Indischer Ozean

Lat 15°05.3 S Lon 086°16.7 E
9.10.2015

Der 5. Tag unserer Überquerung des Indik läuft. Die Sonne scheint, das Meer ist blau, der Windpilot steuert seinen Eierkurs durch das Gewelle. Die Schipperin hat sich im Cockpit verkeilt und schreibt endlich mal wieder einen Blogbeitrag, derweilen der Eigner ein Nachmittagsschläfchen versucht. Zu morgen soll der Wind etwas zunehmen, die Welle auch – den einen oder anderen Vorgeschmack davon gab es schon. Wie die Gryphon vor einer Weile sagte: „… it was moderately uncomfortable…“ Wir hoffen, dass es so bleibt, jedenfalls rennt AKKA hier ganz gut Richtung Maskarenen-Inseln, und uns geht es gut dabei, nachdem die ersten Tage mit der obligaten Schlafverwirrung vorüber sind und sich eine satte Grundmüdigkeit eingestellt hat.

Montag sind wir losgefahren, die Wetterweltvorhersagen ermutigten dazu. Schade, das der Cocos Keeling-Aufenthalt so kurz war. Ein putziges Atoll. Den Geburtstag haben wir mit einem Ausflug nach „West“ verschönert, das ist ein richtig verschlafenes Australierdörfchen entlang der Landebahn, immerhin mit einem kleinen Café. Hier, bei „Maxi’s by the Sea“, gab es einen feierlichen Tropical Burger. „Geschenk“ vom Supermarkt: ein kleiner Sack Vollkornbrotmischung, so richtig mit Roggenschrot und pipapo. Ein kleines Tropenwunder. Interessante Fahrten mit der Fähre waren das! So richtig hat sich uns bis zum Schluss nicht erschlossen, was für untiefe Wasserwege die Betonnung in der Lagune kennzeichnet – um sich da durchzuwurschteln muss man Lotsenkenntnisse haben – gut, dass man die Yachten auf Direction Island festnagelt. A propos „festnageln“ – wir haben natürlich sämtliche Palmen mit Bootsmemorabilia abgeklappert, ein paar Freunde aus „unserer“ Abfahrergeneration – Hippopotamus, Mo mo, Atair, Wigwam und noch mehr – gefunden und ein Schild „AKKA 2015“ hinzugefügt. Und was macht man da sonst so? Driftschnrocheln im äußerst schnell strömenden „The Rip“ zwischen Direction und Prison Island. Strandschnack mit eine jungen deutschen Biologin, der es die Seevögel angetan haben. Eine brütende Feenseeschwalben-Dame ärgern (was immer leicht fällt, denn die legen ihre Eier auf irgendeinem Ast oder Palmblatt ab und sind dann wütend über vorbeistreifende Segler). Und so weiter – abhängen kann man dort wirklich gut!
Übrigens rappelte es nur so vor zuätzlichen Informationen zur EMDEN-Geschichte. Heiner schrieb, dass wir ein Buch „SMS Emden“ gehabt hätten. Das muss zumindest an mir vorbeigegangen sein, obwohl das Buch offensichtlich viel gelesen war – der leukoplastverstärkte Buchrücken hätte davon gezeugt. Eine Freudin schrieb, es habe vor kurzem einen nicht sehr lohnenden Fernsehfilm zur Emden bzw. eher zur Fluchtaktion der AYESHA-Crew gegeben. Und die VENUS fügte an, dass ein Freund xyz-Emden hieße – der Namenszusatz „Emden“ als Privileg für die „Helden“dieses Stückes Seegeschichte.

Cocos war wirklich noch einmal alles, was man so nett finden kann, Australien und Malay und Atoll, türkisfarbenes Wasser, Abgeschiedenheit, Reminiszenzen an den Südapazifik. Tschüss dann…

Wir sind nicht ganz allein hier draußen, ab und zu taucht auf dem Radar oder im AIS einer der Frachter auf, die sich auf dem Weg vom oder zum Kap der Guten Hoffnung befinden, vielleicht 1 oder 2 können wir „sehen“ – wirklich sehen tun wir außer den elektronischen Anzeigen nix davon, dazu sind 15 Meilen zu weit weg. Aber auch yachtmäßig sind wir nicht allein, parallel zu uns, jetzt leicht voraus fährt die Uhambo aus Frankreich, deren Licht man in der letzten Nacht sogar sehen konnte, und 60 Meilen hat uns schon der „R Sea Cat“ aus den USA abgenommen, der vor uns her galoppiert. Aus diesen drei Booten haben wir das „Indian Ocean Net“ auf Kurzwelle gebildet und so ist abends und morgens jeweils um 7 Uhr Funkzeit mit Positions- und Problemabgleich. Die einen haben Sorge um ihr Rigg, das sich aber tapfer hält, die anderen überraschten gelich am ersten Morgen mit der Nachricht, sie hätte einen Wassereinbruch durch ein defektes Seeventil reparieren müssen. „Yikes“, wie man im Am erikanischen sagen würde. Das wollen wir nicht.
Nicht aber, dass AKKA nicht auch kurzweilige Scherzchen bereithielte: vorgestern Nacht ging der Pinnenpilot, mit dem wir manchmal die Windfahne steuern, fest, gestern wollten wir mal den Motor laufen lassen und stellten fest, dass kein Seewasser im Kühlkreis vorhanden war – da ist der findige Technikus gefragt, der auch immer eine Antwort bereit hat; Pinnenpilot läuft und Motor auch – wir fragen uns im letzteren Fall nur, wie das Seewasser verschwinden kann; das hatten wir noch nie, und wir sind ja nicht gerade erst seit ein paar Wochen unterwegs. Ob vielleicht im Moment des Anlassens das Schiff gerade so weit übergeholt hat, dass am Kühlwassereintritt nur noch Luft bzw. Schaum gezogen wurde? Kann der Sog in den Wellen alles Wasser abziehen? Wenn der Impeller erst einmal Luft fördert, kommt jedenfalls kein Wasser mehr nach. Im Motorbereich geht kein Wasser verloren, die Feststellung ist schon mal gut. Mal gucken, ob das nochmal passiert – natürlich schossen uns beiden sämtliche bekannten Szenarien durch den Kopf, vom massiven Stromsparen à  la Kühlschrank aus, sinniger Umgang mit den Rechnern, Licht aus! Leider ist es hier alternierend so bedeckt, dass die Batterien vor allem nachts gut entladen werden. Gelegentlich ein halbes Stündchen Ladefahrt mit funktionierndem Motor ist ein schönes Backup für arbeitslose Solarpaneele und den Windgenerator, der auf Vorwindfahrt mehr rumlungert als dass er lädt. Außerdem überlegt man für den Fall des (Motoraus-)Falles schon „wohin und wir komme ich da ohne Motor rein“ (Antwort: Port Louis auf Mauritius, hat uns Wolfram mit der ATAIR und seinem Wasserschlagmotor voriges Jahr vorgemacht). Aber wir haben uns schon SEHR gefreut, als wir kurz nach dem Scherz den Auspuff wieder Kühlwsser speien sahen. Alles gut.
Wir haben aber auch schon die AKKA Crew nächtens auf dem Deck rumspringen und ins Rigg leuchten sehen – hm, woher kam dieses hässliche, metallische Knallgeräusch? Ich hatte auf Wache oben gesessen, Andreas auf Koje – und zu sehen war oben nur „alles paletti“. Wir hatten zuvor die ausgebaumte, zweite Genua weggenommen und einigen uns darauf, dass sich der leere Ausbaumer irgendwie entspannt haben musste. Grübel, grübel – Richtung Neumond ist es ja pechschwarz draußen und nicht wirklich gut zu sehen… Bis ich runtergehe, um meine Wasserflasche zu füllen, und die Bescherung sehe: hat doch unser schöner, 2010 erworbener Herd in 5-jährigem kardanischem Dauergeschwinge seine eigenen Aufhängungsbolzen durchgesägt. Zäng! Da hing er schief in nur noch einer Halterung, und jetzt steht er schön gerade, denn die andere Seite knackte bei der Diagnosesitzung am nächsten Morgen auch gleich durch. Was direkt zu einem Loblied auf das gedruckte Buch führt – unsere zwei eBookReader könnten nicht, was jetzt Helmut Schmidt (2x), James Belich, John Irving, William Shakespeare et al. (empfehlenswert, nicht nur als „Buch-Stütze“, auch zu lesen! JK Rowling, The Casual Vacancy!) gemeinschaftlich erledigen: den Herd in Position halten. Brot backen kann man mit dem Konstrukt leider nicht, oder man müsste sich noch einen Hitzeschutz für die tapferen Autoren ausdenken. Mal gucken wie weit der Cruskits- und Knäckevorrat uns bringt, man könnte auch wieder ein Wok-Brot backen…

Jetzt mal raus mit dem Ding – ich schicke es über Satellitenmail, weil ich hoffe, dass dann der Beitrag nicht als ein langer Absatz erscheint, wie es die Funkmail gern tut. Vielleicht kann mir jemand auf der Funkadresse mitteilen ob der Beitrag überhaupt erschienen ist?! Danke – und bis demnächst mal wieder vom Indischen Ozean —

