Wieder munter

Storebay/Tobago, 7.2.2009

Langsam geht unsere Zeit auf Tobago ihrem Ende entgegen – zum Ende der Woche müssen wir erstmalig unsere Aufenthaltsgenehmigung verlängern lassen, die auf 30 Tage begrenzt ist, und das nehmen wir gleich zum Anlass, aus Tobago auszuchecken und in die ungleich schmutzigeren Gewässer von Chaguaramas auf Trinidad hinüberzuschippern.
Wir hatten eine wirklich nette Woche – die beiden deutschen Boote, die am letzten Wochenende nach Storebay gekommen waren, sorgten nicht nur für Bücher- und DVD-Tauschgelegenheiten, sondern auch für kurzweilige Abende, mal in der Eckkneipe direkt unter dem Reggaelautsprecher, mal bei uns, oder auf der SOLEIL, einer kleinen 10 m Reinke aus Alu; 2 Nordlichter, 2 Franken, 2 Thüringer. Und erstmalig bot sich auch die Gelegenheit für DEN Yachtie-Gesprächsstoff berhaupt – Einkochen, Brotbacken, Motoren-
oder Riggkram, das ist ja sowieso meist dabei, aber nun: ein längerer Austausch über die Klos, muffelnde Abwasserschläuche, verstopfte Leitungen, überlaufende Fäkalientanks und andere appetitliche Dinge. Was für ein schönes Thema zum Carib-Bier! Alle drei Parteien – LIV, SOLEIL und AKKA – konnten ihren Teil beisteuern, und wir mussten lachen, dass wir uns an diesem Langfahrtklassiker so spontan und reichhaltig beteiligen konnten.
Da sowohl LIV – 40 Jahre alter Stahlbau mit klassischen Linien, eine „Fränkin“, aber gebaut in Lübeck – als auch die SOLEIL gerade erst von den Kapverden angekommen waren, hatten sie auch noch „AKKAs delight“ an Bord und reichten es uns weiter: SPIEGEL, GEO und Co. Sensationeller Genuss. Wir versuchten im Gegenzug die vier davon zu überzeugen, dass über die Erinnerung an eine allzu miserable Atlantikpassage, nämlich 3 Wochen „Waschmaschine“, mit Damage aller Art samt Platzwunde…,(See-)Gras wachsen
wird und nach einiger Zeit auch wieder ausreichend Mut für die Weiterfahrt in den Pazifik vorhanden sein wird. Zur Zeit war der Tenor noch mehr auf „…wenn Atlantik für Anfänger ist, dann brauche ich den Teil für Fortgeschrittene nicht mehr!“. Die Armen. Wir haben halt auf beiden Reisen und bisher überhaupt Glück mit dem Wetter gehabt.

Heute sind die beiden losgefahren, um sich langsam in den Nordosten der Insel vorzuarbeiten. Ich muss mir neue Ziele suchen für meine Schwimmauasflüge, die in den letzten Tagen gern mit einer aufgeblasenen ZipLoc-Tüte mit Büchern, DVDs o.ä. stattfanden. MAYFLOWER bietet sich an – 2 ältere Schweden auf einer Hallberg Rassy 46, die uns bestimmt einiges zum Pazifik zu erzählen haben; die waren nämlich schon da. So etwas erfährt man im vorbeikraulen. Schön in so einem bunt gemischten Ankerfeld zu liegen
– wir hatten es zwar zuerst genossen, auf dem einzig bewohnten Schiff (von insgesmat vieren!) zu sein, aber der Kontakt zu den anderen (mittlerweile 14!) macht auch Spaß. Norwegen, Dänemark, Südafrika, Kanada – alles vertreten. Wir werden uns wahrscheinlich richtig losreissen müssen…

