… dit kannste jlatt verjessen!

Cuzco, 12.10.2008

Tja, so ist das, wenn man frueh um kurz vor 6 am Einlasstor fuer die Inka-Anlage in Machu Picchu steht: „… dit kannste jlatt verjessen hier!“ Ist auch zu dumm: man kauft die Tickets am Tag zuvor, kriegt einen grossen Flyer mit allen Anweisungen bezueglich Essen (keines!), Wanderstoecke (nur fuer Alte und Behinderte!) und Groesse des Rucksackes (nicht ueber 20 l), und dann kommt man mit seiner lauthalsen Reisegruppe dort an mit seinen Leki-Stoecke und dem dicken Rucksack voller Fresschen… Nee, echt! Unmoeglich 😉 ! Bester Kommentar darueber hinaus war noch: „… icke – kenn sowieso keene Highlights in mein‘ Leben wofuer ick um 5 uffstehen muesste!“

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Dieser Blogbeitrag waere auch gern noch ein paar andere Titel wert gewesen. „Machu Picchu“ mit vielen Ausrufezeichen vielleicht. „…schnauf!“. „Schlappe Beine!“. „Obelix was here!“. Oder „… die spinnen, die Inkas“. Seit Tagen ist Architekturspaeher Andreas im Steine-Wahn.

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Cuszos Innenstadt hat VIELE Inka-Mauerreste, schlichte und beeindruckende, manchmal, wie man hier scherzt direkt nebeneinander „Inka“ und „inca-pable“, wenn die Spanier oder wer auch immer versucht haben, diese Kuenste nachzuahmen. In Lauf- bzw. Schleichentfernung ueber der Stadt liegt die Inka-Festung Saqsayhuaman. Es pisst wie verrueckt, aber es ist unglaublich beeindruckend: bis zu 300 Tonnen schwere Bloecke wurden hier fugenlos zu Mauern zusammengefuegt…

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Und dann schliesslich die Zugfahrt nach Machu Picchu…

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Nach einer Nacht in Aguas Calientes, und nachdem wir die Situation am Eingang zur Inkastadt ueberlebt haben, koennen wir Machu Picchu geniessen, staunen und phantasieren. Es ist einfach unglaublich. Inkabaeder werden abgelichtet und feinste Dachdetails, Tempelreste, die Wasseranlage, Steinhauerei – grob und fein.
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An manchen Stellen koennen wir ein bisschen den Fuehrern zuhoeren; selbst wenn jeder seine eigenen Theorien zu vertreten scheint – wir haben ja auch keinen Schimmer, wie das alles gemacht und angefertigt wurde, wie diese Leute gelebt haben, wie man ueberhaupt in dieser unwirtlichen Umwelt hat eine Stadt anlegen moegen. Die Terassen, manchmal handtuchschmal, auf denen geackert wurde, und deren Mauerung noch heute haelt. Der Ackerboden, der mit Guano geduengt wurde – was dazu fuehrte, dass in dieser extrem disziplinierten Welt Personen, die einen Guano-produzierenden Vogel toeteten, mit dem Tode bestraft wurden. Und so vieles mehr – es wird einfach einen separaten Inka-Bericht geben muessen, wenn wir zurueck auf der AKKA sind und Zeit ist, die Bilder auszuwerten.

Als es ganz schlimm wird mit dem Besucherstrom – um 11:30 treffen die Gaeste ein, die direkt mit dem Zug aus Cusco kommen und nicht wie wir eine Nacht in Aguas Calientes geblieben sind! – machen wir uns auf den Inka-Pfad.

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Nicht wirklich – das sind im Original 4-5 fuerchterliche und fuerchterlich teure Tage, die man auf Schusters Rappen auf den alten Botenpfaden der Inkas von Cusco nach Machu Picchu zubringt, etwas fuer die ganz hippen und nebenbei sehr fitten… „Inkapfad fuer Eilige“ gibt es auch. Man kann, wenn man frueh ansteht, innerhalb der Anlage auf den Wayna Picchu aufsteigen, 400 Personen pro Tag duerfen das. Allein der Anblick  der Treppen raubt uns den Atem; nur unser Freund Milou, der franzoesische Reisemaniac („…if you come to China, go right to Yunnan“), rennt nicht nur um 4 Uhr morgens zunaechst mal tausende Stufen bis zum Gate hinauf, um gleich als erster dort zu sein, noch vor den Bussen, die wir faulerweise benutzen – nein, er sprintet dann auch noch auf diesen Berg. So fit sind wir nicht, eindeutig, und so pusten wir den Inkapfad von der Stadt Machu Picchu zum Sonnentor hinauf (Milou kommt natuerlich hinterher gejoggt…). Intipunku ist das Ziel, und das reicht uns auch schon. Da sitzt man dann, blickt auf diese phantastische Bergwelt hinauf und hinueber und hinunter, schneebedeckte Gipfel, Urwald auf den Haengen, tief unten fliesst der Urubamba, oder sollte man sagen: der Amazonas. Schoener Gedanke, dass wir auf diesem Wasser gewissermassen eine Riesenstrecke diesem unserem Wendepunkt der Reise entgegengeschippert sind.

Wir halten es bis zum spaeten Nachmittag aus in der Anlage; fuer viele der Besucher voellig hirnrissig, aber wir sind einfach fasziniert.

Tags drauf wachen wir vom Regengetrommel auf – und entscheiden, das Zugticket umzutauschen und Aguas Calientes ohne Bad im heissen Schwefelwasser zu verlassen. Gute Entscheidung! In Ollantaytambo muessen wir ohnehin in den Bus umsteigen und so entsteht noch ein unvorhergesehenes Nebenprodukt des Machu Picchu-Ausfluges: Inka-Ruinen, naechster Teil.

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Jetzt sind wir zurueck in Cuzco und geschafft – in einem anderen Blog las ich: Nie wieder Treppenstufen! Nachvollziehbar!
Gesamturteil aber: Unvergleichlich – und, siehe Titel: Unvergesslich!

Gringissimo!

Cusco, 7.10.2008

Da sind wir nun – die Stadt auf die wir doch eine ganze Weile schon hingefiebert hatten. Und sie ist, wie der Titel schon sagt, „gringissimo“… So viele unseresgleichen haben wir schon lange nicht mehr gesehen, und das aendert natuerlich den gesamten Eindruck gewaltig. Es gibt viele „amiga/amigo“-Fluesterer, die einem eine schoene Alpakamuetze oder eine handgemachte Puppe aufs Auge druecken wollen, Postkartenstapel, Wandgemaelde, Massage – you name it, they offer it.

