Blanquilla

Playa El Yaque/Blanquilla, 13.10.2009

Unser Mitteilungsbedürfnis scheint mit steigender Abgeschiedenheit der Ankerplätze zuzunehmen. Aber dieser ist wirklich ein besonders schöner: die Westküste der kleinen Insel Blanquilla. Die Armee und ein paar Fischer residieren an der Südseite und mal abgesehen vom gelegentlichen Fischerboot haben wir noch nichts von ihnen gesehen – die Armee MUSS aber bald auftauchen, zuletzt soll sie Freitag hier gewesen sein, kurz bevor wir ankamen, und kontrollbewusst (von -wütig können wir bei der Frequenz nicht sprechen!) sind die Jungs allemal. Der einzige „Dauerbewohner“ auf der Insel ist vor ein paar Jahren gestorben, wir wollen heute mal einen Ausflug zu seinem Domizil machen, oder zu dem was davon übrig ist; das sind die Hausreste, aber auch eine kleine Herde wilder Esel, die hier für den morgendlichen Weckruf sorgen. Da Herr Blankenship ein Amerikaner war, heißt „seine“ Bucht passenderweise Bahia del Americano – der alte Herr ist wohl bis in seine späten Tage mit einem Kleinflugzeug gleich neben dem Haus gelandet; binnenlands gibt es nur einen Trampelpfad zur Fischersiedlung und wer es, wie wir gestern, querfeldein probiert, kriegt Stachelbeine. Von den allgegenwärtigen Kakteen. Da geht nichts ohne Drillichhose und Wanderstiefel – zu warm für unseren Geschmack.
Der Ankerplatz ist nicht so sehr abgeschieden, wie man sich denken könnte, es laufen doch immer wieder Yachten hier auf, und derzeit sind das zwei Franzosen, NUAGE und VANILLE (sehr hübsch gelb!), die bereits bekannte SOLEIL und KAMIROS; letztere eine deutsche Familie, die zuletzt in Neukaledonien gelebt und ihr aus allen Nähten platzendes Boot dort verkauft hat, um sich in Porlamar vor ein paar Tagen mit neuem „Lebensraum“ zu versorgen. Und die können aus ihrer Südpazifikerfahrung wiederum tolle Geschichten erzählen von Zielen, die wir bislang mehr aus dem Augenwinkel betrachtet haben: Tasmanien. Stewart Island. So sassen wir denn gestern abend mit dem ganzen Seglerverein im Sand und fingen doch tatsächlich an darüber nachzudenken, ob wir nach so langer Zeit im Warmen unsere Zentralheizung wieder in Gang kriegen können… Ansteckend!
Der nächtliche Strandtermin war übrigens insofern bemerkenswert, als es unser erstes „potluck“ war, auch wenn das nicht offiziell so hieß (dazu hätte es einiger Amerikaner bedurft!): Jeder schleppt etwas zu essen oder zu trinken an. Die Dinghies liegen so faul unter den sternenbeschienenen Palmen wie wir, die Kinder haben Spaß im Sand, 4 Sprachen mischen sich mehr oder weniger mühsam, neugierige Einsiedlerkrebse kommen mit ihren gewaltigen Schneckenschalengehäusen angewalzt und kneifen einen auch mal in den Finger. Es gibt Fischkuchen und Avocadopaste, Heidis Roggenbrot und Reissalat, und das eine Boot, das ich noch nicht erwähnt habe, bringt „Solomito“, ein riesiges Stück Rindfleisch, und brutzelt es in einer Sandkuhle. Natürlich, Venezolaner, die an ihrem Unabhängigkeitstag ein kleines Fest veranstalten. Segelnde Venezolaner gibt es eher selten, das ist erklärlich, denn wo der Sprit fast geschenkt ist, stehen die Zeichen mehr auf „dicker Außenborder“; da aber das Fleisch ebenso günstig ist wie der Kraftstoff, greifen wir alle gern und ohne schlechtes Gewissen zu – es ist ja auch eine „Wagenladung“ da. Sehr lecker.

Gleich geht der Ernst des Lebens wieder los. Schnorcheln – eine schöne Seeschlange haben wir neu auf der Liste, braun mit weißen Tupfen, im Stil eines Kunstseidenkleides aus den 50er Jahren. Unterwasseraufnahmen – wir haben auf Margarita eine kleine Klarsichttasche für die Kompaktkameras gekauft! – sind uns noch nicht so recht gelungen, aber es hatte uns schon jemand prophezeit, dass vielleicht 15% der Aufnahmen akzeptabel sind. Noch bewegen wir uns eher bei 5 %, deswegen müssen wir jetzt los und üben. Riffsepia und hunderterlei bunte Fische knipsen.

