Ein launiger Titel…

… fällt mir gerade nicht ein.

Nassau/Bahamas, 4.3.2022

2. Woche Ukraine-Krieg. Was für ein Wahnsinn. Wozu? Wir waren wohl ein bisschen naiv, als wir bis zuletzt gedacht haben, das werde sich friedlich(er) richten, und uns auf ein gewisses Unbehagen beschränkten. Mich erinnert das alles an die 60er/70er/80er – und die akute Situation an die Fassungslosigkeit, mit der ich im ersten Golfkrieg die „Live-Berichterstattung“ zum Frühstück serviert bekam. So auch jetzt, am Anker in den Bahamas. Dabei könnte es ungeteilt schön sein.

Interessiert da irgendwen noch, wie wir die USA hinter uns gelassen haben? Vielleicht.

s

Zwei Tage braucht es von St. Augustin nach West Palm Beach oder genauer: zwei Nächte. Ich habe gerade wieder das gute alte Stutgeron (aka Stugeron oder Cinnarizine, ein Zufallsfund aus Suriname anno 17) als Initialpille neu erfunden, macht sich gut – und so richtig schaukelig wurde es auch nicht. Merkt man am Seetagsritual: üppiges Frühstück mit Ei. Leider ist der Vorrat – ich hatte die Hälfte weitergegeben, ohne je Ersatz zu bekommen – mit 3 Tabletten eher knapp bemessen, aber als Seebein-Findungsmittel sollte es bis zu den Azoren reichen. Die Fahrt verläuft dicht unter der Küste, damit der aufmerksame Segler nicht in den Golfstrom gerät , sondern auf einen nach Süd setzenden Gegenstrom hoffen darf. Das mit dem Gegenstrom geht dieses Mal nicht ganz auf, aber was macht schon ein halber Knoten gegenan. Prima. In Höhe Canaveral gibt es einen kleinen Umweg ums Kap: temporäres Sperrgebiet wegen Raketenstarts – irgendein kleines Forschungsding, das dann im Endeffekt doch nicht fliegt; wir lesen später „gezündet, aber nicht abgehoben“. Dumm gelaufen. West Palm Beach empfängt uns mit zwei windreichen Tagen, an denen jegliche Dinghyfahrt „Dauerdusche“ bedeutet, aber wir liegen vor den Superyachten der Rybovich-Werft/Marina vor Anker und haben als Freizeitprogramm zumindest „oh“ und „ah“-Momente, wenn einer der Ochsen einläuft; Freizeit mit Bastulatur – Hecklicht ausgefallen, AP Navigator läuft nach der Relingsmontage nicht mehr,  der Motor startet nicht so frisch-fröhlich wie sonst. Kurz: das ganz normale „irgendwas ist immer“-Programm. Und alles lässt sich lösen. Auch das Wetter beruhigt sich, und es dauert nicht lang, bis sich ein Wetterfenster über den Golfstrom auftut – schnell noch etwas einkaufen, kleiner Ausflug zum Wassermacherbetrieb für Filternachschub, das war’s auch schon. Tschüss USA! Halt!  Nein… Covid gibt es ja auch noch, und neben der Tatsache, dass für die Einreise ein Antigenschnelltest zu absolvieren ist, möchten die Bahamas gern ihr neues, unausgegorenes Online-Einklarierungssystem namens „Click2Clear“ genutzt haben. Da ist Facebook gefordert – die jeweiligen Reisezielgruppen sind uns lieb und teuer geworden, und dies ist ein schönes Beispiel, wie nützlich das sein kann. Der moderne Internetnutzer ist geneigt, sich als erstes irgendwo zu registrieren, wenn die Option angeboten wird. Also wühlt sich frau durch die Registrierungsformulare (das hatte sie schon in St. Augustine vergeblich getan und dank steter Selbstzweifel gibt es einen neuen Versuch….) – das Ende der Fahnenstange ist wie schon zuvor „country of residence“. Da gibt es nur eine Möglichkeit: Bahamas. Isernhagen/Bahamas. Interessante Kombination. Nachfrage bei Facebooks „Bahamas Land & Sea“; „…ach, Du musst Dich nicht registrieren, einfach auf Permit Request klicken“. Siehe oben, unausgegoren.  Danach zieht es sich dennoch bis zum letzten Schritt, dem Ausdruck der Zahlungsquittung. Dazu schreibt der Gruppenguru auf meine Frage Tröstliches: „…you are not blind. The system is not intuitive. Be prepared for a face-palm or two.“  Danke, ich bin doch nicht doof. Zum Abschluss noch der Rapid Antigen-Test – danach hat man 72 Stunden Zeit, die Bahamas zu erreichen. Den lassen wir in Radelreichweite bei einem Pop-Up-Testcenter im Park machen, sehr praktisch und kostenfrei.

Covidtest Pop-Up im Park

Kurzes Nasebohren, nach 15 Minuten das (gewünschte) Testergebnis, das allerdings auf meinen zweiten Nachnamen lautet: Deutsch. Arrgh, passiert doch immer wieder, doofes Pass-Layout. Zurück, nachbessern, dann passt alles. Noch zwei Schritte: die Ergebnisse bei der Bahamas Gesundheitsbehörde hochladen, die Health Visa kommen innerhalb von Minuten; die Health Visa wiederum im Antrag auf  Cruising Permit hochladen, fummel, fummel, fummel – zahlen, fertig.  Der Lohn der Mühe? Am Folgetag rutschen wir über den Golfstrom nach West End auf Grand Bahama. Einklarieren? Was im Jahr zuvor mehr als 1 1/2 Stunden gedauert hatte, ist jetzt in 5 Minuten erledigt. So macht Einklarieren Spaß. Und alles ohne Papierkrieg. Womit wir wieder beim Thema wären.

Nassau. Muss nicht, aber kann durchaus…

Gruß aus den Bahamas. Nassau. (…wer will denn da hin? Wir! Immerhin 100 Meilen weiter südlich – das Wetter verlangt dieser Tage kleine Schritte). Direkt an der Hafeneinfahrt liegt Akka noch für ein paar windreiche Tage, bis es in die westlichen oder südlichen Inseln weitergeht – und Nassau stellt sich nicht so grässlich dar wie häufig kolportiert. Ja – am Ankunftstag 6 Cruiseliner, gestern nur 2, aber das verteilt sich in einer Stadt wie dieser besser als auf kleinen Karibikinselchen. Und die Kreuzfahrer machen sich spätestens abends auf die Socken – und drehen dazu vor unserer Nase im Hafenbecken. Spannend. Wir genießen Sonne und türkisfarbenes Wasser, ab und zu kommt selbst hier im Hafen eine Schildkröte vorbei.
Es ist gut, auch wenn es politisch gesehen besser sein könnte. Seid nett zueinander!