Nice!

Tiny’s Hurricane Hole. Netter Platz!

Thompson Bay, 18.4.2021

.. wie die Zeit vergeht. Immer wenn die Monatsuhr 20 zu schlagen droht, überkommt mich das schlechte Gewissen.

Brennerrohr mit Verstellschelle. Vom lokalen Gasmann ausgebaut. Das war’s nicht.

Also, was gab’s in diesen 4 Wochen? Nüscht, oder wenig. Mehrheitlich Dinge aus dem Alltagsbereich. Der Backofen… bäckt seit 2010, aber nu‘ – nicht mehr. Bei Brot Nummer 200 (sehr grobe Schätzung) kommt er nicht mehr auf Temperatur, das ist doof. Da taucht die Schipperin dann mit einem Zahnstocher in die Tiefen und stochert völlig sinnbefreit die Austrittslöcher am Gasbrennerrohr frei. Noch freier, als sie ohnehin schon waren. Der eigentliche Tipp deutet mehr auf „verschmutzte Gasaustrittsdüse“. Und schon geht es los: wer doof fragt, kriegt klasse Antworten. „Deine Gasflaschen sind verrostet, da ist Rost in der Leitung“.  Ich hoffe nicht, dass unsere Aluminiumflaschen sich von innen auflösen… Bukh Bremen empfiehlt, dass wir uns an den „lokalen Gasmann“ wenden, weil es auch die „Verstellschelle am Brennerrohr“ sein könne. Den Job hat sich unser lokaler Gasmann auf die ToDo-Liste geschrieben. Derweil wird Brot auf dem Herd gebacken, im brasilianischen Backtopf, mit dem Wok als (guss)eisernem Helfer, der speichert ordentlich Hitze (zu ordentlich, wie die Unterseite des Brotes zeigt. Die Nase sagt das auch…)

Nächste Überraschung auf dem Weg nach Long Island: die große Genua klemmt, 15 cm können wir rausziehen, dann federt sie nur noch lustig. Da, wo man gut drankommt – am unteren Ende der Rollanlage – liegt der Fehler nicht. Neuer Punkt auf der ToDo-Liste: Mastfahrt. Und ein paar Hirngespinste à la „hoffentlich müssen wir nicht die Rollanlage legen“. Das würde voraussetzen, dass man das Segel abschlägt. Wie schlägt man es ab, wenn man es nicht auswickeln kann? Richtig. Von Hand ums Vorstag. Die große Genua, was für ein Spaß. Da wir am Anker aber nicht segeln, surfen wir lieber ein paar Tage im Internet, procrastination at its best. Stimmungsaufheller willkommen, und damit Dank an Lille Venn, die uns einen Abend zum Drink einladen –  „…und wenn ich jetzt ein Risotto koche, würdet Ihr dann bleiben?“  Wir blieben… sehr lecker, sehr nett; vielen lieben Dank, das hat uns sehr gefallen. Das macht dann auch Mut für die Mastfahrt, und das Problem ist schnell gelöst, im wahrsten Sinne des Wortes, ein paar mutige Schläge auf den Wirbel, bisschen ölen, und schon rollt es wieder.

Alltag zum Dritten: der Wassermacher. Dröppelt schon seit ein paar Monaten vor sich hin, vielleicht 1 Esslöffel pro Sitzung, und vielleicht täte er das nicht, wenn wir anno 18 die Generalüberholung der Hochdruckpumpe hätten vornehmen lassen, die damals vom Hersteller in Trinidad noch als  „nicht unbedingt notwendig“ beurteilt wurde. Ein paar Dichtungen wollen ersetzt werden, kein Drama, nur eben nicht hier. Aber… ein Kavitationsgeräusch ist auffällig, es verstärkt sich während des Wassermachens. Kavitation ist einer meiner Lieblingsausdrücke aus den alten Motorsportzeiten, eine Chef-Goldstein-Spezialität. Ich behaupte einfach, dass es Kavitation ist, in der Flüssigkeit bilden sich unter Druck Gasbläschen, die dann implodieren – klingt halt so und erinnert mich an: „Blasenfrei zapfen!“. Das ist aber nicht alles –  auch die Drehzahl der Pumpe geht „irgendwie“ in die Knie – eine rein akustische Feststellung, wobei das eher ein Ratespiel ist. Wirklich, war das vor 4 Tagen auch so, oder spinnen wir? Hier ist der Chief gefragt, der eine unzulässige Abnutzung der Kohlebürsten feststellt. Das bedeutet: frau muss tief in die Schapps im Vorschiff tauchen und die Wassermacherersatzteile hervorholen, und, Überraschung, es gibt frische Kohlen; Erleichterung macht sich breit – wir neigen in letzter Zeit zu oben schon erwähnten Hirngespinsten, hier: „..wie lässt man Ersatzteile in die Bahamas fliegen.?“. Punkt abgehakt, Pumpe läuft wieder wie neu, das Kavitieren bleibt allerdings. Auffällig ist dabei, dass auch der Druck beim Rohwassereintritt verdächtig niedrig ist: er tendiert

