Sklavenhaus

Fast hätte ich versäumt zu berichten, dass wir auf der Insel Gorée waren. Wenn man Dakar von Norden ansteuert, umrundet man die Insel (tunlichst) im Süden (wenn man nicht PRESENT heißt!) Dann sieht man, wenn denn der Sahara-Staubdunst es erlaubt, ein Kastell, eine Städtchen mit roten Häusern rund um eine Hafenbucht, ein Idyll …

goree-hafen-img_1735_1_1.JPGund als ich eben dort unsere Ankunft im Senegal via Mobiltelefon nach Deutschland meldete, kam umgehend von Heiner ein Google-Ergebnis zurück, ein beeindruckender ZEIT-Artikel über diesen ehemaligen Schwerpunkt kolonialen Sklavenhandels. Wie steht so schön in einem unserer Reiseführer: „… der Sinn des Reisens ist, die Vorstellungen mit der Wirklichkeit abzugleichen…“ Gedacht, getan. Taxiverhandlungen, Taxifahrt zum Hafen, Gorée-Guide schon vor der Fähre abwimmeln – das übliche Programm, fast schon Routine. Wir gucken uns neugierig unter den anderen Fahrgästen der Fähre um. Wer wohl touristisch unterwegs ist, wer wohl dort wohnt?

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Schließlich ist Gorée ein Pilgerort für amerikanische (und andere) Touristen auf der Suche nach ihren afrikanischen Wurzeln. Aber die Antwort ist doch eher einfach – so schöne Kleider, so schönen Kopfschmuck wie die Senegalesinnen haben amerikanische Touristinnen einfach nicht. Sie stillen auch nicht ihre Kinder und quackeln fröhlich auf Wolof. Und wenn denn die Frage doch nicht so einfach zu beantworten ist, dann sind Plastikfingernägel mit Stars and Stripes das Ausschlussmerkmal. „Chaloupe“ nach Gorée. Es gibt moderate Versuche, sich uns als Guide anzudienen, aber wir möchten gern allein gehen. Der erste Eindruck sind Gebäude aus dem 18. Jahrhundert, an denen der Zahn der Zeit nagt, in denen dennoch die Goreaner mit Katz‘ und Ziege wohnen. Der Weg über die Insel ist einer durch eine ununterbrochene Souvenirausstellung – Kleider, Tücher, Halsketten, Bilder. Glücklicherweise hält sich die Zudringlichkeit der Anbieter in Grenzen – trotzdem wird man bestürmt, wenn man mal stehen bleibt und schaut, also bleibe ich lieber gar nicht erst stehen; ein Problem das sich durch meinen afrikanischen Alltag zieht. Schade um die entgangenen Eindrücke, denke ich, aber es fällt mir noch schwerer, all die Kaufangebote auszuschlagen oder zu erklären, dass meine Sandalen nicht geputzt werden möchten.
Das idyllische Gorée, das beschrieben wird, finden wir nicht – vielleicht gibt es das auch nur abends, wenn die letzte Chaloupe abgefahren ist. Der bleibende Eindruck ist weniger idyllisch – das „Maison des Esclaves“. Unbegreiflich, in welchem Umfang Europäer, Araber mit Hilfe afrikanischer Potentaten über Jahrhunderte Mitmenschen als Ware behandelt haben. Wie hat das funktioniert, dass hier oben auf der Balustrade die Hausherrin ihr normales Hausfrauenleben geführt (und ihre eigenen afrikanischen Wurzeln vergessen) hat und unter ihren Füßen Hunderte von Menschen unter übelsten Bedingungen eingepfercht auf ihren Abtransport nach Brasilien, Nordamerika oder in die Karibik warteten?

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Unvorstellbar, dass dieses Sklavenhaus nur eines von vielen war: alle Häuser entlang dem Strand erfüllten den gleichen Zweck. Alle hatten sie zum Meer hinaus eine „Tür ohne Wiederkehr“,

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und Goree war nur einer von vielen Sklavenhandelsplätzen entlang der afrikanischen Küste. Monsieur Ndiaye, der die Ausstellung arrangiert hat, ein distinguierter älterer Herr (sehr alt muss er sein, der Veteran der „Senegalesischen Schützen“ von 1939/40!) hält eine kleine Rede. Leider sprudeln die Fakten so schnell, dass unser Französisch nicht ausreicht, um all das zu erfassen; es ist die Rede von mindestens 10 bis zu 60 Millionen Afrikanern, die dem Sklavenhandel für die europäischen Kolonien anheimgefallen sind, von Menschenjagd, von Muskelmasse und Jungfräulichkeit als Auswahlmerkmale, von grauenhaften hygienischen Verhältnissen in den Sklavenhäusern und auf den Schiffen, von der französischen Revolution, die die Sklaverei bannte und von Napoleon, der sie 1805 wieder einführte. In Ndiayes Raum haben viele prominente Besucher ihre Bemerkungen zur Ausstellung hinterlassen, zumeist versöhnliche, und schon da zu verweilen lohnt sich. Übrigens: Gorée kommt auch im französischen Reiseführer Routard als beliebtes, idyllisches Ausflugsziel vor. Unter anderem soll es da auch ein Sklavenhaus geben…