Mehr Schräges aus Cocos

Im Shire Office

Im Shire Office

 

Port Refuge, Cocos Keeling, 29.9.2015

DSC09491Bevor es zum Schrägen aus Cocos geht, noch schnell ein Blick auf unsere kurze Passage von Java – wir waren nämlich nicht allein…  Wir haben unterwegs gerne Besucher an Bord, und der Tölpelbesuch war besonders erfreulich, weil es zuvor auf diesem Abschnitt wieder einmal eine Seebestattung hatte geben müssen: hatte „unser Gecko“ in der zweiten Nacht noch einmal ein irgendwie empörtes „Ci-cak-ak-ak-ak“  ** von sich gegeben, überraschte mich der Eigner am Folgemorgen mit einem gesperrten Schipperinnen-Sitzplatz: „… guck mal! Da, an der Wand!“  Ach, je, da klebt ein kleiner Gecko. Man versteckt sich unter dem Cockpitpolster und wenn die Schipperin sich niederlässt, nimmt der Druck schlagartig zu. Gefährliches Pflaster, so ein Boot, für kleine Geckos, die Liste der tödlichen Haushaltsunfälle wird länger. Einen Gecko hatten wir noch in Malaysia „gestempelt“ – der hatte unsere Wasser-Isolierhülle als einen geeigneten, schattigen, vielleicht auch angenehm feuchten Ruheplatz ausgesucht. Bis ihm 1,8 l Wasser auf’s Haupt fielen (ich habe es erst gemerkt, als die Wasserflasche „irgendwie merkwürdig“ zu riechen begann). Nicht genug damit: als wir das Dinghy in Cocos auspackten, lag ein weiteres Opfer darin.  Von wegen „der Gecko“. Die Geckos – aber sie sind trotz des harten Lebens ein zähes Völkchen, und eben „der Gecko“ ruft immer noch. Fragt sich, wie das nach 16/17 Tagen Passage in Rodrigues aussehen wird, aber da muss er jetzt durch.

Nach dem Besuch...

Nach dem Besuch…

Egal, vom Tölpelbesuch fühlten wir uns geehrt und berührt. Es ist immer nett, den Damen und Herren einen kleinen Gefallen zu tun, auch wenn es da oben auf dem Besanmast eigentlich fürchterlich unbequem, da schaukelig sein muss.
Allerdings…  Manche Besucher sind dann doch nicht so reinlich wie man sie sich gern wünscht!

Ansonsten genießen wir weiterhin Cocos Keeling.  Wirklich, ein Genuss! Ob man frühmorgens mal entlang der alten Telegrafiekabel schnorchelt, im springtidenbedingten Strom die Algen von der Wasserlinie kratzt und die Anoden begutachtet… es ist eine herrliche und wilde Mischung, die uns umgibt. Das Blau, der Passatwind, der nach den stickigen Äquatormonaten für die willkommene Dauerkühlung sorgt. Das klare Wasser, die kleinen, frechen Schwarzspitzenhaie, die einen neugierig umschwimmen.

World ARC. Der Start Cocos-Mauritius

World ARC. Der Start Cocos-Mauritius

Nachdem am Montag um 10:00 h Lokalzeit ein richtiger Regattastart für 14 Yachten der World ARC zelebriert worden war, hatte sich das Ankerfeld auf 4 Boote geleert, AKKA plus Belgien plus Frankreich plus die Sarah2 aus England (die – kleine Welt! – die Eigner der Sal Darago an Bord hatte, Panamakanalkumpels der AKKA aus 2010).

Wegen der zu entrichtenden Hafengebühr schmissen wir uns in die Regenkutten, legten die Schwimmwesten an und sausten ausnahmsweise mit unserem dicken Außenborder nach Home Island – 3-PS-ig wäre es noch nasser geworden, aber es war unter’m Strich nicht so dramatisch wie kolportiert. Angesichts von Home Island nimmt die Verwirrung weiter zu: wo sind wir hier eigentlich? Rein religiös-kulturell gesehen eindeutig im Malayischen. Die Straßen heißen alle „Jalan“,  es gibt nicht nur eine Moschee und die Damen, die auf den elektrogetriebenen Quads sitzen (ein paar Verbrennungsknäterer gibt es auch!) tragen züchtige Kleidung und Kopftuch. Die Cocos-Malayen sind eine eigene Ethnie, die hier seit den 1830er Jahren ansässig ist, man spricht Bahasa mit einem strengen Akzent – aber man wohnt in einer äußerst aufgeräumt wirkenden Siedlung, mit säuberlich aufgereihten Einheitshäuschen – zumindest zur Front der meist 2-spurigen, gepflasterten  Straßen sehr ordentlich, die Grundstücke sind tief und die Hinterhäuser sind zumindest von der Verwendung her noch eher als „malay“ zu bezeichnen: Werkstatt, Wohnzimmer, Familienküche. Unser Eindruck: könnte auch eine der künstlichen Siedlungen im Red Centre sein.

Pflasterstraßen und Recyclingtonnen

Im Off. Pflasterstraßen und Recyclingtonnen

Könnte aber auch eine Szenerie aus einem etwas unheimlichen Science Fiction Film sein, gleichförmig, unbelebt. Ein paar klischeetypische Australier trappeln durch die Szene („… ha ya goin, mate?“), Straßenarbeiter zum Beispiel, zwei Krankenschwestern. Und im Gemeindebauhof hängen Sicherheitshelme ordentlich gereiht über Stahlkappenschuhen und Neonwesten. „Slow“, „Go“ und „Stop“-Schilder und was man für eine geordnete Verkehrsregelung so braucht; eigentlich braucht man hier nichts dergleichen, aber „Caution, Wet Floor!“ ist einfach unabdingbar!  Was man hier allerdings wirklkich braucht, ist ein ordentlicher Cyclonshelter, und der sitzt denn auch beeindruckend mitten im Ort. auf dicken Stahlstelzen und bis an die Dachkante gepanzert. Ungute Vorstellung, dort hinein zu müssen, zumal man im Fall des Falles gewzungen wird, das eigene Schiff sich selbst und seiner Verankerung zu überlassen…
Ein bisschen schräg ist auch die Historie der Keeling Islands, und dass hier eine malayische Ethnie so isoliert überdauert hat, liegt an den Herrschern über das kleine Atoll. Schiere Kolonialgeschichte, aber in der Version „Clunie-Ross“ – auch bekannt als die „Kings of Cocos“. Diese Kings haben dafür gesorgt, dass ihre malayischen Arbeiter schön unter sich blieben, sie wurden zwar entlohnt, durften aber das vom King geprägte  Inselgeld nur im Inselladen ausgeben, wie nett, das ist so was wie das Perpetuum mobile im Cash-Flow. Kontakte nach außen waren untersagt, Kontakte von außen nach innen (zum Beispiel von der Besatzung der späteren Funkstation!) streng konrtolliert. Als Mitte der 1970er Jahre die UN hier erstmalig anrückte, um nach dem Rechten zu schauen, fühlte man sich ins vorherige Jahrhundert versetzt. Gesamturteil: Sklavereiähnliche Zustände. Die australische Regierung hat den wegen des nachlassenden Koprageschäftes schwächelnden Familienbetrieb der Familie Clunie-Ross übernommen, die Ländereien bröckchenweise aufgekauft und dem Königreich  mit einem Boykott seies Transportgeschäftes den wirtschaftlichen Rest gegeben – 1984 optierten die Einwohner der Cocos Keeling-Inseln dann für den Anschluss an Australien (die Alternative war eine Eigenständigkeit mit definierten Allianzoptionen).  Vielleicht nicht die schlechteste Art, endlich an „Caution! Wet Floor!“-Schilder zu kommen!  Und was muss man dann im Netz lesen? Die Klage, dass der „alte Herr“ ein toller Typ war, denn, heul! „… die Australier erlauben uns den Fang von Schildkröten und Seevögeln nicht mehr“.  Scheint sich aber um eine Minderheit zu handeln – das Dorf sieht aus, als ob die Versorgung mit Recyclingtonnen nicht die schlechteste ist. „Das Dorf“ ist übrigens heute ein Vorort von Perth/Western Australia. 1750 Seemeilen von hier entfernt, der nächste Punkt des Festlandes ist das Northwest-Cape, 1200 Meilen.  Australisch halt.

Ein bisschen schräg übrigens auch der Grund, warum das Atoll zu Großbritannien gehörte, bis Kaiserin Vicky es der Familie für immer übertrug… Es war nämlich einmal ein Kapitän, der hatte den Auftrag, die Cocosinseln im Golf von Burma für das Empire einzunehmen… Man wird sich ja doch mal ein bisschen vertun dürfen, oder?! A propos Empire: die kaiserlich-deutsche Flagge wehte am 9. 11. 1914 nur für 6 glorreiche Stunden.

