Indischer Ozean

Lat 15°05.3 S Lon 086°16.7 E
9.10.2015

Der 5. Tag unserer Überquerung des Indik läuft. Die Sonne scheint, das Meer ist blau, der Windpilot steuert seinen Eierkurs durch das Gewelle. Die Schipperin hat sich im Cockpit verkeilt und schreibt endlich mal wieder einen Blogbeitrag, derweilen der Eigner ein Nachmittagsschläfchen versucht. Zu morgen soll der Wind etwas zunehmen, die Welle auch – den einen oder anderen Vorgeschmack davon gab es schon. Wie die Gryphon vor einer Weile sagte: „… it was moderately uncomfortable…“ Wir hoffen, dass es so bleibt, jedenfalls rennt AKKA hier ganz gut Richtung Maskarenen-Inseln, und uns geht es gut dabei, nachdem die ersten Tage mit der obligaten Schlafverwirrung vorüber sind und sich eine satte Grundmüdigkeit eingestellt hat.

Montag sind wir losgefahren, die Wetterweltvorhersagen ermutigten dazu. Schade, das der Cocos Keeling-Aufenthalt so kurz war. Ein putziges Atoll. Den Geburtstag haben wir mit einem Ausflug nach „West“ verschönert, das ist ein richtig verschlafenes Australierdörfchen entlang der Landebahn, immerhin mit einem kleinen Café. Hier, bei „Maxi’s by the Sea“, gab es einen feierlichen Tropical Burger. „Geschenk“ vom Supermarkt: ein kleiner Sack Vollkornbrotmischung, so richtig mit Roggenschrot und pipapo. Ein kleines Tropenwunder. Interessante Fahrten mit der Fähre waren das! So richtig hat sich uns bis zum Schluss nicht erschlossen, was für untiefe Wasserwege die Betonnung in der Lagune kennzeichnet – um sich da durchzuwurschteln muss man Lotsenkenntnisse haben – gut, dass man die Yachten auf Direction Island festnagelt. A propos „festnageln“ – wir haben natürlich sämtliche Palmen mit Bootsmemorabilia abgeklappert, ein paar Freunde aus „unserer“ Abfahrergeneration – Hippopotamus, Mo mo, Atair, Wigwam und noch mehr – gefunden und ein Schild „AKKA 2015“ hinzugefügt. Und was macht man da sonst so? Driftschnrocheln im äußerst schnell strömenden „The Rip“ zwischen Direction und Prison Island. Strandschnack mit eine jungen deutschen Biologin, der es die Seevögel angetan haben. Eine brütende Feenseeschwalben-Dame ärgern (was immer leicht fällt, denn die legen ihre Eier auf irgendeinem Ast oder Palmblatt ab und sind dann wütend über vorbeistreifende Segler). Und so weiter – abhängen kann man dort wirklich gut!
Übrigens rappelte es nur so vor zuätzlichen Informationen zur EMDEN-Geschichte. Heiner schrieb, dass wir ein Buch „SMS Emden“ gehabt hätten. Das muss zumindest an mir vorbeigegangen sein, obwohl das Buch offensichtlich viel gelesen war – der leukoplastverstärkte Buchrücken hätte davon gezeugt. Eine Freudin schrieb, es habe vor kurzem einen nicht sehr lohnenden Fernsehfilm zur Emden bzw. eher zur Fluchtaktion der AYESHA-Crew gegeben. Und die VENUS fügte an, dass ein Freund xyz-Emden hieße – der Namenszusatz „Emden“ als Privileg für die „Helden“dieses Stückes Seegeschichte.

Cocos war wirklich noch einmal alles, was man so nett finden kann, Australien und Malay und Atoll, türkisfarbenes Wasser, Abgeschiedenheit, Reminiszenzen an den Südapazifik. Tschüss dann…