Afrika ist anders

Afrika. Dakar. Ist es die Stadt, sind die Bedingungen auf dem Schiff oder bin nur ich es, die Afrika so viel anstrengender finden lässt als vor Jahren? Nairobi. Wie war das damals? Unser afrikanisches Büro, der Nachtwächter, der sich in der Nacht ein wärmendes Müllfeuerchen vor dem Tor machte, die Tee(bruch)buden am Graben zur Bahntrasse. Die Menschenmengen. Ich habe das doch alles schon gesehen. Aber damals wohnten wir im Hotel, waren an eine große Firma angegliedert und in einen Arbeitsprozess eingebunden, oder aber saßen auf unseren Ferienreise in einem Leihwagen und wohnten bei indischen oder europäischen Freunden in den Villenvororten. Hier ist das alles ein bisschen anders: AKKA schwimmt in Seewasser, das zum Baden nicht empfohlen wird – der Grund, warum wir am Sonnabend 7 Stunden vor der Küste gekreuzt sind, um Wasser zu machen. Hygienisch gesehen wäre das Produktwasser auch am Ankerplatz einwandfrei gewesen, aber das kostet Vorfilter und bald dann auch Reinigungsmittel für die Membrane. Es wird zwar auch in Ufernähe gefischt, aber wer einen Außenborder hat, fährt weiter hinaus.

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Je näher der Passeur einen dem Land bringt, desto fragwürdiger wird die Qualität – obwohl ich gestern Mädchen sah, die sich zwischen toten Fischen und rottenden Algen die Haare wuschen. Urrgs. An Land erreicht man nach ein paar hundert Metern den Fischmarkt (die Quelle für die toten Fische, so schlecht ist das Wasser nun auch nicht ;) ) – um 8 Uhr morgens jetzt ein riesiges, schwarzes Gewimmel am Strand – und spätestens da werden die Eindrücke atemberaubend, und nicht nur das; schließlich läuft die Kanalisation ungeklärt ins Meer. Caroline wird heute abend jedenfalls ein Curry zubereiten und keinen Fisch. No way. sagt sie€¦ Zu allem Übel sammelt sich Müll, überall, und erschreckend viel Plastikmüll, natürlich. Und dazu liegt überall die Sahara herum – in der Luft, auf der mühsam frisch gewaschenen Wäsche, auf den Straßen, auf der AKKA. Gewöhnungsbedürftig. Aber wir gewöhnen uns schon! Ganz wie Janna sagt: „€¦after 10 days it starts to feel o.k. €¦€ und so setzt sich gestern am Vormittag eine kleine Seglerkarawane in Gang, Caroline und Urs, Len und Janna, Barbara, Reinhard und die AKKAnauten, Richtung HLM-Viertel, zum Markt. Vorbei an der sehenswerten LKW-Getriebebaustelle – für uns ja ein gewohnter Anblick, aber es sammelt sich dann doch eine kleine Europäertraube um die schmutzige Plastikplane, auf die die beiden sehr jungen Fahrer/Reparateure ihr Corpus delicti ausgebreitet haben und mit Meißel und einem Ringschlüssel darauf herumhämmern. Unnötig zu sagen, dass der LKW auch am Abend, als wir auf der Rückfahrt daran vorbeifahren, noch dort stehen wird. Durch das nahegelegene Industrieviertel geht€™s, entlang einem weiteren Kanalisations- und Müllkanal, dann über eine Fußgängerbrücke über Bahntrasse und Einfallstraße

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Unter der Brücke sitzen vielleicht 50 Kinder, eine improvisierte (?!) Schule. Da mag nicht mal mehr mein Eigner „aus der Hüfte€ fotografieren. Recht so. Dies ist mehr als ärmlich, dies ist ein Slum. Das HLM-Viertel empfängt uns aufgeräumt und ziemlich neu. Man grüßt freundlich hin und her, ab und zu bietet jemand von seinem Stand aus Obst oder Gemüse an. Ein lebendiges, afrikanisches Wohnviertel, mit Friseur und Elektroladen, mit „Supermarkt€ und Kindergarten – und jeder Menge „Telecentre€ mit seinen (Mobil)telefonkarten, Cyber-Caf�s. Niemand hängt wie in der Innenstadt klettenartig an uns, keine selbst ernannter Guide, der abgewehrt werden muss, im Gegenteil, es dauert ein Weilchen, ehe ich vor dem Korb mit dem „Bissap€, den getrockneten Hibiskusblüten, die ich berieche und betaste, überhaupt angesprochen werde und Auskunft bekomme, eine sehr freundliche übrigens. An einem zweistöckigen Gebäude lüftet sich das Geheimnis, woher die Frauen hier ihre wunderschönen Kleider haben: in unzähligen 3 qm-Abteilungen rattern die Nähmaschinen und fertigen Maßkleider oder solche „von der Stange€.

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Samt Kopfschmuck, natürlich. Draußen werden Batiken getrocknet, Schals gewebt

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– oder im Schatten eines Baumes ein Päuschen gemacht; an anderer Stelle ziehen Frauen feine Batistbänder in Lochstickereistoffe ein. Fasergewinnung gibt es auch: junge Burschen sitzen sich gegenüber und schlagen auf einem dicken Stamm die Faserarmierung aus alten Plastikplanen. So jedenfalls interpretiert Len den Vorgang – eigentlich ein Grund, noch einmal dorthin zu laufen und nachzufragen. Über den Markt wälzen sich die Massen und kaufen Stoffe, Haushaltwaren. Färbemittel gefällig? Weihrauch?? Zwischen den Ständen drängen sich Taxis und Lieferwagen hindurch. Verschnaufpause. Wir landen in einer Europa-Oase. An der Tankstelle gibt es ein klimatisiertes Fast Food, mit Pizza (lecker, gut, günstig!), gekühltem Wasser und Säften. Kleine Flucht ins Gewohnte – mit ausreichend Muße, das Ungewohnte zu bedenken und zu beschnacken. Die „Wanderer€ treten den Rückzug an, der Rest marschiert weiter Richtung Innenstadt. Wer hat schon großstädtische Ziegenböcke angepflockt unter einem Sonnenbaldachin gesehen? Die zugehörigen Ziegen-Damen dürfen derweil durch die Straßen flanieren, wenn sie nicht einen kleinen Stall haben.