Bis bald!

Die machen sich lustig …

Blanquilla/Venezuela, 8.10.2009

In der Tat, die machen sich lustig, und zwar über MICH!
Wenn der Ehemann und Eigner schon derartig harmlos fragt: „… schau mal, habe ich das sachgerecht getroffen!?“, dann ist etwas faul. So heute – wir haben einen guten Segeltag hinter uns gebracht, aufstehen um 5, ankerauf um 6 Uhr, 60 Meilen bei mittlerem Wetter nach Blanquilla. Ein Squall war dabei, wo ich ein bisschen lange geschaut habe, ob der denn nun was mit uns zu tun hat oder nicht; das Ende vom Lied bei solchen taltoschen Spielchen sind dann meist hektische Aktionen, und zwar sobald die ersten Regentropfen fallen. Schnell abfallen, Schrick ins Groß und weg mit der Genua. Passiert halt ab und zu, macht nix.
Aber dann diese Frage… Was da nämlich im Logbuch steht, müsste man eigentlich einscannen und hier verbreiten, um mal zu zeigen, wie schwer man es als begeisterungsfähige Bordfrau hat: ich hüpfe am Nachmittag, so in etwa in Höhe der Roques Hermanos, an der Reling auf und ab, deute in die Wasserweite und johle dazu: „.. da! Da! Guck mal!“ Der Eigner sieht nichts, ich dagegen eine schwarze Flossenspitze, die unbeweglich aus der Wasseroberfläche herausschaut. Wal?! Hai?! Lebend? Tot? Irgendwas Großes, Schwarzes in jedem Fall. Ich glotze hinterher, bis ich auch nichts mehr sehen kann.
Seit ich heute abend bei der SOLEIL vorbeigeschwommen bin, weiß ich nun, was es war, die haben es nämlich vor ein paar Tagen auch gesehen, an ziemlich genau dem gleichen Platz und in voller Lebensgröße; und während ich mir, nachdem ich brühwarm berichtet habe, das Salzwasser abspüle, malt der Eigner schon das passende Bild ins Logbuch. Ein Wassertümpel mit einer Flosse, Bildunterschrift: “ … Andrea sichtet einen Orca!“ Ja, es stimmt, ich habe keinen Orca ERKANNT, aber ich weiß, dass es einer war… Andere Leute sehen überhaupt nichts.

Und nach dieser Klage kann ich ja die nächste „… oh, nicht schon wieder!“-Geschichte gleich anhängen. Die braucht aber eine Vorbemerkung: Unser neues Dinghy ist bekanntlich mein Freund, samt seinem Zweitaktantrieb, und während Andreas‘ Abwesenheit war ja reichlich Gelegenheit, mit dieser Art Wassermoped durch’s Ankerfeld zu knätern. Was das Kompliment einbrachte, bitte merken: „… wenn sie die AKKA so fährt, wie sie das Dinghy fährt, kann man beruhigt mit AKKA segeln gehen!“. Punkt.
Unser neues Beiboot ist das gleiche, das auch die SOLEILs kürzlich erworben haben, sprich: unsere Dinghys sind gleich klein und gleich kippelig. Eines Abends – unser Schlauchboot hing schon oder noch in Relingshöhe – kam der SOLEIL-Klaus vorbei, um uns zu einem Schwatz im Cockpit abzuholen. Einstieg von unserer Badeleiter, was für uns eher ungewöhnlich ist, wir entern AKKA normalerweise über die seitliche Bordwand; aber Badeleiter ist ja auch schön. Nun ja. Ich habe jedenfalls beide Hände voll mit Mitbringseln, die ich ungern loslassen möchte, und so kommt es, wie es kommen muss: Klaus muss mir beherzt „unter die Arme“ greifen, um zu verhindern, dass ich im Wasser lande. Gelächter, mein Stolz (siehe oben) erleidet dabei ein paar Kratzer, ich habe mal wieder die ungelenke Dicke gegeben. Der Schwatz zieht sich hin, es wird dunkel und die Rückfahrt wird mit „… willst Du nicht gleich schwimmen?!“ angekündigt. Einstieg – Klaus sitzt schon, Andreas hinter mir: „… setz‘ Dich schon mal auf die Steuerbordseite!“ Mach ich. Allerdings: mein Eigner auch, auf die gleiche Seite, und unnötig zu sagen, dass Klaus in eben jenem Moment… Platsch – Ladies first! Andreas sagt dazu ganz sachlich: „Perfekt! Nur eben ohne Taucheranzug und -flasche!“

Ich glaube, die machen sich lustig …

Ach, noch was: es ist schön hier! Wir haben uns zwischen die SOLEIL und zwei Franzosen gelegt, die es jeweils schon etliche Tage hier aushalten; ansonsten herrschen Leere, blaues Wasser, weißer Strand, Eselspfade. Morgen geht’s auf Schnorcheltour – Orcas gucken, oder was sich sonst hier tummelt.