Wir sind nicht ganz allein hier draußen, ab und zu taucht auf dem Radar oder im AIS einer der Frachter auf, die sich auf dem Weg vom oder zum Kap der Guten Hoffnung befinden, vielleicht 1 oder 2 können wir „sehen“ – wirklich sehen tun wir außer den elektronischen Anzeigen nix davon, dazu sind 15 Meilen zu weit weg. Aber auch yachtmäßig sind wir nicht allein, parallel zu uns, jetzt leicht voraus fährt die Uhambo aus Frankreich, deren Licht man in der letzten Nacht sogar sehen konnte, und 60 Meilen hat uns schon der „R Sea Cat“ aus den USA abgenommen, der vor uns her galoppiert. Aus diesen drei Booten haben wir das „Indian Ocean Net“ auf Kurzwelle gebildet und so ist abends und morgens jeweils um 7 Uhr Funkzeit mit Positions- und Problemabgleich. Die einen haben Sorge um ihr Rigg, das sich aber tapfer hält, die anderen überraschten gelich am ersten Morgen mit der Nachricht, sie hätte einen Wassereinbruch durch ein defektes Seeventil reparieren müssen. „Yikes“, wie man im Am erikanischen sagen würde. Das wollen wir nicht.
Nicht aber, dass AKKA nicht auch kurzweilige Scherzchen bereithielte: vorgestern Nacht ging der Pinnenpilot, mit dem wir manchmal die Windfahne steuern, fest, gestern wollten wir mal den Motor laufen lassen und stellten fest, dass kein Seewasser im Kühlkreis vorhanden war – da ist der findige Technikus gefragt, der auch immer eine Antwort bereit hat; Pinnenpilot läuft und Motor auch – wir fragen uns im letzteren Fall nur, wie das Seewasser verschwinden kann; das hatten wir noch nie, und wir sind ja nicht gerade erst seit ein paar Wochen unterwegs. Ob vielleicht im Moment des Anlassens das Schiff gerade so weit übergeholt hat, dass am Kühlwassereintritt nur noch Luft bzw. Schaum gezogen wurde? Kann der Sog in den Wellen alles Wasser abziehen? Wenn der Impeller erst einmal Luft fördert, kommt jedenfalls kein Wasser mehr nach. Im Motorbereich geht kein Wasser verloren, die Feststellung ist schon mal gut. Mal gucken, ob das nochmal passiert – natürlich schossen uns beiden sämtliche bekannten Szenarien durch den Kopf, vom massiven Stromsparen à  la Kühlschrank aus, sinniger Umgang mit den Rechnern, Licht aus! Leider ist es hier alternierend so bedeckt, dass die Batterien vor allem nachts gut entladen werden. Gelegentlich ein halbes Stündchen Ladefahrt mit funktionierndem Motor ist ein schönes Backup für arbeitslose Solarpaneele und den Windgenerator, der auf Vorwindfahrt mehr rumlungert als dass er lädt. Außerdem überlegt man für den Fall des (Motoraus-)Falles schon „wohin und wir komme ich da ohne Motor rein“ (Antwort: Port Louis auf Mauritius, hat uns Wolfram mit der ATAIR und seinem Wasserschlagmotor voriges Jahr vorgemacht). Aber wir haben uns schon SEHR gefreut, als wir kurz nach dem Scherz den Auspuff wieder Kühlwsser speien sahen. Alles gut.
Wir haben aber auch schon die AKKA Crew nächtens auf dem Deck rumspringen und ins Rigg leuchten sehen – hm, woher kam dieses hässliche, metallische Knallgeräusch? Ich hatte auf Wache oben gesessen, Andreas auf Koje – und zu sehen war oben nur „alles paletti“. Wir hatten zuvor die ausgebaumte, zweite Genua weggenommen und einigen uns darauf, dass sich der leere Ausbaumer irgendwie entspannt haben musste. Grübel, grübel – Richtung Neumond ist es ja pechschwarz draußen und nicht wirklich gut zu sehen… Bis ich runtergehe, um meine Wasserflasche zu füllen, und die Bescherung sehe: hat doch unser schöner, 2010 erworbener Herd in 5-jährigem kardanischem Dauergeschwinge seine eigenen Aufhängungsbolzen durchgesägt. Zäng! Da hing er schief in nur noch einer Halterung, und jetzt steht er schön gerade, denn die andere Seite knackte bei der Diagnosesitzung am nächsten Morgen auch gleich durch. Was direkt zu einem Loblied auf das gedruckte Buch führt – unsere zwei eBookReader könnten nicht, was jetzt Helmut Schmidt (2x), James Belich, John Irving, William Shakespeare et al. (empfehlenswert, nicht nur als „Buch-Stütze“, auch zu lesen! JK Rowling, The Casual Vacancy!) gemeinschaftlich erledigen: den Herd in Position halten. Brot backen kann man mit dem Konstrukt leider nicht, oder man müsste sich noch einen Hitzeschutz für die tapferen Autoren ausdenken. Mal gucken wie weit der Cruskits- und Knäckevorrat uns bringt, man könnte auch wieder ein Wok-Brot backen…

Jetzt mal raus mit dem Ding – ich schicke es über Satellitenmail, weil ich hoffe, dass dann der Beitrag nicht als ein langer Absatz erscheint, wie es die Funkmail gern tut. Vielleicht kann mir jemand auf der Funkadresse mitteilen ob der Beitrag überhaupt erschienen ist?! Danke – und bis demnächst mal wieder vom Indischen Ozean —

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