
Malacca. Portugiesische Hinterlassenschaft
Port Dickson (!), 20.12.2014
KL. Keine Lust? Ein bisschen schon: keine Lust zu bloggen. Aber eigentlich: KL wie „Kuala Lumpur.
Aber wo waren wir?! In Malakka? Aha…

… und Holländer auch
Der letzte Tag in Malakka hatte noch einmal zwei Überraschungen bereit, es gefiel uns nämlich die Nachbildung einer portugiesischen Karacke, die dort am Flussufer liegt, und die – samt der musealen Einrichtung – eher abfällig beschrieben wurde. Nun gut, Hardrock-Café und Kitsch-Rikschafahren mögen in solch einer Umgebung attraktiver sein, während wir uns mit Gusto Nachdrucken von alten, portugiesischen Seekarten widmen, zwischen Be- und Verwunderung (…dass sie das nicht gewusst haben!? Was die alles schon gewusst haben!), und dem Schiffsbauch, der mit Dioramen und Bildern zur Malakka-Geschichte gefüllt ist – umgeben von lärmenden Schulkindern im Ferienzustand und Familien im Selfie-Wahn. Malakka war ein echter Schmelztiegel von Kulturen, geschichtlich war es ein ziemliches Hin- und Her zwischen den Holländern und Portugiesen bis die VOC endlich obsiegte, schließlich waren dies zwar „die Holländer“, aber als „Vereenigde Oost-Indische Compagnie“. Zu sagen hatten an Bord der Kauffahrer die begleitenden Anteilseigner, die wiederum im Wettstreit mit den ebenfalls begleitenden Militärs der „Firma“ standen. Armer Kaptein… Mit nicht mal 150 Jahren lieferten die Holländer eigentlich nur eine Interimsphase, bis ihnen Ende des 18. Jahrhunderts die finanzielle Puste ausging, ziemlich typisch für dieses Organisationsgemisch aus staatlichem Kolonisierungsinteresse und Privatiersgier…

Chinesisches Handelshaus, Innenhof
Die zweite Überraschung war nur für mich, denn der Eigner beliebte nach einem Ayam Rendang zum Lunch im Heeren House zu bleiben, während ich die Wartezeit auf’s Taxi mit einem Gang durch die Heerenstraat, heute Jalan Tun Tan Cheng Lock, verkürzte. Diese Straße hatten wir immer nur abends durchschritten, aber bei Nacht sieht man nicht die verfallende Pracht alter Bürgerhäuser, von denen noch ein paar von reichen Chinesen bzw. Baba-Nonyas besiedelt sind. Hier haben die „Bürger“ gelebt – die holländische Ober- und Machthaberschicht wohnte drüben im Fort, aber hier lebte es sich sicher besser, mit einer zwar schmalen Straßenfront (der Steuern wegen), aber tiefreichenden Wohn- und Handelsgebäuden um kühlende Innenhöfe. Schade – das Taxi kam zu früh.

… einfach nur so – einfach gut. Roti cenai von S. Mohamed
Nach ein paar Tagen „AKKA“ ein weiterer Ausflug: Kuala Lumpur. Mit der Taxe nach Port Dickson, weiter mit Bus und Zug. Zuverlässig ist was anderes, wenn man sich von Google Maps hier Busfahrzeiten anzeigen lässt. Von wegen „alle halbe Stunde“ – eine volle Stunde haben wir auf den Bus nach Semberan gewartet (und zwei gute Roti Cenai von S. Mohamed essen – mmmh!), und der Bus erwies sich als noch voller als die volle Stunde. Ob die angebotenen Sitzplätze unserem Status als Europäer oder dem als Senioren geschuldet waren, sei dahingestellt, jedenfalls schaukelten wir in die richtige Richtung, und die Sitze kamen von Schülern, die sich die Ferienzeit mit „Kinobesuch und Geldausgeben“ vertreiben wollten. Im Vergleich zu „PD“ ist Semberan eine richtige Stadt. Mit Mall, klar.

