mal in der Leibnizstraße 62 in Charlottenburg  vorbei.
Sehr leckeres Essen und zwei Tiger-Biere tun jedenfalls bei uns ihre Wirkung.
Das Thema Vietnamkrieg hängt trotzdem noch ein bisschen nach. Wir hatten schon das ebenfalls sehr ideologisch durchsetzte Museum für Kriegshinterlassenschaften angeschaut (ganz witzig: mit zwei mageren BRD-Bildern zu Protestaktionen, aber erwartungsgemäß einer ganzen Wand von DDR-Propagandamaterial). Ein grauenerregender Raum zur Wirkung von Agent Orange, Purple und Napalm – und, neben vielen erschreckenden und interessanten Fakten, wieder mit „heldenhaft“ vor „Chinook“-Transporthubschraubern posierenden Touristen-Knallköppen. Zum Abschluss sehr sehenswert eine eindrückliche Fotoausstellung mit dem Namen „Requiem“, Bilder von internationalen Pressefotografen; dieses Mal nicht im politischen Sinn einseitig, höchstens im pazifistischen Sinn. Damit waren wir dann auch „voll“.  Wer, nebenbei bemerkt, nach Cu Chi fährt, sollte unbedingt auch das Stadtmuseum Saigon besuchen, das in seiner ersten Etage die gesamte Geschichte der Unabhängigkeitsbewegung und der Indochina- bzw. Vietnamkriege zeigt.

Wo man mit seinem Moto schlafen geht...

Wo man mit seinem Moto schlafen geht…

Mit diesen Eindrücken vollgepumpt marschiert man dann in den Folgetagen durch die Stadt und entdeckt ganz „neue“ Viertel. Zum Beispiel das an der Oper – ein Konglomerat von so schicken wie gigantischen Luxushotels mit noch luxuriöseren Einkaufsgelegenheiten bei Louis-Vuitton, Gucci, Cartier und Co. Und an der Ecke winkt Onkel Ho freundlich in die Menge.

Wir verziehen uns in unseren Phuong, ins richtige vietnamesische Leben. Es geht ja ohnehin bald los. Mit der Bahn nach Hanoi – davon dann demnächst mehr.

Wir schließen uns an und winken aus Hanoi!

Wir schließen uns an und winken aus Hanoi!

Phóooo

Zum Saigon Inn? Hier geht's rein... und dann noch 200 m Zick-Zack!

Zum Saigon Inn? Hier geht’s rein… und dann noch 200 m Zick-Zack!

Saigon, 22.2.2014

Phooooo (AKKAnautenenglisch-vietnamesich für: puuh!). Genau. Anstrengende Stadt, dieses Saigon. Und es gibt Phò, an allen Ecken – das ist die National-Nudelsuppe mit allerlei Kräutern, Sprossen und Rindfleisch. Und mit Krabben. Letzteres zum Beispiel heute irgendwo in den Tiefen um die alte Chinatown, Mittagrast auf der Bürgersteigkante mit Bürotätern, Familien, was alles so vorbeigerattert kommt – wir kamen zu Fuß vorbei, haben es aber mangels Sprachkenntnissen nicht vermocht, ein schlichtes Wasser zu bestellen und haben uns dann auf „tea“ geeinigt. Und so kam dann die vom Eigner als rindfleischhaltig bestellte Suppe (er hat sich beim Deuten fast die Finger verbrannt!) mit Krabben und Rindfleisch.  Ganz kurz könnte man das Problem so darstellen: in den kommenden 5 Wochen kriegen wir sprachlich kein Bein an die Erde, auch mal eine interessante Variante. Beispiel: Meine Lieblingsfrucht hier ist die Pomelo.  Wer jetzt kommt und sagt, dass die „buoi“ heißt, hat nur halb recht… Jeder einzelne Buchstabe einen hat Akzent, und was dabei phonetisch rauskommen sollte, kommt jedenfalls bei mit nicht aus der Kehle. Irgendwas im Rachen sollte man hier schon haben, und immer alles schön stimmlos.