Trübe

Storebay, 1.2.2009

Eigentlich steht ja noch der Ausflugsbericht in den Regenwald aus, aber die zweite Wochenhälfte war insgesamt eher trübe, stimmungs- wie wettermäßig. Zunächst gingen immer mehr Squalls durch, um am Freitag dann in einen 24stündigen Dauerregen zu münden. Und da wir zuvor die ganze Zeit vor uns hin gebastelt hatten (sprich: nicht einmal von Bord gekommen waren), konnten wir von Glück sagen, dass wir am Donnerstag mal eine Squallpause zu einem Einkaufsgang – je 30 Minuten hin und zurück – genutzt hatten,
am Freitag wäre das definitiv nichts geworden.
Stimmungsmäßig waren wir etwas bedrückt, weil einerseits da draußen irgendwo „Marigold“ herumschwimmt, von der wir via Amateurfunk schon wussten, dass der Einhandsegler, den wir wahrscheinlich aus Las Palmas kennen, einen „leichten Herzinfarkt“ erlitten hatte; ein Alptraum, noch dazu, wenn wenn man allein an Bord ist, und mittlerweile nun wird das Schiff als „überfällig“ gemeldet. Viel mehr noch traf uns eine Nachricht aus Deutschland: wir hatten uns schon seit Jahren auf ein Treffen hier in der
Karibik gefreut – ganz real und jenseits von Internet und Amateurfunk, mit einem Seglerfreund, der auch eine Art Funkpate für mich war; aber wir hatten schon lange nichts mehr gehört. Und nun schrieb uns seine Frau, dass ihr Mann im vergangenen Jahr ganz plötzlich gestorben sei…

Trotz dieser Gedanken im Hinterkopf – oder gerade deshalb! – bekrabbelt man sich dann aber doch wieder, und all das muss uns eigentlich bedeuten, dass wir unsere Zeit nutzen müssen, zum Segeln, zum Länderanschauen, zum Leben. Und nun vorrangig mal zum Pläneschmieden. Kira von Celle schreibt uns aus Neuseeland, dass sie auf uns warten, zwischen Fidji und Kiwiland pendelnd.
Dann wollen wir uns mal rüsten – unsere neuen Nachbarn aus Thüringen, die Segelyacht Soleil, werden uns heute mal ihre Pilot Charts vom Pazifik zeigen. Da sind so viele Faktoren zu bedenken, und das kann man auch gut im Regen. Der prasselt nämlich schon wieder…

General Motors meets Volkswagen

Storebay / Tobago, 24.1.2009

Das ist doch mal ne schöne Kombination: Surfen und Waschen… Ich sitze im „Wash Cafe“ mitten in einer wunderbaren Geraeuschkulisse – im Hintergrund waschen 2 Waschmaschinen unsere Waesche (und 5 weitere die der anderen Besucher), und die fuer unsere Kochwaesche ist so ein rechtes Trumm, deren Laermpegel auch fuer Starts an der benachbarten Landebahn gut waere. Im Moment ziehe ich den Kopf sowieso ein bisschen ein, weil meine Bettwaesche samt der Maschine gegen die Wand laeuft. Im wahrsten Sinne des Wortes… Aber da Miss Washcafe ganz cool bleibt, muss ich annehmenm dass dies der Standard ist

Wie man dem Positionsreport entnehmen kann, haben wir Scarborough verlassen – eigentlich wollten wir AKKA dort liegen lassen und ein paar Landasufluege unternehmen, aber Mittwochabend drehten die Boote alle ploetzlich uferwaerts, wir waren ohnehin die, die am weitesten innen lagen, und es ergab sich erstmalig eine Nacht der Ankerwachen. Im Hafenschlick steckenzubleiben ist zwar nicht besonders schlimm, aber wenn man durch Wachen Grundberuehrung vermeiden kann, schlaegt man sich halt mal ein paar Nachtstunden um die Ohren. Wohl schien am Morgen alles wieder normal, aber die Wasserqualitaet, die bislang immerhin f[uer Pflegearbeiten am Rumpf, Freediver-Aktionen und sogar Wassermachen gut gewesen war, hatte sich in ein Sumpfbad mit Algenbluete verwandelt. Also hoch mit dem Haken, wir verholen uns… Nach drei Stunden mit Squalls (und Fein-Gehacktem) lagen wir dann vorm Suedwestende von Tobago, schoenes gruenes Wasser, ein paar Hotels am Ufer, 2-3 andere Schiffe. Fein.

Wir liegen in der Naehe von Pigeon Point, wo ein grosses Riff das einzige hurricane hole von Tobago begrenzt – ja, ab und zu gibt es mal einen Hurrikan, der Tobago trifft. 1963 zum Beispiel, als 40% des Regenwaldes in den Bergen dabei drauf gingen. Buccoo Bay, so heisst die Bucht, ist Schutzgebiet und wirklich nur mit Segelschiffen zu befahren, wenn ein Sturm mit Namen droht; sonst darf man nur mit dem Dinghy dort hinein, was wir demnaechst dann auch mal tun werden. Wenn die Waesche fertig ist etc. pp. Den Liegeplatz hatten wir uns per Fahrrad aus Scarborough kommend schon mal angeguckt, und das war dann auch der Zeitpunkt zu dem General Motors Volkswagen traf. Seit den fruehen Morgenstunden hatten wir Besuch im Hafen gehabt – hoch ueber uns joggten zig Amerikaner ums Oberdeck eines Kreuzfahrers von gigantischem AUsmaß; Andreas zaehlt 300 Balkons allein auf unserer Seite, macht wohl 600 insgesamt. Ein schwimmendes Altersheim, wie er sarkastisch (und ein bisschen neidisch !? Putzfrau, Koch, alles da…) bemerkt, und es sieht nicht besonders ausgebucht aus.

