Fisch ohne Fahrrad

Akka trocken. Der Kakaobart ist Zeichen der ICW-Fahrt

Stingray Point, 31.8.2021

Ein Monat ohne Blogeintrag ist wie… richtig: ein Fisch ohne Fahrrad.  Aber vielleicht freut es den einen oder die andere, wenn wir den Fisch doch noch zum Radeln bringen.
Vorkommnisse in den letzten 4 Wochen: keine. Oder kaum welche. Eine Fahrt um den Stingray Point herum zu unserem neuen Standplatz bei Stingray Point Boatyard. SPB ist das Mutterunternehmen unseres letztjährigen Boatyards – 3 Brüder teilen sich das Chaos, die Farinholts. John, der Chef, Rick, der Alleskönner und Lee, der brummig-nette Antitrumper.  Als wir noch am Dock liegen – wir hatten eigens dafür die Liegezeit verlängert – kommt Rick nach einigem Drängeln in seiner Funktion als „Motormann“ zum Ausrichten unser Propellerwellen- und Motorposition. Hatten wir ja schon: Vibrationen. Der Eigner behauptet, dass Akka so sehr schüttelt, dass es die Sicherungsschrauben aus den Relingsstützen fliegen lässt. Also wirklich, Herr Hänsch… Der Termin mit Rick ist klasse – so recht nach des Eigners Geschmack: ein Mobiltelefon dient als Arbeitsfeldbeleuchtung, das von uns angebotene (und perfekte) Werkzeug wird mit Missachtung gestraft, ein Adlatus muss mehrfach rennen, um „das richtige“ Werkzeug zu holen (so viel zu guter Vorbereitung), was den Eigner tief Luft holen lässt, denn Werkzeug hier ist dann doch häufiger mal nicht metrisch, sondern „imperial“ und „ungepflegt“. Es tut ihm in der Seele weh. Das Ende vom Lied dieser Aktion ist, dass sich nicht wirklich viel tut auf der Vibrationsseite, und die Diagnose lautet: neue Motorlager, also diese elastischen, auf denen der Motor ruht (nix Inwendiges) . Doch, war nicht schlecht, Rick gebeten zu haben – es ist einfach schwere Arbeit, und die werden wir auch gern beim Einbau neuer Lager weitergeben. Weiterungen aus dem Termin allerdings: den Helfer, der außer zum Rennen wenig nützlich war,  mache ich beim nächsten Mal selbst, sagt der Eigner; möglicherweise muss ich dann den Helfershelfer anderweitig bespaßen. Kaffee anbieten oder so. Für adäquate Beleuchtung werden wir sorgen können. Das mit dem Werkzeug gilt es zu klären. Und die Lager besorgen wir selbst (siehe unten).

Fishing Bay nach Stingray Point – über Land ein Katzensprung

Zwei Tage später machen wir uns auf die oben schon erwähnte Reise – 2 Stunden dauert es, um aus der Fishing Bay herauszukommen. Spannung ist angesagt, denn es heißt von allen Seiten, dass die Zufahrt zum Stingray Point extrem flach ist. So richtig was für die tiefgangsschisserige Schipperin. Allerdings: wir sind zwei Tage nach Neumond, also knapp hinter Springhochwasser, unser Timing für die Ankunft ist ungefähr eine Stunde vor Hochwasser – was wir sehen, sind nie weniger als 2.50 m Wassertiefe. Also, entweder hat jemand gebaggert, oder wir sind die Glückskinder. Wahrscheinlich beides.  Akka jedenfalls wird aus dem Wasser gehoben und sieht „untenrum“ glatt aus wie der sprichwörtliche Babypopo – was war das eine Barnacleschweinerei, als wir aus Kuba kamen! Da hatten wir allerdings das Coppershield nicht selbst geschliffen, sondern die Trinis machen lassen – ist es das?! Kurz später stehen wir mitten auf dem neuen Schotterareal, zwischen zwei Katamaranen (sehr praktisch: Einstellplatz für den Saturn!). Einrichten, grässliche Wasserqualität entdecken, was zum Einkauf von zwei Vorfiltern führt- Unser Trinkwasser holen wir kanisterweise in der Marina, ein 8 Minuten Autoreise von hier.   Die Quelle bei der Feuerwehr im Dorf, wo sich die gesamte Nachbarschaft bedient, ist so unangenehm wie die hier vor Ort. Es sieht nicht nur „igitt“ aus, sondern schmeckt auch so. Gut dass das Auto da ist!  Der Rest ist Alltag.