Aber wo wir schon beim Mund sind – was da hinein soll, ist ansonsten unbeschreiblich köstlich!  Meistens jedenfalls. Warum die Damen an den Hunde-Grillstationen so böse geguckt haben, als wir das Angebot fotografieren wollten, entzieht sich unserer Kenntnis…
Doch, doch, es gibt allerlei, was vielleicht nicht auf Anhieb für westliche Gaumen gedacht ist, und so richtig Lust auf Schnecken und Muscheln macht der Blick über den schlammigen Mekong auch nicht gerade, aber sonst…  fabelhafte Küche.

Saigon bei Nacht. Das Gleiche wie bei Tag: Motos!

Saigon bei Nacht. Das Gleiche wie bei Tag: Motos!

Schon am ersten Abend hatten wir uns einen kulinarischen und optischen Vorgeschmack geholt, unser „Hostelier“ schickte uns zum Quon Ngongh, dem „BBQ-Garden“ nahe dem Unabhängigkeitspalast. Nach einem langen Spaziergang durch hammerharten Verkehr und den wunderbar und wundersam belebten Park – Massensport ist absolut in! – landeten wir an einem kleinen Tisch, in dessen Mitte ein Grillfeuer für uns entzündet wurde, auf dem wir verschiedene Sorten Gemüse und geschnetzelten Rindfleisches brutzeln durften. Das Publikum angenehm gemischt; ja, klar – viele Touristen, deren reichliche Scharen wir hier vermehren, aber auch reichlich vietnamesische Bürger aus der wahrscheinlich wohlhabenderen Ecke.  Das war ein netter Absacker nach dem langen Flug- und Wartegeschehen, und wir – siehe hammerharter Verkehr – konnten schon mal einen Blick darauf werfen, was am Mittwoch geschehen sollte…
Ich hatte schon von Australien aus eine Tour gebucht – irgendwie muss man sich ja an einen solchen Stadtmoloch annähern, wenn man nur 4 Tage Zeit hat – und deswegen standen am Mittwoch um 08:45, pünktlich wie die Maurer, Herr Ut und Herr Hoa vor der Tür.  Mit Motos. Ein Australier, Adam, betreibt hier seit einiger Zeit ein kleines Tourbüro, speziell für geführte Spaziergänge durch Saigon , für Fototouren und eben das, was er „Urban Kaos Moto Tour“ nennt.

... und wir mittendrin!

… und wir mittendrin!

Die erste Probe auf’s Exempel wird gleich in der Hotelgasse geliefert, schließlich wohnen wir nicht gerade an einer der Haupteinfallstraßen. Wer einem entgegenkommenden Moto hier ausweichen will, muss darauf achten, nicht rücklings in den buddhistischen Opferschrein in Nachbars Wohnzimmer zu treten.  Nach ein paar Zickzacks durch den „phuong“ (der Weg zum Hostel war schon zu Fuß nicht ganz einfach zu finden!) ist man dann aber schon auf der Hauptstraße, und die Mischung aus Abenteuer und Wahnsinn geht los.  Man könnte das Verkehrsprinzip als „… basst scho’…“ bezeichnen (kleine Hommage an die fränggische KASSIOPEIA!). Sich umschauen tut man eher nicht – lediglich der Hintermann schaut, was der

Spaß muss sein!

Spaß muss sein!

Vordermann tut, und „Vordermann“ ist auch der, der aus einer der Seitengassen schießt, wahlweise aus dem Moto-Shop, dem Imbissladen oder aus der eigenen Küche. Das Gros der Motos fährt ungefähr in eine Richtung, aber wer gedacht hat, es gibt keine Gegenkommer, hat sich geschnitten:  es gibt immer ein paar, die sich auf der falschen Seite den Bordstein entlangfädeln.  Diese Situation ist für den frisch eingetroffenen Fußgänger eine rechte Herausforderung, denn wer hier bremst, hat