Hans, der Grieche

Juan Griego, 7.10.2009

Das war ein harter Tag, 30 Seemeilen, unter Vollzeug, und am Ende wartete Hans, der Grieche auf uns; bei dem sind wir nämlich jetzt, völlig jeden Internetservices ledig, so dass ich so schnell wie intensiv versuchen musste, den frisch gemachten Rechner auf „Funkmail“ zu trimmen. Scheint aber zu klappen.

Besagter Hans war tatsächlich ein Grieche und dazu Pirat, der hier au irgendeinem Grund gestrandet sein muss und dieses Örtchen an der Westseite der Hauptinsel von Margarita gründete. Viel wichtiger allerdings war allederings, dass die Spanier hier später ein kleines Fort errichteten, und dieses Fort nahm in den frühen Jahren des 19. Jahrhunderts ein gewissen Juan Bautista Arismendi ein (wenn ich den Verlautbarungen aus dem Reiseführer glauben darf, war das eine ziemlich tödliche Gschichte für die Spanier!). Der Herr Arismendi war einer der Generäle des Simon Bolívar und hatte eine ebenso „heldenhafte“ junge Frau names Luisa, die einen auf Schritt und Tritt auf Margarita verfolgt: Schulen, Krankenhäuser, Militärposten – alles heißt hier „Luisa Arismendi“. Die beiden also haben den Boden für Bolivar bereitet, der so aus seinem haitianischen Exil hier auf der Insel landen konnte und seinen Befreiuungsfeldzug auf dem Kontinent weiterführen konnte.
Kurzfassung für Geschichtsmuffel: Jannis der Grieche und Pirat gründet ein Städtchen, das sich fortan Juan Griego nennt. Juan Bautista Arismendi schmeißt die Spanier aus dem Fort, Simon Bolívar kommt aus Haíti und – zack – ist die AKKA zu Besuch in Hugos Republik, die sich stolz „Republica Bolivariana“ nennt. Uns ist das aber gerade schnurz: Wir gucken PELIKAN-SHOW. Absturz aus 15 m Höhe, reihenweise, und nun, wo es dunkel ist, hören wir sie immer noch platschen. Die wären auch ohne Hans den Griechen hier..

Immerhin …

Porlamar, 5.10.2009

Sorry für die Verwirrung! Natürlich sind wir in Venezuela – die beiden Blogbeiträge, die ich gerade gelöscht habe, steckten noch ungesendet in einem alten Airmail-Profilordner, den ich benutzt hatte, um das Einrichten des Programmes zu beschleunigen. Kollateralschaden nennt man das. Leider fiel gestern abend das Netz aus, so dass ich nicht gleich reagieren konnte; vielen Dank an die AnjuliNui, die gleich eine Protestmail losgeschickt haben. Immerhin: es funktioniert fast alles wieder. Die Website ist in Arbeit, das ist – besonders was die Bilder betrifft – ein bisschen mühsam, aber es hat reinigende Wirkung auf all die Ordner, die in 2 Jahren so viel „Schrott“ angesammelt haben.

Unsere Planung sieht vor, dass wir jetzt gleich auschecken gehen, dann wird noch einmal ein Batzen Vorräte eingekauft und morgen früh geht es los. Aller Wahrscheinlichkeit nach machen wir ein Päuschen in Juan Griego, bevor es weiter nach Blanquilla geht.

Und ab da ist dann wieder Funken angesagt – wir wissen ja nun, dass der Mailversand und damit das Bloggen per Funk funktioniert!

Bis dann!

Neues Blog-Layout

Schon wieder musste ich die Blogsoftware updaten, und nun ging mit dem alten Layout (neudeutsch: Theme!) gar nix mehr… Schön ist es nicht, aber für’s erste geht’s. Das „Captcha“ muss nun auch mal bearbeitet werden, das ist die Software, die die Registrierungen kontrolliert, ob wirklich Menschen dahinter stehen – leider kriege ich das einfach nicht hin.