All das und mehr lernt man im kleinen Museum, für das man den Schlüssel beim Shire-Office erhält.  Schöner Ausflug. Gekrönt vom Besuch im Supermarkt des Dorfes, wahrlich gekrönt, weil am vergangenen Freitag der Versorger da war: Möhren, Äpfel, Kohl… einfach volle Regale.  Wer sagt denn, dass es sich um ein Angebot „wie in einem schwachen Seven-Eleven“ handelt.  Gut für uns.  Ich muss dann mal die frischen Vorräte umlagern. Wegen der Schräglage…

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** Cicak ist Bahasa Indonesia/Malay für „Gecko“. Sehr schön lautmalerisch!

Cocos!

Cocos Keeling

Cocos Keeling

Port Refuge, Direction Island, 27.9.2015

Internet im Paradies… ein bisschen mochten wir es gar nicht glauben und ein ganz kleines bisschen waren wir auch entgeistert. Internet! Hier?!

Aber Kommunikation passt zu Direction Island, denn dieses unbewohnte Inselchen hat Geschichte:  als Kommunikationsbasis, nämlich zunächst als Signalstation, später dann als Telegraphen- und Relaisstation zwischen Australien, Südafrika und dem asiatischen Festland. Und weil wir ja hier zurück in Australien sind, wird uns das auch australisch vor Augen geführt – ich hab’s sicher schon früher mal gesagt, dass ich die Art, wie die Australier ihre vergleichsweise kurze Geschichte aufbereiten, mag. Heritage Trails nennt sich das, und hier ist es erst recht interessant.
November 1914, Erster Weltkrieg. Der deutsche Kreuzer „Emden“ treibt seit Beginn des Krieges recht erfolgreich sein Unwesen im Gelben Meer und im Indischen Ozean und versenkt zwischen August und Oktober 28 feindliche Handels- und Kriegsschiffe. Dann der Versuch, die Telegraphenstation auf Cocos Keeling auszuschalten. Was auch klappt – und wenn man die Informationstafeln liest, beschleicht einen das Gefühl, dass es hier weniger um Macht oder um Kaiser und König ging, als um Soldatenehre: „… wenn sie den Telegraphenturm sprengen, könnten Sie bitte versuchen, ihn NICHT auf den Tennisplatz fallen zu lassen?!“  Wurde prompt erledigt. Ein deutscher Offizier wird mit der Verlautbarung zitiert: „Ve had meny truble wiz your cabels, but ve have left you vun!“  Ist doch nett, ein Kabel haben sie ihnen gelassen. Allerdings hat man den deutschen Landungstrupp im Unklaren darüber gelassen, dass eines der durchtrennten Kabel ein Blindkabel war… Räuber und Gendarm?  Irgendwie schon, aber im Grunde alles, wie das Leben sein soll:  im gegenseitigen Einvernehmen.  Ein wirklich merkwürdiger Krieg, Graf Luckner lässt wieder einmal grüßen. Das Ende vom Lied war allerdings blutig, denn der australische Kreuzer  „Sydney“ hatte einen letzten Notruf der Kabelstation aufgenommen, und es entspann sich ein Gefecht, in dessen Verlauf die „Emden“ in die Enge getrieben und in North Keeling auf Grund gesetzt wurde. 134 Tote auf deutscher, und 4 auf der australischen Seite war das Ergebnis; immerhin, der Kampf endete mit einem schönen Brief vom Sydney-Kapitän Glossop an den Kommandanten der „Emden“, Kapitän von Müller. Ich übersetze das mal:

Geehrter Herr!
Ich habe die Ehre, Sie im Namen der Menschlichkeit zu ersuchen, Ihr Schiff aufzugeben.

Als Zeichen meiner Bewunderung für Ihre Tapferkeit erlaube ich mir, die Situation folgendermaßen zusammenzufassen:
1. Ihr Schiff ist aufgelaufen, 3 Schornsteine und ein Mast sind umgestürzt und die meisten Geschütze sind nicht mehr gefechtsbereit.
2. Sie können diese Insel nicht mehr verlassen. Andererseits ist mein Schiff intakt.

Wenn Sie aufgeben, was, wie ich unterstreichen möchte, kein Ehrverlust, sondern eher als unglücklicher Umstand zu bezeichnen wäre, würde ich alles für Ihre Kranken und Verwundeten tun und sie dem nächsten Lazarett übergeben.

Ich habe die Ehre, sehr geehrter Herr, Ihr untertäniger Diener zu sein.

John A. Glossop, Kapitän

Tja. Fehlt noch die Einladung auf ein Gläschen Port. Und die englische Presse äußerte sich zwar zufrieden mit der Zerstörung der „Emden“, ließ es aber nicht an Lob für die Leistungen von Schiff und Mannschaft fehlen.
Während der Kampf um die Emden tobte, hat übrigens deren 1.Offizier, ein Herr von Mücke, mit dem Landungstrupp einen aufgelassenen, maroden Kopraschoner für ein Fluchtmanöver ausgerüstet, der auf Direction Island lag, und die Besatzung der Telegraphenstation hat begeistert mitgeholfen – entweder, um die Deutschen loszuwerden, oder aus Dankbarkeit für den erhaltenen Tennisplatz. Wer weiß?!
Ein Vierteljahr später war es vorbei mit dem Gentleman War, dann kam Gallipoli.

Als wir vom Sonntagsspaziergang – Kokospalmenhain mit Geschichtsunterricht – zurück sind, gesellen wir uns zu den versammelten Crews der World ARC, die morgen aufbrechen, schnacken ein bisschen deutsch und englisch – ab morgen ist hier wieder Minimalbesetzung, ich denke, es bleiben 3 Yachten übrig, und wir werden mal nach Home Island hinüber tuckern. „Hafengebühr“ ist im Shire-Büro zu entrichten. Den Supermarkt checken. Außerdem gibt es dort ein Museum, sagte der nette Polizist, der uns eingecheckt hat.
Vielleicht ergibt sich noch die eine oder andere schräge Geschichte.

Stadtgänge

Jakarta Fischmarkt. Spaziergang mit Publikum

Jakarta Fischmarkt. Spaziergang mit Publikum

Rakata Kecil, 18.9.2015

Nun sind wir weg von Jakarta und unterwegs nach Cocos Keeling. Zeit, noch ein paar Worte zu Jakarta zu verlieren, ehe alles im Orkus der Vergesslichkeit landet, aus dem bruchstückhaft auch immer noch Episoden aus Singapur auftauchen. Hatte ich eigentlich von Theo berichtet? Ich glaube nicht. Theo ist ein Buchstabendreher, es müsste Teho heißen, und dabei handelt es sich um eine Firma, die sich mit Wasseraufbereitung beschäftigt. Im Zusammenhang mit unserer Wassermachermembranreinigung ergab sich ein unvergesslicher Ausflug dorthin. Es regnete mal wieder in tropischen Sturzbächen. Glücklicherweise hatte ich mein rotes Regencape dabei, das sich in allen Lebenslagen sehr elegant macht. Man fährt mit dem Rad zur Bushaltestelle, wo man es anschließt, klettert in einen Bus nach Clementi, um dort umzusteigen. Das Gespräch mit der benachbarten freundlichen Chinesin hat zur Folge, dass sie eigens für mich einen anderen Bus nimmt, damit ich auch ja an der richtigen Haltestelle aussteige. Beschämend, wenn man bedenkt, wie wir in Deutschland im Allgemeinen mit Fremden umgehen, oder? Jedenfalls danke ich herzlich und renne von der dortigen Bushaltestelle durch den Regen in ein riesiges Industriegebäude, und hinten geradewegs wieder hinaus in die Sturzbäche. Ich klappere – es ist Mittagszeit – diverse weitere Gebäude dieser Art ab; Hausnummern sind Mangelware. Jeder Halt, um GoogleMaps auf dem Tablet  zu konsultieren (offline, ganz schlecht!), macht mich noch nasser, bei diesen Capes weiß außerdem man nicht, ob die Feuchtigkeit von außen oder die von innen das schlimmere Übel sind. Die meisten dieser Industriegebäude haben unten eine Kantine, alle rappelvoll, so dass ich in einer schließlich zwei junge Frauen anspreche, ob sie mir vielleicht mit ihrem (unvermeidlich auf dem Tisch ausliegenden ) Smartphone die wahre Adresse von Teho heraussuchen können. Klar, machen sie mit Freuden, und die wahre Adresse ist dann nicht die von Google angezeigte, sondern genau da, wo ich aus dem Bus gestiegen bin. Wie erfreulich! In dem kleinen Bürovorraum entledige ich mich meiner Flipflops, lasse das nasseCape zu einem roten Nylonhäufchen zusammenfallen und schiebe es unauffällig in die Ecke. Alles tropft. Und schon eilt Cindy heran, Cindy, die mir eine Mail geschickt hatte: “ Dear Andrea – The smallest packaging for the alkaline cleanser is 25 kg“ Super, 25 kg Natriummetasilikat, das reicht für 50 Jahre Membranreinigung. Aber auf dem Fuße war eine Mail von Alvin, dem Geschäftsführer gefolgt: „€¦ es ist uns ein Vergnügen, Euer Leben leichter zu machen. Komm vorbei und hole eine kleine Portion ab, das geht auf€™s Haus€¦“. Wie nett sind die Singapurianer? Zumindest an diesem Tag waren sie alle nett. Das einzige, was ich nicht verstand, war, wie ein solcher Jungspund wie Alvin der Geschäftsführer einer solchen Firma sein kann. Der war ja nicht mal DREISSIG. Egal – alsbald pflückt die dicke, alte Dame von der deutschen Yacht ihr Nylonhäufchen aus der Ecke, schlüpft in die nassen FlipFlops und rückt beglückt mit zwei Flaschen Reiniger ab€¦ Singapur. Sagte ich ja schon. I like it!