Am Strand von Pigeon Pont treffen wir sie dann zu Hunderten, die Passagiere – und ich kann meine Neugier dann doch nicht zuegeln. Zwei Liegen, eine davon frei: „May I ask you a question?“ – so treffe ich erst Howard, und dann „General Motors“, Debbie. Waehrend die Maenner erschoepft im Schatten liegen, quatschen die Weiber sich die Seele aus dem Leib. Ueber die Kreuzfahrt (ausgebucht! 2400 Gaeste auf dem Weg nach Barbados!), die Arbeit und das Aufhoeren, Amerikaner und Deutsche, die schlechte Wirtschaftslage im Allgemeinen und von GM im Besonderen, und natuerlich „einmal Obama und zurueck“. Irgendwie geht das mit Amerikanern immer so voellig zwanglos, ich habe aber immer noch nicht definitiv erkannt, ob die einfach nur zu hoeflich sind, um all diesen +/- tiefschuerfenden Themen einen Riegel vorzuschieben. Ich denke aber, Debbie haette sich ja auch gaehnend in ihren Liegestuhl zuruecklegen koennen oder sonst ein Signal des Ueberdrusses geben. Aber wir haben wirklich Spaß und Howard ist sowieso ein Spaßmacher… So verabschieden wir uns nach einer geraumen Weile herzlich und mit einem „big hug“.

Mal wieder so eine Begegnung, die einfach zu kurz war, schade. Als wir gegen Sonnenuntergang ueber die Huegel Scarborough entgegenradeln, sehen wir gerade das Monstrum mit den beiden an Bord aus dem Hafen ziehen. Celebrity Summit. Echt der Gipfel…

Die diversen Maschinen und Trockner rufen – jetzt ist mal wieder Bordfrauenalltag im Wash Cafe angesagt. Den Bericht ueber den Regenwaldausflug muss ich mir erst mal verkneifen! Aber eines kann ich ja schon verraten:
AKKA Crew meets Colibri!

Neu, neu, neu!

Der aufmerksame Leser wird es schon gemerkt haben – es gibt eine neue Seite auf diesem Blog. Oben in der blauen Kopfzeile gibt es eine neue Registerkarte „Glossar für Nichtsegler“, gleich neben „blog“ und „Zum Online-Tagebuch“: Wir haben nämlich angefangen, seglerische Fachbegriffe zu erklären.

Man kann sicher das Meiste er-wiki-n, aber vielleicht hilft es ja manchmal, einen Blick in das Glossar zu werfen. Ich werde versuchen, „dranzubleiben“! Tipps und Anmerkungen sind immer willkommen!