… wenn Du Dich nicht benimmst – ich schick‘ Dich rüber! (Eigner)
Umsteigen in den Zug. Der Ruf als Verkehrsmoloch geht Kuala Lumpur immer voraus, also schien der Zug eine gute Lösung. „Komuter“ nennt er sich und verkehrt zwischen Semberan und KLs Hafen, Port Klang – die ganze Angelegenheit kostet 6 Ringgit (dazu noch 4 für den Bus nach Semberan), alles in allem ‚¬ 2,50, da kann man nicht meckern. Der Verkehrsmoloch schlägt dann erst am zentralen Bahnhof, KL Sentral, zu, so ganz haben wir das Gewirr unterschiedlicher Verkehrssysteme aus Schnellbahnen, Buslinien, Eisenbahn und Monorail immer noch nicht verstanden. Letztere war’s, die uns zum Hotel führen sollte – die Monorail zu finden war schon ein Kunststück (mit Mall-Passage; merkt Ihr was? Ich habe eine Mallallergie!). Aber schon Fahrkartenerwerb kann ja ein Spaß sein, im Gewühl der Berufspendler…

Maison Boutique Hotel in Pudu
Das Hotel hatten wir per tripadvisor ausgesucht, mal wieder eine gute Wahl, wenn man richtig zwischen den Zeilen lesen und die notorischen Meckerpötte aussondern kann. „… der Weg durch ein etwas finsteres, abgelegenes Viertel“ stellte sich als kurze Passage durch „normales Kuala Lumpur“, nämlich das original erhaltene Pudu, heraus, möchte man sagen – und zwar ein Viertel, in dem unten in den Mietshäusern mit der typisch tropisch-schimmeligen Patina auffallend viele Druckereien und Papiergroßhandel beheimatet sind. Doch, doch, es sank gegen Ende der Jalan Baba Pudu ein bisschen die Hoffnung auf ein „schönes“ Hotel, und man fragt sich kurz, wie es zu so jubelnden Beurteilungen kommen kann, aber im Endeffekt kamen wir zum gleichen Urteil: die sicherlich nicht ganz schöne Fassade durch Betonplatten mit Lichtausschnitten verhängt, freundliches Personal, prima Zimmer mit ebenso prima Bett, eine riesige Dusche Marke „Tropenregen“. Nicht einmal ein muffiger Teppich konnte die Stimmung trüben, es gab nämlich keinen, sondern irgendetwas äußerst cleanes Parkettartiges. Und noch eine Besonderheit gab’s: ein bombiges Frühstücksbuffet, wo man sonst zwischen „nix“ und Nasi Goreng oder Mie wählen kann. Na gut, der Kaffee kam aus dem Nescafé-Automaten. Luxus zum Minipreis, und zwar da, wo Kuala Lumpesen wohnen, und unser Abendessen war für genau diese. Chinesisch – mit Quallensalat, auf der Karte, nicht auf unserem Teller. Schick!

Die Monorail.
Um dem Besuch in KL ein bisschen Ernsthaftigkeit einzuhauchen, hatten wir uns entschlossen, die Prozedur für Thailand-Visa hier zu erledigen, die andere Alternative wäre Penang gewesen; es dauert so oder so 24 Stunden von der Antragsabgabe bis zum Passeinsammeln. Erste Aufgabe: biometrische Passfotos – Ihr erinnert Euch an das australische „Brille-ab“-Drama in der Post in Scarborough. Stellt Euch vor, ich war zufrieden, ich durfte sogar die Brille (… klares Glas – kein Problem! sagt die chinesische Ladeninhaberin) auf der Nase behalten. So liebe ich das, selbst wenn der Eigner mit nur einem Schuss erle(di)gt wurde, und ich 3 oder 4 brauchte. Das Frühstücksbuffet hatte ich ja schon erwähnt, wir waren folgerichtig ein bisschen spät dran, aber nicht sehr. Zunächst Beschaffung von Wertkarten für die Bahn – sich in KL für jede einzelne Fahrt an die Kartenautomaten oder Schalter zu stellen, muss etwas für Masochisten sein. Die Touch&GO-Karten gibt es jedoch nicht überall, oder zumindest können die Leute einem keine Auskunft dazu geben; so hieß es beim Seven-Eleven in der „TImes Square“-Mall „first floor“, aber wo wurde nicht verraten. Es ist eine große Mall, 1st floor ein ziemlich vager Begriff, und der Eigner ob der Aufgabe schon etwas angestrengt (oder weil ich schon etwas angestrengt war?! Letzteres…) – also stratzt die Dame gleich mal – in Zweifelsfällen immer den Apotheker fragen! – zu Watsons, in der ersten Etage. Und natürlich, was bei uns Tchibo ist, ist hier der Apotheker. Christbaumschmuck und Antibiotika – und die Touch&Go-Karte!
Weiter. Monorail, und dann die LRT bis Jalan Ampang – oder ab Bukit Bintang kostenfreier Bus zur Citybank? So verdaddelt man seine Zeit, wir nehmen die Monorail bis Jalan Chulan, wackeln zur LRT-Station Dang Wangi – mit kleinem Nebeneffekt, denn plötzlich umhüllt einen tropisch-erdig-feuchte Luft, eine kleine Urwaldtasche mitten in der Stadt! Umsteigen… Um es kurz zu machen, den Hals brach uns, dass mir am Marmorpalast „The Intermark“ einfiel, man könne dort so prophylaktisch wie gepflegt auf den Topf gehen (richtig! Aber es ist ein weitläufiger Marmorpalast!). Von dort ist es noch mal ein halber Kilometer durch diplomatisches Viertel bis zur Thai-Botschaft zu laufen (interessant zu sehen, was die Franzosen für einen leblosen Riesenkomplex betreiben!). Die Botschaftswebsite der Thais sagt, dass der Visaverkehr bis 13 Uhr geöffnet sei, was sie verschweigt, ist, dass der Ticket-Automat um 11:30 stehenbleibt. Es ist 11:31. Annahmeschluss. Nächste Annahmemöglichkeit: Folgetag. Und da denkt man so, dass Südostasiaten im Allgemeinen und mit den Tageszeiten insbesondere entspannt umgehen…