Moto statt AKKA

Moto statt AKKA

verloren, und wer verliert schon gern. Für dusselige Besucher jedebfalls nicht. Also heißt es, als Fußgänger jede erdenkliche Lücke zu nutzen, auch dem Strom der Motos entgegenzulaufen und sich die rettende, gegenüberliegende Seite im Slalom zu erkämpfen.  Eines allerdings hilft dabei: die Saigoner reagieren auf jedes Hindernis mit einem Schlenker (nach hinten: Kettenreaktion).  Der Tourist zu Fuß hat also eine Chance!
Aber – wir saßen ja hinten auf so einem Gewinner-Mobil.  Die ersten paar Kilometer hält man sich noch fest, aber wenn man sich erst mal so angeschaut hat, was da alles transportiert wird, wer da alles auf derm Roller hockt, wird man schon ein bisschen lockerer. Beeindruckend: die Hochschwangere im Damensitz (auf dem Weg zur Entbindung?!). Die Familienkutsche, ein 5-Sitzer mit Eltern, zwei Schulkindern und einem Säugling – Andreas lässt dazu fragen, warum man die Oma zu Hause gelassen habe.
Und wir mittendrin.  Her Ut und Herr Hoa steuern uns über breite Ausfallstraßen, über Mekongbrücken, schreien uns durch’s Gewühl ins Ohr, dass „diese Hochhäuser vor 7 Jahren auf Reisfeldern errichtet“ wurden etc.  Wir schlenkern durch Marktgassen, wo man aufpassen muss, keine der Fisch-Schüsseln mit den Füßen umzustoßen. Muscheln, gebündelte Frösche, Gemüseberge.  Es ist atemberaubend in jedweder Hinsicht. Am späten Vormittag machen wir Halt. In einer Siedlung von Flußhäusern – Buden?! – lebt Herr Hoa mit seiner Familie. Seine Frau betreibt zur Straße hin eine kleine Garküche für die Büros, die immer näher an die alten Hütten heranrücken.  Wir werden nach hinten in den Wohnbereich gebeten, und was wir da sehen, macht schon einen Kloß in der verwöhnten Europäerkehle.  Wenn man das Bild auf’s Geringste reduzieren will: von unten steigt bei Hochwasser der Fluss bedrohlich unter die Bretterdielen, und bei Regen tropft es von oben durch’s morsche Blechdach.

Vietnam-Kaffee

Vietnam-Kaffee

Während uns Herrn Hoas Frau einen vietnamesischen Kaffee bereitet, schwatzen wir mit unseren beiden Moto-Helden über Familienbedingungen, und als wir vor der Tür (auf der Straße) sitzen, beschließen wir, auch den nächsten Tag auf dem Motorücksitz zu verbringen, dieses Mal am „Veranstalter“ vorbei. Die beiden freuen sich ein Bein ab, und wir auch.  Wir drehen noch lange Runden, schauen ein bisschen Kolonialgeschichte an und auch die modernen Viertel, in denen man Saigon gern Singapore-Verhältnissen annähern möchte, völlig sauber, weiträumig, luftig.  Stellenweise kann man sich das vorstellen – aber nur stellenweise!

Unsere beiden Moto-Helden: Herr Hoa und Herr Ut

Unsere beiden Moto-Helden: Herr Hoa und Herr Ut

Als uns die beiden gegen 2 Uhr  am Museum für Kriegs-Überbleibsel abkippen, sind wir ganz schön platt. Vom Motositzen, von den vielen Eindrücken.  Die beiden haben sich ihr gutes Trinkgeld wirklich verdient.
Gesamturteil: Urban Kaos Tour ist  der Einstieg in das Thema „Saigon“.

Und demnächst in diesem Theater: Landausflug mit Vietcong-Geschichten!

Sie sind fast da…?

... unterwegs nach Ho Chi Minh!

… unterwegs nach Ho Chi Minh!

Singapore/Changi Airport, 18.2.2014

Das war ein langer Tag: schön geschwitzt unter Deck bei den letzten Handgriffen, Wasserschläuche einholen und ähnliches. Manche Sache kommen ja ganz unverhofft (oder auch nicht ganz so): als wir iam Sonntag das Sonnensegel zur Minderung der Windangriffsfläche heruntersetzen, bedient Andreas die Ratsche, die den Dachfirst straff zieht. Und nicht nur den – bis zur Maximalbelastung der Quernähte ging’s gut, aber dann war diese überschritten (sprich: Nähmaschine wieder auspacken, 3 x 3 m Naht doppelt nachnähen; unnötig zu sagen, dass es mal wieder grottenheiß ist).  Dann das 223. Mal den Rucksack umpacken, ein paar flimsige Notleinen gelegt (ich glaube, wir haben den Vertäuungswettbewerb gewonnen!), Schlüssel abgeben…  Andy (JACARANDA) wird aufpassen, falls die Wasserlinie ein bisschen tief aussieht.  Sue gibt uns noch einen Abschieds-Hug, als wir in der Dunkelheit bepackt zum Tor schreiten.  Puuh. Wir sind los.  Ein gefühl, wie wenn man nach Wochen mal wieder aus der Hafeneinfahrt steuert – spannend und yahoooo zugleich.