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Geißenpeter Urs ist begeistert!

Boucherie – viel Fliegen gab€™s aber noch mehr Fleisch€¦ Vergnügte Frauen versuchen uns in ihr Restaurant zu locken. Das wäre der richtige Lunch-Ort gewesen. Neben dem mit einem verheißungsvollen „PEUGEOT€ beschrifteten Schrottverwertungsladen – Urs sucht Ersatzteile für seinen alten Volvo=Peugeotmotor! – dann der Weggucker des Tages: Caroline, ein paar Schritte hinter mir, sieht nur noch das Blut, ich sehe es noch spritzen. Ein Unfall?! Eine Schächtung? Und dann sind wir in der Europa-Oase Nummer zwei. Der Sahm-CASINO-Supermarkt. Petite Fleur kauft Amora Senf und auf AKKA kann wieder Roggenbrot gebacken werden! Zu Europapreisen mit Afrikaaufschlag. Dennoch gibt es zum Abend frisches Baguette mit Camembert und einen bedenkenlos genießbaren eingeflogenen Salat. Wer weiß wann wieder? Nochmals eine kleine Flucht. Manchmal ist Afrika einfach zu anders, aber darum sind wir ja hier.

Na ga deff …

oder: Guten Tag!
Das war Wolof€¦ Weiter sind wir allerdings mit der Landessprache noch nicht gekommen, obwohl wir schon ein bisschen hätten dazulernen können. Andere Leute hier sprechen Mandinga, und wenn ich einigen in die schmalen Sahara-Gesichter schaue, dann sind auch noch andere Sprachen im Spiel. Der kleinste gemeinsame Nenner ist das Französische, das geht auch ganz gut.
Dakar. Was soll ich sagen€¦ Soll ich vom Polizeioffizier auf der Passkontrolle erzählen? Schmunzeln und Scherzchen und scheele Seitenblicke auf die Tür, durch die ein Zeuge kommen könnte – unumwunden war es nicht, aber doch eindeutig, wie er da nach einer kleinen Geldzuwendung fragte. Oder von dem Polizisten, der uns auf dem Flur ansprach und gern in Deutschland arbeiten würde? Fußböden auf dem Airport putzen? Ich könnte auch vom Zöllner berichten, den ein Kollege in seinem Büro weckte, damit er unsere Schiffe einklarieren konnte. In nicht ganz korrekter Kleidung, dafür ohne Frage nach „cadeau€. Die Uniformjacke zog er an, als er der Unterschrift wegen zum Chef musste. Auch die Hosenbeine wurden dazu heruntergekrempelt – Ordnung muss sein. Wir nehmen an, dass, kaum hatten wir ihm den Rücken gedreht, die Schlafmatte wieder vom Aktenschrank gewurschtelt wurde ;) €¦ Es sind ja auch nicht wirklich viele Segler abzufertigen. Ich kann von Mama L�gumes berichten, die vor dem Tor des CVD sitzt und geduldig auf Kunden für Auberginen und Erdnüsse, Kartoffeln und Avcados wartet, von ihrem eher schlitzohrigen Fruchtverkäufer-Pendant, der einem viel zu viel in die Tüte packt und noch mehr dafür verlangt, vom Gewusel am Port des Pecheurs, wo wir uns in der Mittagszeit an trocknenden Haifischflossen, geschälten Orangen, Erdnüssen und diversen undefinierbaren Snacks vorbei durch die Massen Richtung Zoll quetschen. Und immer wieder gibt es eine witzige Bemerkung, hin oder her. Wir lachen hier viel – mit den Senegalesen, über uns alle zusammen.
Ach,dann erzähle ich doch einfach vom Straßenverkehr. Das ist auch schön. Ein bisschen heimisch-afrikanisch fühlen wir uns schon.

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Ampelanlagen benötige allerdings manchmal kleine Nachbesserungen€¦ In die Stadt kommt man von hier aus mit dem Taxi.

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Schon rein automobiltechnisch taugen die Taxen zum Abenteuer, man freut sich, wenn die Türen schließen, man freut sich auch, wenn man die Radlager hört und die Stoßdämpfer durchschlagen – immerhin bedeutet das, dass beide Elemente vorhanden sind ;) . Was den Fahrpreis betrifft, waren wir eingehend gebrieft und hatten moderate 2000 CFA, ca. 3 Euro, für die Fahrt zur Mole 2 ausgehandelt, aber das schließt ja nicht aus, dass so ein Fahrer einen plötzlichen Gedächtnisschwund erleidet, wenn er auf 5000 herausgeben soll. Eine andere Variante des Taxi-Abenteuers kann man dadurch umgehen, dass man dem Fahrer ins Gesicht schaut, wenn man mit ihm verhandelt – wenn dieser eher leer blickt, wenn man das Ziel nennt, besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass er den Weg nach Hann Plage oder den Port des Pecheurs nicht kennt€¦