Näh-Rikscha. Nein, kein Transport - das ist die wnadelnde Schneiderei...

Näh-Rikscha. Nein, kein Transport – das ist die wnadelnde Schneiderei…

Und nun Jakarta. We like that, too. Allein der Montag nach der Ankunft war sehenswert – eine Kostprobe zeigte ja schon das Bild mit den Ladies von der Quarantäne. Vorausgegangen war der Termin bei der Immigration. Wir lernen: sage zu einem Taxifahrer am Montagmorgen „Tanjung Priok“, und er quittiert mit einem „€¦ oh! Oooh€¦“ , stürzt sich aber dennoch in den Verkehrsstau. Eben nach Tanjung Priok, dem Containerhafen von Jakarta. Es ist ein Bluebird Taxi, immer reell, immer mit Taxameter, wir werden Stammkunden bei diesen mittelblau strahlenden Taxen. 10 km und viel Stop-and-go später finden wir im riesigen Cargo- und Militärhafengebiet ein vergleichsweise winziges Immigrationbüro, das wohl überwiegend der Abfertigung von Crews dient – es versteckt sich zwar im Fährterminal Penambangan, aber die Fähren hier sind alle nationale Fähren, also ohne Passkontrollbedarf. Ein herrliches, leicht abgerissenen Büro! Viele Leute, wie immer in Indonesien, im Gegensatz zu Malaysia übrigens überwiegend männliche Bürobesetzung. Der Officer, der sich mit uns beschäftigt, ermahnt uns streng, dass wir das IMO-Crewlist-Formular benutzen sollen und bedauert wortreich, dass ich den Schiffsstempel (siehe letztes Jahr, Einklarieren in Kupang!) nicht mitgebracht habe. Aber es geht auch so. Ein bisschen Popanz, was alles zu beachten ist, dass wir zum Beispiel beim Abarbeiten der vielen Inseln auf unserem CAIT bitteschön immer zur Immigration oder wenigstens zum Hafenmeister zu gehen haben€¦ Wird gemacht! So gebrieft steigen wir mit gestempelten Pässen in unser wartendes Taxi und rollen bootswärts.

Punkt zwei: Quarantäne. Hattet Ihr ja schon gesehen. Es war ein Bootstermin anberaumt worden, und ich darf in der Ambulanz mitfahren; man wäre zu Fuß fast ebenso schnell und würde sich das lange Vorkühlen des Autos sparen – die Health Clinic ist gleich am Ausgang des Marinageländes – aber Dienstauto ist Dienstauto, und auch dies ist ein Erlebnis. Wieder viel Papierkram und, wie die Bilder zeigen, Frohsinn. So ganz klar ist nicht, was wir zu zahlen haben („€¦ was habt Ihr denn voriges Jahr in Kupang bezahlt?“), aber die 500.000 Rupien sind in Ordnung, und „Due“ Azafarine und Gita und ihr Epidemiologe (Asche auf mein Haupt, ich weiß den Namen nicht mehr!) sind wirklich extrem nett und lustig.

Ts, ts ... all diese Papiere!

Ts, ts … all diese Papiere!

Punkt drei: Zoll.   ach€¦ der Zoll. Bea dan Cukai genannt. Für den Sunda Kelapa-Hafen mit recht wenig Auslandsverkehr ist ein 20-Fuß-Container gegenüber der Moschee in die Ecke gestellt worden. Ich hoffe, die Bilder, die Andreas später beim Ausklarieren gemacht hat, sind nett geworden. Man steigt 3 Stufen hoch, stellt die Schuhe zu den ein bis zwei Paar ausgelatschten Männersandalen und öffnet die Tür: ah, da liegen sie ja schon, die Zollbeamten, auf

Das Gespräch mit Putu klärt alles!

Das Gespräch mit Putu klärt alles!

ihrem Kuschelkissen Was tut frau da? Hockt sich halt dazu, , auf das Stück Auslegeware, das über einen Minions-Spielteppich gebreitet ist. Es gibt zwar einen Schreibtisch, sogar mit einem Bildschirm (TV-Bildschirm gibt es natürlich auch, und der läuft auch!), aber hat man auch mehr Platz zum Ausbreiten der Papiere. Englisch? So gut wie keines. Plan?! Auch nicht so ganz, ich habe das Gefühl, was auch immer ich an Papieren präsentiere ist recht. Clearance von

Behördengang zur Unzeit. Lunch time!

Behördengang zur Unzeit. Lunch time!

Singapore, Registration, CAIT. Wir rufen die Marina an, Putu erklärt mir, dass wir am Tag vor der Abreisewiederkommen sollen, es sei alles prima so€¦ Ja, wirklich? Einklarieren in Indonesien soll doch so kompliziert sein, frage ich mich leise.  Wird schon laufen€¦

Punkt vier, letzte Station: Harbour Master. Noch so ein Klassiker. Mitten in dem Mix aus Baugelände und Frachtcontainern steht ein mit Fahnen geschmückter Turm. Ich werde, es geht langsam auf die Dämmerung zu, von einem knackigen Feldjägerdienstgrad mit weißem Kordelschmuck, allerdings mit leeren Waffenholstern, in Empfang genommen, der mich durch das weitläufige Gebäude schleust, vorbei an Büros mit smartphonenden oder auch nur auf Bänken ruhenden Dienstuenden. Teller mit Fischgräten sind abgestellt (wahrscheinlich hat es hier Katzen…), an den Toilettenräumen steigt gerade ein nur mit Handtuch bekleideter, beleibter Mensch aus dem Duschkabinett; irgendwie anheimelnd. Der Raum der „Coast Guard“, da muss ich hin. Ein Fernseher brüllt. Der Mensch, der mich abfertigt, hat – recht indonesisch, hier heißt man auch gern mal Eisenbahn oder Fahrrad! – den schönen Vornamen Boy Ferry. Darüberhinaus hat er aber keinen Plan, blättert unsere gesamte Dokumentenmappe durch und macht Kopien von allem, was sich nicht wehrt. Ich muss für 15 Bruttotonnen 15.000 Rupien zahlen. Nicht ganz ein Euro Hafentaxe – diese Kohle geht quasi für die ganzen Kopien dahin. Noch dazu wird die Kopierorgie ein Nachspiel haben: AKKA wird am 7.9.2015 ins Hafentaxen-Registerbuch eingetragen, ich hab€™s gesehen und mir glücklicherweise gemerkt – das ist gut, denn beim Ausklarieren findet sich unsere wilde Akte nicht wieder. Ein Büroabenteuer! Übrigens, von Putu, dem Marinamanager, bis zu Boy Ferry – alle, fragen sie: “ €¦ wo/wer ist der Agent?“. Auf unser Kopfschütteln hin zucken ebenso alle mit den Achseln: „€¦ never mind€¦“ oder indonesisch: „€¦boleh, boleh“: Macht nix, ohne Agent ist auch fein.

Pinisis gibt es reichlich, fürwahr.

Pinisis gibt es reichlich, fürwahr.

