Ruhe!

Downtown Singapore

Downtown Singapore

Pulau Pisang, 24.11.2014

Schon, schon… Wir fanden es ganz toll in Singapur, aber manchmal war einem die Geräuschkulisse und das Gewühle doch ein bisschen viel, und nach drei Wochen waren wir heute ganz froh, loszufahren. Schluss mit „Malls“…

Heute abend haben wir es wirklich ruhig: wir sind schon ein Stück in die Straße von Malakka hineingefahren und liegen auf unserem Weg nach Port Dickson vor Pulau Pisang. Bananeninsel heißt das. Ein paar Vögel schreien aus dem Gehölz, die abendliche Sonne scheint hinter den dicken Restwolken des gerade durchgezogenen Gewitters hervor, ein paar Delfine, die mit ihren rosa Flecken aussehen als hätten sie einen Sonnenbrand (oder Vitiligo?) schnaufen ums Schiff herum. Am westlichen Horizont zieht die endlose Reihe der Tanker und Frachter ihre Bahn – von Singapur, nach Singapur.

Nicht sehr stilles Stillleben mit AKKA...

Nicht sehr stilles Stillleben mit AKKA…

Wir haben überwiegend „normales Singapur“ gesehen, aber was ist dort schon normal. Den Abschluss machte am Sonnabend der Versuch, zum High Tea im Raffles Hotel einzufallen, aber das hätten wir uns denken können: nichts geht ohne Reservierung. Oder doch?! Der Eigner fragt am Eingang zum Restaurant nach. Sicher doch! High Tea der Extraklasse, nicht mit dem Pöbel – allerdings nicht in züchtig langen Bermudas und Sandalen. Welche Größe haben Sie? Wir würden Ihnen einen

Double Choc Millefeuille

Double Choc Millefeuille

Sarong zur Verfügung stellen, und die Dame bekommt ein Nachmittagskleid! Nein, viiielen Dank! Das ist nicht nötig! … ich stürze mich doch nicht in ein geliehenes Nachmittagskleid (wenn sie überhaupt eines für mich gefunden hätten). Au0erdem war unser Alternativprogramm schon festgelegt, es gibt auf dem Gelände nämlich nicht nur das Übliche … genau, Cartier und Tiffany, sondern auch Ah Teng, den Bäcker, und der Programmpunkt hieß „High Tea für Landeier“. Will sagen: Double Choc Millefeuille mit einem goldenen Raffles Hotel als Verzierung und ein Banana-Chocolate-Cake für den Herrn, ähnlich aufwändig verziert. Lecker! Mit Milchkaffee, am 20er-Jahre-Marmortischchen geschlürft. Der High Tea-Termin im Raffles wäre sowieso nur ein Test gewesen, ob Raffles es besser kann als „The Clifford Pier“ – denn deren High Tea war herrlich.

Hochgestapelt.

Hochgestapelt.

 Die ersten Minuten war ich ein bisschen verspannt, solcherart „feine Umgebung“ kehrt gewisse Hemmungen hervor, ich erinnere die Familie an meinen Auftritt in der „Tanne“ in Braunlage, wo ich erst den fliegenden Zopf durch die Suppe und meine Mutter dann zur Vermeidung von Kollateralschäden das Zopfende durch den Mund zog. Aber unser Kellner, so indisch, wie es nur in Singapur sein kann, war rührend um uns bemüht, schwatzte uns die Ohren von Deutschland voll (wer war eigentlich noch nicht in Stuttgart?!) und erklärte die dargebotenen Köstlichkeiten.

Ein Höckerchen für die Handtasche...

Ein Höckerchen für die Handtasche…

Natürlich, ts, ts, kann man die Handtasche – auf die ich doch so stolz bin, eigenhändig aus einer Mola genäht und mittlerweile ein bisschen abgeschabt und überholungsbedürftig! – nicht ans Stuhlbein lehnen. Oh, no. Es kam eigens ein Höckerchen für Venancios Entenmolatasche… Und es kam Tee bis zum Abwinken, köstlicher Earl Grey mit einem Tropfen Milch (McFünfUhrTeeFix hätte seine Freude gehabt!), und gleich zwei Kellner fragten immerzu, ob wir unsere Etagà¨re

Allerfeinst...