Trinidad and Tobago

Scarborough, 15.1.2009

Tja, jaa … Manchmal sind Seestrecken einfach nicht dazu angetan, sich hinter den Rechner zu schwingen und ein paar launige Worte über das Segeln und insbesondere das Wunderbare am Segeln in den Äther zu plaudern. „Choppy“ sagt der Engländer dazu, was wir vor der Küste Guyanas vorfanden, in der Ostsee nennen wir das „Hack“. Auf die Seekarte geguckt, ist die Sachlage klar : Guyanastrom schiebt uns genau da hin, wo wir hinwollen, nordwestlich, Wind ist der ganz normale Nordostpassat, also ein schöner
Halbwindtörn – wir tippten auf „ein bisschen vorlicher als halb“, wegen Abdrift. Am Montagmorgen um 0800 losgefahren, schubste uns die Tide den Surinamfluss hinunter, und um 11:30 waren wir an der Ansteuerungstonne.
Wir haten in Hinblick auf Windvorhersagen und unsere Erfahrungen mit Nordostpassat und Squalls eigens die kleine Fock am inneren Vorstag angeschlagen, und Andreas entwickelte die Idee, sie doch wirklich mal hochzuziehen – und siehe da, wir hatten unsere Besegelung für die nächsten Tage gefunden. Es wehte gut, und tatsächlich „ein bisschen vorlicher als halb“ – der Abdriftwinkel machte eine klassische Am-Windfahrt daraus, und das „schätze“ ich schon immer besonders; baaah, Nordseewelle lässt grüßen.
Eine Vomex A-Kapsel hatte ich vorsorglich eingeworfen, kann also losgehen. Der erste Tag ging dahin, der zweite, immer mit AKKA-untypischen 6 bis 7 Knoten Fahrt, aber es wollte einfach nicht aufhören zu stampfen und zu knallen. Nachtwachen, kaum Schiffsverkehr, aber dafür Squalls, und über all dem: keine Lust zum Kochen (Reis mit Möhrengemüse – Nachtigall, ick hör dir trapsen…) Am dritten Tage entschloss ich mich nach längerer Qual (… ist das nun Seekrankheit?!“) dann doch zu einer zweiten Vomex-Kapsel
(übrigens die retard-Version, sehr empfehlenswert!). Selbst Andreas kam mal zwischendurch an Deck „Luft schnappen“; das hatte seinen besonderen Grund: Auf dieser bewegten See kann man herrliche kleine Filme mit der Digitalkamera drehen, aus allen Perspektiven, von der dahineilenden AKKA auf den tanzenden Wellen. Und die Filmchen kann man dann auch gleich Computer auslesen und angucken – da allerdings stimmt dann das reale Gehopse und Geklöter im Schiff wohl nicht mehr mit dem visuellen Eindruck auf
dem Bildschirm überein, und so musste er doch mal „eben Luft schnappen“. Die Dinner-Menukarte sah „Rigatoni al Burro con Carne à la AKKA“ vor. Aber dieses Essen löste auch die oben gestellte Frage, ob dies nun Seekrankheit sei: „… im Prinzip ja, aber so ein leerer Magen tut auch nicht gerade was für’s Wohlgefühl“; letzteres stellte sich nach dem Genuss von Butternudeln und selbst eingekochten Fleischklöpschen – zu mehr waren ich echt nicht in der Lage – sofort wieder ein. Noch eine Nacht mit reichlich
Squalls, und die gute AKKA samt Pedder, dem Windpilotenwunder, hatten uns in sensationeller Geschwindigkeit nach Tobago getragen. Nicht ohne dass es zum Sonnenaufgang nicht doch noch einen kleinen „Einsteiger“ gegeben hätte; nun fahren wir schon eine Mittelcockpityacht und Relingskleider, aber manche Wellen suchen sich wirklich heimtückisch die letzte freie Lücke. Ich liebe salzwassernasse Klamotten, und wenn es dann auch noch so schön den Niedergang runterläuft… Aber wir waren ja bald da. Um 10:00
Ortszeit fiel der Anker in Scarborough – genau 75 Stunden nach der Abfahrt und mit 6,5 Knoten Durchschnittsgeschwindigkeit. Letzteres muss mal erwähnt werden, nicht für die Statistik, sondern weil unser Schiff echt ein tolles ist. Und für das Geholpere kann sie ja nicht wirklich was, die dicke Gans.

Jetzt gibt es erst einmal ein paar Tage Pause: Baden, Basteln, Regenwald. Karibik ist schon lustig, allein die ganzen Reggae-Typen vor ihren wummernden Kisten sind immer eine Reise wert. Und es ist schon wieder anders als Guyana, viel schwärzer, viel lässiger, auch nachlässiger. Morgen abend ist auf irgendeinem Parkplatz „Soca – The Best of the Best“, mal gucken. Was sagte der Zöllner eben?! Tobago ist schön, aber „Carnival in Trinidad – that’s – well, dangerous!“. Da haben wir ja mal wieder genau
den richtigen Zeitplan geschmiedet. Ersatzteilparadies Trinidad calling…

Ut mine Stroomtid

Paramaribo, 11.1.2009

Das Ankern im Strom, immer ein schönes Thema…

Dies hier ist, wie jeder sieht, JUNO, und die kennen wir schon seit Jacaré samt Eigner Tom; ein friedlicher Amerikaner, der höchstens mal ein bisschen nah an die brasilianischen Mädchen heranrückte, oder sie an ihn, egal…

Vorgestern sassen wir im Cockpit beim Frühstück, und sahen, dass Juno den Anker lichtet; Petite Fleur und Pamela hatten näher am Ufer Platz gemacht, und etwas weiter drinnen ist es einfach ruhiger. Klarer Fall. Schlürf, noch ein Kaffee. „Sag mal, was macht eigentlich Tom da vorn vor unserem Bug?“ „…ach, der kennt den Strom doch, der weiß was er macht…“ Schlürf, aaahhh… Uaahh! jetzt wird’s doch ein bisschen eng da vorn an unserem Bugkorb. Hingesprintet, abhalten… Im Strom – wir haben Springzeit, 3,5 Knoten! – geht eigentlich ohne Anker nix, und schon gar nicht ohne Motor und der tat es bei Juno gerade mal nicht.