Die Petronas Towers
Damit war die Entscheidung für eine weitere Nacht in KL gefallen, das Hotel war es ja auch wert. Der nächster Tagesordnungspunkt glitzerte schon durch die Wolkenkratzer, eigentlich aus jeder Perspektive – die Petronas Towers. Ein scheußlich-schönes Machwerk mit Edelstahlfassade, das wir umrunden und aus allen Richtungen ablichten. Und es beherbergt die Suria Mall. Manchmal ist „Mall“ auch gut, denn Mall heißt auch „Food Court“, wir mittendrin, es ist Mittag und Lunchtime und voll, aber vielleicht können wir so ergründen, wie die Frauen mit Niqab, dem Gesichtsschleier, essen – die Hoffnung trog, aber irgendwie/irgendwo müssen sie ja… Dieses Nebeneinander von westlicher und mittelöstlicher Standardbekleidung, zwischen Entblätterung und Vollverschleierung, zwischen Hot Pants und Hijabs, fasziniert uns immer neu. Es gibt Teriyaki. Gut.

Das ist der Hunde-Gassi-geh-Arm. Bei Bedarf auszufahren…
Der Nachmittag eilt dahin und bis wir endlich beim „KL Tower“ sind, auf Malay „Menara Kuala Lumpur“, hat sich der Himmel schon tageszeitgemäß zugezogen – wir kaufen daher schnell noch Tickets zur Aussichtsplattform in 300 m Höhe, und werden nicht nur mit lohnenden Rundumblicken auf Kuala Lumpur (toll, die Berge der Highlands in der Ferne!) belohnt, sondern auch mit dem Anblick des aufziehenden Gewitters, so dass uns die Wächter nach einer Weile ins Innere scheuchen; ein paar Etagen

Das Nachmittagsgewitter und KL vom Turm…
tiefer sind nur noch wenige Besucher hinter der Glasfassade und schauen sich das Geblitze an. Irgendwie beeindruckend. Und auch wenn man nicht viel sehen kann – Leute gucken geht immer und so bleibt eine zentrale Frage zur Verschleierung: wie erkennt das Baby seine Mutter hinter dem Niqab? Erkennen Babys Augen?
Weil der Regen unablässig prasselt, stellen wir uns für die 1-minütige Fahrt nach unten an – da gibt es noch einen lohnenden Film zur Entstehung des Turmes in den 90ern zu sehen, später noch schlechten Kaffee und sehr mittelmäßigen Kuchen. Ein Touristenloch – allerdings mit Mehrwert: lokal ein schöner Blick, regional Radio- und TV-Station für Malaysia- und global Beobachtungsstation für die Ramadan-Mondsichel!

In Pudu
Als es abtrocknet, folgt ein langer Gang zurück nach Pudu. Hat man je einen derartig chaotischen Verkehr gesehen? Athen ist nix dagegen. Aus allen Tiefgaragenausfahrten strömen die Heimkehrer. Strömen? Nö. Stehen, hupen, hoppeln, stehen. Zu Fuß sind wir richtig schnell. Noch ein Blick auf eine der Technikmalls (hurra, wir brauchen nichts!), dann „Alis Corner“ mit einer weiteren Variante von Chicken Tandoori. Ein Tag in KL!