Unsere Zeit in Jakarta ist natürlich mit weiteren Besorgungen gefüllt, wir machen weitreichende Spaziergänge durch die verblüffende Kluft zwischen arm und reich, zwischen modern und marode. Der Hafen der Pinisis, dieser riesenhaften Frachtsegler der indonesichen Gewässer hat es uns angetan, und auch da wird die Kluft deutlich: von der anderen Seite des Hafenbeckens wachsen immer mehr Hochhäuser auf den Traditionshafen zu. Noch gibt es reichlich Pinisis und entsprechenden Ladeverkehr, aber wie lange noch? Gleich hinter diesem Hafen, der 700 Jahre auf dem Buckel hat, liegen die alten Handelsgebäude der Holländer, des VOC – Batavia war schließich die Hauptstadt der holländischen Ostindienkolonie. Gleich daneben der Fischmarkt, dicht an dicht besiedelt. Wir genießen unseren Sonntagsspaziergang dort. Am anderen Ende gelangt man in nur wenigen Schritten in die Welt von Glas und Beton, Autohäusern und Shopping Malls. Jakarta ist ein Moloch, eine Segelfreundin schrieb: die hässlichste Stadt Südostasiens. Na gut, so richtig schön ist keine der großen Städte, nicht einmal Penang ist wirklich schön, aber interessant sind fast alle, und Jakarta finden wir vielleicht nicht sehens-, aber doch erlebenswert. Nebenbei werden unsere Bemühungen, noch ein paar Dinge für die Proviantkisten nachzukaufen, belohnt. Jakarta hat reichlich „exPats“, und daher hat Jakarta auch Quellen für Knäckebrot und Co. Dass man dabei wieder einmal die schicksten Malls der Stadt besucht und sich über die Käuferschaft wundert, ist ja auch ein Erlebnis. Symptomatisch vielleicht unser Samstagabendspaziergang: zu Fuß zur Emporium-Mall, da soll es ein ACE Hardware-Store geben und die haben Ersatz für unsere zerbrochenen Kiwi-Campingstühle. Gesagt, getan. Von weitem schon leuchtet einem die gigantische „EMPORIUM“-Leuchtreklame entgegen, aber bis man dort ankommt, geht es über Stock, Stein und Schlagloch, entlang stinkender Abwassergräben, an denen sich aber Garküchen reihen. Der ACE-Hardwarestore hatte unsere Stühle dann doch nicht, und auch der dortige Carrefour-Supermarkt war nicht wirklich toll; dafür haben wir über den Straßen von Jakarta gethront, in die glitzernde Neonnacht geschaut, den Verkehr unter uns branden sehen und dabei chinesisch gegessen. So chinesisch wie eigentlich noch nie. Es gab alles, was man gemeinhin nicht mag – und darum haben wir auf unserer gemischten Platte von xy Köstlichkeiten den Quallensalat auch ausgetauscht. Eigentlich schön blöd, wir hätten es wenigstens mal probieren sollen. Nebenbei konnten wir am Nebentisch gehobenes Familienleben beobachten: Dienstpersonal ist kostengünstig in Indonesien, also hat man für jedes Kind ein eigenes Kindermädchen. Nicht dass die Kindermädchen auch etwas gegessen hätten, nee, nee – die-waren nur zum Füttern und Bespaßen da. Überhaupt, Dienstpersonal – noch nirgendwo haben wir so viele feine Hausfrauen mit Dienstmädchen im Schlepptau gesehen, Dienstmädchenuniform inklusive.  Und was der Merkwürdigkeiten mehr sind. Man hätte wirklich nooch Wochen bleiben können.

Aber wir sind schon ein paar Stopps weiter, und obwohl wir uns schon als „unterwegs“ abgemeldet haben, bietet uns der heute Ankerplatz noch einmal Internetzugang.  Raus mit dem Beitrag. Bilder allerdings will der Zugang gerade nicht befördern. Wir probieren’s später noch einmal…

Jakarta-Galerie

Das Quarantine-Team mit Hahn im Korb

Das Quarantine-Team mit Hahn im Korb

Jakarta, 16.9. 2015

Gestern kommt am Nachmittag eine Mail: „Hi, Auntie and Uncle – I thought the latest picture would be sweet memories of your stay in Jakarta…“  Gita schickt uns das Abschlussphoto „Health Inspection“.  Und ich schließe mich mit einem Bilderreigen an. Wir wollen los – nein, eigentlich wollen wir nicht los, man hätte hier, blöd wie wir sind, noch wochenlang bleiben können und sich das Jakarta-Chaos angucken, aber langsam wird’s Zeit.
Ich habe nicht mal die schönen Bilder von Andreas ausgeflöht, sondern nur meine geknipsten als Stellvertreter ausgesucht. Den Rest machen wir noch, und bis wir Sunda Strait „Ausgang“ erreicht haben, fällt mir vielleicht auch noch ein bisschen Text ein.

Hier ist die Galerie „Jakarta“…

Land des Lachens

Dr. Gita und Azarine auf der AKKA. Grünes Buch?! Alles klar!

Quarantine inspection auf AKKA mit Dr. Gita und Azarine . Grünes Buch?! Alles klar!

Jakarta, 15.9.2015

Hier kommt ein Kurzbeitrag, denn ich habe Gita, Doctora der Medizin und unser Quarantine-Officer beim benachbarten Gesundheitsposten versprochen, dieses Selfie vom Einklarierungstermin am letzten Montag (!) einzustellen.

Und weil Jakarta alles andere als einen Kurzbeitrag wert ist, vertagen wir weitere Berichte. Jedenfalls lachen die Leute viel und eigentlich immer nett. Wir lachen auch – manchmal verzweifelt, weil die Unterschiede zwischen arm und nicht so arm so verblüffend sind. Sei es der Spaziergang zwischen Marina (65. Geburtstag von Dr. Ab Sowieso, Dessertbuffet!) durch Hafengelände und vorbei an den Garküchen (lecker) über Abwasserkanälen (nicht so lecker) zur neuen Emporium-Mall… Sei es der Weg vom Silikonhändler, der uns nicht beliefern konnte zur, was sonst, Sentaya Plaza Mall (da soll es Knäckebrot geben!). Letzteres war eine Taxifahrt und leicht verlängert durch ein Konzert, das Bon Jovi zur Unzeit geben musste… Soll vorkommen im Verkehrschaos von Jakarta.

Ich melde mich!

Jakarta

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Batavia Marina, 6.9.2015

Schwierig, die Bloggerei!  Einerseits möchte ich gern, denn es stützt das eigene Gedächtnis. Und ohne Blog ein Tagebuch zu schreiben ist eindeutig nicht meins. Also: weitermachen. (Das war jetzt mal ein richtig schöner doofer Tagebuchvermerk in eigener Sache!)

Wir sind in Jakarta!  Vor einer Woche noch lagen wir vor Lingga, da schälte sich schon heraus, dass die Anreise zur Sunda Strait so mühsam werden würde wie befürchtet, wegen der vorherrschenden Windrichtung. Die Entscheidung, durch die Bangka Strait zu gehen, war goldrichtig, und es ist auch nicht so eng, wie es auf den einschlägigen Karten erscheinen mag. Aber bis Bangka…  Das war mal wieder so eine Nacht!  Wir hatten ab Lingga eigentlich gute Bedingungen – zunächst wibbel-wobbel aus dem Ankerplatz raus und crash-bang um die Ecke durch die auch in Segelführern beschriebenen Tidenverwirbelungen – danach mehr als 12 Stunden gutes am-Wind-Segeln, wer hätte es gedacht. Zur Nacht hin drückte es uns dann doch zu weit auf die flache Sumatraküste; mit hoher Abdrift, die beim abnehmenden Wind nur noch höher wurde, also wurde die Rappelkiste wieder angeworfen. Für ein Weilchen (mit Betonung auf der Verniedlichung) ging es gut, und dann kamen die Stunden, wo man sich fragte, wie man hier wieder raus kommt. Kreuzen fast ohne Wind? Nö. Also Drehzahl erhöhen. Im Endeffekt lief es streckenweise auf dieselschluckende 2.200 Umdrehungen hinaus mit einer resultierenden Geschwindigkeit von vielleicht 2,5 Knoten über Grund, durch’s Wasser Welle runter bissel mehr, Welle rauf? Festgestampft… Nerve wrecking, wie man so sagt. Wir checken, ob wir, wie schon mal in Tonga, ein Fischernetz eingefangen haben; negativ. Als der Strom nachlässt, „geht es so“, aber es gab doch eine Begebenheit, die es sich zu schildern lohnt: Nachts um 2, ein Funzellicht am Horizont, das schön parallel läuft, wir sind ganz wenig schneller, die Schipperin vertraut auf einen lang andauernden, sauberen Überhofvorgang.

Zur Erinnerung: mein Lummerland. Barge vor Borneo

Zur Erinnerung: mein Lummerland. Barge vor Borneo

Was ist’s?!  Der Schipperin Trauma, eine Barge, und die machen einfach, was sie wollen – und richtig, es kommt dazu, dass sie nach unten eilt, den schlafenden Eigner ins Bein kneift und ein „…komm mal rauf, dieser Schlepper kommt mir einfach zu nahe..“ keucht.  Andreas vermerkt hinterher im Logbuch: „… Barge-Schleppverband, der plötzlich seine Richtung ändert und AKKA vor seinen Bug zwingt, bei einer Fluchtgeschwindigkeit von 2 Knoten in der Bremswelle, bei 2.300 Umdrehungen…“ Endlos langsam schiebt sich AKKA über seine Buglinie. Die fahren einfach Schlangenlinien im Strom – könnte man ja langsam wissen, aber man kann kaum vorhersagen, wann und in welche Richtung diese Schlange schlängelt.  Und so fort. Langsam wird es besser. Und mittags sind wir an der Nordwestecke von Bangka, nicht unter dem weltgrößten Zinnschmelzer in Mintok, sondern im Windschatten vor der Küste.

Fischer, Taxibootfahrer - Herz haben sie. Weit, weit draußen.

Fischer, Taxibootfahrer – Herz haben sie. Weit, weit draußen.