Viel schlimmer ist: Ich habe bei der beschriebenen (tat ich das?!) Aktion „Festplatte putzen“ versäumt, die letzte Version der Website zu speichern, die ja sowieso mal wieder inspiziert werden musste. Das war eine lange Nacht gestern, und – ich hatte keinen Erfolg.  Nichts geht mehr.

Das werden wohl noch mehr lange Nächte…

Rote Hemden

Porlamar, 29.9.2009

Das Wochenende war ziemlich friedlich, und Internet gab es auch ausreichend – wie nett von den Präsidenten. Während Ihr da drüben gewählt habt (man kann Euch schlicht nicht alleine lassen!), wurde hier die neue Südamerikanische Bank gegründet. Und sicher auch ein bisschen über Afrika geredet. Präsidenten weg, und nun?! Powercut. Kein Internet – wer sagt€™s denn. Es muss daran liegen, dass wir gestern beide in roten Hemden in der Stadt waren: Der Dollar fällt, drum verbraucht sich der eingetauschte Bolà­var auch schnell, und weil wir ja schon Vorräte für ein paar Inselwochen kaufen, muss ein neues Päckchen Bolivares geholt werden. Gemeinsam mit den BAJUs; Taxifahren, domm Tüüch reden, Saft trinken, das übliche Porlamar-Programm. Das übliche Venezuela-Programm, und das enthält ja auch immer die einschlägigen Photos – hier: zwei deutsche Abiturientinnen (siehe Blog „Harmlos“!) vor der „Auslage“ im Doppelsinn des Wortes, übrigens ein stinknormales Konfektionslädchen. Die Männer freut€™s.

Zwei deutsche Abiturientinnen und eine venezolanische...

Zwei deutsche Abiturientinnen und eine venezolanische...

Während Heike und Stefan danach auf Epoxi-Kauf-Expedtition gehen, spazieren wir zunächst unbefangen durch Porlamar, stehen am Zaun zur alten Befestigung zum Meer, durch den uns Soldaten anschauen und uns unaufgefordert einen eindeutigen Richtungshinweis geben: Rote Hemden, bitte rechts €¦ Hä?! Wir haben doch nicht mal nach dem Weg gefragt. Wir spazieren weiter, bis sie uns immer öfter entgegenkommen: Chavez-Mützen, rote T-Shirts, Plakate: „Hugo y Ibraà­n – un gobierno por el pueblo!“ und andere Sympathiebekundungen. Mittlerweile steht der Verkehr auf der Uferstraße, Busfahrer hauen sich verzweifelt an die Stirn, weil die vermeintliche Stauumgehung genau da landet, wo sie nicht hinwollten: im Stau. Wir geben der Sogwirkung nach – rote Hemden zu roten Hemden. Busseweise werden sie ausgespuckt, und wer noch nicht das passende Outfit trägt, kann sich vom Straßenstand rasch versorgen: Camouflage-Mütze, Ché-T-Shirt, venezuelafarbener Schlapphut mit Politparole. Die Menschenmenge besteht, das lässt sich leicht an der bestickten Kleidung ablesen, aus Bediensteten der Alcaldà­a, dem Zoll oder anderen (zwangsverpflichteten?!) Staatsdienern sowie viel begeisterter Landbevölkerung.