… wir sind nicht die einzige, die ein Visum möchten!
Und so weiter… Thai-Visa abgeben, Sushi-Essen. Touri-Basarbesuch – nicht lohnend, jedenfalls nicht für mich, ich kann dieses Angebotsgewirr nicht in Gut und Schlecht unterscheiden, das gleitet an mir vorüber, auch wenn es einige schöne Shops gab, mit Kashmirsachen und Seiden oder chinesischen Schein-Antiquitäten. Kaffeezeit! Die Verkäuferin rät mir angesichts der Tatsache, dass ich noch keine Durian probiert habe, davon ab, den Durian-Käsekuchen zu wählen; untrügliches Indiz für seinen Duft: nur einer der Cheesecakes ist abgedeckt… also warte ich noch auf das ultimative Durianerlebnis. Der Eigner ist grundsätzlich abgeneigt, denn Durian ist laut Reiseführer wie der Genuss von „Knoblauch-Vanillepudding über einem Londoner Abflusskanal“. Highlightfreier Guckespaziergang durch eine wilde Stadt, wo sich improvisierte Straßenküchen an modernste Hochhäuser lehnen.

Der Weihnachtsrausch. Pavilion Mall, KL
Kommt der Abreisetag – um 14:30 können die Visa abgeholt werden, aber vorher kommt die Schipperin zu einem Weihnachtsgeschenk. Zugegeben, Malls haben manchmal was – zum Beispiel Filialen der australischen Crumpler-Kette, und dort gab es Ersatz für die arme, selbstgenähte Entenmola-Tasche, die nun in Ruhestand geht. Eine äußerst bootstaugliche und durable Cordura-Nylontasche, Typ „Messenger Bag“. Sie heißt Quarfie und wurde schon mit einer Innentasche aus Samoa-Druck individualisiert. Sag‘ nochmal jemand was gegen Malls… Ansonsten staunen wir – so ein Weihnachtsrummel in einer christfestfernen Gegend.
Der Rest ist schnell erzählt – die Thaibotschaft ist äußerst effektiv, wir auch, denn wir haben fast eine Stunde auf dem Kantstein vor dem Tor gesessen, neugierig beäugt von anderen, hiesigen Aspiranten, die sich für unsere eBooks interessierten. Will sagen: Frau Fuchs war um 14:33 die Erste am frisch geöffneten Schalter, um 14:35 hatten wir die Visa für 2 Monate. Sehr viel länger hätten sie mit der Beendigung der Mittagspause auch nicht warten dürfen, denn der Himmel öffnet seine Schleusen. Wir schaffen es gerade noch in eine Lifestylebar schräg gegenüber, das passt ja gut: Laksa für mich und etwas ähnlich Scharfes für den Eigner, bis sich der Wolkenbruch geklärt hat. Im Intermark mit dem Marmorklo gehen wir dieses Mal gepflegt westlich einkaufen, es gibt un-schweinischen Aufschnitt, guten Käse, also einiges, was Port Dickson und umzu dann doch nicht zu bieten hat. Monorail bis zum Bahnhof, Komuterzug. Ein Augenfight mit zwei Herren in Djellabah und Takke. Während der freundliche Herr – ebenfalls mit Takke – auf der Backbordseite des Waggons zur Seite rückt und einen Platz für mich frei macht, gehen gegenüber schnell die Beine auseinander, die Arme werden verschränkt, und es wird scheel aus dem Augenwinkel geguckt. 3 Plätze für 2, da steht der Eigner dumm da, im wahrsten Sinne des Wortes, aber sonst alles takko mit den beiden… Ich glaube nicht, dass das Malaysier waren. Zur Entschädigung entspinnt sich ein langes Gespräch mit Illi (das den beiden Knaben sicher auch nicht schmeckt), einer jungen Studentin des Ingenieurswesens, natürlich auch mit Kopftuch, nur dass wir Illi mit unserer Anwesenheit, mit unserer Nationalität und unserem ex-Arbeitgeber eine richtige Freude gemacht haben. „…eine Begegnung wie aus dem Traum! Volkswagen! Kneif‘ mich mal jemand! ? You made my day…“
Ein Ausflug nach Kuala Lumpur. Sicher eine Stadt, die längeres Hinschauen verdient hätte, aber auch recht anstrengend. Und… erkältungsfördernd, denn diese Woche hat ein Teil der Crew gehustet, geschnupft, gefiebert und im Bett verbracht, der andere hat genäht. Nun ratet mal, wer.
Morgen geht’s dann wirklich weiter, und wir haben auch frische Pläne, aber davon später.