Anker. Pause. Die Marinepolizei kommt in einem offenen Motorbötchen vorbei, ziemlich indonesisch, man weiß manchmal nicht, ob man es mit Banditen zu tun hat; Banditen im Zivildress, auf dem Boot, einer schwimmenden Kiste, steht zwar Polisi und einer hat eine „Polisi“-Mütze, wie es sie auf jedem Markt gibt, aber sie schütteln uns – ziemlich indonesisch! – die Hand, und auf unser Kopfschütteln auf die Frage nach „surat“ (=Papiere) hin reichen sie zwei Päckchen Erdnüsse herüber.

Die Fahrt durch die Bangkastraße tags drauf ist eher unspektakulär, Motoren, Motorsegeln. Gegen Abend kommt angesichts aufziehender Wolken die Idee auf, vielleicht eine kurze Schlummerpause einzulegen und um Mitternacht weiter zu fahren, aber der gedachte Ankerplatz ist voller Stelzenhäuser und die Wolke hat sich mit dem allgemeinen Smog (auch hier brennen die Wälder!) vermischt, also weiter. Noch ist der Plan: in Tobo Ali, am Ausgang der Straße, wird es alles geben, was wir wollen, Diesel, vielleicht sogar ein paar Früchte und Gemüse, wirmüssen nur klarmachen, dass wir nicht einklariert sind. Tobo Ali… im Morgengrauen nähern wir uns der extrem flachen Küste. Zig Fischerboote liegen am Strand, ein verfallender Anleger schmückt die Silhouette einer recht großen Ansiedlung, dicht gedrängte Hausdächer, hohe Betonblöcke (Schwalbennestproduktion, sihe Borneo!). Wir kennen den Ort nur via „Osmand“ ** etwas genauer, die Seekarten halten das nicht vor, die Vergrößerung im Google Earth gibt nichts detailliertes her.  Arrgh, wieso war ich so doof mit der Navionics-for-Android-Sache?!

... außer Häusern nichts gewesen. Tobo Ali

… außer Häusern nichts gewesen. Tobo Ali

Wir liegen auf 4 m, weit draußen, und keine Bewegung an Land. Nichts. Doch, an zwei Stellen steigt Rauch auf, aber kein Fischerboot bewegt sich, nichts. Ein Hafenkapitän ist hier nicht zu erwarten, wem soll man das mit der Einklarierung erklären? Manche Berichte „schwärmen“ in solchen Fällen von Stunden bei der Polizei. Die See am Ankerplatz vergleichsweise ruhig, aber es wellt doch so, dass an eine komfortable Dinghyfahrt nicht zu denken ist, schon gar nicht mit Diesellast.  Und wo soll man an Land gehen?!  Wir rufen die Schwester in Bremerhaven an, rufen ein „herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag“ in den Äther und entscheiden: Next stop – Jakarta. Zwei Tage/Nächte später sind wir da. Bemerkenswert: 30 Stunden gutes Segeln inklusive, bis uns in der letzten Nacht die Puste ausgeht.
Der Kinken an der Sache: darauf waren wir nicht wirklich vorbereitet, wir hatten uns keinerlei Detailinformation über Jakarta besorgt, die Segelführer geben nicht wirklich viel her. Aber was wäre der segelnde Mensch ohne funktionierende Landbasis? Also schiebe ich eine Funkmail an die Rasmusse von GIMBOSALA (Schlei) und KASSIOPEIA (Brasilien/Nürnberg) raus – sagt mal, könnt Ihr mir die Kontaktdaten für die Mutiara-Marina in Jakarta ergoogeln? Wir hatten noch nicht „Mittagssuppe“ gerufen, als die Antwort aus Nürnberg da war, sensationell. Gleichzeitig schreibt uns Ruth, die Sekretärin in Bali, die uns das Cruising Permit (CAIT) besorgt hat, dass sie uns Dockmaster Putu in der Batavia-Marina empfiehlt. Die Batavia-Marina ist zwar nirgends verzeichnet und in diesen südostasiatischen Gegenden ist die Stadtentwicklung so rasant und chaotisch, dass die Marina überall sein kann, nach ein bisschen Mailverkehr ist aber auch das geklärt. Die Position, die wir bekommen, ist auch ein bisschen „daneben“, wir zickzacken durch auf Reede liegende Kleinfrachter, gucken uns die Augen aus, versuchen „hilfreiche“ Winker zu ignorieren, aber dann rutschen wir über flachen Schlick in den Kanal, der zur Marina führt. Wir sind die einzigen Langfahrer hier, die Leute indonesich freundlich, ich kann das nicht oft genug sagen. Und nach einem abenteuerlichen Fußmarsch durch die industriell-verslumten Hafenviertel habe ich an einer Straßenecke sogar eine Telefonkarte erstehen können. Szene zuvor: heruntergekommenes Wohnviertel, viele kleine Shops am Straßenrand, einer hat Telkomselkarten in seiner Auslage. Selamat siang. Keine Reaktion, der alte Herr übersieht mich geflissentlich, dann Bewegung: ein junger Mann – Sohn, Enkel? –  knöpft das Hemd zu und stopft es in den Hosenbund. Verlegenes Lächeln: „… doch, die Karten die hier liegen sind Telefonkarten.  Aber die sind alle verfallen!“. Zwei Kilometer weiter. Der Straßeneckenstand, unter der mehrspurigen Betonüberführung, zwischen all den Garküchen und Saftständen, der hat’s. Und eine junge Kundin spricht sogar ein bisschen Englisch, dessen die jungen Verkäufer nicht mächtig sind.  Alles gut.  Durch Abwasserdünste und über die zahlreichen plattgefahrenen Ratten steige ich zurück, sind ja nur ein paar Kilometer (es zog sich, will das sagen).

Batavia Marina, festlich beleuchtet

Batavia Marina, festlich beleuchtet

Abends dann das andere Jakarta. Himmel. „Batavia Marina“ ist ein großer, alter Backsteinklotz, der als Veranstaltungsort dient. Wir schleichen um’s Haus… Andreas verweilt ausdauernd in den Dämpfen der Garküchenstände, im Rauch der BBQs, die zahlreich im Hof des Gebäudes verteilt sind. Hunderte von Gästen, fein gekleidet, feiern eine Hochzeit. Wir nehmen das Dessertbuffet ab. Zugreifen und „zack“, das wäre doch was, und es würde sicher keiner merken… aber wir sind ja nette Besucher und starren nur ein bisschen. Chinesische Familienhochzeit mit vielen malay-indonesischen Freunden des Paares. Andreas kommentiert angesichts der Fülle – an Gästen und an Speisen – : „… der arme Brautvater!“  Arm? Ich bin sicher: genau das nicht!  Jakarta hat schon am ersten Tag zwei Gesichter für mich: ganz arm und ziemlich reich.

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*OSMAND – das ist Open Street Map for Android.  Begegnete mir zuerst bei Radfahrern, die aus Tadschikistan kommend in unserem Dorfhotel in China wohnten und ihre Radreise von Amsterdam aus damit planten bzw. danach navigierten. Ich habe mich in die 5,99‚¬ Unkosten für die Bezahlversion gestürzt. Urteil: absolut genial, egal, ob in Singapur, in Jakarta oder vor Tobo Ali…  Ist nämlich ein Offline-App, die Karten sind kostenlos…

Sonntags Ruhetag

Suedostspitze von Lingga/Indonesien, 30.8.2015

Wir liegen zwar hinter der südöstlichen Landnase von Lingga, aber die Art Schwell, die trotzdem in die flache Bucht läuft, mag AKKA sehr gern: da macht sie voll mit, unsere Schunkelfreundin. Und wir auch – gelegentliches Kaffeetassenfesthalten inklusive. Wir haben uns heute einen Ruhetag verordnet. Der Ausgang der Sundastraße ist ja noch 500 Meilen weit entfernt, und einerseits würden wir gern Richtung Cocos Keeling sausen, andererseits ist eigentlich jetzt noch wind- und wellenreiche Zeit dort draußen, lassen wir es also geruhsam angehen – die nächste Etappe bringt uns erst einmal zur Bangkastrasse zwischen der gleichnamigen Insel und Sumatra. Dort wird es dann zwar weniger Wind geben, aber aus der besseren Richtung. Ob wir doch noch einen Stopp in Jakarta oder anderswo machen, wollen wir noch entscheiden.

