… und Kapstadt

Royal Yacht Club mit Mütze

Royal Cape Yacht Club mit Mütze auf dem Tafelberg

Cape Town, 31.1.2016

Fast wäre mir hier gerade ein 2014 herausgerutscht, ich bin wohl doch etwas in der Zeit zurück.  2014, das ist weit weg, geografisch gesehen. Brisbane. Queensland. Noch am Rande des Pazifiks.  Ach, ja…

Wir sind zurück in kalten Gewässern, dieses hier nennt sich Atlantik. Unser „Heim-Ozean“ quasi. Die Strecke Port Elizabeth-Hout Bay mit den gefürchteten Kaps – Kap Agulhas und Kap der Guten Hoffnung – war unspektakulär, wenn man von Nebelbänken absieht (danke, Wetterwelt, danke an unsere eigene Geduld…). Ab Kap Agulhas mehrte sich der Nebel, dort kommt aus Süden der Benguelastrom heran und lässt die feuchtwarmen Luftmassen direkt über dem Wasser kondensieren. Toll in der Nacht: pottendicker Nebel mit einem winzigen Stück Sternenbeleuchtung direkt über uns. Auch toll: wir schalten das Blitzlicht ein, weil die „Henriette Rickmers“ und andere Schiffe um uns kurven – und jeder Blitz macht die weiße Suppe ringsum taghell, aber zu sehen ist nichts. Plötzlich ist der Blitz weg – was ist das?  Klar, wir sind aus der Nebelbank gefahren, der Blitz wird nicht mehr reflektiert.  Richtig spektakulär war nur die Ankunft in Hout Bay. Ungefähr 10 Meilen vor dem Ziel fing es an zu pfeifen, und zwar so, dass wir die heftigsten Winde auf unserer  Reise – seit 2007! – verzeichnen konnte. Typisch für die Gegend hier, es bläst gut aus Südost (im Sommer), und die Berge und Kaps sorgen für die entsprechende Windbeschleunigung. Es war wirklich unglaublich, man hörte sein eigenes Wort nicht mehr. Sicht prima, wenn man von der flach abwehenden Gischt absieht, dazu glücklicherweise durch den schon wirkenden Landschutz keine große Welle.

Das Kap der Guten Hoffnung

Das Kap der Guten Hoffnung

Mühsame, stürmische Meilen, so als wollte das Kap der Guten Hoffnung  uns nachweisen, warum es früher „Kap der Stürme“ hieß. Schon in Port Elizabeth hatten wir einen Gedenkstein für Bartolomeu Diaz gesehen und für seine erste Reise um die Südspitze von Südafrika,  1488 (erst!), eine ganz geheime Fahrt, um den Seeweg nach Indien zu finden. Ich glaube, ehrlich gesagt, die Geschichte nicht, der damalige portugiesische König

Zur erläuterung ein Bild von den Strömen. ROt: über 3 Knoten, das ist der Agulhas-Strom

Ströme an den Kaps. Rot=über 3 Knoten, das ist der Agulhas-Strom

habe das Kap der Stürme in „da Boa Esperanà§a“ umgetauft, weil die Hoffnung bestand, dass nun endlich der Seeweg nach Indien gefunden würde. Ich glaube eher, dass die Reise um die Kaps für die schlecht zu manövrierenden Rahsegler gegen vorherrschende Ströme und Winde so eklig war, dass man sich einfach der Guten Hoffnung hingab, bald die Südspitze von Afrika erreicht zu haben. Es gibt auch die Theorie, dass die Seefahrer aufgrund der Wassertemperatur Hoffnung schöpften – das Wasser wurde wärmer, musste also ungehindert von Norden einströmen; aber diese „Gute Hoffnung“ trifft eigentlich eher auf das weiter südlich gelegene Kap Agulhas zu, das tatsächlich die Grenze zwischen Atlantik und Indik markiert.  Egal. Das waren großartige und mutige Leistungen damals – was sind wir doch für Hühnchen mit all unserem Elektronik-Schnickschnack.
Trotzdem blieb die Anfahrt in den Fischereihafen von Hout Bay spannend. Wo man normalerweise schon des Wortes „Bay“ wegen eine windgeschützte Bucht erhoffen kann, sah man nur endlos aufgepeitschte, weiße Wasserfläche. Wie wir später feststellten, hatte auch der Sonnenschutz der Fock seine liebe Müh‘ mit dem Wind gehabt und begann sich zu verabschieden. Und, als wir endlich drin sind, wurde es noch besser: wir dürfen eine Schramme am Bug reparieren lassen. Knirsch. Rostige Klampe bohrt sich in den AKKA-Bug. So was Doofes. Als Folge habe  ich gestern erstmalig bereitstehende Leinenhilfe abgewiesen und bin eigenbeinig auf den Ponton abgestiegen – keine Lust mehr auf unwillige oder eigenwillige Helfer, und auf dösige im Starkwind schon gar nicht.