Bis wir aber hier waren, gingen zwei spannende Tage dahin, und eigentlich sollte schon aus Andahuaylas ein Blog kommen, aber wir waren so kalt und durchgefroren wie -geschuettelt, dass es mit dem Aufenthalt in einem kuehl-feuchten Internetcafé einfach nichts wurde – wir mussten ja auch schon wieder, wie am Morgen zuvor, „mitten in der Nacht“ aufstehen….

Also, am Sonntag um 05:00 klingelt der Wecker, letzte Dusche in unserem Dachterrassenzimmer in Ayacucho. Herzliche Verabschiedung vom Nacht-Hotelier (schliesslich waren wir ueberdurchschnittlich lang zu Gast!) , der auch noch einen Taxifahrer herbeiruft und uns so das Rucksackschleppen zur Station von Los Chankas erspart. Heisses Wasser hatten wir in der Thermoskanne mitgeschleift, also gibt es Fruehstueck im Gewusel um den frisch angekommenen Bus aus Cusco und die Vorbereitungen fuer die Abfahrt. Draussen heult ein Anreisser „Andahuaylas – Andahuaylas!“ (ob da wirklich Kurzentschlossene vorbeikommen, die sich entscheiden, mal die 11 Stunden Fahrt nach A. auf sich zu nehmen?!) und konkurriert mit den Agua de Maracuja-Anbieterinnen, die auch noch irgendetwas unverstaendliches im Programm haben, das aber gut fuer „el stomaco“ sein soll – das wird doch wohl keine Kotzfahrt??
Schicker, neuer Mercedes „Apple Glass“-Reisebus (mit SICHERHEITSGURTEN, die allerdings nur wir nutzen werden 😉 ), Rucksaecke verstauen, Einsteigen , Abfahren, in Zockelfahrt durch die Vororte von Ayacucho, ungewoehnlich belebt an diesem Sonntagmorgen; der Strassenhandel ist schon im vollen Schwange. Und wieder schraubt sich der Bus in die Anden hinauf, das hatten wir ja schon: Staedtisches, Doerfliches, Agrarlandschaft… Was wir SO noch nicht hatten, ist dass meine halbe Familie wahrscheinlich tausend Tode gestorben waere. Die Strasse ist in gutem Zustand, aber einspurig und unbefestigt. Und kurvig… Da muss dann bei Gegenverkehr schon mal zurueckgesetzt werden, oder man haengt so halb ueber dem Abgrund. Ich mag gar nicht hingucken. Mein Mann, der am Fenster die Photographenposition haelt, erklaert mir aber in gewohnt kuehler Weise, dass  man eigentlich an keiner Stelle hier eine Chance haette, wenn das Fahrzeug die Fahrbahn verliesse. Obwohl er selbst enmerken muss: „… da gibt es Stellen, da moechte ich ungern mit dem Bus runterfallen!“ Eben. Ich auch nicht. Halb- und Mittagszeit in Chumbes – es gibt Hammelsuppe und andere Sachen, auf die wir wenig Lust haben, also macht der spastisch gelaehmte Kioskbesitzer ein Geschaeft mit mir: 10 Bananen = 1 Sol. Bisschen schwierig zu verstehen, Sprech- bzw. Sprachschwierigkeiten auf beiden Seiten, aber wir kriegen es hin und landen auch noch beim ueblichen „… de que país?“. Und irgendwie sind solche Gelegenheiten immer was Nettes zum Lachen; jedenfalls wird gewinkt, als wir abfahren. Schoen. Hatte ich zuvor gedacht, dass es irgendwie steil runtergeht, werde ich jetzt eines noch steileren belehrt, sozusagen. Haarstraeubend – und doch sehenswert. Nach einer Weile sind wir im Apurimac-Tal, die Fenster gehen auf, wir sind in den Tropen angelangt: Palmen, Avocado, Zitrusfruechte und Schweiss auf der Stirn. Nicht nur von der engen Holzbruecke ueber den zur Zeit nicht allzu reissenden Fluss. Ich bin sicher: das Tal muss unter 1000 m liegen, anders kann die Temperatur nicht zustande kommen. Falsch, wie ich heute im Museum feststellte – 2000 m waren es. Gigantisch. Hinter der Bruecke geht es noch eine Weile am Rande des alten Flussbettes weiter – der Canyon, den der Apurimac da gegraben hat, ist gigantisch und ebenso muss der Fluss mal gewesen sein! Und dann – naja, wir muessen halt den Abhang wieder hoch. Nur 1 1/2 Stunden zischen Avocado und Alpaka. 4000 m sind gar nix. Durchgeruettelt, geschafft und mit droehnenden Ohren kommen wir im „Terminal Terrestre“ von Andahuaylas an. Immerhin hat das Hotel Palacio Real eine heisse Dusche, die ihren Namen verdient und dann: schnarch…

