Alex

oder: spannende Sache das.

St. Georges/Bermuda, 5.6.2022

… gestern noch lag diese grünliche Rinne noch genau über uns. Schade eigentlich!

Ankunft in St. Georges, wir verholen Akka kurz an die Zollpier, unkompliziertes Einklarieren bei den netten Behörden-Damen. Danach Anker unterhalb des Barrack Hill, Ausruhen, Schwimmen, Ausschau halten nach einem Wetterfenster für die Weiterfahrt. Wir sind wie immer etwas pomadig mit unseren Plänen, und als wir am Montag ins Wetter schauen, gibt es eine Überraschung: auf der Pazifikseite von Mexico sitzt Agatha und robbt hinüber in den (karibischen) Golf von Mexico.  Was’n daas?  Die Wetterwelt schreibt: könnt Ihr schnell weiter? Am Dienstag, am Mittwoch? Schöne Südwestwinde und ein direkter Kurs zu den Azoren; und aus dem Golf von Mexico rückt ein Sturm hoch. Ich bekomme die Nachricht – Internet ist hier zwar „frei“, mehr oder weniger, aber nicht an Bord zu empfangen – auf der Towne Hall Plaza sitzend. Ui. Andreas schraubt gerade die Wanten wieder zusammen, es hatte an den Püttingen ein bisschen geleckt. „Das werden wir  wohl aussitzen müssen“, schreibt die Eignerin zurück. Ganz kurz zucken wir, ob wir nicht doch die Hufe schwingen sollten, aber so eine Hektik… Nö. Das DIng sieht nicht wirklich katastrophal aus. Die FantaSea, eine deutsche Feltz, die in der Nachbarschaft liegt, bestärkt uns, mehr aus touristischen Gründen: „Ihr seid doch gerade erst angekommen, und es gibt so schöne Dinge zu sehen!“. (spricht’s und lupft planmäßig den Anker…) Uns ist ein verlängerter Aufenthalt nicht unrecht – was sich sich durchaus lohnt, wir haben mittlerweile Fort St. Catherine besichtigt und den Dockyard besucht, der sich als eine gigantische Festungsanlage entpuppte. Aber dieser Sturm… je näher das aufkommende Teil rückt, umso mehr fragen wir uns, wohin wir uns einigermaßen sicher verholen können. Schwierige Frage, zumal ja auch nicht wirklich klar ist, zu welcher Stärke sich dieser erste Atlantische Wirbelsturm der Saison entwickelt. Pünktlich am 1. Juni (da startet die Wirbelsturmsaison offiziell!) wechselt die pazifische Agatha den Namen und heißt fortan Alex. Wir legen uns ins kleine Hafenbecken zwischen Town Hall und Zoll und hoffen das Beste. Das Allerbeste wären moderate Windstärken – die Wetterwelt hat am Freitag einen kleinen Scherz dazu auf Lager, indem sich das Zentrum des Sturm genau über den Inseln als lang gestreckte Rinne schwächerer Winde durchgeht; leider wurde das mit der nächsten Vorhersage revidiert. So sitzen wir hier mit 6 anderen Yachten am Dock und warten auf Alex – der Rest der Flotte hatte entweder spätestens zum Ende der Woche die Flucht nach vorn ergriffen oder hat sich in der relativ weiten Bucht ein Plätzchen gesucht, wo man an zig Meter Ankerkette frei schwingen kann. Morgen zum Frühstück wissen wir mehr und noch mehr zum Abendessen. Doof. Nervig, so ein Alex. Aber er könnte sich schlimmer benehmen, 35 bis 40 Knoten sind „machbar“; ein paar Püster werden dazukommen.
Und wie weiter?! Keine Ahnung: für die nächsten Tage sieht es windmäßig eher mau aus. Predict Wind fasst es in der Routenplanung nett zusammen: 35 Tage bis Horta, ohne Motor Dann doch lieber noch ein paar Tage Britisch-Amerikanische Militärhistorie erforschen!