Allerfeinst…

neu befüllt haben möchten. Wir haben uns zu einer zweiten Portion Scones breitschlagen lassen, dafür haben wir den Rest einfach nicht geschafft. Das alles findet statt in der altehrwürdigen Pier-Ankunftshalle, unter’m Kronleuchter, William Somerset Maugham ließ grüßen – mit Blick auf Sonne und glitzerndes Wasser und, es wird schon moderner, ein paar Drachenbootfahrer beim Training und auf das gegenüber gelegene Marina Bay Sands-Monstrum. Dieses Erlebnis hätte Ritual-Potenzial …

Der Schipperin tögliches Vergnügen

Der Schipperin tögliches Vergnügen

Wir haben noch mehrere, schlichte Gucketouren in die Stadt unternommen, sind einmal mit dem Bus No. 143 bis zur Endhaltestelle gefahren – ohne mal auf das schlaue Smartphon zu schauen, das einem schon vor der ersten Haltestelle gesagt hätte, dass die Richtung vielleicht gefühlt die richtige, in Wahrheit jedoch die falsche war… Eine Tour fiel im Wesentlichen ins Wasser – wenn es regnet, und das tut es meist am Nachmittag, dann bitte ordentlich.

Fischen in der Marina. Lecker!

Fischen in der Marina. Lecker!

Wir haben dafür gesorgt, dass Felix von Unistream uns eine neue Deckwaschpumpe auf Kulanz verschafft, oder besser. wir haben dafür gesorgt, dass Johnson Schweden dem Felix eine solche schickt. Und was ich nicht geschafft habe, ist, meine Berge an Näharbeiten abzutragen – es war so grottenmäßig heiß, dass Nähen nur in allerkleinsten Dosen möglich war. Schade. Und schon brach das letzte Wochenende an, statt High Tea sahen wir im Raffles eine

Plantschen auf höchstem Niveau

Plantschen auf höchstem Niveau

Ausstellung von wunderschönen Schwarz-Weißbildern, im Leica-Laden. Heißt so etwas Laden?! Es hat mehr etwas von einer Galerie für ausgefallene Technikobjekte! Verrückt, was der Mensch alles nicht braucht, aber doch bewundern kann. Und statt High Tea gab es nun endlich den finalen Ausflug zum Marina Bay Sands Hotel – ab in den 57. Stock, wo wir uns an der gläsernen Balustrade hoch über Singapur die Nasen mit zwei Longdrinks begossen und

Das rote Dach ist das Clifford Pier

Das rote Dach ist das Clifford Pier

dieses unglaubliche Gewirr von Hochhäusern noch einmal bewundert haben. 4,5 Millionen Menschen übereinander gestapelt. Erschreckend beeindruckend. Der von mir bewunderte Pool allerdings macht wohl nur auf Fotos Lust auf „lange Bahnen“; am Samstagabend jedenfalls war das Ding gerappelt voll mit Hotelgästen, das heißt: plantschen auf höchstem Niveau. Auch die Ku Dé Ta-Bar war rummelig auf höchstem Niveau, und da kniekurze Hosen ab 18 Uhr

Urban Breeze und Passion Mojo

Standesgemäßer Abschied von Singapore:  Urban Breeze und Passion Mojo im 57. Stock

sowieso für unfein befunden werden, war die Entscheidung leicht, dem Rummel den Rücken zu drehen; auf dem Rückweg zum Bus fanden wir uns inmitten der Singapur-Normalbevölkerung wieder, im Food Court des alten Marktes, auf ein paar Dim Sum. Die vermochten auch den Vodka und den Rum aus den „fruchtigen“ Drinks zu neutralisieren, so dass wir geraden Auges und Weges zum Schiff zurückfanden.

Der Sonntag?! Shipshape-Tag. Drei Wochen verlangen nach Vorbereitungen für die kommenden Tage auf See. Schön nass ist alles geworden – als ich mit den letzten Einkäufen aus dem Cold Storage zurückradeln wollte, setzte gerade der zweite Nachmittags-Sturzbach ein. Als wir vorhin den Ankerplatz ansteuerten, dachten wir, hier sei Gelegenheit, das Sonnensegel zu trocknen, schließlich hatte es ja schon gewittert. Pustekuchen. Ankern im nächsten Gewitterregen – wir werden uns auf Stockflecken einrichten müssen.

Nächstes Ziel: Port Dickson mit einer Marina, wo man das Schiff für ein paar Tage ablegen kann, für einen Ausflug nach Malacca und auch nach Kuala Lumpur. Mal gucken, ob die fantastischen Bilder aus der Leica-Ausstellung im Raffles der Wahrheit entsprechen. Und neues Sunbrella kaufen. Falls es wirklich Stockflecken gab.

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