Naechste Portion: Andahuaylas – Cusco, Abfahrt am Montagmorgen um 06:30, alles etwas eilig, denn der Bus (Bus?! Karre!) kommt spaet, „Cusco terminal!“…  jaja, alte Frau ist kein D-Zug. Zack, rein mit den Rucksaecken, nee, nix mehr aussteigen und pinkeln – und dann stehen wir da, und warten auf die Abfahrt. „Vamos, vamos“-Rufe werden laut und „la hora es la hora!“, aber was hilft’s, jedenfalls wissen wir dass wir im richtigen peruanischen Alltag gelandet sind. Und soo spaet ist es dann mit knapp 7 Uhr dann auch nicht, und die naechste Lektion „Peru“ folgt sogleich: wenn der Bus schon auf den ersten Metern hupt, dann hat man einen hupomanen Rennfahrer gewonnen, der jede Verspaetung wettzumachen versteht. Ein- und Aussteiger werden mit lautem „suben, suben, suben“ oder „pasen, rapido!“-Geschrei zur Eile getrieben, das alte Muetterchen, das irgendwo im Nebel aussteigen will, schmeisst vor Entsetzen ihre Hacke weit von sich und hat kaum den Absatz von der Stufe geloest als der Bus schon wieder anruckt und „pffft!“ die Tuer sich schliesst. Immerhin kommt die Lehrerin von einer Landschule FAST puenktlich zur Schule, waere der Fahrer in seinem Geschwindigkeitswahn nicht einen halben Kilometer dran vorbeigeflogen… Gut, dass es voellilg neblig ist – so sieht man nicht ganz so deutlich, wo es lang geht. 1 Stunde vor Abancay sehen wir allerdings ein paar hundert Meter unter uns auf eine Ansammlung von LKWs in einer Haarnadelkurve. Das schaut nicht wirklich gut aus, und tatsaechlich: Ende Gelaende. Ein Schotter-Transporter hat in der Kurve einen Gasflaschen-LKW umgeschmissen. Das kann dauern. Prima Schauspiel fuer alle Haengenbleiber. Eine Bauersfrau kann geschwind ihre Mango- und Mandarinenvorraete absetzen und ansonsten ist Pause. 4 lange Stunde, bis geschaetzte 2000 Gasflaschen umgeladen, das Zugfahrzeug wie der Auflieger aufgerichtet sind und das ganze Ungluecks-Gespann noch auf Zentimeterabstand passiert ist. Wir kommen dran vorbei – wir fahren in der alten Karre! Der dicke neue Reisebus hinter uns von der Konkurrenzfirma trifft eine lockere Stunde nach uns in Abancay ein. Kurze Pause, und weiter, weiter, weiter. Es sind schon betraechtliche Strecken, die man hier im Zickzack durch die Anden faehrt.

Um 20:00 sind wir in Cusco. Die Reservierung im Hostal Royal Frankenstein hat geklappt. Bruno, der Hund, oeffnet die Tuer, Ludwig, der Hotelier huellt uns in Informationsschwaelle ein, nur Martin, den Leguan treffen wir erst am Morgen. Aber das ist dann schon wieder eine andere Geschichte. Eine ueber Cusco, deren gringissimo-Seiten wir aber auch Positiva abgewinnen koennen. Dazu dann spaeter mehr…

Der Honig

So richtig viel gibt es nicht zu erzaehlen aus Ayacucho – erst hat der Chef eine Erkaeltung, dann sattele ich mir dieselbe oben auf meinen gluecklicherweise abgeklungenen Husten drauf – schnief. Also verbringen wir die Zeit zu einem Grossteil auf unserer Dachterrasse, empfangen Besuch, wie den von einem deutsch-belgischen Noname-Paar, die uns halt als deutschsprachige Abendesser identifiziert und scheusslich bildhaft ueber die Reise von Andahuaylas nach Ayacucho berichten koennen; das wollen wir bald in der anderen Richtung erledigen. Rafael kommt zum Schnacken, hessischer Zungenschlag aus Berlin; Nat und Anita, aus Belgien und zuletzt in Iquitos getroffen, haben Tipps fuer Bolivien bereit. Ich hole „Nonnenfuerzchen“ aus dem Kloster gegenueber, wie ICH finde sehr leckere Pecan-Kekse, dem Gatten sind sie zu trocken; wir haben den Haushaltsgeraetebestand (bisher: 1 Satz Besteck, jeweils 2 Becher und Trinkflaschen sowie 2 Pucallpa-Faehren-Fressnaepfe!) um eine Thermosflasche und einen elektrischen Wasserkocher erweitert und koennen so Tee und Kaffee grenzenlos geniessen. Eine Waschmaschine kommt mir allerdings nicht mehr in den Rucksack und mit dem Kocher werden wir spaetestens in Cusco jemanden begluecken (wenn man denn kein Wasser zum Inhalieren mehr erhitzen muss).

Zwischenzeitlich gibt es auch schon mal einen Wolkenbruch, das kennen die Leute von der Hosteria Crillonesa wohl schon gut, denn kaum hat es aufgehoert zu regnen (und ist das Wasser unter den Betten an der Badezimmertuer angelangt 😉 ), kommt der Wischservice. Andreas‘ Einwand, man koenne vielleicht doch einen kleine Schwelle…, stoesst auf Unverstaendnis. Also auch weiterhin: bei Zimmer 42, immerhin das beste des Hotels, ist Vorsicht in der Regenzeit angesagt ;).

Natuerlich gehen wir auch spazieren – die Stadt ist wirklich sehenswert, nicht nur die praechtige Plaza Mayor umstanden von so genannten „Casonas“, dickmauerigen spanischen Kolonialgebaeuden, jeweils mit Innenhof, sondern die gesamte Innenstadt ist so erhalten. Teils normal bewohnt , teils mit Geschaeften oder Anwaltsbueros belebt, oder gar renoviert und mit Restaurants besetzt, in denen man „non-pollo“-Food in Form von Salaten geniessen kann; „cuy“ gibt es zwar auch, aber irgendwie habe ich eine Meerschweinchen-Esshemmung, zumal Heiner mit weismachen wollte, dass man sich das Schwein vor dem Essen aussuchen kann. Erinnert mich fatal an Tierversuchszeiten in der Pharmakologie… Dagenen ist das Lokal „El Monasterio“ mit dem gleichnamigen Salat besonders lecker und einen Zweitbesuch wert – gestern abend allerdings etwas laut, denn es finden im Patio eine Musik-und Tanzveranstaltung statt; Andenatmosphaere pur, wirklich schoen anzuschauen und zu hoeren. Zuschauerschaft: peruanisch, Gringos koennen wir nicht entdecken.
Ayacucho hat eine ziemlich bewegte Geschichte – nicht nur als Platz fuer Befreiungsheroen. Simon Bolivar hatte die Stadt Huamanga nach der entscheidenden Schlacht (schrieb ich das etwa schon??) in „Stadt des Blutes“, Ayacucho, umbenennen lassen. So weit so gut, aber der Name Huamanga begegnet einem allenthalben, und das hat seinen Grund – viele Buerger wollen den alten Namen wieder haben, um die Geschichte der juengsten Vergangenheit vergessen zu machen: hier nahmen die terroristischen Aktionen des Sendero Luminoso, des „Leuchtenden Pfades“ ihren Ausgang, die im Peru der 80er und 90er Jahre bis zu 70.000 Menschen, vor allem Indios, das Leben gekostet haben sollen, und besonders in den Bergen hier um die Stadt haben ganze Dorfbevoelkerungen ihr Leben gelassen.