Unter Rothemden

Unter Rothemden

Am Tor vor der Stadtverwaltung heißt uns der alte Herr mit dem „Ministerio de Sciencias“-Hemd (rot! Was sonst€¦) strahlend willkommen (rote Hemden!) und sagt gemessen: „El commandante! El senor presidente Hugo Chavez€¦“ Kommt her um mit dem Volk zu sprechen. Prima! Wann?! „à€ las 5, 6€¦“ Uns ist trotz roter Hemden mehr nach einem Kaffee und schon gar nicht nach endlosem in der Sonne braten – 3 Stündchen werden wohl noch vergehen, ehe es soweit ist. Nö. Wir verzichten. Hopp auf den Bus zum SAMBIL-Einkaufszentrum; Lokalkoloritfahrt mit hochzivilisierter Endstation. Es lockt der Milchkaffee „Grande“ aus dem Plastikbecher. Und Erdbeertörtchen. à€ propos „grande“ – wir sind in Südamerika, dem Kontinent der klitzekleinen Kaffeeportionen, da ist ein Café Grande leicht zu bewerkstelligen; alles jenseits der Fingerhutgröße ist „grande“ . Überhaupt Kaffee: Wird produziert in Venezuela; derzeit leider nur enkoffeinierter Columbiakaffee im Handel. Dass wir vor lauter Begeisterung – Stefan „BAJU“ hatte vor Wochen die Parole ausgegeben „€¦ wer immer Café Madrid sieht: MITBRINGEN!“ – letzte Woche lächerliche zwei Päckchen von eben jenem venezolanischen Kaffee (gut und billig!) einsacken und der BAJU eines gnädig überlassen, war ein bisschen blauäugig, zumindest die Einschätzung, dass ja nun die Regale damit wieder gefüllt seien. Schon 24 Stunden später heißt es: „…gähnende Leere!“, und gestern schon wieder alles voll mit€¦ entkoffeiniertem Colombia-Kaffee. Somos paà­ses hermanos. Hat er gesagt, der Hugo. Bruderländer. Diplomatische Beziehungen sind zwar noch nicht wieder aufgenommen, aber der Kaffee wird brüderlich geteilt, offensichtlich. Wir shoppen fröhlich Gemüsekonserven, Wurst und Käse für die kommende Zeit, sogar Gin findet den Weg in den Einkaufswagen, ein Liter-Fläschchen für 21 Bolis. 2,50 ‚¬ – wir verstehen die Engländer, die kürzlich mit 30 Flaschen und mehr durch die Kasse steuerten. Jahres-Ration, so wie unsere Flasche. Segler neigen ja zum Alkoholgenuss bis -exzess€¦

Jürgen Langbeins in Porlamar

Jürgen Langbeins in Porlamar

Unser Wagen ist dann auch voll, auch ohne deutsche Langbeinsuppen, der Taxifahrer fragt das Ziel ab. Ich schwinge mich auf den Beifahrersitz: „€¦ ist das Chavez da im Radio?! Hier in Porlamar?!“ Nein, nein, der ist in Caracas€¦ NEIN! Der ist hier! Oh, toll, und Ihr habt rote Hemden an€¦

Wir haben doch was verpasst: Chavez spricht augenscheinlich weniger mit als zum Volk und zum ebenfalls anwesenden „el colonel“ Muammar al-Gaddhafi, dessen „palabras“ aber die Fähigkeiten des Dolmetschers leicht übersteigen. Arabisches wird in einen spanischen Wortwust übertragen, gespickt mit „revolucià³n“ und „antiimperialismo“ – ich denke schon, dass nicht nur ich mir keinen Reim auf die Übersetzung machen konnte. Danach aber produziert unter dem Jubel der lokalen Menge „el commandante – el senor presidente “ wunderbares Pathos – Kinder und Frauen und Helden werden vielfach gelobt und Hugo gießt reichlich alten Wein in neue Schläuche: „Viva la revolucà­on – Viva el socialismo nuevo! Viva la lucha antiimperialista -viva el socialismo sudamericano!“ Ob es dem Taxifahrer gefällt, haben wir vorsichtshalber nicht abgefragt. Aber er freut sich anhaltend – über unsere roten Hemden. Na denn€¦

Eine Lücke im Internetausfall…

Porlamar, 25.9.2009

…muss man nutzen! Der Ausfall ist nicht unbeabsichtigt, siehe unten, aber wir können doch gerade mal umhersurfen: Wir sind noch da! Mit Betonung auf „wir“, denn Andreas ist schon am vergangenen Freitag aus Deutschland zurückgekehrt, mit haufenweise Luxusgütern (neues Aspire One-Netbook, externer DVD-Brenner, Festplatten etc.), mit Bootsersatzteilen (für uns und die umgebenden Schiffe) und schönen Erinnerungen, zum Beispiel an ein Abendessen mit den alten Kollegen Rico, Roland und Thomas – da wäre ich ja dann doch auch mal gern dabei gewesen. Mein Aufenthalt „allein an Bord“ –  der war angenehm und rascher zu Ende als die to-do-Liste es erfordert hätte. Es geht auch ohne Telefon, eine neue Lehre, und eine kostengünstige dazu, hatten wir doch beim letzten Heimaturlaub ein halbes Monatsbudget zwischen Brasilien und Deutschland in den Äther geblasen. Ein einziges Mal saß ich des nachts – über Computerproblemen brütend und ein bisschen verträumt – im Cockpit, als ich ein Fischerboot herantuckern hörte. Ein böser Bube wäre vielleicht eher herangepaddelt, aber es erinnerte mich daran, dass die Nachbarboote sich ein Stündchen nach Sonnenuntergang einzuschließen pflegen.  Huh! Ganz allein! Rasch das Steckschott eingesetzt und ab in die Falle. Mittlerer Blödsinn, jedenfalls aus momentaner Sicht – zu Leichtsinn sollte mnn hier sicher nicht aufrufen; aber brandgefährlich schien mir der Ankerplatz zu keiner Zeit zu sein. Nun ist schon wieder eine Woche ins Land gegangen.  Außer Bewältigung der reichlichen frisch angelieferten Lektüre stand auf dem Plan: Einkauf im SIGO-Supermarkt. Geldwechseln. Taxifahrten mit wunderbaren uralten Straßenkreuzern. Und immer mal ein Fruchtsaft vom Straßenstand. Meine neue Brille (der Teufel trägt PRADA!) abholen in einer Mall, die jedem amerikanischen Standard standhält. Merkwürdiges sozialistisches Land. Wir halten mit Terminen dagegen, das Sozialleben fordert vollen Einsatz. Montag: Grillen auf der BAJU. Dienstag: Tschüss-Getränk auf der NADIA bei Jochen. Mittwoch: SOLEIL schaut auf der AKKA vorbei. Heute: schaut AKKA auf der SOLEIL vorbei… Termine, Termine!