Und dann saßen Tom und Juno auf unserer Ankerkette, die natürlich „unter Druck geraten“ einen Ausweg suchte und sich zwischen Junos Ruderblatt und Skeg klemmte. Warpanker mit dem Dinghy ausbringen – natürlich erst im zweiten Versuch ein Erfolg, wir versuchten derweil zu retten, was zum Beispiel an Positionslaternen zu retten ist, Fender rücken, drücken, Leinen ziehen. Len kommt mit seinem Dinghy rum, zwei wirklich starke Hände mehr, immerhin an Jannas Geburtstag. Zwischendrin ist dann sogar Zeit, einen weiteren Kaffee zu kochen und zu verteilen, auch wenn es, wie sollte es anders sein, anfängt zu pieseln und zu wehen. Als der Strom nachlässt, lässt auch der Druck auf unsere Ankerkette nach und Tom – eigentlich ein Helikopter-Pilot, aber nun sieht er wirklich aus wie ein echter „seal“ – jumpt ins unsichtige Wasser des Surinam und klariert unsere Ankerkette oder sein Ruder oder beides.

Genau, die Ankerkette mit den Schäden. Jetzt wissen wir, was sie wirklich aushält, und unser Bügelanker klebt am Grund wie nix Gutes, auch mit zwei Schiffen dran. Wir gehen trotzdem ankerauf, morgen früh, damit wir Tobago noch zum Wochenende erreichen; die Bestimmungen in Trinidad und Tobago sehen nämlich vor, dass man während der Dienstzeit des Zolls und der Einreisebehörden eintrifft, sonst wird es teuer. 4-5 Tage (ungemütliches, wie Petite Fleur sagt…) Segeln. Und, weil es ein paar Schrammen am nachtblauen Zierstreifen gegeben hat, ist unsere Einkaufsliste länger geworden: Blauen Lack (Hilfe, Matthias-Paulsen-GmbH, wie war die Mischung?!) und ein paar A’s und K’s zum Aufkleben. Aber erst einmal ist Baden in Tobago angesagt. Und KEIN Ankern im Tidenstrom!

Falsch!

Paramaribo, 7.1.2009

Falsch! Das rief unser Lieblingskellner im hannoverschen Chinesenlokal gern, wenn er mal wieder die Bestellungen der verschiedenen Tische durcheinander gebracht hatte, und lachte dazu. Wir lachen auch, trotz „…falsch!“

Falsch herum lag heute das Dinghy auf dem Deck, mal wieder Schwein gehabt. Das Schlauchboot hängt am Kutterfall seitlich in Relingshöhe, eine Sicherheitsmaßnahme, aber ein Rekordsquall hat es heute einfach aufs Vorschiff geschleudert. 36 Knoten Wind konnte der Eigner ablesen, bevor er dann an Deck sprang und fix die umherfliegenden Ruder einsammeln konnte, den Kraftstofftank aufrichten und Kollateralschäden vermeiden, die der kopfüber hängende Motor gern an unserem schönen Arnisser Teakdeck angerichtet hätte. Janna und ich waren derweil in der Stadt und erfreuten uns der tropischen Güsse, die damit einhergingen. 36 knoten Wind – das sind 8 Windstärken, am Anker, im Ebbstrom.

Diese Rahmenbedingungen lassen uns insgesamt „… falsch“ rufen. Blöde Jahreszeit für Suriname und blöde Idee, jetzt auf Waldausflüge zu gehen. Wir treten also in Kürze die Flucht nach vorn an und reisen weiter nach Tobago. Albert von der IMAGINE schreibt aus Trinidad: „… und heute hat es noch nicht einmal geregnet!“ Das hätten wir auch mal wieder gern… Und dann hätten wir ja auch noch gern eine neue Ankerkette, einen funktionierenden Inverter und solche wunderbaren Sachen wie – ich muss diesen schönen Titel einfach in voller Länge zitieren! – „The Practical Boatowner’s Mechanical and Electrical Manual: How to Maintain, Repair and Improve your Boat’s Essential Systems“. Das hat uns nämlich geholfen Licht ins Ankerkettenkorrosionsdunkel zu bringen – KAAT lieh uns das Buch und wir sagten 2 Tage lang „… aha! Hmh… Ah, jaaaa!“. Schade übrigens, dass KAAT nach Domburg weitergereist ist – nicht nur wegen der netten Gespräche und der Bücherleihe, sondern auch, weil mein Eigner eine neue Freundin gefunden hatte. Deirdre. 1 1/2 jähriges Bündel aus Charme und Willenstärke.