Wir wuerden gern mehr darueber wissen, aber das ist halt der Nachteil an so eine „Durchreise“ – fuer lange Internetsitzungen reicht die Zeit nicht, fuer lange Gespraeche fehlen die Spanischkenntnisse. Dieses klein-klein-Wirtschaftssystem, in dem eine Schuhreparatur 1 Sol kostet, in dem Frauen mit Bergen von Muetzen und Fleece-Hosen unter unserem Balkon sitzen und so gut wie nichts absetzen; selbst die gut gehenden Geschaefte mit den Saft-Karren, den Churro-Anbieterinnen oder dem Obst (heute: das Kilo Erdbeeren fuer 1,5 Soles, wir werden gleich noch zuschlagen!) – wie ernaehrt das eine Person, geschweige denn eine Familie? Es sind ja eben nicht zig Leute taeglich, die sich eine Schuhsohle ankleben lassen. Broetchen kosten – dankenswerterweise natuerlich – 60 Centesimos; fuer die ganze Tuete fuer zwei verfressene Gringos, wohlgemerkt. Nur: wenn wirklich die Lebensmittelpreise steigen, wie schon in Mexico oder Bolivien, dann wird es knapp mit der Ernaehrungslage fuer eben alle diese Strassenverkaeufer. Obwohl doch die eine oder andere mal ein Schnaeppchen machen kann, mit Gringos. Was kostet der kleine Napf Honig? Schweigen. Denken. „1 sol!“ Wir grinsen und bezahlen gern. Mehr noch allerdings lachen wir alle zusammen gleich im Anschluss, denn Andreas guckt der naechsten Kundin ueber die Schulter, um den wahren Wert des Honigs zu ergruenden: 50 Centesimos. 100% Gringoaufschlag. Gut so!

4 Aliens in einem Auto…

… sind manchmal einfach zu viel.
Da steigen 3 junge Indiofrauen in ein Collectivo nach Ayacucho, und Verwunderung  bis Erschrecken  ueber je 2 Deutsche und 2 Franzosen ist ihnen ins Gesicht geschrieben. Wir sitzen gequetscht und definitiv nicht in „inca-size“ in der zweiten und dritten Reihe. Eine der Frauen lacht dann schon mal scheu, eine guckt eher streng nach vorn und die dritte kriegt die Hand nicht vom Mund – einfach furchterregend, dieses Gringos… Diese drei sprachen wohl nur Q’echua; es gab beim Aussteigen auch eine Diskussion wegen des Wechselgeldes – sie wollten ausschliesslich 1-Sol-Stuecke, sicherheitshalber? – aber dass die Lachende zum Schluss vor dem Bus, der noch ein paar Mal haelt, herrennt, den Hut mit einer Hand festhalten muss,�und dabei immer noch lacht und lacht und winkt, das troestet dann ein bisschen. Ganz so schlimm koennen wir wohl doch nicht gewesen sein, aber vielleicht war es auch nur ihre Erleichterung, noch einmal davon gekommmen zu sein.

Nun ja, wir sahen halt aus wie staubige Gringos – Wanderkleidung, bisschen Dreck und MUEDE! Um 4 Uhr morgens mussten wir am Bus sein, zuvor noch mit den schweren Rucksaecken durch (das gar nicht mehr so schlaefrige) Huancavelica stapfen. Ein Taxifahrer macht fuer die letzten Hundert Meter dann noch ein Gringo-Schnaeppchen, aber der Euro war es uns wert, denn es waere noch einmal knackig bergauf gegangen. Wir laden die Rucksaecke (verpackt in unsere peruanischen Gemuesesack-Huellen) auf’s Dach des Busses, ein 30 Sitzer, wir haben die Plaetze 20 und 21. Und bis es um halb fuenf losgeht, ist die Kiste mehr als voll – man hatte es uns prophezeit. Die Fuenferbank hinter uns beziehen zwei Paare mit 6 Kindern aller Altersstufen. Bis die rechtmaessigen Besitzer zweier der Sitze eintreffen. Da sind es dann eben 6 Erwachsene und 6 Kinder – ein ganz kleines bisschen schaeme ich mich, dass wir Touristen da einfach 2 Plaetze fuer unser „Vergnuegen“ abzweigen.

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Allerdings sitzt auf meiner Armlehne und manchmal dem Ellbogen ein Peruaner, vor uns im Gang die beiden Franzosen, denen man die nicht existierenden Plaetze 31 und 32 verkauft hatte. Der Bus ist uebrigens gerade knapp unter Stehhoehe hoch. Indiomass eben, hatten wir ja schon. Zum Sitzen im Gang, was auch manchmal vorkommt, reicht heute der Platz uebrigens nicht, so gesteckt voll ist es …

Und dann wuehlt die Kiste sich die Serpentinen hinter Huancavelica hoch, durch’s Dunkel. Nach einem Weilchen dann ein Stopp, von hinten kommt ein PKW mit weiteren Fahrgaesten. Und das soll jeden Tag so sein – unglaublich. Ueber 150 km�werden �wir jetzt gar nicht unter die 4.000 m-Grenze fahren. Die Strasse ist unbefestigt, aber in gutem Zustand und als es hell wird, haben wir schon fast die hoechste bewohnbare Hochebene der Welt erreicht: 4.500 m ueber dem Meer. Und bewohnt ist die Ebene, wir sehen es: Kinder werden schulfertig gemacht! Keines der wenigen Haeuser�Haus, die wir passieren, hat einen Schornstein – da ist wohl das Zwiebelprinzip der Kleidungsstandard.

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Lamas stehen in Einfriedungen, verfallene Lehmhaueser wechseln sich mit neueren Ziegelhauesern ab, ein, zwei „Zentren“ durchfahren wir, erkennbar an Mauern mit „Restaurante“-Beschriftung, vielleicht einem Schulgebaeude oder einem „posto de salud“. Kurz vor Santa Ines erreichen wir den See von Chiclococha.

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Hier ist dann auch der hoechste Pass erreicht, 4.850 m – nur wenige Kilometer von hier gibt es den hoechsten ueberhaupt befahrbaren Pass der Welt, so um die 5.100 m hoch.