Das Wetter ist gemischt, mal grottig heiß, dann wieder gewittrig, aber immer klimaanlagenpflichtig (Umweltsäue!). À propos Gewitter: eines Nachts höre ich es grollen, klettere noch schnell ins Cockpit, um die Seitenwände zu schließen, finde die kurzfristig taghelle Beleuchtung gruselig genug, um rasch wieder die Decke über den Kopf zu ziehen. Booom! Blitz! Ich liebe es. Und nochmal – diese Dinger, bei denen Blitz und Donner gleichzeitig auftreten. Schlafen ist gerade nicht –  der Eigner: „… es riecht! “ Ich: „Es stinkt! Schmorendes Plastik!“ Getroffen sind wir nicht, aber was stinkt? Der Eigner in seiner über-coolen „Gefahr im Verzug“-Stimme: „Komm!“ Raus aus der Kabine, wo es schon ein bisschen rauchig aussieht. Rundumblick. Motorraum auf –  da quillt ein Riesenschwall gelblicher Qualm heraus. Kopflampen auf, Hauptschalter aus – brennt irgendwas? Nein. Gut. Ist irgendwas wärmer als es sein sollte? Auch nicht. Die Nerven beruhigen sich etwas. Was genau das war? Keine Ahnung. Das Gewitter zieht durch, wir lüften und verziehen uns nochmal in die Koje. Ein äußerst unangenehmes Erlebnis.

Nach ein paar Stunden der Verunsicherung (die Schipperin klettert in der Früh die Leiter runter und schleicht vorsichtig um das Schiff, um Blitzspuren zu entdecken…) fällt irgendwann der Groschen: unser Landstromladegerät für die Batterien hing am Netz und hatte Überspannung bekommen. Und war im wahrsten Sinne des Wortes abgeraucht. Das lässt sich reparieren. Der Eigner ist ein bisschen traurig: dieses Ladegrät war ein Schnäppchen aus dem Gebrauchtteilehandel in Martinique, 2018. 10 Euro, da „defekt“. Hat gut gedient bis zu diesem Vorfall – und der Ersatz schlägt mit 400 Dollar zu Buche.

Dann kommt der Alltag zurück. Die Motorlager sollten längst auf dem Weg sein, was ist damit? „Backorder“ ist das Modewort dieser Tage. Alles ist in Backorder, Stoff für Cockpitsitze, Kleinkram, Motorlager. Leider sagt uns das der Lieferant in Fort Lauderdale erst nach 14 Tagen. Telefonieren, anderweitig suchen und „backorder – backorder –  backorder“ hören. Der Bootsteile-Discounter Defender hat 2 vorrätig, wir witzeln, wie man die am günstigsten einbaut (diagonal!). Und wo werden wir fündig? In Deutschland. Immerhin storniert der Lieferant in Florida unsere Bestellung anstandslos – Mitte Oktober wollen wir wieder im Wasser sein und nicht noch auf „backorder“ warten. Vielleicht kann der Versender in Tostedt ja unsere Wahlunterlagen hinzufügen?! (Scherz…)

Was noch? Das neue Aggregat für die Kühlbox ruht auf dem Sofa, und wir auch ganz gern. Es ist heiß, das schlägt auf das ohnehin schneckenartige Arbeitstempo. Der Herd – sagte ich schon? – tut’s immerhin wieder, eine Streichung von der To-Do-Liste. Das Leben geht seinen Gang. Ab und zu gibt es Ärger mit dem Webspace-Provider in München, falls es jemand bemerkt hat. Mal ist nur der Mailserver gekappt, mal auch die Website – aber da der Blog sowieso ein Fisch ohne Fahrrad… aber wir bemühen uns!

Ida kommt!

Ach ja – meine Großmutter ist im Anmarsch: Ida kommt. Am Donnerstag. 

Dieser Blogbeitrag ist dem Bruder und meiner Schwiegernichte Silke gewidmet. Was wäre ich ohne Eure Arschtritte!?