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Oder nicht verstanden hat. So landet man dann statt an Mole 10 an Mole 8, muss sich, weil nun wir ziemlich blöde schauen, da beim falschen Zoll angekommen, auf Rückfragen hin mit einem „€¦ vous n€™avez pas de la confiance!€ belehren lassen.Das ist dann mal weniger witzig gemeint und hat einen Touch von „Rassistin!€
Es gibt allerdings nicht nur die gelb-schwarzen Taxen, sondern auch die Minibusse

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die einen gern irgendwohin mitschleppen möchten – „€¦ Kleinvieh macht auch Mist und darum nehmen wir die Toubabs mal dahin mit, wo sie eigentlich nicht hin möchten€¦€ Das allerdings kannten wir ja schon von den Matatus auf der anderen Seite des Kontinents – non, merci! Also geht man zu Fuß die löcherige, staubige Straße weiter, und unversehens hält ein „Clando€, ein illegales Taxi, ganz gleich, ob das jemand ist, der sich seinen Lebensunterhalt ständig damit verdient und bei dem der Technikstandard sich an dem der registrierten Taxen orientiert (oder darunter!) oder, wie in meinem Fall, ein junger Mann, der versucht, mit dem funkelnden Geschäftsfahrzeug schnell einen Franc nebenbei zu machen. Non, merci quand meme€¦
Die ganz offizielle Variante der Transportes in die Stadt war allerdings der Hammer des gestrigen Tages: eine reine Guck-Tour in die City. Busfahrt, mit DDD – Dakar Dem Dikk.

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Statt 2000 nur 125 CFA pro Nase. Als ich einsteige – alter blauer Pariser ÖPNV-Bus, mittlere Tür – denke ich so, dass nach mir eigentlich niemand mehr einsteigt, aber es wird gequetscht und gequiekt, und schon passen unter anderem auch noch Len und Janna auf die Fuhre.sowie Caroline und Urs, dessen Bein dann später mal kurz in der Tür klemmen wird. Ich stehe breitseits vor dem Büdchen des Schaffners, händige ihm Geld aus, das von irgendwoher durchgereicht wird, und reiche die säuberlich und einzeln gestempelten Tickets wieder hinaus, die dann wieder von Hand zu Hand bis zum Addressaten gehen. Will jemand von hinten aussteigen, so beginnt er ein paar Stationen vorher den mühsamen Weg nach vorn. Ich stelle da vor dem Schaffnergitter ein besonderes Hindernis dar, also wende ich mich dem Kandidaten zu und wir drehen uns dann gemeinsam Richtung Tür. Plopp! Das nennt man Tuchfühlung! Ich will nicht behaupten, dass uns nun alle Insassen als besonderen Gewinn auf dieser Fahrt empfanden, aber es wurde mal wieder ordentlich gelacht. Und schon waren wir an der Place de l€™Independance und das nächste Abenteuer ging los. Das hieß „guide€ abwehren.

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Nicht wirklich einfach und nur mit etwas Bestimmtheit zu schaffen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Danach waren wir – geschafft. Und hatten uns eine Pause in unserer Clubbar im CVD verdient. Was machen Segler, wenn sie nicht segeln oder basteln?

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Man sieht hier den Eigner, mit Janna, Len, Barbara und Reinhard. WiFi heißt das Zauberwort – Surfen im Internet. Und schnacken, über westafrikanische Flüsse. Und frittierte, mit Fisch gefüllte Teigtäschchen mit scharfer Soße essen, die uns „Mama Peche€, wie ich sie mal nennen will, im Plastikeimer vorbeibringt. Heute hat sie auch wieder Jannas Lieblings-Snacks dabei, das hat sie versprochen: Kandierte Erdnüsse. Es wird Zeit den Passeur herbeizurufen, um rechtzeitig für die kandierten Nüsse vor Ort zu sein. Und um diesen Blogbeitrag abzuschicken.
Na ga deff, allerseits!

AKKA Afrikalainen

Ich gebe es zu, es ist geraten, aber so ungefähr wird es auf Finnisch heißen: AKKA, die Afrikanerin. Wir sind da. Ferne Kontinente, erster Teil: Afrika. Fein hat sie das gemacht, unsere Gans. Ein bisschen traurig war sie ja bisweilen, wenn ihr die kleine Schwester PETITE FLEUR immer wieder davonlief bei den leichten Winden, aber heute früh, da kam ihre Stunde. Es briste ein bisschen auf und schon flog sie davon. Bei den Petite Fleurs hat die Reise übrigens einen anderen Namen: die Gänseblümchenfahrt.
AKKA und Petite Fleur. Ein nettes Paar.

Seit dem Vormittag liegen wir mitten im frischen Nordost – da freut sich der Windgenerator! – vor Hann Plage, einem Vorort von Dakar. Hier gibt es einen Yachtclub, eigentlich gleich zwei, wir liegen vor dem Klassiker, dem Cercle de la Voile de Dakar, mit ?berraschend vielen, vor allem französischen Seglern zusammen. FREYA ist noch da, PRESENT liegt vor uns, zur Rechten Petite Fleur, hinter uns die Wanderer. Kurz nach der Ankunft kam gleich ein motorisiertes Bötchen vorbei, der „Passeur“ wollte sich vorstellen. Ein bisschen colonial bastard-style: Man betätigt das Schiffshorn und flugs kommt der Taxidienst – oder, wie wir beobachten konnten, auch nicht ganz so flugs! – vorbeigetuckert und schippert einen an Land. Dort waren wir noch nicht, unter der selbst genähten Senegal-Gastlandflagge weht also noch die Flagge Q, und das bleibt auch so bis morgen. Jetzt ist es Abend; wir hatten nach dem Ankermanöver und Anker-Tauchen schnell ein Couscous gemacht – der Wind singt dazu sein Lied, der Windgenerator zischt, der Muezzin ruft aus der Stadt, es dudelt afrikanisch vom Strand … … … und dann muss jemand mit dem Hammer vorbeigekommen sein. Tiefschlaf. Unter der Anspannung, die uns wachgehalten hatte, verbarg sich wohl doch ein dickes Müdigkeitspolster, das wir nun abtragen.