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Atemberaubend. Sauerstoffmaessig sicher auch, wenn wir denn hier aussteigen wuerden, aber der Gringo geniesst die Aussicht und klebt ansonsten am Sitz ;). Dann schraubt sich der Bus wieder nach unten, die Stopps werden haeufiger, der Bus leert sich etwas, wobei natuerlich der 12-Personentransport von der letzten Sitzbank zur Fahrertuer (samt Entladen des Gepaecks) seine eigene Dynamik entwickelt. Einen Reifenschaden und 4 Stunden nach Abfahrt sind wir an der asphaltierten Hauptstrasse Pisco-Ayacucho. Rumichaca. Jetzt wird es alles easy…

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Naja, was man so easy nennt: der Reisefuehrer erwaehnt „some food stalls and a few filthy toilets“ in Rumichaca, und dass man (es ist 9 Uhr!) auf den 15-Uhr-Bus warten soll.

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Nee, das bitte nicht, so lange kann ich die Toiletten auch nicht aushalten und der Erkaeltung und der Trockenheit wegen kaufen wir uns doch den einen oder anderen Tee… Also Collectivo, einer der Toyota-Minibusse, der uns um 11:30 auflaedt. Auch hier ist der Innenraum nach Indios bemessen; ausser dass ich einen Feuerloescher im Gesicht habe,�produziere �ich mit den Knien Loecher in die Vorderlehne (und wahrscheinlich blaue Flecken in franzoesische Ruecken). Das kennen wir ja schon, aber nur fuer kurze Strecken, nicht fuer 3 Stunden. Leute steigen aus und ein, Minibus-Rennen um die Fahrgaeste bergauf, bergab, Gletscherreste hier, Vulkanisches dort, wir steigen immer so zwischen 3800 und 4300 m hin und her. Die Sitznachbarn sind abwechselnd Bergbauern, Minenarbeiter oder westlich gekleidete Frauen (aber mit einem Holzbuendel im Gepaeck!). Und dann eben unsere Alien-Gringo-Nummer.

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Weit unter uns kommt Ayacucho in Sicht; �wir haben kaum Augen fuer die praechtige Plaza�Mayor mit dem Simon-Bolivar-Denkmal in der Mitte – hier hat naemlich die amerikanische Unabhaengigkeit seinen Ausgang genommen. So staubig wie muede kippen wir in unsere Betten in der „Hosteria Crillonesa“.

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Immerhin: Dachterrasse, wir gucken wie im Crillon in Paris ueber die Daecher des Klosters Santa Clara, Triumphbogen und diverse weitere San Francescos auf die ferne Andenkette im Osten, und haben dazu 2 mal am Tag heisses Wasser. 40 Soles pro Nacht – so teuer haben wir lange nicht gewohnt, 10 �. Der schiere Luxus…

Eine Busfahrt

Huancavelica, Samstagnachmittag.
Draussen regnet es. Und kalt isses auch – es hat gehagelt! Ausgerechnet als wir uns auf den Weg machten, die naechste Busverbindung zu erkunden. Abwarten und Teetrinken, in diesem Fall mal Anistee. Der dazu servierte Kuchen war so reichlich, dass der Hauptabnehmer ein Abendessen fuer heute in Zweifel zog. Man hat es nicht leicht.

Die naechste Busfahrt startet, wie sich herausstellte, morgens um 04:30 und wird allem Anschein nach mit Kind, Kegel, Moehrensack und Huehnerkaefig stattfinden. Wir werden es sehen.

Schon die letzte Fahrt dieser Art war ein Erlebnis – nicht nur, weil man die Landschaft zeitweise von ziemlich weit oben betrachten konnte. Um 10 Uhr morgens sollte es losgehen mit Ticllas Transportes in Huancayo – wir sind da ja nicht soo anspruchsvoll und rechnen immer mal mit ein bisschen mehr Zeit. Nicht so die Mitreisenden, die wohl nur auf dem Ueberlandbus Huancavelica sassen, weil der Zug (den wir auch benutzen wollten), bis irgendwann im Oktober nicht faehrt, sehr zum Leidwesen des alten Eisenbahn-Spaehers Andreas… Wir lungerten also ein  bisschen in und vor der Wartehalle rum, vertrieben uns die Zeit mit Raetselraten ueber die globalisierte Welt: Frauen in Tracht verkaufen 1€-Uhren aus China! Maenner auch und halten ein Schwaetzchen.. Und alle beteuern, dass unsere Reise ein wirklicher Traum sei…

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Nach einem ersten Tumult unter den Reisenden werden wir von einem Wachmann 4 Blocks weitergeschickt, wo der Bus auf einem Hof stehen soll – gluecklicherweise konnten wir die Rucksaecke auf ein Dreirad laden. Am Bushof wird tuechtig geladen, vor allem Reis- und andere Saecke und undefinierbares Gruenzeug.

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Der Bus ist nicht ganz voll, wir koennen einen Fensterplatz beziehen, und dann geht es los. 40 Minuten Verspaetung, nicht wiklich der Rede wert. Der Rede wert allerdings der Vortrag, den wir als erstes einmal kriegen – wie schnell man doch auf „no hablo español“ umsteigen kann ;). Ein krueckenbewehrter Mann steht im Gang und erhebt seine durchdringende Stimme: „Gesundheits-Prediger“ wuerde ich das nennen. Zunaechst mal wird einem die Hoelle heiss gemacht – Verstopfung, Nierenbeschwerden, Kopfschmerzen, Uebergewicht – und dann wird die Noni-Keule geschwungen. Kleine Probentuetchen machen die Runde (gluecklicherweise verzichtet Andreas mal auf seine Beteuerungen, dass die Señora Spanisch spricht 😉 ). Verkaufsveranstaltung mit Krankheits-Ablasshandel. Nur 14 Tage „Noni“ repariert alles, Prostata, Menstruationsbeschwerden, Appetitlosigkeit. Klasse! Wir kaufen nix. Spielverderber.

Zwischenzeitlich wird es auch schon mal unruhig – der Bus schraubt sich die Serpentinen am Ende des Mantarotales hinauf; nicht dass es irgendwie zu eng an den immerhin doch existierenden Leitplanken entlang ginge oder aehnliches – nein, ab und zu haelt der Bus, wie unverschaemt! Polizeikontrolle! Und schon geht das „vamos, vamos“-Geschreie der Mitreisenden los, es wird mit den Fuessen getrampelt und an die Scheiben geklopft. Im Verlaufe der Fahrt verstehen wir ploetzlich, warum die Fahrerkabinen in Peru abgeteilt sind – der Fahrer muss vor dem wuetenden Mob hinter sich geschuetzt werden.