Trinidad also. Heute haben wir uns den Budget Marine-Katalog heruntergeladen – Kommentar Andreas: „… ich glaube, in dem Laden können wir TAGE zubringen!“ Ist doch schön, wenn man sich so auf ferne Länder freuen kann. Da sind wir in jedem Falle richtig!

Neujahrsgrüße

Paramaribo/Suriname, 1.1.2009

Die spinnen, die Surinaamse! Dass es seit letztem Wochenende ununterbrochen böllert, hatte ich ja schon erwähnt, aber dass wir mit AKKA mitten in einem Feuerwerk liegen würden, einem vielstündigen, das hatten wir nicht erwartet.

Pünktlich zu dem Zeitpunkt, zu dem wir das Dinghy besteigen und an Land rudern wollten, ging gestern ein Squall durch, der sich gewaschen hatte (oder besser: das alles wusch, inklusive unserer selbst!). Die Holländer vor uns machten merkwürdige Bewegungen am Anker und schmissen jeweils schon mal die Maschinen an, so wie wir. Es goss derartig, dass wir erstmalig nach einer gewissen Gedenk- = Spülzeit die Decksabflüsse geschlossen haben und das sich sammelnde Regenwasser in den Haupttank geleitet haben. Der war auch ratz-fatz voll.

Wer aber nun gedacht hatte, dass ein tropischer Regenguss dieser Güte die Feuerwerkskörper, die in ganz Paramaribo verteilt sind, durchweicht und damit un-knallbar gemacht hätte, täuscht sich. Wir blieben an Bord und genossen das Schauspiel mit wechselnden Gefühlen.

Hannovers Silvesterknallerei ist völliges Pille-Palle dagegen. Und es beteiligen sich hier wirklich alle daran – selbst die Wache vor dem Präsidentenpalast hatte eine mindestens 2 m lange und mehr als armdicke Girlande von Böllern auf ihre Schranke gehängt.

Da hat sich der Präsident bestimmt gefreut, als das Ding losging… Wir gehen jetzt gleich mal gucken, wie viele von den Kartons „Firework crackers, 20.000 pcs., made in China“ wir finden können. Es sind VIELE!

Und dann wird schon mal geübt – bis sich der Himmel verdunkelt. Tagelang!

WIr sahen, und das muss jetzt einfach nachgetragen werden, die „Bescherung“ gestern morgen, als wir um 07:30 zur VIsaabteilung aufbrachen. Fast hätten wir alle Einklarierungsrekorde geschlagen, wäre denn das Visum wie versprochen schon am 30.12. mittags fertig gewesen, aber man wünschte unseren Besuch dann doch lieber nochmal am Tag drauf, ganz in der Frühe. Gut so, weil die Einwanderungsbehörde wollte um 9 Uhr Feierabend machen; man sass schon in Zivil auf den Tischen und war eigentlich gar nicht so recht willig, uns einen Einreisestempel zu geben. Um 08:20 waren wir fertig – weniger als 48 Stunden nachdem uns das Highlight dieser Prozedur passiert war:

Diverse Schiffe hier haben keine Zolleinklarierung – von „immer noch nicht“ bis „wir verzichten drauf“. Ich war am Montag zu Fuß zum Zoll gedackelt, durch tropischen Nieselregen, aber mitten durch’s Surinamleben, wundervoll. Angekommen hatte ich mich zwischen die Warnwestenträger von den Seeschiffen gedrängt und geduldig gewartet, bis ich unser Anliegen vortragen konnte. Und dann ging alles ganz schnell, der „Zuständige“ guckte kurz auf und orderte einen Untergebenen, mit mir zurück zur AKKA zu fahren. Dieser Blick! Waidwund, desinteressiert – was weiß ich und ich denke „… ausgerechnet so einer…“. Ich versuchte es mit Lächeln. Nix. Da ich zu Fuß gekommen war, gab es natürlich auch kein Taxi, das musste geordert werden, alles offensichtlich so recht nach dem Geschmack „unseres“ Zollbeamten. Ah, je, und mit denen muss man sich doch gut stellen. Ich versuch’s. Und auf der Mitte der Fahrt taute die Stimmung ein bisschen auf, und als wir auf dem Fähranleger des Hotels standen, klärte sich die kleine Missstimmung: „That’s the boat over there!“ Verschmitztes Grinsen: „Well, we can do the procedure here on the dock…“. Es war ihm schlicht unheimlich. Dinghyfahrt, wackeliger Segler – nix für Romero, so weit waren wir immerhin schon gekommen. Dass er am Ende doch mit auf die AKKA kam, lag daran, dass man eine Ladeliste verlangte, und die konnten wir nur an Bord fertigen. Und da siegte dann wohl Neugier über Furcht: „I’ll go with you!“ Andreas holte uns ab, Romero – chinesisch-afrikanischer Abstammung und Nichtschwimmer, wie er kleinlaut zugab – klammerte sich an alles einigermaßen Feste auf dem Schlauchboot, unter anderem auch den Motor, kletterte unter Mühen an Bord, aber dann hatten wir wirklich eine gute Zeit. Ein unbestechliches „No, thanks!“ auf Getränkeangebote, aber dafür gab es Surinam-Informationen frei Haus. Wirtschaftslage, Familiengeschichten, Politik, Sklavereivergangenheit.