Seebären in HOut Bay

Seebären in Hout Bay

Hout Bay erwies sich als ausreichend großes Vergnügen, nachdem sich der Wind gelegt hatte. Nette Leute in einem eher bescheidenen Yachtclub, spannende bis abenteuerliche Schiffe ringsum, dicke Seebären halten ihre Schläfchen auf den Pontons. Am Wochenende füllt sich der weiße Sandstrand mit Menschen. Und mit vielen Hunden, die hier die Ohren im Wind wehen lassen und Bälle und  Stöcke oder anderes Strandgut aus den Wellen fischen. Supermärkte in Fußmarschreichweite – und was für welche! Jenseits des Fischereihafens fängt Kapstadt an, mit luxuriösen Wohnhäusern und Appartments – und mit reichlich europäischen Touristen und Überwinterern, die hier ihren schönen Euro in vergleichsweise viele Rand tauschen und ein nettes Leben führen. Eigentlich angenehm und zum Bleiben verlockend, wenn wir nicht einen recht exponierten Pontonplatz zugewiesen bekommen hätten. Der HBYC in Person des äußerst zugänglichen Alan versprach zwar, sich um einen besseren Platz zu kümmern, aber die geschützteren Innenplätze sind alle von Hiesigen belegt, sehr verständlich bei den herrschenden Windverhältnissen. Am Montag nach der Ankunft hocken wir daher auf den Bus nach Kapstadt: Marina angucken. Auch diese Busfahrt ein Erlebnis, denn was man in Hout Bay –  einem Fischereihafen mit fischverarbeitender Industrie – schon ahnt, setzt sich entlang dieser sensationell anzuschauenden Steilküste fort. Luxusbleiben, Hotels, und je näher man Kapstadt rückt, umso mehr Coffeshops reihen sich an „Woolworth Food“ („with extensive kosher and halal department“), es gibt Designer-Möbel, Elektronik, Restaurants. Lifestyle pur. Vielleicht typisch für die Gegend: die rundliche schwarze Nanny, die mit einem MASERATI-Kinderbuggy den Bus besteigt – Tipp vom Eigner? Sie holt das kleine Mädchen vom Ballett. Wohl eher vom exklusiven Kindergarten, aber über die Porschedichte müssen wir nicht reden, oder?
Nicht ganz so dicht dürfte dagegen die Porschedichte in dem Flecken Stadt sein, den wir auf der Rückfahrt über Hout Bay am Hang kleben sehen. Shantytown. Blechhütten dicht an dicht.  Wer genau hinguckt, entdeckt die sozialen Unterschiede eigentlich immer.

Alte Kräne am Multipurpose Terminal

Alte Kräne am Multipurpose Terminal

Das Ergebnis unserer Stadtfahrt war, dass wir AKKA am Dienstag nach Kapstadt verholten, in den den Royal Cape Yacht Club – wunderschön, durch ganze Felder von sonnenbadenden Robben. Reichlich Boote hier, viele alte Bekannte, die den Absprung nach Namibia, Brasilien oder direkt nach Europa abpassen. Der RCYC liegt zwar in einer entfernten Ecke des Industriehafens, so wie wir es mögen (siehe Singapur), aber es gibt nette Leute, ein angenehmes Clubhaus.

KranführerIn

… und eine KranführerIn

Über dem Ganzen thront der sensationelle Tafelberg. Aber eines muss man sagen: würden uns nicht die Bedienungen im Clubrestaurant oder die Arbeiter im Boatyard und drüben im Cargoterminal daran erinnern – Schwarzafrika wäre weit weg.

Da müssen wir uns von einer anderen Seite annähern.  Später mehr.

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