Noch mehr Blau

Black Point/Exumas, 23.2.2021

Alles blau hier. Meistens jedenfalls – nur Samstag/Sonntag/Montag nicht so ganz, 35+ Knoten Wind am Anker brachten auch ein paar Wolken mit sich, aber wenn Akka vorsorglich in einer tief eingeschnittenen Bucht liegt, die nach Nordost geschützt ist… dann muss man sich eben ein Fleecejäckchen anziehen und abwarten. Und ab und zu mal gucken, ob die spät angereisten (Charter)Yachten keine merkwürdigen Bewegungen in unsere Richtung machen. Taten sie nicht. Gegen das Geheule hilft, sich auf das Ohr zu legen, das noch was hört. Super Trick.

Schutzgebiet. Sehr lohnend.

Ein paar Tage zurück: nach Highbourne Cay kam der Exuma Land&Sea Park. Zunächst Shroud Cay, blau und besuchenswert. Bisschen kitschig blau, teilweise, als Ausgleich gibt es wassergefüllte Karstlöcher (Warnschild: No soap, no laundry washing“. Dass sowas eigens angeschrieben sein muss. Segler können wirklich merkbefreit sein!) . Am „Driftwood Camp“ sinnieren wir darüber, was wohl für ein Segler hier oben auf der Klippe über dem Meer eine Hütte aus Treibholz gebaut haben mag. Die Hütte existert nicht mehr, aber sie hatte bis zu ihrem Ende noch interessante Nachnutzer: Agenten der DEA, der Drug Enforcement Agency der Amerikaner, haben von hier den Flugverkehr zur Insel „Norman Cay“ beobachtet – und Norman Cay gehörte Carlos Lehder, einem Adlatus von Pablo Escobar, und war in den 70ern und 80ern Umschlagepunkt für das Medellinkartell. Und weil man solche Ausflugsziele ganz aktuell auf Facebook kommentiert, gibt es auch gleich Literaturempfehlungen dazu…*

Warderick Wells ist das Hauptquartier des Schutzgebietes und entpuppt sich als besonders schöner Spot. Blau, wie sonst, mit ausreichend Besuch von Rochen und Haien und ein bisschen Auslauf für Seglerbeine.

Ein Loch in der Inselmitte

Der netteste Auslauf heißt „Booboo Hill Track“. Wir haben das „boo-boo“ darin nicht getestet: man soll in finsteren Neumondnächten das Wehklagen der Crew eines vor Warderick Wells untergegangenen Frachtschoners hören. Lohn der (geringen) Mühe – die Bahamas sind grundsätzlich nicht sehr bergig – ist der Ausblick auf eine Akka im Trawlerpaket. Man sieht hier deutlich die navigatorischen Schwierigkeiten, die die Bahamas häufig bieten: so richtig viel

Akka im Trawlersandwich… tief ist es nur im Blauen

Wassertiefe kommt nirgendwo zustande. Man könnte meinen, dass Akka schon an der Sandbank kratzt. Die ebenfallls angebotenen Ankerplätze jedenfalls hätten wir mit unseren knapp 1.90 m Tiefgang nicht erreicht –  wir befleißigen uns daher eines (verbesserungswürdigen) Mooringmanövers; 3 Anläufe hatten wir schon länger nicht mehr. Der Verbesserung bedarf vor allem die Kommunikation: „Aufstoppen“ reicht als Manövervorschlag nicht,

Bitte hier entlang

wenn die Frau am Bootshaken nicht begriffen hat, dass es nicht der Motor ist, der uns zügig an der Mooring vorbeitreibt, sondern der Tidenstrom. Seitdem beschäftigt mich übrigens die Frage, ob es in einem Naturschutzgebiet erlaubt ist, trotz absoluten Fischverbotes nach dem verloren gegangenen Bootshaken zu fischen… – ich habe es einfach getan. Hat geklappt, und die Parkverwaltung hat nichts gesehen.  Da wir nicht die einzigen mit derlei Problemen in diesem schmalen Kanal sind, blicken wir später von Boo Boo Hill auf die friedlich schwoiende Akka und freuen uns, dass wir ungleich den anderen weder auf Grund gelaufen sind, noch mit dem Dinghy peinlich hinter dem Bootshaken herfahren mussten. Und der Blick ist unbezahlbar. Die vielen Inselchen im Hintergrund erinnern mich ein kleines bisschen an die Bay of Islands.