Zum Tagesgeschäft. Müssen wir uns eigentlich Sorgen um den Gecko machen? Vorgestern sprang er, als ich den Anker werfen wollte, aus der Ankerklüse („Das Reiten auf der laufenden Ankerkette ist streng verboten!“) und verschwand nach achtern. Abends ruft er ab und zu, ist also insgesamt lebendig und, wie ich finde, auch beleibter geworden, aber die Versorgung mit Fluginsekten schwindet am Ankerplatz natürlich (wir machen für ihn eigens die Heckplattformbeleuchtung an, vielleicht verirrt sich ja doch mal eine Mücke oder Motte…). Wir fragen uns: wie fängt man einen Gecko? Die Kinder in Kuna Yala, die den Yachties gern Geckkos „verkaufen“, würden es wissen, und wenn wir es denn schaffen, würden wir ihn schweren Herzens an Land aussetzen, zu all den Kumpels. Wenn nicht – da kommen harte Zeiten auf unser „Krokodil“ zu.
Kleines Ärgernis aus dem Elektronikbereich: wir hatten uns ein Navionics-App für das Tablet geladen (ham jetzt alle…). Dazu hatte ich Karten für Indik und Afrika erworben, mit einiger Mühe – wer ahnt schon, dass Internetkäufe über das Androidsystem nur möglich sind, wenn man „unbekannte Quellen zulassen“ aktiviert hat?! Das klingt doch eher bedrohlich, oder? Erst der Navionics-Helpdesk brachte mich auf die richtige Spur. Das Ergebnis des Kartenkaufes liess sich allerdings sehen: schöne Darstellung, detailliert, aktuell und ueberhaupt ganz wunderbar, in allen Bereichen der gekauften Karten; man konnte Direction Island auf Cocos anschauen und exakt zwischen den Riffen navigieren und auch schon die Einfahrt nach Richards Bay in Suedafrika erkunden. Zumindest war das der Eindruck zwischen Pangkor und Singapur, immer schön im Bereich von Mobiltelefonie und WiFi… Hier unten nun wurde die Darstellung plötzlich sehr kryptisch – wat is‘ denn nu‘ los? Es stellt sich heraus, dass man trotz – oder gerade wegen? – besonders einfacher, intuitiver Bedienung doch die Hilfedateien studieren sollte: im Empfangsbereich von WLAN oder mobilem Datenverkehr kriegt man alles Gewuenschte auf dem Tablet(t) serviert – um es aber offline zu nutzen, muss man die entsprechenden Kartenausschnitte separat herunterladen. Was natürlich nicht geschehen war – die dumme Schipperin hatte mehr mit dem „gekauft ist gekauft“-Prinzip gerechnet. Nun sitzen wir da mit der schönen App und einer Weltkarte… Ein Drama ist es nicht, wir sind auch ohne Tablet bis hierher gekommen, aber der Mensch verbeisst sich ja gern in Redundanz der Systeme (das 4. wäre dies, neben Papierkarten, Plotter und OpenCPN auf diversen Laptops), und dann ist da noch die Begeisterung für neue Gimmicks. Zu dumm, dass wir, aus Malaysia kommend, nun keinen Internetzugang über die indonesische Telkomsel haben, denn die alten indonesischen SIMs oder zumindest ihre Guthaben sind natürlich längst erloschen. Gestern abend allerdings passierte etwas Lustiges: wir haben ja noch unsere malaysischen SIMs in den Telefonen, aber eigentlich sind die vom Datenverkehr getrennt, was hier eine geringe Rolle spielt, denn Telkomsel scheint mit Digi Malaysia nicht „roamen“ zu wollen. Man sieht zwar wie schon auf dem Herweg eine sensationelle Abdeckung durch Telkomsel auch im Küstenbereich, aber sonst sahen wir nix, insofern konnte ich tagsüber gefahrlos mit der Funktion „Data Roaming“ herumprobieren, wegen der o.a. Navionics-Geschichte. Beim Bereiten des Abendessens höre ich plötzlich das Tablet vibrieren und bimmeln – wo kommen denn plötzlich Daten her? Klar, über das nicht wieder abgestellte Data-Roaming! In Reichweite des Ankerplatzes, also am Arxx der Welt, muss ein Funkmast fuer Indosat-Digi stehen, und der schob uns unerwartet und ungefragt ein paar neue Mails zu (danke, Schwester und Bruder!) und zahlreiche Facebookbenachrichtigungen (extrem wichtig…). So lange, bis das malaysische Guthaben aufge- braucht war, und das ging schnell. Nach diesem kurzen Aufflackern sitzen wir wieder ohne Internet da. Zurück zur Basisausrüstung: Funkmails und gelegentlich welche vom Satellitentelefon. Das hat auch seine Vorteile. Sonntag ist nämlich Ruhetag! An die Arbeit!

Indonesische und andere Späße

Mezanak, 18.8.2015

„Thank you for your visit!“ sagt der Eigner gerade. Am Heck hängt mal wieder ein Boot voller Kids, denn wir sind auf dem Weg zur Sundastrasse, und Indonesien hat uns wieder. In Ermangelung von Bahasakenntnissen erschöpfte sich die eher einseitige Unterhaltung gerade in Aussagen wie: „… ja, wir sind aus Altwarmbüchen… Deutschland… weit weg!“ oder der fröhlichen Aufforderung „… und immer mal an die Zähne denken!“. All das auf Deutsch natürlich – dieser Eigner kann so gemein sein, aber was auch immer er sagt, es wird mit einem begeisterten „… yes, yes, hello Mister!“ quittiert. Leider rauschen wir nur hier durch.

Ich hatte gar nicht mehr auf dem Schirm, dass es hier so anders ist als in Malaysia, und wie gern die Menschen auf einen Schwatz und einen Keks vorbeikommen, das hätten wir beim Verproviantieren bedenken müssen. Habe ich aber nicht – und nun haben wir auch noch eine Planänderung vorgenommen, nämlich auf den Stopp in Belitung zu verzichten und gleich zur Sundastrasse durchzugehen, via Bangkor Strait, das macht die Vorräte extra knapp. Aber lustig ist es mit den Hello Misters auch mit kleineren Keksgeschenken.
Ach, das Verproviantieren. Fein geht das in Singapur, wenn man einen Plan hat. Dass man die durchaus bestehenden Listen nicht konzentriert abgearbeitet hat, merkt man erst unterwegs, wenn einem die Kokosmilch fehlt und auch der Tomatenvorrat etwas knapp bemessen ist. Nun gut, also wird es auf Dosentomaten-Salat hinauslaufen. Immerhin haben wir Australische Dollar gebunkert, die wir dann für ein paar frische Sachen in Cocos Keeling ausgeben werden. Die Betonung liegt auf „ein paar“, denn ein Atoll, wo alles hingeflogen werden muss, geht ans Bare.
A propos Spass: wir hatten erwogen, uns einen Ersatz-Kartenplotter nach Cocos fliegen zu lassen – solche Exkursionen in die Welt der Organisation mag ich nach wie vor gern. Dazu hatte der Eigner ein eigenes eBay-Konto errichtet (und musste dann später auch noch ein Paypal-Konto einrichten, weil solche personengebunden sind und meines dementsprechend nicht akzeptiert wurde – man lernt nicht aus!). Bis es dann so weit war, dass wir bezahlt hatten und eine Adresse hätten uebermitteln koennen, taten sich organisatorische Abgründe auf. Zunächst musste uns der Polizist auf West Island/Cocos Keeling eine Adresse geben, die die Transport arrangiert – dieser Polizist scheint ein Mr. Fix-it zu sein, auf den wir gespannt sind, Zoll, Polizei, Auskunft, Quarantine, alles aus einer Hand. Diese Adresse ist in Perth. Perth, Western Australia. Die Stadt hat naemlich einen 1750 Seemeilen entfernten Vorort namens Cocos Islands. Australischer geht es irgendwie nicht. Da ein neuer Kartenplotter von der Stange in Singapur gleich die Erneuerung der gesamten Peripherie bedeutet hätte, also alle Antennen, Radar und Furz und Feuerstein, waren wir froh, ein passendes, wenig gebrauchtes Altteil in Florida zu finden, nur, dass Florida noch schläft, wenn Perth sich anschickt, demnächst Feierabend zu machen – krieg‘ die Informationen und Informanten mal zusammen, wenn Du in Singapur sitzest. Es kommt hinzu, dass Cocos zwar Australien ist, aber nicht zollrechtlich, das kann schön schiefgehen. Sagt Drew, der Freightshop-Manager, der zu allem Übel zeitweise nicht per Mail zu erreichen war. Aber er sagt mehrfach beruhigend über Skype: „No worries, mate!“, da fühlt man sich ganz zu Hause in Ozzieland. Es gingen Tage ins Land, bis wir schliesslich die ganze Sache abgeblasen oder zumindest die Luft aus dem Ballon gelassen haben: der Plotter geht nach Deutschland, und wie er von dort nach Südafrika kommt – den Spass heben wir uns fuer später auf. Genug der Banalitäten. Gleich geht die Sonne unter, ich muss die Wetterwelt-Vorhersage holen. Mal gucken, wo wir uns Sonntag/Montag verstecken, es soll mehr Wind geben. Wind auf die Nase. Nordwärts gab’s im November keinen, dafür jetzt gegenan. Indonesischer Spaß.