Das sind die Begegnungen, die diese Reiserei so lohnend machen – wir haben es genossen. Und wurden noch dazu mit einem offiziellen Zollstempel geehrt. Als einzige in unserer kleinen Ankerliegergruppe.

Heute früh dann zum Abschluss der Feiertage noch ein „Neujahrsgruß spezial“ für AKKA: eine Gruße Delfine ums Schiff. Wenn das kein gutes Omen für 2009 ist. Wir rufen , frei nach Janosch: „Oh, wie schön ist Surinam“ und wünschen allerseits ein gutes Neues Jahr!

Surinam zum Jahresende

Paramaribo, 28.12.2008

€¦ es zog sich ein bisschen, die Anreise nach Paramaribo/Suriname, auch wenn die Tide uns fleißig in den Surinam-Fluss hineindrückte – in der Nacht hatte der Wind abwechselnd Schnarch- und Hustenanfälle; Squalls zogen durch, ließen uns reffen und arbeiten, danach war wieder Sendepause, also ausreffen und nochmals arbeiten. In der Ansteuerung wieder dieses unangenehme „Flachwassergefühl“, obwohl es so schlimm wie in Kourou nicht ist. Und wenn einem gegen Hochwasserzeit dann richtige Seeschiffe entgegenkommen, Tiefgang 3 x so viel wie die AKKA, schämt man sich auch ein kleines bisschen dafür. Was die können… Aber diese Barren in den Flussmündungen – ich mag sie einfach nicht. Ich bin sehr gespannt, wie unser erster Pass in ein Atoll hinein ausfallen wird; nicht der Pass natürlich, sondern unsere Passage dort hindurch. Ui, ui,ui… Aber das hat ja noch ein bisschen Zeit.

Jetzt liegen wir vor dem schicken Torarica-Hotel in Paramaribo – Anni schreibt gerade, dass sie hier vor 10 Jahren noch mit Landleine und als wilkommene „Hotelgäste“ gelegen haben, so ist es nicht mehr! Man schleicht . angeblich, denn wir waren noch nicht an Land! – eher durch das Hotelgelände und versucht unentdeckt zu bleiben, denn das Hotel möchte einem gern 50 US$ pro Nacht abknöpfen, dann wäre man zwar mit allen Gastrechten ausgestattet (Sauna, Wäscherei, Pool…) aber das ist der kleinen Seglergemeinde hier durchweg zu viel. Uns auch. Erst waren wir nur mit zwei Holländern zusammen, der KAAT und der FEEKS, einer kleinen Schwester der AKKA, nämlich einer HR 312. Und seit heute Nachmittag haben sich noch die PETITE FLEUR und die PAMELA hinzugesellt, die wir beide zuletzt in Jacaré gesehen hatten und die gerade von einer längeren Fahrt den Commewijne-Fluss hinauf zurück sind. Es ballert schon ein bisschen silvesterlich – große Dinge werfen ihre Feuerwerkskörper voraus, sagt man: der Höhepunkt der „festive season“ in Surname naht. Es gibt wohl auch genug Chinesen, die solches Zeug unter’s Volk bringen. Die Chinesen Surinams sind übrigens das Geheimnis hinter den vielen Chinesen in Französisch Guyana, nicht die Raumfahrt-Kooperation, wie ich vermutet hatte; das sagte man uns in Kourou, und mit diesen „Einwanderern“ dort, die alle via Surinam kommen, geht nicht immer alles mit rechten Dingen zu. Einschleusen nennt man das wohl; aber damit, wie auch mit dem Handel sind sie wirklich auffallend erfolgreich.