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Vamos!  Es wird lautstark diskutiert, dass der „Tren Macho“ das besser kann und wann wir wohl ankommen. 4 Stunden Fahrzeit versprach die Busgesellschaft, tapfer. Die Mitreisenden tippen auf 6 oder 7 und dann wird ordentlich gekakelt. Derweilen schaukelt uns der Bus ueber ziemliche Hoehen, wir sehen karges Andenhochland, eine wundervolle Vielzahl an nett anzuschauenden Viechern, vor allem Esel aller Altersklassen und Schweine, dicke oder sportliche, junge, alte. Kuehe mit Kaelbern. Und die zugehoerige Besitzerschar, vor allem, fast ausschliesslich, moechte man sagen, Frauen. In Tracht natuerlich. An den Haltestellen – der Noni-Mann ist in Izcuchaca ausgestiegen – kriegen wir Besuch von anderen Verkaeuferinnen, die gern ein paar Kilometer mitfahren. „Chicarrones, chicharrones“, „chiclo von queso“. Zerknallte Koteletts, gebraten, Maiskolben mit Frischkaese, Brot, Saefte, und die unvermeidliche „Gelatina“, Wackelpudding im Plastikbecher. Neuer Aufruhr: eine Baeuerin will aussteigen und laesst sich das Gepaeck aushaendigen, das auf dem Dach sein sollte – der „vamos, vamos“-Aufstand geht nahtlos in allgemeines Klagen ueber, dass man der armen Baeuerin das Gepaeck nicht geben konnte: zu weit unter den ganzen Saecken vergraben. Da wird dann nach Entschaedigung gerufen. Eine Busfahrt, so viel steht fest, muss einfach unterhaltsam sein. Wir kringeln uns jedenfalls streckenweise. Ankunft ist dann nach 3 Stunden 50. Ploetzlich sind alle Rufe verstummt.

Das also ist Huancavelica. Altes spanisch-koloniales Staedtchen, dessen Reichtum aus dem Silber-, Quecksilber und Kupferabbau aber weitgehend verschwunden ist, und dazu liegt es im hintersten Taleseck. Da wo sich die Wolken fangen. Siehe oben. Wir treten die Flucht wohl rascher an als gedacht.

Total lecker…

…. war das Mittagessen gestern!

MAn stelle sich das so vor  – um 10 Uhr nehmen wir ein voellig ueberteuertes Taxi zum Preis fuer dusselige Gringos, wobei uns 5 Euro fuer eine 45-minuetige Fahrzeit nach AKKA-Massstaeben nicht wirklich aus den Socken haut, und der Taxifahrer hatte auch schoen geheult, dass er doch Frau und Kinder hat und so fort.
Ziel war das Dorf Ingenio, ein bisschen oberhalb von Huancayo gelegen, und wir waren voller Skepsis: Alle Bilder zeigen eine Forellenfarm, alle Touren gehen irgendwie ueber eben dieses Ingenio – aber angesichts meiner abklingenden Bronchitis fiel uns gerade nichts Einfacheres ein; nur, nach einer Tour mit Alpakaverkauf und Selbstgetoepfertem stand uns auch nicht so der Sinn. Norma und Neil, die wir im Cafe  kennengelernt hatten, schwaermten allerdings. Also: Taxi eben. Wir schleichen hinter Kuhherden her, die vor uns hergetrieben werden, eine gefaellt uns besonders, mit 3 Eseln und netten Hunden sowie mit einem Quoten-Schaf. Die Hueterin natuerlich im klassischen Dress mit vielen Roecken und Hut und Zoepfen – das ist nun schon nichts Besonderes mehr, die ganze Stadt ist voll davon. Wobei ich Andreas mal gebeten habe, verschiedene Huete und Zoepfe auf die Speicherkarte zu bannen (Zelluloid war ja mal…). Sehr schoene Varianten gibt es da!
Das Tal ist voller junger Leute, ein Schulausflug aus H., wie wir spaeter feststellen, ist unterwegs, aber ein paar Hundert Meter ueber dem Dorf hoeren wir schon nur noch entferntes Schulmaedchengegacker und dann bald gar nichts mehr. Ich kriege ausreichend Luft, um auf einem Eselspfad ganz langsam den Berg raufzusteigen – die Hoehe ist es also nicht, die mich atemlos werden liess. Irgendwann schmeissen wir uns ins warme, trockene Gras, Bergbaeche rauschen aus der Ferne, und wir denken uns einfach, dass der Falke, der aufsteigt, ein Kondor ist. Wunderbar (ich will trotzdem noch einen echten sehen. Colca, wir kommen!). Noch eine laengere Pause an einem rauschenden, kalten Bergbach – das hatten wir lange nicht mehr.

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Auf dem Rueckweg liegt noch weit vor dem Orsteingang ein kleiner Bauernhof, „Los Rosales“. Bei den vielen Bergbaechen ringsum kann Forellenessen eigentlich kein Risiko bergen, und, tja, so frisch, wie hier… Rohe Forelle!? Wir trauen uns erstmalig an eine Cebiche de Trucha ran – und werden mehr als positiv ueberrascht. Ein Gedicht aus rohen Forellenstreifen in Limone und Chili und Cilantro, mit roten Zwiebeln. Zum Reinlegen! Und das ist nur die Vorspeise – fuer unsere Verhaeltnisse haette diese Portion, die wir uns schon geteilt haben, eigentlich gereicht, aber wir hatten unvorsichtigerweise noch Forelle vom Grill (boah…) und eine „Muellerin“ geordert; bei letzterer handelte es sich zwar um eine peruanische Muellerin, die sich in ein Kleidchen aus Sauce und Gemuese gehuellt hatte, wo doch der Gatte an Butter und Mandeln gedacht hatte, aber LECKER war es so oder so… Und augenscheinlich ermuedend!

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Falls mal jemand hier vorbeikommt 😉 … Unbedingt empfehlenswert.

Morgen geht es weiter mit dem Bus nach Huancavelica; bisschen hoeher gelegen und ziemlich ab vom Schuss, mitten auf dem Altiplano. Noch mehr Huete und Zoepfe. Und die ersten Lamas…

Bis denne!

Bekleidung aller Art

Huancayo.