Die Reise war wirklich schön und lehrreich. Zunächst mal haben wir ein ganz klare Lektion zur Geduld erhalten und diese auch geschluckt… Wir sind selten schneller als 5 Knoten gelaufen, über weite Teile waren es 4, 4,5, 3,5. Folgerung: Na, dann dauert es eben einen Tag länger! Verproviantiert bis zur Oberkante wären uns kurzfristig höchstens die Orangen ausgegangen. Und das ZIPF-Roggenbrot aus Gran Canaria. Allerdings hatten wir Glück mit Windrichtung und dem moderaten Seegang: 8 Tage „Waschmaschine“ wären uns sicher mehr auf die Nerven gegangen, es war gerade so schon wackelig genug. Bis auf einen kurzen Seekrankheitsverdacht bei mir ging es uns durchgehend gut, und ich werde versuchen, das Thema weiter nach unserem Reff-Prinzip abzuhandeln: „… wenn Du anfängst darüber nachzudenken, dann tu’s!“. Wenn ich also anfange, über meinen Magen nachzudenken, dann werfe ich eine Pille ein. Wobei ich meine, dass mir die VOMEX A Retard-Kapseln am besten tun, ich fühle nämlich überhaupt keine Müdigkeit. Hoffentlich gibt es die noch irgendwo auf dieser Welt.

Die Schlaferei, das ist so eine Sache – ich leide mehr unter einem Schlafdefizit als Andreas, der meint, dass er mit dem Wachrhythmus noch Wochen unbeeinträchtig hätte weitersegeln können (siehe oben 😉 ). Ich fürchte, dass sich bei mir die Müdigkeit noch weiter kumulieren wird. Petite Fleur geht ganz diszipliniert – Schweizer eben! Das zeigte sich allenthalben! – 3-Stunden-Wachen über 24 Stunden, wir nur in der Nacht, und da schenken wir uns auch gegenseitig mal die eine oder andere Stunde, meinen
aber, das ein bisschen mehr Planmäßigkeit auch Sinn machen könnte. Folgerichtig hat mein Eigner, als ich ihn heute eine Stunde verspätet um 3 weckte, meine Bemerkung, mich doch bitte dem Plan gemäß um 5 zu rufen, in die Tat umgesetzt. ES WAR EIN SCHERZ! Aber die Morgendämmerung war ja nicht mehr weit, und außerdem übe ich gern einhändige Segelmanöver und Trimmen, also hatte ich einen guten Morgen.
Den Windpiloten haben wir erst in den letzten 36 Stunden bemüht, und er hat das wunderbar gemacht, erstmalig wieder seit der Starkwindfahrt nach Porto Santo. Nach den Mucken, die er Richtung Lanzarote gezeigt hatte, machte er das auch toll heute früh, als es frisch mit Halbwind bzw. am Wind zur Sache ging. Das Problem war – neben einer beseitigten Schwergängigkeit – wohl eher, dass wir mit unserer Trimmerei nicht geduldig genug waren und an diesem Punkt noch ein bisschen Erfahrung brauchen.
Und wir brauchen den Windpiloten ganz ernsthaft, hatten wir doch erschreckend hohe Energieverbräuche zu registrieren – der „große“ Autopilot, das Radar in der Nacht, der tagelang durchlaufende Kartenplotter; auch der kleine Pinnenpilot, der alternativ die Windsteueranlage lenken kann und dann das Funken – all das sind Stromfresser.
Mein neuer Lieblingsstromfresser ist und bleibt allerdings – neben den Laptops, ganz klar! – der Wassermacher. Willkommen an Bord, gut dass wir Dich haben.
Das hilft AKKA Afrikalainen und ihrer Crew auf dem Weg durch fremde Kontinente. Teil 1, Afrika, hat gerade begonnen.