Und dann müssen wir ja noch: Pläne machen. Langsam machen wir uns auf die Socken – wir haben lange überlegt, ob wir noch einen Landausflug bei Hugo unternehmen sollen, Salto Angel, Mérida und  so, aber derzeit stehen die Zeichen mehr auf Kolumbien; und bevor wir das erreichen liegen noch ein paar kleinere Außeninseln Venezuelas, auf dem Weg wie auch die „ABC“s,  Bonaire, Curacao und Aruba (also eigentlich ACB oder BCA!), die wir doch zumindest streifen wollen.

Dieses Wochenende werden wir überwiegend an Bord verbringen – wir haben ja immer rechtes Glück mit den Staatschefs, siehe America’s Summit in Trinidad. . Hugo kommt in die Stadt bzw. nach Pampatar und mit ihm sämtliche südamerikanischen Präsidenten (wenn sie nicht  gerade in Pittsburgh sind…) sowie ein Großteil der afrikanischen. Schade dass alle Straßen gesperrt sind – wir hätten doch gern mal geguckt, wie sich das Zelt vom Herrn Gaddhafi im Garten des Hilton-Hotels ausmacht.  Nix da.  LKWS? Verboten! Alkolholverkauf? Verboten! Mobil telefonieren? (Vielleicht) verboten – ich halt dies für eine Dingsda-Parole. Geschäfte? Geschlossen! Frei rumlaufen?! Oder gar glotzen?! Wahrscheinlich auch verboten… Also genießen wir die Kunstflüge unserer umgebenden Pelikane und das Bordleben ganz allgemein.

PS: wer was zu dieser South-South-Konferenz wissen will, von außen, der kann HIER nachlesen. Fand ich gerade im Netz; oh, je – Mugabe…

Und was das zusammenbrechende Internet betrifft: Es scheint so zu sein, dass Hugos Geheimdienst-Crew mal Pause gemacht hat, die anderen Bootler aber alle resigniert haben – volle Bandbreite für die AKKAnauten!

Das Leben ist schön!

Porlamar/Isla Margarita, Venezuela,  16.9.2009

Ein schönes Leben mit wunderbaren Eltern, das wünschen wir zwei neuen Erdenbürgern! In Lübeck wurde der kleine PIET geboren, Nachwuchs für die ex-Aphrodite Daniel und Eva. Spannend hast Du’s gemacht Piet, aber jetzt bist Du da und wir wünschen Euch alles erdenklich Gute. Das Tolle ist ja, dass die VENGA bald fertig ist und Du Deinen Posten al Jungmaat dann sofort antreten kannst…
Und zeitgleich kam Post vom Zahnarzt  aus Intermares/Brasilien: Willkommen, kleine Sofia! Und alle guten Wünsche an Euch, Kàªnia und Guilherme. Das Eheanbahnungsinstitut AKKA empfiehlt: VENGA reist mit Piet nach Brasilien, man lässt sich unverbindlich im COI (dem Centro Odontologico Intermares) die Zähne richten und – Ihr wisst schon…