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Hier ist es ein bisschen verwirrend, zumindest, was das Klima betrifft. Vorhin kommt Andreas vom Abendbummel zurueck und bemerkt: „… bisschen wie beim Weihnachtseinkauf in Hannover. Es regnet, die Leute mummeln sich in die Wattejacken, aber ein Riesentrubel auf den Strassen!“ Riesentrubel ist fast immer, nur das mit der Bekleidung stimmt so nicht durchgehend: es ist zwar Schluss mit den traegerlosen Tops aus dem Amazonasbecken, aber von T-Shirt bis Alpakamuetze mit Ohrenklappen geht alles.

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Es war nur eine mittelgute Idee, den Nachtbus hierher zu nehmen; ich habe die ganze Busladung mit meinem Gehuste unterhalten – das Geroechel, das mein Sitznachbar und Ehemann mir zuschrieb, kam allerdings von Diego Maradona, der (wahrscheinlich mit seiner bengalischen Schnorchelausruestung) hinter mir sass. Um 6 Uhr schlufften wir dann mit unseren Rucksaecken durch den kuehlen Sonntagmorgen und suchten uns ein „schoenes“ Hotel ;).

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Aber immerhin hat es wieder warme Dusche und liegt neben einem netten Café, so dass fuer das leibliche Wohl gesorgt ist. Coca-Tee hat sich zu meinem Lieblingsgetraenk entwickelt – ich hoffe, es hilft mir die Lungen freizublasen.

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Gestern gab es erst einmal die Sonntagsparade, von der Bilder folgen werden – so sehens- wie erschreckenswert… Viel Patriotismus, alle, vom Kindergartenkind bis zum Hochschullehrer im Stechschritt. Auf unsere Frage, ob das gestern etwas Besonderes gewesen sei, hiess es schlicht „“… nein – wir feiern viele patriotosche Tage und die Parade ist an jedem Sonntag…“ Dafuer muessen wir uns noch ein paar Antennen wachsen lassen.

hyo-parade1.JPG   Aufstellung zur Parade.

hyo-parade2.JPG  und ohne Polizei oder Militaer geht schon mal gar nix…

Schulen aller Kategorien haben sich neben dem Heer versammelt. Erst ist mal eine halbstuendige Flaggenparade angesagt, mit viel „Peeerrruuuuuu! Viva! Viva“ und ABsingen der Nationalhymne, und dann:

hyo-parade3.JPG  zackig am Buergermeister vorbei.

hyo-parade4.JPG  und wenn es der Karriere hilft, schmeissen auch die Lehrerinnen die Beine. Die an der rechten hinteren Ecke wird bestimmt bald befoerdert 😉

hyo-parade5.JPG  Die Kleinen sind aber auch nicht schlecht dressiert!

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Dies ist meine Lieblings-Gelatina-Verkaeuferin.  Leider weiss man nicht, wie sie die Loeffel sauber macht, so dass wir noch keine Gelatina gekauft haben. Vielleicht sollten wir ein Flaeschchen Sagrotan …? In dem Tuch ist uebrigens nicht der Wackelpuddingvorrat )der steht in einem Eimer irgenwo auf dem Platz, sondern der Nachwuchs, der sonst sehr nett und keck aus der Deckung lugt!

Jetzt geht die Husterin wieder in die Falle. Die Internetter ringsum gucken schon irritiert 😉
Morgen suchen wir mal ein Café mit einem adaequaten Bildbearbeitungsprogramm – hier gibt es alles und besonders viele Mobiltelefone, aber die Internet-Cafés haben meist weder Skype noch irfanView oder zumindest den Office-Bildbearbeiter. Und nur die verhelfen all den „gelatina“-Verkaeuferinnen, Coca-Baeuerinnen und Bueromaedels auf die Bildschirmoberflaeche…

Schon passiert!

La vida peruana „light“

Huánuco…

Es war kein „Strassenschaden“, der den Verkehr von Tingo Maria hierher zum Erliegen brachte! Empoerte Cocaleros hatten die Strasse mit Gesteinsbrocken belegt die Steine lagen auf langen Kilometern immer noch. Die Coca-Bauern marschierten heute hier durch die Stadt – leider konnten wir die Plakate nicht lesen, weil die mehr als Sonnenschutz missbraucht wurden, also werden wir nachher mal ein paar Fragen stellen. Das Leben in Peru scheint nicht so leicht zu sein, und die Cocaanbaufrage ist ja nicht nur hier ein heisses Thema.

Wir sind jedenfalls am Rande der Anden angekommen – ringsum schon ganz schoen hohe Berge – der Pass hierher war auf 2700 m und die naechstgelegenen hoeheren sind schon ueber 4000 m. Also schnaufen wir fein die Treppen rauf und gruseln uns vorm Rucksacktragen, zumal ich mir auch noch einen wunderbaren Husten eingefangen habe, noch im Amazonasbecken ausgebruetet und nun hier zu vollem Leben erwacht.

Da man auf solche einer Reise ja immer alles in die eigene Denkwelt einordnen muss („… ham wir in der Heide auch!“ 😉 ) ein Blick in unsere Denkschubladen… Gringos wie unsereines gibt es hier nicht so viele (3 bislang), dafuer eine lebendige Stadt: In der Mitte (in 98 % der Faelle „Plaza de Armas“) spanisch kolonial, aber wie schon in Pucallpa mit hypermoderner Kathedrale – da schiebt die katholische Kirche bestimmt den einen oder anderen Groschen durch die Gegend.

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Die Leute ganz gemischt – wir konnten es beim Fruehstueck betrachten; der Geschaeftsmann im Dreiteiler, die moderne Familie in Jeans, der alte Mann nicht ganz so adrett, die Grossmutter (? rein optisch…) aus den Bergen so wie man sie sich vorstellt. Viele Roecke, unter dem Hut lugen die beiden sorgfaeltig parallel geflochtenen Zoepfe hervor.

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Bei manchen ist der zopf aber auch nur noch single – und die Freizeitgewohnheiten ??

generation-stadtbesucher.JPG  Mutter und Tochter auf Stadtbesuch. Traditionell.