Funkenmariechen

Karneval ist zwar vorbei, dennoch muss noch ein Wort zum Funkenmariechen fallen. Das ist so ein Mariechen hier an Bord – der geneigte Blogleser ahnt schon, dass dieser Beitrag in die Kategorie „The Confessional€ gehört. Seelenstriptease vom Feinsten.
Auch wenn ich mein Berufsleben lang mit den Kollegen gefunkt habe – das mit dem Funken ist mir nicht ganz so in die Wiege gelegt. Zumindest nicht solche Eigenschaften wie, sich tunlichst an Funkroutinen zu halten, sich der Fachtermina zu bedienen etc. Bei den Amateurfunkgesprächen finde ich zum Beispiel häufig den Ausgang nicht – die Abschiedsarien dort sind lang und verschlungen und haben sich mir, die ich ja als Autodidaktin „on air€ bin, noch nicht wirklich erschlossen. So gestern im Intermar-Netz. Mir geht dann manchmal schlagartig die Sendeleistung aus oder ich falle in ein Funkloch. Dabei wäre es so einfach zu sagen: „DL0IMA von DF4AA – vielen Dank für das freundliche QSO und die Wetterberatung. 73 und einen schönen Abend. DF4AA macht jetzt QRT€ – und dann noch ein Weilchen zu warten und zu hoffen, dass einen niemand mehr anspricht, sonst geht die Arie von vorne los. Und nach einer kleinen Weile sagt man dann vielleicht noch „DF4AA macht jetzt Charlie Lima€. Und DANN erst darf der Knopf gedrückt werden. Alles klar?! Bei mir ist es eher so, dass ich schon die Frage nach dem Rapport nicht wirklich beantworten, weil Empfangsleistungen mangels Erfahrung nur peripher beurteilen kann, also bin ich am Ende des Gespräches schon ganz rapp(ort)elig – und falle in das besagte Funkloch. Aber seit heute übe ich das mit Caroline, abends auf 3760, obwohl Andreas behauptet, dass wir das auch von Reling zu Reling üben könnten; oder, wenn wir mal hinter Petite Fleur zurückgefallen sind, was beim herrschenden Schwachwind schon mal passiert, unkt, dass ich das absichtlich mache, um das echte Funkamateurgefühl zu erzeugen: Ein QSO mit jemandem der sich ausser Sicht befindet€¦ Ignorant.

Dem Ganzen scheint aber eine Mikrophonphobie zugrunde zu liegen, denn auch mit dem marinen Funk hapert es zuweilen. Schon das stete „over€ will einfach nicht über meine Lippen. Und heute früh war es dann so weit. Kennt jemand noch die Geschichte von Obelix, der der schönen Falbala aus Lutetia seine Liebe gestehen will? Mein Funk-Waterloo heute früh hatte etwas von dieser Szene, mir fehlte lediglich das Blumensträußchen in Hinkelsteinposition: „Ayse, Ayse, Ayse, this is sailing vessel AKKA!€. Der Diensthabende antwortet, wir wechseln auf Kanal 14 und ich, die ich schlicht sagen will, dass wir in Position xy stehen und Kurs yz fahren und mit zwei Seglern auf seiner Kurslinie liegen, weiß plötzlich nicht mehr wie weit er weg ist, wo ich bin, suche verzweifelt auf dem Kartenplotter die Informationen, die nicht mehr da stehen, wo sie stehen sollten, weil plötzlich nur noch Radar zu sehen ist; und so sage ich ungefähr das, was Obelix, der mit dem Blumenstrauß, zu Falbala sagt: „€¦wwrgssztbjnt!€ Der Eigner behauptet, es sei auch noch ein „.. oh, Schei?e, Mann€¦€ gefallen. Ich weiß von nichts. Funkloch. Der freundliche Mensch hat aber dann trotzdem seinen Kurs geändert, er hatte ja auch 19 Meilen und ca. 48 Minuten Zeit, die verbliebenen kryptischen Informationen zu analysieren und das Rätsel zu lösen. Urs wiederum behauptet im nachfolgenden Funkgespräch mit der Wanderer, er habe nichts gehört, er sei gerade auf dem Vorschiff gewesen. Guter Mann! Und so diskret! Ändert nichts an der Tatsache, dass Funkenmariechens Darbietungen eine meilenweite bis weltweite Verbreitung finden.

Ich klebe jetzt mein Funk-Logbuch it Post-Its voll. Da kritzele ich Funkroutinen drauf.

Nachtrag

…. da habe ich doch glatt heute Nacht 199.999.800 Jahre unterschlagen, die unsere Galaxie für eine Runde braucht. „…we go round every 200 million years…“ – bei 200 Jahren würden uns wohl die Haare vom Kopf fliegen.
Und dann noch was, was ich aber nicht besser wusste und drum verschwiegen hatte: der Sichelmond vorgestern hatte 2 Begleiter, deren einen ich nicht zu benennen wusste – ein kurzer Blick ins „Stellarium“-Programm enthüllte dann den zweiten Planeten neben der Venus als Jupiter.
Nicht dass es jetzt Protestmails hagelt 😉
Wir dümpeln rum. Der Wind nimmt ab, bis morgen, dann kommt er zurück – das müssen wir dann aushalten. Es gelingt uns schon besser, mal unter 3 Knoten zu laufen, ohne gleich Ostseetrip-mäßig den Motor anzuschmeißen. Obwohl wir das heute tatsächlich mal tun werden, ein bisschen Energie nachschieben (gestern stand ein Solarpanel zur Reparatur an, das macht sich bemerkbar), Wasser machen (genial!), vor allem aber heißes Wasser bereiten, damit wir das heutige Bergfest frisch geduscht begehen können.. Über’n Berg sind wir schon seit den frühen Morgenstunden, gefeiert (Marmorkuchen!) wird später. Wenn das Cockpit vom fliegenden Frühhstückskaffee gereinigt ist. Gestern war die Pantry dran – ein unachtsamer Moment und die gesamte Kaffeekanne… Schweinerei. Noch dazu kam der Kaffee dann mit dem Seegang in Schüben unter dem Herd auf meine Füße geschwappt. Wenn’s schee macht…
Da waren die Schiffsbewegungen allerdings auch grenzwertig, und so gab es heute auf dem Seefunktreffen mit Petite Fleur und Wanderer einen kleinen Sea Sickness-Austausch über Dimenhydrinat und seine Dosierungen. Ich hatte vorsichtshalber gestern abend mal eine VomexA retard eingeworfen (eiiiih! der Vorrat, der Vorrat!) und die Wanderer2-Fahrer berichteten Ähnliches. Zur Verwunderung meines Eigners waren heute früh zum 3-Uhr-Wachwechsel alle verbliebenen Köttbullar (4 Stück, genauer gesagt, die restlichen 11 hatte zuvor jemand anderes verspeist…) samt dem Möhrengemüse verschwunden. Bislang war ich ja verschont geblieben, nicht von den Fleischbällchen, sondern von der Seekrankheit, und das hätte ich auch gern weiter so – obwohl die Wanderer, nur 58 Meilen voraus und doch auf der ganzen Reise bislang mit mehr Wind gesegnet als wir, von Kreuzseen vor dem Cap Blanc berichtet. Wir werden es sehen, wenn wir dort sind – wenn es zu ruppig wird, weiß ich, was ich zu tun habe. Wegen der Köttbullar…