Akka und Flora in der blauen Suppe

gegen Null. Wo sind wir hier? In Long Island, und in der Geografie/Geologie liegt der Hund begraben: wir schwimmen in einer sehr hübschen, blauen, aber doch milchigen Suppe, der Ankergrund ist (beängstigend!) flach, der Sand ist kalkig weiß, die Strömung sorgt für Wassertrübung (und niedliche, weiße Wölkchen aufwirbelnde Schildkröten beteiligen sich) –  die Vorfilter setzen sich schlicht mit Sediment zu. Das zu „reparieren“ braucht nicht mal den Chief – Vorfilter ausbauen, auswaschen, das war’s.

Noch mehr Alltag? Hm. Wir sind ja – zack sind 10 Tage um! – schon wieder auf Great Exuma, und trauern zwei Dingen hinterher, die wir in Long Island lassen mussten: eine Saugscheibe von meinem Glassauger, mit dem ich mich beim Schrubben am Rumpf festhalte, habe ich verloren, und aus 16 m Höhe wirft der Eigner einen unserer treuesten Schraubendreher zielsicher ins Wasser. Hätte kein Problem sein sollen, das Zeug aus 2.50 m hochzuholen. Wenn es nicht so milchig gewesen wäre…

Sonnenuntergang – der Vulkan in St. Vincent schickt Grüße

Sonst ist alles fein auf der Akka. Fein langsam, man kann auch sagen: etwas antriebsarm. Mir steckt die Aufgabe des Jahreszieles „Antillen“ doch mehr in den Knochen, als ich gedacht hatte. Dennoch freuen wir uns jetzt auf die USA, auch wenn wir noch nicht wissen, was dort geschehen wird. Impfung steht obenan – die Crew der Luna Mare hat sich im Vorbeifahren (mit dem Auto) auf dem Indianapolis Speedway impfen lassen, das klingt vielversprechend. Virginia muckelt noch an den vorerkrankten 70ern rum, Maryland dagegen impft alles, was sich bewegt und willig ist (ungeachtet des „immigration status“). Insgesamt sollte das Unterfangen klappen. Die letzten Tage inmitten von hochmotivierten (und -talentierten!) Seglern haben mich etwas nachdenklich gemacht: hochmotiviert war ich auch, talentiert noch nie. Ich glaube, man merkt, dass wir uns der Endphase einer sehr langen Reiseperiode nähern, und wenn wir denn – was ja selten vorkommt – „in froher Runde“ sitzen, treten die Unterschiede besonders zutage. Viel frische Energie, viel Gucken, viel Segeln, häufig gepaart mit stringenten Zeitplänen, die auch viel Strecke bedeuten, wenn auch zur Zeit etwas durch Corona eingeschränkt. Wetter? Ist doch kein Problem, da muss man durch. Hm.
Viel gucken tun wir allerdings auch – sehr häufig in die alten Bilder, wo einem dann auffällt, dass unser Segeln Transportstrecke ist, von einer Sensation zur anderen. Die wirklich herzerwärmenden Erlebnisse waren die an Land – nicht nur auf den großen Side-Trips à la Südafrika, Australien oder Südamerika, sondern auch, wenn wir nur länger an einem Ort lagen. Jacaré fällt mir ein, wo wir schon fast zum Dorfinventar gehörten. Opua (da liegt mein Herz noch herum…). Panama City (schönes zentralamerikanisches Chaos, gibt es auch in der indonesischen Variante namens Jakarta). Pangkor (Obst vom Gartenverkaufsstand an der Straße. Die Bananen so „nature“, dass sie kleine Maden beherbergen. Die feuerwehrpflichtigen Biryani-Restaurants nicht zu vergessen).  Die Bahamas haben es da schwer mit uns. Es ist schön, rein optisch und die Menschen sind freundlich, aber mir fehlt ein Kick. Vielleicht wäre das anders, wenn ich eine Seaglass-Sammlerin wäre oder täglich zum Spearfischen ausrückte. Trotzdem: Nice! Dennoch wäre ich jetzt gern unterwegs in die Antillen, wo sich so viele, unterschiedliche Inseln, auch Kulturen, reihen. Oder in Guatemala oder Mexiko. Heute schickt Facebook uns eine ganze Liste von „Erinnerungen“ an frühere Reisen. Gambia. Gleich zweimal Landreise in Australien – das lässt das Herz hüpfen. Und motiviert zu neuen Taten.
Drum: auf nach Norden! Nice!