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Aber  nicht, dass es die Generation Nierenschaden nicht gaebe 😉 
Drumrum ein bisschen wie Griechenland, chaotische Bauweise, mit vielen Zeichen fuer Sicherheit im Falle von Erdbeben (wenn’s schee macht?! ;). Das Ganze umringt von braunen Berge, dto. Griechenland – nur viel hoeher als dort! Und eine sehr trockene Luft  Und da wir heute die Weiterfahrt nach Huancayo planen wollten, konnten wir auch die Hoefe der Busunternehmen mit unserem Erfahrungsschatz abgleichen: AFRIKA! Aber wir werden einen feinen Schlafbus nach Huancayo nehmen, der uns in der Nacht in luftige und wahrscheinlich noch trockenere Hoehen karren wird. Da ist dann erst mal Akklimatisierungspause.

Das peruanische Leben „light“ hat auch so schoene Pointen wie heute frueh bereit: das Hotel (fuer umgerechnet 10 Euro!) bot laut Reisefuehrer „heisses Wasser“ an, aber die Ansprueche sinken ja auf unserer Reise stetig. So gibt sich Andreas rasch mit dem kalten Gepladder zufrieden, wahrend ich noch ein bisschen hustend liegenbleibe. Ganz stolz isser, mein Eigner. „Kalt geduscht!“ Na dann, ich auch. Mein heisses Wasser kam nach vielleicht 5 Sekunden… Mehr als heiss – mmmh! Die erste warme Dusche seit AKKA. Andere Peruano-light-Varianten sind die Pizza, die es gestern gab, die erste „nicht-Huhn“-Mahlzeit seit Tagen.

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Aber frischer geht es ja wohl nicht, das Messer wird gerade gehoben 😉 – was ist also gegen Huhn einzuwenden? 

Von den 79 belegten Kanaelen auf dem Fernseher – auf der Suche nach internationalen Sendern faengt man ja von hinten an runterzuzappen! – war dann die Nummer 03 die Deutsche Welle. Und so kommen wir in den Genuss von Peter Struck, der die Kanzlerin „lobt“ und von Taufrischem zur Finanzkrise. Wie gut dass sich das alles dreisprachig wiederholt, man wird hier nicht zum Fernsehjunkie.

Eigentlich gefaellt es uns ganz gut hier – nur manchmal ist es ein bisschen erdrueckend zu sehen, wie wenig – im wirklichen peruanischen Leben – viele Leute haben und wie Ansprueche ganz wahrhaftig angepasst sind. Sagt ein markiger Spruch „agua para todos“, dann wird der Projektumfang auch gleich mit dargestellt – in Aguaytia sind „todos“ eben 13.000 Leute und nicht wirklich alle. „Mas salud para mas Peruanos“ fiel mir schon oefter auf – mehr Gesundheit fuer mehr Peruaner. Bescheidenheit? Vorsicht? Den Vergleich zur westlichen Jammergesellschaft will ich an dieser Stelle gar nicht anstellen, aber mehr geht einfach nicht. Aber gleich zur Verteidigung: an ein paar Stellen hat aber die Hilfe von den Jammerern auch was genutzt – es gibt diverse Anbieter von organisch angebauten Produkten, es gibt kleine alternative Kaffeelaeden oder Produzenten von Fair Trade Kaffee (http://www.huanucocoffee.com/). Mehr Kaffee- als Cocaanbau (siehe oben!), aber dann muessten wir eben auch Fair Trade Produkte kaufen…

Also los!

PS: Noch schnell gemeckert: Wir vermuten, dass „huanuco“ das Wort der Inkas fuer Sandfliegen ist… Der Rio Huallaga sorgt fuer Wolken der kleinen Mistviecher. Kann nur besser werden – wir sind gespannt was uns in 3200 m Hiehe erwartet 😉 

Coca und so…

Hier ist Tingo Maria! Wir sind vorbeigeflogen an der Drogenpolizei und den Stellen, an denen gern Busse mal „abkassiert“ werden, vorbei an ueblen Bergrutschen und dann noch durch die Kaelte auf dem Pass. Kam uns gar nicht so hoch vor, die Cordillera Azul, aber da wir nach Tingo Maria – auf 650 m Hoehe – tuechtig bergab fuhren, gab es wohl schon einen Grund fuer die Kaelte.  Die Hoehe vermerke ich nicht von ungefaehr: Der Amazonas ist so um die 6.500 km lang. Kann man sich vorstellen, dass man in Iquitos (bei schlappen 4000 km von der Muendung!) noch auf 100 m und in Pucallpa auf 155 m ueber dem Meeresspiegel ist?! Wat n Gefaelle…
Hier ist es nun wieder recht warm, wenn es heute Nacht auch ziemlich geregnet hat. Der Urwald setzt sich fort, nur dass man ihn hier hochkant gestellt hat ;). Aber ab morgen, uebermorgen ist es damit wohl vorbei – Huancayo, unser naechstes Ziel liegt schon am Rande des Andenhochlandes. Lamas – wir kommen.

Berichtenswert von der Fahrt mit dem Collectivo – man soll Sammeltaxi fahren, weil eher Busse Opfer fuer Ueberfaelle sind, lohnt sich ja gewissermassen auch mehr 😉 – war eigentlich nur eines: Wir waren planmaessig 4 Fahrgaeste, der zur rechten von Andreas richtete ein paar Worte an uns und schaltete nach den ersten Rueckfragen um auf Gebaerdensprache – „Auslaenderidioten, verstehen mich nicht“. Halsabschneidergesten, Pistolenschuesse, Banditenmasken, zackige Militaergruesse, wenn man an einer Polizeistation vorbeifuhr.  Andreas („… ob das noch schlimmer wird?!“) dachte schon, der hat einen echten Schaden, aber es war eine Vorstellung allein fuer uns; nur dass wir das Ganze viel weniger verstanden, als wenn er mal ein Woertchen eingestreut haette. Und dabei war er wirklich mitteilungsbeduerftig. Merkwuerdig. Gut dass er in Aguaytía ausstieg.

Morgen geht es weiter – heute waere eh nix gegangen, denn die Strasse nach Huánuco war wegen Strassenschadens gesperrt. Wir ahnen, wie das ausgesehen hat. Das muss nicht Strassenschaden heissen, sondern „nicht vorhandene Strasse“!

Die Fleecesachen sind jedenfalls ausgepackt!

 

Tschuess, Amazonia

… sagen wir!

Morgen geht es endgueltig ab in die Berge!

In den beiden vorherigen Beitraegen gibt es neue Bilder – also angucken!

Und wir freuen uns jetzt auf die Kaelte und die Lamas und Kondore!

Bis dann!