Puno

… das war erst einmal ein bisschen: Puh – noeee! Von Cusco ueber den staubigen Altiplano, der halbe Bus entschlummert sanft in den Hoehen, die wir ueberqueren, wir auch. Sieht nicht besonders einladend aus von oben – braune Lehmhaueser ueberall, wenig Vegetation. Der Caf� con Leche auf dem Balkon des Restaurant Mojsa (Aymara fuer „suess, lecker“) stimmt uns aber versoehnlich, und da gab es dann abends auch ein sensationell gutes Essen, Taboul� aus Quinoa – zum Nachahmen gut! – und hinterher Rind fuer den Chef und Alpaka vom Grill fuer mich. Mmmmh.

Und der Eindruck heute frueh um 6 Uhr war dann so einer: Ich stehe vor dem Klohaeuschen und habe mich gerade mit kaltem Wasser aus dem Eimer gewaschen, hinter mir schreit ein Esel erbaermlich, tief unter uns glitzert die Ostsee durch die Baueme, es scheint ein kalter Herbsttag zu sein. Wo kommen nur die Eukalyptusbaeume her? Und die schneebedeckten Berge? Ist wohl doch nicht die Ostsee – die Hoehe laesst einen halluzinieren. 3800 m liegt der Titicacasee hoch, und wir waschen uns gerade ein kleines bisschen hoher, in einem kleinen Dorf auf der Insel Amantani. Titicaca, auf Aymara „grauer Puma“ und auf Qechua „Puma aus Stein“ – aber der Anblick laesst einen an die AKKA denken, und dran, dass wir vielleicht jetzt doch ein bisschen Geschwindigkeit in diese Richtung aufnehmen wollen.

Was wir dort getan haben? Das, was alle Toruisten hier machen – einen Ausflug zu den schwimmenden Inseln der Uros (die mittlerweile auch mehr Aymara als Uro sind) und die der eine oder andere Reisefuehrer richtigerweise als „schwimmende Souvenierstaende“ bezeichnet. Es war trotzdem interessant anzuschauen – und immerhin traegt jeder Besucher dazu bei, dass die Kunst, die Inseln aus Schilf zu anzufertigen und zu erhalten, ueberhaupt ueberleben kann.
Danach kamen 3 Stunden Schaukelfahrt zum eigentlich Ziel der Fahrt, eben Amantani, wo wir – eine Gruppe von vielleicht 20 Gringos – von einer Reihe traditionell gekleideter Frauen (hier: kein Hut sondern ein grosses, besticktes schwarzes Tuch zu den vielen Roecken!) in Empfang genommen und auf die Familien des Dorfes verteilt wurden. Spannung pur. Wir waren gleich die ersten, eine kleine, junge Frau stellt sich vor: „Gladis“ und springt ziegenmaessig vor uns den Berg hinauf – wir schnaufen hinterher, durch Gaerten und an Aeckern vorbei. Ein klitzekleines Gehoeft, aus Lehm gebaut, ist der Endpunkt der Muehen – Gladis zeigt uns ein picobello hergerichtetes Gastzimmer mit blanken Dielen und drei grossen Betten und drueckt uns fuer das Gaesteklo jenseits des Ackers einen Eimer Spuelwasser in die Hand, waehrend sie schnell das offene Holzfeuer anschmeisst – es kokelt ein bisschen durch das Kochhaus.

Auf einem Tonoefchen wird in ebensolchem Geschirr eine Kartoffelsuppe bereitet, mit einem Gewuerz, das sie auf dem Weg herauf schnell gepflueckt hat, wie auch das Monia-Kraut, das ins heisse Wasser kommt und einen wirklich leckeren Tee ergibt. Monia – kennen wir doch?! Ach ja, das war der Tee, der in Ayacucho vor der Busabfahrt als gut fuer „estomaco“ gepriesen wurde. Kann man sich dran gewoehnen! Wir sitzen mit Gladis in der kleinen Kueche mit dem Lehmfussboden, Lisbet kommt aus der Schule, eine niedliche, rundliche, strahlende 5.-Klaesslerin.

Mutter und Tochter sprechen Qechua miteinander, aber Spanisch geht ebensogut und so erzaehlen wir ein bisschen hin und her. Lisbet will nicht glauben, dass wir auf einem Schiff wohnen, und wir werden im Gegenzug doch ein bisschen kleinlaut, als wir den ganzen Umfang dieser kleinen Welt wahrnehmen. Gladis lebt hier mit der Tochter allein – irgendein Verwandter, Grossmutter oder -vater vielleicht scheint noch mit auf dem Gehoeft zu leben, tritt aber nicht in Erscheinung – und die beiden leben von dem, was Gladis auf dem Acker anbaut (Kartoffeln, Oka und verschiedene andere Gemuese) und von ihren Handarbeiten. Und eben von gelegentlichen Gaesten. Klar dass wir jetzt im Besitz von zwei Original-Alpakamuetzen sind… Die Stimmung ist herzlich und als wir am Abend bezahlen (je 25 Soles fuer „Vollpension“, das sind 6 �!) haben wir den Eindruck, dass wir dem beiden eine echte Freude bereiten. Nach der Nacht unter 4 Lamadecken und nach einem Pfannkuchen�mit Monia-Tee zum Fruehstueck kriegen wir jedenfalls noch ein Geleit zurueck zum Boot – und da wir fuer Lisbet noch ein kleines Taschengeld beigesteuert haben, ist heute ein besonderer Tag fuer sie, denn sie darf sich unten am Markt ein warmes Getraenk kaufen und strahlt wie das bekannte Honigkuchenpferd.

Wir sind beglueckt und beschaemt zugleich von so viel Bescheidenheit und Freundlichkeit. Das ist Peru. Das WAR Peru fuer uns – ein (denk)wuerdiger Abschluss. Morgen geht’s weiter nach Bolivien – ein bisschen Peru bleibt noch, denn zurueck in Puno herrscht wieder der ganz normale peruanische Alltag: Parade der Universitaet Puno, seit geschlagenen 5 Stunden eine tanzende „Karnevalsgruppe“ nach der anderen. Wird sogar im Fernsehen uebertragen. Es wuerde ja auch all unsere Vorurteile ueber den Haufen werfen, wenn mal ein Tag ohne Umzug (und Sperrung der Plaza de Armas 😉 ) stattfinden wuerde.

Bis bald! Wir fangen mal mit dem Bogen Richtung AKKA an…