Kitschig

In dieser Nacht, der 4. auf unserer Reise nach Dakar, kann ich ja mal was zum Himmel sagen – wir haben nämlich eine weitgehend feste Wolkendecke, und man sieht nur vereinzelt mal einen Stern durch die Löcher lugen. Ganz anders gestern:
Das fing schon mal schön kitschig an, Mondaufgang so um die 6 Uhr. Zunächst piekst ein scharfes, kleines Licht über die messerscharfe Kimm, das ich erst einmal für einen seefahrenden Kollegen halte – „… aha, Berufsverkehr! Wieso hat der denn kein AIS?“. Aber dann steht da plötzlich eine schmale Mondsichel am sich schon lichtenden Horizont. Neumond naht. Perfekt silbrig, mit der gut auszumachenden beschatteten Mondkugel zur Seite, begleitet von der Venus. Der Himmel beginnt von Osten her satt orangefarbenen zu leuchten, darüber ein Farbverlauf von Blautönen ins den noch nachtschwarzen Zenit hinein. Erinnert mich ein bisschen an Scherenschnitte aus alten Weihnachtszeiten, schwarzer Karton mit Seidenpapier, eine Kerze dahinter. Wie schön leuchtet der Morgenstern… Dachte ich so.
Die Sonne hatte es dann ein bisschen schwierig, über den Horizont zu kommen. Jeden Morgen aber auch die gleichen Klimmzüge  – ich habe ganz schön gewartet, bis es so weit war, und eigentlich hätte man ja ein bisschen schieben können, oder?
Abends dann die umgekehrte Prozedur. Und da sitzest Du dann in der Nacht und schaust Dir dieses Gewimmel an. Ich finde es wirklich ein bisschen übertrieben, geradezu pickelig sieht der tropische Sternenhimmel aus. Um die 2 Uhr funke ich mal kurz mit Urs, der auch sitzt und staunt. „… so was siehtst Du nur auf dem Ozean. Oder in den Bergen, aber da wäre es jetzt klirrkalt….“. Dann lieber hier. Und dazu Monty Pythons Galaxy Song heraussuchen. Über unser Sonnensystem

„… in an outer spiral arm at fourty thousand miles an hour,
in a galaxy we call the milky way.
Our galaxy itself contains a hundred billion stars,
it’s a hundred thousand light years side to side,
in the middle it’s 16 thousand light years thick
but out by us it’s 3 thousand light years wide,
we are 30 thousand light years from galactic central point
we go round every two hundred years
and this galaxy is only one of millions of billions
in this amazing and expending universe…“

Genau so.

Das Zentrum der Schöpfung muss jetzt raus. Rundumblick. Und dann Sterne gucken, die Bewölkung schwindet. Sollte ich mich wiederholt haben: macht nix – ich gucke ja auch schon wieder hin. Ist einfach zu und zu kitschig. Wenn der Eigner nicht schlafen würde, könnte ich ja Monty P. mitgröhlen.

Von unterwegs

Tag 1 geht, ein sehr friedfertiger auf dem Atlantik vor der Küste Afrikas, Nacht 2 kommt, mit schöner Passatbewölkung am Horizont. Morgen, sagt der Wetterbericht gibt es ein klein wenig mehr Wind und übermorgen noch eine kleine Mütze dazu, und das soll uns recht sein – es war schön und friedlich heute, aber es ist ja doch noch elend weit nach Dakar. Aber da uns – besonders mich! – die Segelei ja Geduld lehren soll, ertragen wir die 3, 4 Knoten mit Fassung. ETA Dakar: Montag nächster Woche, wenn das so weitergeht.

Jetzt schwimmt 4 Meilen hinter uns die Petite Fleur, 6 Meilen an Backbord noch eine alte Bekannte, nämlich die Bohrinsel aus dem Hafen Las Palmas, und 6 Meter neben uns€¦ Das „Pepperli€, bekannt als Urs€™ und Carolines Bordkater Pepino, wird seine Freude haben! Pilotwale. Leider konnten wir kein rechtes Willkomm entbieten, weil wir gerade mit dem Schiften der Genua bzw. des Spibaumes besch?ftigt waren. Aber schön fischig geschnauft haben sie€¦ Und es sollen noch mehr werden, das ist hier so.
Den Tag haben wir mit Anpassungsbasteleien aller Art gefällt, die Leinen für die neue Walder-Baumbremse nochmals umgelenkt und dann auf Länge gebracht , zum Beispiel. Ein wunderbares Teil! Keine Rumgerenne auf dem Vorschiff mehr um die Bullentalje auf dem Vorschiff umzulegen, dazu Halsen leicht gemacht, und Patenthalsen – Kostprobe gleich gestern abend! – auf die sanfte Tour. Den Gennaker haben wir erstmalig ausgebaumt – und gleich mal eine augenfällige Show für die Petite Fleur geliefert, mit einer sehr schönen, blauweißen Eieruhr die sich um die Rollgenua wickelte. Ich sah uns schon mit Messern bewaffnet in den Mast klettern, aber mit vereinten Geisteskräften haben wir dann alles wieder in den Ausgangszustand gebracht. Peinlich.
Post gab es auch – nur zu, kann ich sagen, denn freut uns hier an Bord. In Dakar wird es ein Empfangskommittee in Form von Bluesong mit Jochen und Traudl, die „nach dem Karneval€ die Kapverden verlassen werden. Ross und Wei pütschern wiederum bei ähnlich schlappen Windverhältnissen den Kapverden entgegen, man wird sich die Klinke in die Hand geben. Und dann gibt es noch zweimal täglich ein Amateurfunktreffen mit Caroline. Ich gebe zu, es mag albern sein, wenn man sich in Sicht hat, aber es übt€¦