Vor den erwähnten Rückzug nach Domburg hat der liebe Gott allerdings noch die Einklarierung gesetzt, und die hat, so Len von der PRESENT „Champions League-Charakter“, auch das eine Neuerung gegenüber früher. Drei Tage straßauf, straßab sind wohl das Minimum. Hoffentlich verwirren wir uns nicht in den vielen Anweisungen – die örtlichen Behörden können einem nicht aus dem Schlamassel helfen, die wissen es nämlich auch nicht und schicken einen dann gern schon mal da hin, wo die „normalen Touristen“ abgefertigt werden. Aber das sind wir „leider“ nicht, und so nehmen wir uns den Len’schen Handzettel und arbeiten die Punkte gewissenhaft ab.

Morgen früh gehen wir also gestiefelt und gespornt an Land und machen uns ans Werk.VIELLEICHT schlagen wir ja den Rekord und schaffen es in 2,5 Tagen…

Eines noch: Eine besondere Freude waren die vielen, netten Mailgrüße, die wir auf unsere Weihnachtsrundmail hin bekommen haben. Wir haben hier ja oft warmen Regen, aber diese Art von warmem Regen tut besonders gut! Wir freuen uns hier wirklich des Lebens, das wir uns in dieser Form immer erträumt haben, aber es ist schön, festzustellen, dass so viele Leute Interesse an eben diesem Leben haben, dass sie uns nicht vergessen haben und Anteil nehmen. Vielen Dank! Und dann noch – eine Mail kam per Funk. Mit einem Bildchen, das tatsächlich ein bisschen Weihnachtsstimmung in die Bude zauberte – zwei wunderschöne Produkte meiner Schwester, nämlich Briefmappe und Kästchen, bezogen mit Seekarten von der Ostsee, auf einem Koblenzer Tisch, mit Kerzenengel und erzgebirgischem Holzbäumchen im Hintergrund. Es war unser einziger Anklang an die alten Weihnachtsrituale – aber es war trotz der „katastrophalen“ 49 kB (Ladezeit: 28 Minuten!) sehr nett anzuschauen.

Oh, je …

… du fröhliche!
Der Weinachtswünsche-Beitrag ist uns durchgegangen! Ganz schnell, ehe der 2. Feiertag verstrichen ist, sendet die AKKA samt den AKKAnauten viele herzliche Grüße. Wir hoffen, dass alle eine fröhliche Weihnacht hatten?!
Bei uns war das so: Heiligabend war ein feines Essen in der Auberge des Iles auf der Ile Royale geplant, da sitzt man nett mit Blick auf die Teufelsinsel, sinniert über Herrn Dreyfus und andere und bekommt dazu gekühlte Getränke und ein französisches Essen.
Bei uns gab es allerdings „deutsches Essen“, nämlich Kartoffelröstis und Rotkohl und ein Stückchen Entrecote – der Landausflug fiel nämlich ins Wasser bzw. einem durchziehenden Squall zum Opfer. Aber es war dennoch nett, zumal aus Berlin angerufen wurde, gerade als ich den Rotkohl anbrennen lassen wollte. Dieser Squall hätte uns zu denken geben sollen – für unsere geplante Abreise nach Surinam am Weihnachtstag. Die fand auch statt, aber schon den ganzen Morgen regnete es aus allen Knopflöchern, ein
Kreuzfahrer, ausser uns der einzige Gast in der Bucht, versuchte verzweifelt, Passagiere zum Landgang zu bewegen, und mir verhießen die GribFiles auch keine Besserung. Na dann – Weihnachten in Grau und nass von allen Seiten. Abreise im Trockenen und unter den Augen der kritischen PACIFIC PRINCESS-Gäste, aber der Rest… Puuh. Ein Hoch auf Eric Widuch und seine Mini-Kuchenbude! Wir sind tortzdem trocken geblieben.
Dass der Wind zum Schluss, nach Durchgang aller Squalls auch noch einschlief muss ich wahrscheinlich nicht betonen, man sieht es ja auch am Positionsreport.

Im Moment machen wir sensationelle 1,4 Knoten, und zwar allein getrieben vom Guyana-Strom, aber wir lassen uns nicht unterkriegen. Zumal wir gestern von der Pacific Princess, die uns nach ein paar Stunden überholte, per Funk ein dickes Paket gute Wünsche „von Brücke zu Brücke“ geschickt kriegten. Die geben wir hiermit einfach weiter! See you somewehere in the Caribbean!