Und hier, auf der AKKA? Eigentlich sollte ich ja das Schiff auf Vordermann bringen, während der Eigner in Deuschland ist, zumindest so weit, wie das in meinen bordfraulichen Kräften liegt. Putzen…
Nun habe ich seit vielen, vielen Monaten vor mir hergeschoben, dass der Laptop mal gründlich „geputzt“ werden müsste, eine Gehirnwäsche, sozusagen – die letzten Bprdgespräche enthielten stets Komponenten wie: „…warum ist der Rechner so elend langsam?“ oder „… jetzt hat er sich aufgehängt!“ und dann sprachen wir im Chor: „… wir müssten unbedingt mal die Festplatte putzen!“

Jetzt war die Gelegenheit günstig – kein Eigner, der den Rechner nutzen will und ein paar Stunden Zeit konnte ich wohl erübrigen. 4 Tage vergingen, bis ich endlich – schon nicht mehr ganz frisch! – ans Werk ging.  Um zu merken, dass esja so einfach doch nicht geht, vergingen nicht ganz so viele Stunden;  zumindeste eine größere Sicherungsaktion steht vor dem Formatierungsbefehl. Und dann war ja noch zu klären, wie das überhaupt vonstattengeht, woher kriege ich die Servicepacks? Tjaja, Ihr Schlaumeier! Runterladen!? Kann mir das mal einer vormachen? Wir stehen hier um 5 auf, um mal die volle Bandbreite für schlappe 100 MB zur Verfügung zu haben – man oder frau muss halt dann laden, wenn die anderen noch schnarchen. Es reihte sich Frage an Frage, Google-Sitzung an Google-Sitzung, Stunde an Stunde. Am Montag war es so weit – I have done it. Die Verluste waren gering, wenn auch empfindlich, der Sicherungsaktion waren diverse Mails aus den letzten 2 Monaten entgangen, und warum steht nirgends, was man tut, wenn man am Laptop (übersetzt: Schoß-Rechner!)  mit den verschwitzten Knien das Windows-Echtheitszertifikat abgerubbelt hat…  Nun ja, die Lernkurve ist in den vergangenen Tagen (!) exponentiell angestiegen, das Windows-XP ist nach vielerlei Versuchen und langen Skype-Sitzungen mit Len „PRESENT („… do you have a minute? I need your help…“ „no problem, shoot!“; das war heute früh. Von wegen „minute“. Danke Len!)

Egal, der Rechner tut es wieder, ist schnell wie ein Microsoft-Blitz nur sein kann, mein Eigner und Lastesel mit den ganzen schönen Sachen aus Europa kann kommen. Dann wird das Leben erst richtig schön…

Harmlos …

Die Bucht von Pampatar - Tagsüber: o.k., aber nachts: ankern verboten ...

Die Bucht von Pampatar - Tagsüber: go! Nachts: no!

Porlamar/Isla Margarita, 10.9.2009

Ankerplatz, alles wie gehabt… Ich habe einen Schweineschnupfen und hoffe, dass es nicht die -grippe ist. Wird wohl eher das geöffnete Taxifenster gewesen sein.

Taxi - alles ganz harmlos, und außerdem hat der Gast meist eine Madonna vor der Nase...

Taxi - alles ganz harmlos, und außerdem hat der Gast meist eine Madonna vor der Nase...

Ansonsten gehe ich den gewöhnlichen Bordfrauentätigkeiten nach, wühle mich durch Schapps, suche (vergeblich, yeah!) nach Schaben, entfette die Kabinendecke und saue sie gleich wieder ein, Rinderfiletpreise für 2,50 ‚¬/kg schreien nach Vorratshaltung. Bevor der Eigner nach Deutschland entschwand, hatte er auch noch ein paar Klamotten zum Flicken hinterlassen, also wird genäht. Und um das tun zu können, gab es neulich eine längere Suche nach einem Kurzwarenladen – die Venezolanerin scheint, statt zu flicken, eher dem Kauf neuer Sachen zugetan zu sein, was mich wiederum wundert, denn, wie schon erwähnt, das Leben scheint mir nicht billig zu sein. Wir hatten schon fast aufgegeben, als wir eine „merceria“ fanden, so eine schöne, mit vielen staubigen Sachen, Glitzer-Glitter-Knöpfchen und einem Vorrat an „decozeadores“, Nahttrennern, die ich nach den reichlichen Änderungsarbeiten an Sonnensegel und Dinghycover dringend brauche.

Im Kurzwarenladen - was heißt "Stoßband"??

Im Kurzwarenladen - was heißt "Stoßband"??