Das war jetzt die Delta Foxtrott 4 Alpha Alpha für den Akka-Blog. Gute Nacht. Auf einen guten Tag 2. Und 3. Und den ganzen Rest der Reise€¦

Nu‘ aber!

Es sieht so aus, als ob wir morgen aufbrechen. Na endlich. Der Dienstag war schon eher ein trauriger Tag – eigentlich hatte ich mir den als Abreisetag gewünscht, aber die konzertierte Wetteraktion mit Petite Fleur und Carte Blanche und wie sie alle heißen, hatte dann doch den Weg der geringsten Widerstände ergeben: Aufbruch zum Wochenende. Am Dienstagmorgen fuhr Gemini, das sind Ross, Wei mit Klein-Ishbel schon mal Richtung Gomera, und dass dann abends gleich zwei unserer Stegkollegen auf die Reise gehupt werden mussten, gab meiner trüben Stimmung den Rest. Nun scheint es wettermäßig bis Anfang der Woche stabil zu sein, sogar mit Nordost wie gewünscht, und so bleibt zu hoffen, dass sich die vermiedenen Widerstände zum Start der Afrikareise nicht zum Ende auftun – die wird sicher 8 Tage dauern, und so weit kann kein noch so weitsichtiger Wetterfrosch schauen, nur raten. Wir raten mit… Aber die Azorenhochs, die sich nördlich von uns jeweils die Klinke in die Hand geben, schauen vertrauenerweckend aus.
Jetzt tue ich, was alle tun, wenn sie so viele Wochen fest lagen: die Wohnstube in ein Segelschiff zurückverwandeln. „Wir“ waren heute noch einmal im Mast, nochmals mit einer Kleinigkeit auch erfolgreich, das Waschmaschinchen ist gerade unter Deck verschwunden, die Stangen für die Sonnensegel, der ganze versammelte Krempel halt.
Dann noch eine Runde Einkauf – die letzte Woche hoffnungsfroh gekauften Früchte und Gemüse sind natürlich teilweise verspeist. Und irgendwelche Noteinkäufe werden mir schon noch einfallen. Und dann kann es losgehen. Nu‘ aber!

Wetterfrust

Schöne Grüße aus dem wunderbaren, karnevalösen Las Palmas… Da sitzen wir also und fragen uns wie alle anderen am Steg, die den Absprung vor 10 Tagen nicht geschafft haben, wann es denn nun weitergeht. Und man entwickelt im Hinterkopf auch die Frage, ob man denn nun immer mit dem allerbesten Wind rechnen kann und sollte. Aber es ist einfach so: Es weht aus Südost, und nicht zu schlapp, hier in Las Palmas sitzen wir derzeit in der umgekehrten Düse, die normalerweise in Südrichtung bläst, und so reißt die AKKA bei streckenweise 7 Windstärken an den Leinen, es kommen Charteryachten herein, die wenig elegant in die Lücken stürzen, Skipper versuchen nach Kräften und mehr oder weniger erfolglos, ihre Boote vom Stegkontakt abzuhalten. Und immer wieder trifft man sich und fragt: „… what do you think of the weather …?! When do you leave…?!“ Wir beneiden die PRESENT und FREYA, die in Dakar von Hann Plage dümpeln und muntere Emails schicken (von „… it is VERY different, but we are having a very good time!“ zu „… bitte noch dringend eine Presslufthupe und 6 m Gummiband mitbringen…“).
Heute wird das jedenfalls nichts, und wenn man sich die GribFiles von heute früh anguckt (wer mal schöne sehen will, schaut auf www.grib.us nach), fragt man sich, ob es überhaupt vor Donnerstag losgeht.
Gutes Ergebnis der Zwangspause ist allerdings, dass wir die Nerven verloren und den Wassermacher in Gang gebracht haben – eigentlich sollte das auf dem Weg nach Süden passieren, damit man eventuell noch zu „Sunshine Marine“ nach Mogan abbiegen kann, falls irgendetwas faul ist. Aber es war eine gute Idee, das Risiko hier trotz zeitweise schmutzigen Hafenwassers einzugehen, denn es war etwas an der Verschlauchung zu ändern, und das hätten wir beim gegenwärtigen Geschaukel nur grüngesichtig hingekriegt. Dafür pumpe ich nun leichten Fußes binnen Sekunden eine Karaffe voll allerbesten Trinkwassers aus eigener Produktion. Endlich.

Wann das nächste Wetterfenster „endlich“kommt, steht in den Sternen. Beziehungsweise in den Gribfiles.