Schon in Brisbane ging das los... "Bewerten Sie Ihr Klo!"

Schon in Brisbane ging das los… „Bewerten Sie Ihr Klo!“

Die knapp 6 Stunden auf dem Flughafen bis zum Abflug waren dann nicht gar so kurzweilig, aber immerhin haben wir endlich ein Erinnerungsrelikt aus Rallyetagen wiederbelebt, sind zu Red Rooster gestiefelt und haben uns ein Fastfood-Huhn angetan (Kommentar eigner:  „… so, das wäre dann damit auch erledigt!“)

Um 2:35 hob sie dann ab, EK 433, eine Boeing 777 der EMIRATES Airlines nach Dubai via Singapore.  Schwach besetzt = jeder kriegt eine eigene Sitzreihe. Pluspunkt!
Sehr nett anzuschauen eine Familie (1 Knabe, 4 Töchter), die mit Riesengepäck, aber offensichtlich verminderter Begeisterung beim Vater zurück nach Dubai fliegen, Endstation Lahore/Pakistan. Seltsam, wie die kleinen Mädchen mit wachsendem Status in der Orgelpfeifenreihe sehr viel stiller werden – Aisha, muntere 3, konnte noch den ganzen Warteraum becircen, was sie auch ausgiebeig und lautstark tat.  Am merkwürdigsten, wenn ich das so sagen darf, berührt mich aber der Anblick der voll verschleierten Mutter.  Es trifft mich immer wieder – dieser Sehschlitz mit der dicken, schicken Brille davor.

Willkommen im Jahr des Pferdes!

Willkommen im Jahr des Pferdes!

In Changi (hier habe ich mal vor vielen Jahren festgestellt, das unser Rallyeauto entgegen der Planung nicht in „meinen“ Flieger verladen worden war… ungut!), ist jetzt ein unglaubliches Völkergemisch zu betrachten, vom deutschen Sandalenträger auf dem Weg nach Baliüber viele Grau-Anzugträger und shoppingverrückte Damen im Tschador bis zum tibetischen Möch.  Ihr seht, zu gucken gibt es jetzt schon.

Airline-Kaffee ist immer noch kein Gewinn... Die Täterin am Ziel der Wünsche.

Airline-Kaffee ist immer noch kein Gewinn…
Die Täterin am Ziel der Wünsche.

Wichtigster Punkt zum Gucken, ganz akut: ein Schlafpätzchen. 4 Stunden Zeit bis „Jetstar Asia“ nach Ho Chi Minh startet…

Unud ein Kaffe. Oder zwei.

Sie sind da…

Scarborough, 10.2.2014

Yihaaaa! Eben kam die erlösende Mail von Australia Post: ein Brief aus Sydney ist heute früh hier im Büro abgeliefert worden. Den werde ich gleich abholen, und darin befinden sich unsere Visa für Russland… Also kann ich ja unsere Reisekatze endlich aus dem Sack lassen:
Nächsten Montag am Abend steigen wir mit den Rucksäcken in den Bus zum Flughafen, fliegen in der Nacht nach Saigon und werden ab da den Zug nach Berlin nehmen… Grobe Route: Vietnam, China, Mongolei, Sibirien, Europa. Am 31.3. werden wir aller Wahrscheinlichkeit nach aus Moskau kommend in Berlin eintreffen.  Ein kleiner Unsicherheitsfaktor besteht noch: die Weißrussen haben keine Vertretung in Australien, und die verlangen für die Strecke Moskau-Berlin ein Transitvisum, das wir – mal wieder so eine „das-lieben-wir“-Behördenaktion – noch in Hanoi oder Beijing besorgen müssen.  Immer schön mitten ins Gewühle…
Heute werde ich dann den Zug von Saigon (das ein Stadtteil von Ho Chi Minh City ist!) nach Hanoi bestellen, und den Anschlusszug von Guilin nach Peking, der fehlt nämlich auch noch – was wieder mit diesen ganzen Visa-Arien zu tun hat: das vietnamesische Reisebüro braucht einen Scan der Vietnam-Visa, und die waren noch paar Tage auf „Urlaub“ in Sydney gemacht. Im russischen Konsulat.