Wieso eigentlich führen immer die Männer diese Kurzwarenläden? Das ist wohl mehr die alte Ordnung, obschon der sprichwörtliche südamerikanische Machismo hier schöne Blüten treibt – Andreas entdeckte hierzu gleich neben dem Herrn „Mercerista“ dieses Beispiel:

DAS Thema

DAS Thema

Zentrales Thema im venezolanischen Alltag. Nicht die Hochzeitstorte! Die Möpse! Ich zitiere mal den BAJU-Stefan: „… neue Quietschebusen gibt es hier zum Abitur. Und manchmal schon zur mittleren Reife…“   Wohl wahr – das fällt selbst mir auf, und es ist ein Leichtes, durch die Straßen zu gehen und „Abiturprüfungen“ abzunehmen. Die Champagnerpromotorin, die wir im CM-Supermarkt sahen – das war allerdings schon ein Uni-Diplom; eines ist klar: wer es sich leisten kann, erwirbt diese Art von Reifezeugnis und trägt es stolz vor sich her. Machismo?! Machismo!

Ich fahre jetzt in die Stadt. Mal gucken, ob der Taxifahrer ’ne Madonna mit sich führt – oder doch ein Pin-up?! Alles ganz harmlos hier…

Beim Hugo

Porlamar/Isla Margarita, Venezuela, 7.9.2009

Ankerplatz

Ankerplatz

… ganz richtig ist der Titel dieses Beitrages ja nicht, wir können hier gar nicht „beim Hugo“ sein, denn einerseits weilt Venezuelas Präsident gerade auf (nuklearem) Freundschaftsbesuch bei seinem Kumpel in Teheran, und andererseits ist Isla Margarita, die zollfreie Zone, nicht gerade ein Hort der Chavez-Unterstützer. Sagt doch die Verkäuferin, als wir ein schönes kirschrotes Hemd für Andreas ausgewählt haben: „… na, das ist aber Chavista-Farbe!“. Wir haben brav ein anderes gekauft!

Altstadt Porlamar

Altstadt Porlamar

Womit wir schon mittendrin sind, im Gewühl, in der Politik, im venezolanischen Leben. Ihr merkt es schon – so schwer es uns gefallen ist, überhaupt nach Venezuela zu fahren, mit all den Warnungen im Ohr – Dinghy-Klau, Piraterie, Räubereien – so sehr gefällt es uns. Und, um den letzten Beitrag und die Bemerkung zum „schiach“ aufzunehmen – es ist gewiss keine Idylle hier, aber scheußlicher als die Ansicht von Lanzarote oder Gran Canaria ist es eigentlich nicht. Vielleicht ein bisschen überraschend, wenn man nach langem Hinter-Insler-Aufenthalt in den Antillen herkommt, aber wir waren ja auch schon angesichts von Joao Pessoa aus allen Wolken gefallen.

... wohin geht dieser Bus? Claro...

... wohin geht dieser Bus? Claro...

Wie dem auch sei – wir sind ein bisschen „daheim in Südamerika“. Holperpflaster, alte Taxis, Gewusel auf den Straßen, und last but not least, endlich wieder Fruchtsäfte „auf die Faust“. Lecker!

Saftverkäufer - bitte einmal Papaya/Ananas

Saftverkäufer - bitte einmal Papaya/Ananas

Die Einkaufsmöglichkeiten sind in der Tat endlos, aber ehrlich gesagt nicht billig, wenn man mal Kraftstoff außer Acht lässt; da kann man mit 10 Cent pro Liter nicht meckern. Brasilien, Peru, Bolivien sind preislich für den armen Reisenden nicht zu toppen. Allerdings – kleine Bemerkung zur Kaufkraft des Bolivar zwischen den Zeilen -es gibt einen offiziellen Tauschkurs gegenüber Dollar und Euro, und gleichzeitig Internetseiten, die den tagesfrischen Graumarktkurs bekanntgeben, und entsprechend oft wird man zum Geldtausch animiert, da relativieren sich die „hohen“ Preise doch relativ rasch.

Und wenn man dann mal den Blick von der Stadt abwendet, sieht man viele bekannte Gesichter – Turi und Vera us Trinidad, Vreni und Hans-Ruedi, die UNISONOs, die BAJU, alle auf mehr oder weniger langem Stopover in Isla Maragarita. Und richtige Langzeitlieger gibt es auch. Die sehen dann so aus:

Langzeitlieger ...
Langzeitlieger …

Also doch Idylle. Die reichlich vorhandenen Pelikane sind allemal witzig. Beim Hugo? Fühl’n wir uns ganz wohl!