SG 50

Singapur, 19.8.2015

Eine Woche voll Luxus. Kleiner Luxus. Wiener Würstchen, französischer Käse, norwegischer Lachs und so. Wir liegen im RSYC, wie gehabt, dieses Mal ungefähr an SANUKs Platz, weiter drinnen. Wegen des allgemeinen Hafenschwells und insbesondere dem durch die Taxiboote erzeugten hatte uns der freundlcihe Bootsmann der benachbarten ADAMO (erinnert sich jemand?  Salvatore Adamo! Italo-Belgian Schmalz à  la Inshallah! Aber der isses nicht…) angeboten, doch eine direkte Leine von unserer Mittschiffsklampe zu ihm zu legen. Nun sind wir ja Besserwisser und haben lieber eine Spring an Land gelegt – und das wäre auch schön was geworden mit ADAMO: so ein Motorochse macht unglaubliche Bewegungen, der hätte uns glatt die Klampe aus der neuen Fußreling gerissen. AKKA dagegen liegt stoisch im Gewackel, wie immer. Es geht doch nichts über Bauchgefühl und Besserwisserei.

Am Montag kamen wir zur Lunch- (und Gewitter-)zeit am Western Quarantinepoint an den Sisters Islands an, ich hatte noch schnell eine „5“ gebaut, dazu eignet sich das „K“ aus dem Flaggenalphabet. Weiß jemand. wohin ich die originale 5 verlegt habe?  Nein?  Die braucht man hier: 2 über 5 heißt „crew only“ und 3 über 4 „Passagiere an Bord“. Eigentlich das erste Mal, dass wir überhaupt etwas signalisieren müssen, mal abgesehen vom blauen Peter und der Flagge Q, und Flaggensignale mit Zahlen sind wirklich sehr selten…
Sonntags in der Früh waren wir in Port Dickson losmotort, ja, leider motort, es herrschte, wenn überhaupt, nur Wind von vorn. In der Nacht hatte ich einen schüchternen Versuch gestartet, das Groß zu setzen, aber noch während ich auf dem Besandeck saß und überlegte, ob auch ein Stück Genua not täte, war der Windanfall schon wieder vorüber. Na denn. Es war auch so genug zu tun, denn auf der Backbordseite zum malaysischen Festland hin tummeln sich die Fischer, eine knappe Meile nach Steuerbord zieht die Kette der Tanker und Frachter von und nach Singapur. Irgendein ein frecher Fischer wagt sich weit raus, bis an die Grenze des Verkehrstrennungsgebietes und kommt uns so nahe, dass ich seinen Motor tuckern höre. Ich bin sicher, der hat sich in seinem Fisch-Wahn überhaupt nicht um den anderen Verkehr gesorgt.  Muss er ja auch rein rechtlich nicht, aber manchmal wünscht man sich schon, dass die Jungs (Mädels gibt es eindeutig nicht!)  Ausguck halten. Bis auf einen kräftigen Gewitterschauer am frühen Abend, der uns für den Rest der Nacht unsere „Deckshaus“-Konfiguration beschert, haben wir schon wieder Glück mit dem Wetter. Es ist zwar bedeckt, das Wetterleuchten über Sumatra reißt erst um Mitternacht ab, aber außer Verkehr rechts und links keine weiteren Sorgen. Na, doch… Die Schipperin wieder mal. In der Annäherung an die Bananeninsel, Pulau Pisang, schreckt sie hoch. Das kann doch nicht sein?! Das ist gar nicht die Bananeninsel, diese Silhouette, das ist schon wieder so eine Kack-Barge mit Holzladung. Déjà  vu, vor Borneo, letztes Jahr. Wie lang doch solche Schocks und Navigationsrätsel nachwirken. Natürlich ist es die Bananeninsel, und das kleine Licht, das ich kurzfristig für einen Schlepper halte, ein unschuldiger Fischer, der halt fischt und nicht die Insel im Schlepp hat. Einen Haken habe ich trotzdem geschlagen. Um 3 Uhr morgens eben. Leicht benebelt.
Wer sich fragt, was ich mit Deckshauskonfiguration meine: eine recht heimelige Sache! Wir fahren ja immer noch unser Bimini-Tuch zwischen Hinterkante Sprayhood und Besan, und an das kann man nicht nur am Anker, sondern auch unterwegs die Seitenscheiben anzippen, die ich aus Plastipane genäht habe.  Ich überlege während meiner Wache, ob das auch Indian-Ocean-gängig sein wird, das wäre nicht schlecht. Ein Schiff mit Deckshaus!  Man lese den VENGA-Blog zu dem Thema. Hat was.  Aber wir wollen nicht meckern – eigentlich hat AKKA alles, was man braucht… Von Biminituch über  Deckshaus-Fake bis Gecko. Alles an Bord.

Die letzte Woche hatte einen besonderen Moment beschert: wir waren noch einmal in Kuala Lumpur, und endlich waren wir mal die Größten! Jedenfalls in der Schlange der Indonesienvisa-Aspiranten, ganz wortwörtlich. Überhaupt sehr interessant, was man alles zu sehen kriegt. Die unterschiedlichen Arten muslimischer Kleidung zum Beispiel, vom schwarzen Tschador mit Niqab (im AKKA-Jargon „Huh!“ genannt…) und auch äußerst gesittet gekleideten Männern  (gern die Pakistanis) bis zu einem schrillen Fall von Jilbab: Acryl-Plateausohlen, hautenge Seidenröhrenhosen, knappes Oberteil, für die Schulter-Arm-Bedeckung sorgt ein knackiges Lederjäckchen, gekrönt von einem knallig gelben Schleiergebilde um ein intensives Makeupgesicht drapiert – schon beim Anblick der engen Klamottenschichten wird mir warm und manchem männlichen Betrachter heiß!  Wie sagte gestern Zeina, die Marinamanagerin, zu mir: „… this does not help at all.  Das ist einfach unbescheiden…“
Insgesamt hatten aber noch mehr zu gucken. Zum Beispiel die „Huh!“-Dichte  im Verhältnis zur Nähe zu den großen Malls zu bestimmen. Ganz klar: je luxuriöser die Mall umso mehr „Huh!“. Oder zu schauen, wie man mit Niqab gesittet speist. Auch interessant. Darf man dann von der Seite die Wange blitzen sehen?  Wir fürchten, das war un-„Huh!“

Aber unser Sonntagsausflug galt einem ganz besonderen Ort.  Endlich! IKEA Kuala Lumpur. Sind die Ausstellungen auch global immer gleich, die Kunden machen den Unterschied. Sitzmöbel-Lungern ist sehr beliebt bei den Malayen, Matratzenhopsen bei der chinesischen Bevölkerung, aber unermüdliches Schubladenziehen scheint Kinder weltweit gleich zu begeistern. Und dann die Expats!  Der europäische Vater mit chinesischer Frau und Kinderschar beim Möbelkauf; über die Nationalität will ich nicht befinden, aber er hatte ein Schreibbrett mit Planskizzen und Listen in der Hand. Vielleicht mitteleuropäisch? Die makellos braun gebrannte Holländerin (bestimmt ein 24h-Freizeit-Tennis-Teint!) sammelt mit der Familie Berge von neuem Geschirr ein. Und so fort.
Ein Blick in den Restaurantbereich hätte gleich Böses ahnen lassen, es war knallvoll. Von dort, der IKEA-bewanderte Leser wird es wissen, geht es abwärts in die Markthalle, wo sich an diesem Sonntagnachmittag die Massen die Einkaufswagen in die Hacken schoben. Wir nahmen die berühmte gelbe Tüte, füllten sie – noch hoffnungsfroh – mit Bett- und Handtüchern, Pfeffermühlen und Ersatz-Trinkgläsern (keine Duftkerzen!) und strebtem dem Ausgang zu. Das Ende vom Lied?! Da blieb doch letztens bei IKEA Kuala Lumpur in der Selbstbedienungshalle ein gefüllter gelber Einkaufssack stehen… Nicht sehr nett. Aber das Lied hatte dann doch noch eine Strophe. Dienstags ist es dort nicht so voll, dafür unterlag der gelbe Beutel dem IKEA-Syndrom, oder  wir fielen ihm zum Opfer: ein bisschen mehr als geplant wurde es dann schon. Salatschleuder (ohne Loch und kleiner als die alte), Vorhangstoff… Knäckebrot und Vollkornbrotmischung.  Dill-SIld scheint allerdings schlecht zu gehen. Ob das non-halal ist? Die Chinesen jedenfalls lieben die Pepparkakor-Proben, die verschleierten Damen das Softeis! Ein schöner Ausflug! @Kerstin LOP TO – da kannst Du berechtigterweise neidisch werden!

Jetzt läuft der Singapur-Proviant-Run. Und Sim Lim-Tower-Besuch. Und Singapura Plaza zum Aufstocken von Nadel- und Fadenvorräten. Und überall ist SG 50 – Singapur wird 50, ein Stadtstadt in den besten Jahren. Wenn es hier einen Facebook-Like-Daumen gäbe: Singapur kriegt ein Like von mir!
Demnächst geht es weiter. Wie gehabt: irgendwann, wenn das Wetter einigermaßen passt, was es gerade nicht tut. Siehe oben: Wind von vorn bitte nur in moderaten Windstärken.
Ich gehe jetzt Schwimmen. Mein persönlicher Luxus in SG 50.