Das wirklich Spannende, das jetzt noch bleibt ist, zu sehen, was in den Rucksack passt und was nicht.  Auf geht’s!

Wir melden uns!

Schlafplatz gesucht!

Scarborough, 2.2.2014

Es ist 20:17, und die Spannung steigt: wer wird die Oberhand behalten?  Wir sitzen nach dem Abendessen im Cockpit, und jeder hat 1 1/2 Drittel des Schiffes in eine Großbaustelle verwandelt. Ich nähe vorn wild umher, die Cockpitpolster sind (auch ohne den früher mal angekündigten Besuch bei IKEA) neu bezogen, jetzt werden noch die alten Bezüge in Fenderüberzüge verwandelt (echt schick, dunkelblau-kariert-verschossen mit stellenweise noch vorhandenen grünen Punkten! Hat nicht jeder!). Das Nähen spielt sich platzbedingt zwischen Vorkammer und Salon ab.  Das gegenüberliegende Salonsofa ist mit Werkzeug belegt, dito Navitisch und -sitz, dazu stehen in Achterkammer und „Wirtschaftsraum“ die Bodenbretter hoch, so dass, als ich vorhin Zwiebeln aus dem Achterkabuff verlangte, erst einmal eine größere „ach, wo habe ich die Gemüsekisten abgestellt“-Suchaktion losging. Arbeitsschwerpunkt: Motor- und Getriebeölwechsel! Was man sonntags eben gern an Chaos anrichtet.

Immerhin war es ein fruchtbarer Einkaufstag, die große Fahrradrunde hat zwei Brote vom deutschen Bäcker eingebracht sowie eine Zimtschnecke und ein Mandeldreieck – unglaublich, auf dem sonntäglichen Jetty-Market in Redcliffe, 7 windige Kilometer die Küste entlang, bietet ein deutscher Bäcker aus Noosa Brot an.  Für australische Verhältnisse gleich um die Ecke: bei Kleinem 150 Kilometer?!  Wir wissen es zu schätzen, und im Endeffekt konnte ich beim K-Mart auch noch den Vorrat an Geschirrspülmittel aufstocken und habe mich endlich zum eigentlich vorgeschriebenen Fahrradhelm durchgerungen..

Klingt wie „business as usual“, ist es auch, aber nicht ganz.  Wir geraten ein bisschen ins Wirbeln, weil unser Abreisezeitpunkt jetzt doch greifbar nah rückt – ja, ja, stimmt schon, dass wir erst am 31.3. in Deutschland eintreffen werden, aber wir schieben ein paar Stopps vorweg. Erinnert Ihr Euch an unsere Flugreise Auckland-Frankfurt 2011, wo wir bei der Zwischenlandung in Peking bedauerten, keine Zeit zum Aussteigen zu haben?  Das wird jetzt nachgeholt, und wir fangen mit Vietnam an.  Nun haben leider Chinesen und Vietnamesen gerade Neujahr bzw. Tetfest, das behindert die Visabeschaffung ein bisschen, und das macht einen dann ebenso nervös wie die Tatsache, dass, wenn wir am 1. Mai wieder in Australien landen, „bald“ Abreisetermin für die AKKA nach Norden ist.  Also sollten wir tunlichst mit den Vorbereitungen fertig werden.  Dazu müssen wir ausgeruht sein, und zum Ausruhen braucht man einen Schlafplatz. Mein Stoffzuschneide- und Nähzentrum steht leider nicht zur Verfügung, also muss uns noch was anderes einfallen.  Motel? Nachbarschiff?  Mal schau’n!

Kleines PS:

Toller Job: Wiehnachtsrentier auf "Jolie Blonde"

Toller Job: Weihnachtsrentier auf „Jolie Blonde“

Dies nette Dame ist leider abgereist. Zurück zum Pol, wie sie sagte. Nach Weihnachten hatte sie noch tapfer begonnen herunterzuzählen: „364 sleeps to go…“ und so weiter.  Aber dann kam der Sommer. Irgendwie verständlich!