… etwas deutlicher

Akka, 1. Versuch

Boo Boo Hill bietet noch eine weitere Attraktion, es istnämlich Seglertradition, Strandgut – nur das, keinen Bordmüll! – bergauf zu schleppen, mit dem Namen zu versehen und dem Wind zu überlassen. Hübsch ist es ja nicht, aber eben Tradition. Wir gehen sogar zweimal, um dem Erstversuch des Schnitzwerkes etwas Farbe zu verleihen.
Wir halten es in Warderick Wells Cay deutlich länger aus als die „normalen“ Gäste, aber schon die Rochen- und Haiparade zum Sonnenuntergang abzunehmen ist ein Spaß.

Der nächste Spaß wartet aber schon. In oder bei Staniel Cay. Von Staniel Cay schreibt jemand, es sei „das Nassau der Exumas“. Also der ganz große Touristenauflauf… nicht sonderlich verlockend, aber es gibt zwei kleine Läden mit den gängigen Lebensmitteln, das kann man sich nicht entgehen lassen, wenn die Ei- und Gemüsevorräte zur Neige gehen. Die Wahrheit im Corona-Jahr 2: alles halb so wild. Wir liegen vor Big Major Cay in einer riesigen Bucht. Gewiss, es sind einige Yachten da. 30? Mehr? Auch ein paar dicke Dinger. Von der „Touristenflut“ und der „nicht abreißenden Kette von Highspeed-Booten“ ist nichts zu merken. Wir nehmen allerdings auch erst einmal Abstand, die berühmten schwimmenden Schweine aufzusuchen, wir hören es nur manchmal vom Strand her quieken. Die Besucher, nicht die Schweine. Die quieken, wenn man es allzu gut mit den Schweinen meint (oh, how cute!), und sie einen vor Begeisterung in den Hintern beißen. Aber irgendwann erliegen wir dem Sog doch, und… sie sind nett. Es sind ja nicht unsere ersten schwimmenden Schweine – unsere in Tonga waren nur nicht so berühmt.

Der pinkfarbene Laden

Mit dem Dinghy knallen wir über die nicht unbeträchtlichen Wellen (mehr sag ich nicht… außer vielleicht, dass es regencapepflichtig ist) hinüber nach Staniel Cay, das auch nicht so ganz das hält, was „Nassau der Exumas“ auszusagen scheint. Ein bescheidenes Dorf mit einem kleinen Touch „Griechenland“, wie wir finden, nur ohne Kafeneions. Ein bisschen staubig, ein bisschen rumpelig. Am Yacht Club versammeln sich die Gäste der großen Motoryachten, das sei ihnen gegönnt, und uns, dass wir vor den Yachten stehen und „oh“ und „ah“ machen (die richtig großen liegen hier nicht, die lassen sich vom Wasserflugzeug aus versorgen). Aber es gibt zwei kleine Läden, „The Blue one“ und „The Pink One“. Pink ist netter, und so reisen wir mit einer frischen Kerrygold-Butterladung weiter.

Next Stop: Black Point. Da fahren auch alle hin, weil es hier einen berühmten Laundromat gibt. Und bei Liliana kann man gut Fisch essen. Hier herrscht garantiert Ruhe und man kann, wie wir erfahren, starke Winde gut abwettern. Siehe oben. Dass wir die Winde mit 35 Knoten plus auch beziffern konnten, ist einer Kooperation des Akka-Teams zu verdanken: eine Reise ins Masttopp wegen „Windanzeige geht nicht mehr“. Ob die abgebrochen ist? Nein, der Blick durchs Fernglas zeigt ein vorhandenes Windrädchen. Verbogen? Auch das nicht. Gut wenn der Mastfahrer einen reichlichen Vorrat an WD40 dabei hat – damit kann er die Salzkrusten wegpusten. In 17 m Höhe. Irgendwie war der letzte „Blow“ dann wohl doch etwas Besonderes.

 

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* Spannendes Buch: Turning the Tide. One Man Against The Medellin Cartel  von Sidney Kirkpatrick. Eine Art Doku-Thrillergeschichte über Norman Cay, Carlos Lehder und einen etwas merkwürdigen Literaturprofessor und Taucher namens Richard Novak, der es mit den Drogenhändlern aufnimmt. 2/3 wahrer Hintergrund, 1/3 schön erzählt.

Bahama-Kitsch am Camp Driftwood